DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-06-2017 09:00
SXEU31 DWAV 060800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 06.06.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL TRW Übergang zu Wz.

Heute im Osten starke Gewitter mit Unwettergefahr durch Starkregen, im äußersten
Nordosten etwas erhöhtes Tornadopotential. Im Westen und Nordwesten, mit
Gewittern, an der Nordsee und in höheren Berglagen Sturmböen. Am Mittwoch
einzelne Gewitter mit stürmischen Böen und Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines markanten Troges
bei den Britischen Inseln. Daran gekoppelt ist ein Bodentief eingangs der
Nordsee, das aufgrund der nahezu achsensenkrechten Lage seinen
Entwicklungshöhepunkt erreicht hat. Ausgehend vom Tiefzentrum erstreckt sich ein
Bodentrog nach Ostfrankreich, der im Tagesverlauf ostwärts nach Deutschland
wandern soll.

Dieser Bodentrog zeichnet sich durch einen markanten Windsprung von Süd/Südost
auf westliche Richtungen aus und markiert die Kaltfront. In den östlichen
Landesteilen strömt mit der südwestlichen Höhenströmung zuvor noch eher warme
Luft in die östlichen Landesteile. Die 850 hPa Temperatur wird oberhalb der 10
Grad Marke vorhergesagt, sodass mit Höchstwerten zwischen 24 und 26 Grad zu
rechnen ist, während gleichzeitig im Westen und Südwesten häufig keine 20 Grad
mehr erreicht werden.

Die Kaltfront greift nun in den Vormittagsstunden auf den Westen über und lässt
sich neben dem Windsprung und einem markanten Druckanstieg rückseitig auch durch
ein linienartig organisiertes Niederschlagsband erkennen. Der Luftdruckgradient
ist über Frankreich und auch über dem Westen Deutschlands recht markant, sodass
der Wind schon in den Vormittagsstunden zulegt. Spätestens mit Durchgang der
Kaltfront kann dieser aufgrund der in Gang kommenden Durchmischung stark bis
stürmisch auffrischen, sodass vor allem im Westen und Nordwesten starke bis
stürmische Böen auftreten, exponiert auch Sturmböen. Immerhin steigt die
Windgeschwindigkeit im 850 hPa Niveau auf 30 bis 40 kn.
Auf einzelnen exponierten Berggipfeln im Schwarzwald und auf dem Brocken sind
auch schwere Sturmböen möglich. Sonst ist der flächige Wind weiter nach Osten
durch das auffächern des Gradienten schwächer, als im Westen.

Interessant ist die Entwicklung zum Nachmittag, wenn sich zwischen dem warmen
und Osten und dem schon kälteren Westen ein veritabler thermischer Gegensatz
aufbauen soll, sodass neben dem markanten Windsprung sich auch ein starker
thermischer Gegensatz aufbaut (~10 K), der die Sekundärzirkulation entlang der
Front zusätzlich in Gang bringen soll. Die prognostizierten CAPE-Werte liegen im
Osten am Nachmittag bei 500 bis 1000 J/kg. Bedingt werden diese durch eine
starke Temperaturabnahmen in unteren und mittleren Troposphärenniveaus sowie
erhöhte Werte spezifischer Feuchte im Grenzschichtniveau.
So werden sich etwa zu Mittagszeit entlang der Front zunächst über der Mitte
erste Gewitter entwickeln, wobei die Entwicklung in den östlichen Landesteilen
zum Nachmittag und Abend seinen Höhepunkt erreicht. Da gleichzeitig auch die
hochreichende Scherung von Westen her etwas zunimmt (10 bis 15 m/s), sind auch
besser organisierte Gewitter möglich.

So muss in Verbindung mit dem CAPE Hagel bis 2 cm eingeplant werden. Außerdem
sind starke bis stürmische Böen möglich. Allerdings wird die Windgefahr durch
die stark frontenparallele Strömungskomponente in mittleren Troposphärenniveaus
doch gedämpft. Stattdessen deutet diese daraufhin, dass sich die entwickelnden
Gewitter rasch linienartig organisieren. Entlang von dann lokal möglichen
Bow-Echo Strukturen können einzelne Sturmböen aber nicht ganz ausgeschlossen
werden.

Im Vordergrund steht allerdings eindeutig der Starkregen, da auch die
Möglichkeit besteht, dass mehrere Gewitterzellen über ein und dieselbe Region
hinweg ziehen. Folglich liefert COSMO-DE EPS klare Signale für markanten
Starkregen und Wahrscheinlichkeiten von über 20 % für unwetterartigen Starkregen
(meist im Zeitraum 1 bis 3 h). Diese Prognose wird auch von externen Modellen
gestützt. Vornehmlich betroffen sind die Regionen von Ostsachsen über
Brandenburg bis nach Vorpommern.

Zum späten Nachmittag und Abend sinkt das Hebungskondensationsniveau im
Nordosten auf unter 1000 m ab. Gleichzeitig lässt sich in den Prognosesoundings
eine markante Rechtsdrehung des Windes in der unteren Troposphäre erkennen (OSO
auf SW), sodass bei diskreten Zellen die Gefahr von Tornados in diesem Gebiet
erhöht ist.

Auch im östlichen Bayern und am Alpenrand sind einzelne Gewitter möglich, zudem
wird für den Alpenrand die Überschreitung von Dauerregenkriterien von mehr als
25 l/qm in 12 h angedeutet, allerdings ist fraglich und grenzwertig, ob dafür
auch eine markante Dauerregenwarnung notwendig ist.

In den westlichen Landesteilen gelangt man rasch rückseitig der Kaltfront in den
Zustrom erwärmter Meereskaltluft. Postfrontal findet in der unteren und
mittleren Troposphäre zunächst eine markante Austrogung statt. Zum späten
Nachmittag und Abend greift schließlich die Höhenkaltluft auf die westlichen
Landesteile über und auch die spezifische Feuchte nimmt etwas zu, sodass sich
Schauer und einzelne Gewitter entwickeln können. Dabei sind auch stürmische Böen
und Sturmböen möglich, wenngleich der Tagesgang dann schon langsam beginnt
dagegen zu arbeiten.

In der Nacht auf Mittwoch sind zunächst im Nordosten noch die angesprochenen
teils schweren Gewitter unterwegs, die anschließend ostwärts abziehen. Über
Deutschland legt sich der Höhentrog mit Temperaturwerten in 500 hPa die im
Norden und der Mitte zum Teil unter -26 Grad vorhergesagt werden.
Dementsprechend können sich Schauer bilden, die aufgrund des Tagesganges
zunächst auf das Bergland und die Küstenregionen konzentriert bleiben.

Der zunächst nachlassende Wind nimmt in der zweiten Nachhälfte wieder etwas zu,
sodass im Westen und Nordwesten starke, vornehmlich im Bergland stürmische Böen
möglich sind, an der Nordsee treten erste Sturmböen auf.

Mittwoch... befindet sich Deutschland im Einflussbereich des Troges angereichert
mit Höhenkaltluft zwischen -24 bis -26 Grad vor allem über der Mitte und im
Norden des Landes. Etwa südlich der Donau liegt man etwas abseits der labilen
Luftmasse. Dementsprechend ist dort die Schaueraktivität gedämpft. Sonst treten
verbreitet Schauer und auch kurze Gewitter auf. Die Aktivität verlagert sich zum
Nachmittag, mit einem Anstieg der 500 hPa Temperatur von Westen her, in die
östlichen Landesteile.

Der Wind im 850 hPa Niveau, der für eine mögliche Böenprognose herangezogen
werden kann, liegt im Westen um 40 kn, im Nordwesten bei 50 kn. Weiter nach
Osten und Süden sind die Werte geringer. In Schauern und Gewittern muss
entsprechend mit starken bis stürmischen Böen gerechnet werden. Im Westen und
Nordwesten sind auch Sturmböen möglich. Auf den Berggipfeln und im Nordseeumfeld
werden von den Modellen schwere Sturmböen angezeigt.

Der Nordwesten und äußersten Norden (nördliches Niedersachsen und
Schleswig-Holstein) gelangen in das Feuchtefeld der herumgeholten Okklusion,
sodass dort auch skalig etwas höher Niederschlagsmengen zwischen 5 und 15 l/qm
in 12 h (Mi12 bis Do00) möglich sind. Ganz vereinzelt wird von den EPSsen (z.B.
EZ) dass Überschreiten der 25 l/qm-Schwelle angedeutet (Nordfriesische Inseln).

Die Maxima steigen nur selten über 20 Grad.

In der Nacht auf Donnerstag wandert der Höhentrog allmählich ostwärts ab und von
Westen her stabilisiert die Luftmasse deutlich und wird zudem recht trocken.
Während in der ersten Nachthälfte im Norden noch der skalig geprägte Regen aktiv
ist, fallen die Schauer bald zusammen und in der zweiten Nachthälfte ist es dann
häufig trocken. Besonders im Süden gehen die Minima bei nur gering bewölktem
oder klarem Himmel deutlich zurück (8 bis 3 Grad).

Der Wind lässt insgesamt deutlich nach. Im Küstenumfeld sind aber noch
stürmische Böen und Sturmböen möglich. Mit dem westlichen Wind auf den
Nordfriesen anfangs noch einzelne schwere Sturmböen.


Donnerstag... gelangt Deutschland in den Einflussbereich eines flachen
Höhenrückens, der für eine Wetterberuhigung sorgt. Über der Nordhälfte des
Landes wird dieser aber von Warmluftadvektion überlaufen. Als Folge sind in der
Nordhälfte viele Wolken unterwegs und es fällt etwas Regen, der in
Schleswig-Holstein und dem nördlichen Niedersachsen am ergiebigsten ausfällt.

Etwa südlich einer Linie ausgehend von der Eifel bis nach Berlin bleibt es
hingegen bis zum Abend trocken und je weiter man nach Süden kommt desto größer
werden die Sonnenanteile. Am meisten profitiert man von der Stabilisierung in
Bayern und Baden-Württemberg mit viel Sonnenschein und Maxima zwischen 22 und
27 Grad (die höchsten Werte in Richtung Oberrhein).

In den Gebieten mit Dauerregen im Dauergrau werden hingegen nur 16 bis 20 Grad
erwartet. Der Wind weht bei den stabilen Verhältnissen vornehmlich im höheren
Bergland und an der See in Böen stark. An der Nordsee sind einzelne stürmische
Böen aus Süd bis Südwest möglich.

In der Nacht auf Freitag wandert der Rücken bereits ostwärts ab, sodass
Deutschland auf die Vorderseite eines Troges über Frankreich gelangt. Auf der
Vorderseite der sich annähernden Kaltfront beginnt es auch im Westen und
Südwesten schauerartig verstärkt zu regnen. Trocken bleibt es dann vor allem
noch in der Südosthälfte, wenngleich auch dort die Bewölkung allmählich zunimmt.
Die vorrückende Kaltfront neigt zu Wellenbildung über BeNeLux und
Nordwestdeutschland, sodass im Norden die Niederschläge andauern und sich auch
nochmal intensivieren können.

Abgesehen von starken Böen im höheren Bergland und entlang der Küsten bleibt die
Nacht vielfach warnfrei.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die kurzfristige Entwicklung lässt sich als recht gesicherte einordnen, da die
verschiedenen Modelle diese in guter Übereinstimmung prognostizieren. Bestehende
Differenzen sind der Konvektion geschuldet und aufgrund der mesoskaligen Natur
nicht zu vermeiden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer