DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-06-2017 09:00
SXEU31 DWAV 040800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 04.06.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrW

Nach Osten abziehende, kräftige und vereinzelt gewittrige Regenfälle. Ab Montag
Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland vorderseitig einst 500-hPa-Langwellentroges, der
sich vom Seegebiet zwischen Island und Irland nach Süden bis zur südlichen
Iberischen Halbinsel erstreckt. Auf der Vorderseite des Troges sind einzelne
kurzwellige Anteile eingelagert, wobei der markanteste Deutschland im
Tagesverlauf von Südwest nach Nordost überquert. Im Bodendruckfeld
korrespondiert mit dem Langwellentrog ein Tief südlich von Island, von dem eine
Tiefdruckrinne nach Osten bis in den Süden Skandinaviens ausgreift. Dort sehen,
bei leicht unterschiedlicher Lage und Struktur, sowohl ICON als auch EZMW ein
kleinräumiges Tief, von dem sich die Tiefdruckrinne in Südöstlicher Richtung
fortsetzt. Dieser Bereich der Tiefdruckrinne ist für uns von besonderem
Interesse, reicht sein zentraler Bereich, die Achse sozusagen, doch am Vormittag
von der Mecklenburgischen Küste bis ins Böhmische Becken. Er überdeckt am
Vormittag somit weite Teile Ostdeutschlands. Zwar ist im Laufe des Tages mit
einer Verlagerung nach Osten zu rechnen, so dass die Rinne am Nachmittag
Deutschland in Richtung Polen verlassen (haben) wird, aber besonders in einem
Streifen vom Thüringer Wald bis in die Lausitz und zum Oderbruch kommt es bis in
den (späten) Nachmittag hinein zu kräftigen Regenfällen. Entsprechende Warnungen
laufen, wobei auch bei dieser recht kurzfristigen Vorhersage in den Modellen
durchaus noch Unterschiede zu erkennen sind. So liegen die
Niederschlagsschwerpunkte bei ICON und EURO4 etwas weiter nördlich (nördliches
Sachsen-Anhalt bis zum Oderbruch / nach Vorpommern, GFS liefert eine insgesamt
südlichere und weniger niederschlagsaffine Lösung. Fraglich ist, ob es im
Tagesverlauf nochmals zu Gewittern im Osten oder im Süden kommt. Dafür spricht
die insgesamt feuchte Luftmasse (ppw-Werte bei allen Modellen anfangs über 35 mm
im Osten und über 30 mm im Süden), die im Tagesverlauf zunehmende Einstrahlung,
die durch den kurzwelligen Troganteil induzierte Hebung und die in der Rinne
existenten konvektiven Bereiche. Auch ist zumindest lokal noch etwas CAPE
vorhanden. Dagegen spricht die recht stabile Schichtung, das Nicht-Erreichen der
Auslösetemperatur sowie die im Osten schon recht dichte Wolkendecke, die direkte
Einstrahlung unterbindet. Während es hier noch etwas abzuwarten gilt, ist
deutlich erkennbar, dass, an die Kaltfront gekoppelt, im Tagesverlauf auch im
Binnenland steife Böen um 55 km/h auftreten können, wo sich die Modelle auch
weitgehend einig sind.

In der Nacht zu Montag nähert sich der Langwellentrog von Westen etwas, seine
Achse reicht dann von den Britischen Inseln über Frankreich bis nach Algerien.
Vorderseitig zeigt die Höhenströmung aber ein eher antizyklonales Muster, so
dass aus der Höhe nicht mit wesentlichen Hebungsantrieben gerechnet werden muss.
In der unteren Troposphäre zeichnet sich sogar hinter der nach Südosten
auswandernden Kaltfront ein schwacher Rücken über dem Nordosten ab, und von
Westen kann sich zunehmend der Keil eines Azorenhochs zu uns schieben. In dieser
Gemengelage beruhigt sich das Wetter deutlich. Von einzelnen Schauern abgesehen
bleibt es trocken, der auffächernde Gradient sorgt für eine allgemeine
Windabnahme, und infolge selbiger kann sich im Süden sogar Nebel bilden.

Montag... nähert sich der Langwellentrog von Westen her weiter an. Der südliche
Teil seiner Achse verläuft am Abend vom östlichen Frankreich nach Süden in
Richtung des Grenzbereichs Algerien/Tunesien. In ihrem nördlichen Teil bleibt
die Trogachse dagegen zurück und verläuft von Irland zur Biskaya. Der deutlich
nach Osten vorstoßende südliche Teil baut im Tagesverlauf auch den Keil des
Azorenhochs ab, der den Süden Deutschlands beeinflusst(e). Durch dessen
Schwächung dreht nicht nur die Höhenströmung, sondern auch die Strömung am Boden
wieder auf mehr südliche bis südwestliche Richtungen. In der Folge wird die
Kaltfront als Warmfront rückläufig und reaktiviert, und die nach Süden
abgedrängte feuchte Luft aus dem Mittelmeer erreicht wieder den Süden und
Südosten unseres Landes. Speziell vom Alpenrand und dem Hochrhein bis nach
Mitteldeutschland kommt es dann erneut zu gewittrigen Regenfällen. Der
Jahreszeit entsprechend muss dabei wieder mit Starkregen und Sturmböen gerechnet
werden (ppw bis 30 mm, Scherung teils über 20 m/s). An den Alpen lassen die
CAPE-Werte von in der Spitze um die 1000 J/kg Unwetter am wahrscheinlichsten,
wenn auch nicht als sehr wahrscheinlich erscheinen. Die Sturmböen erklären sich
vor allem aus der Dynamik der Zellen und dem Heruntermischen des Oberwindes.
Allerdings sorgt die südliche bis südwestliche Anströmung der Alpen auch für die
Ausbildung eines Leetiefs über Oberösterreich, was zu einer moderaten
Gradientverschärfung im Süden beiträgt. Allerdings sind aus dem Gradienten
allein keine kräftigen Böen zu erwarten. Besonders in der zweiten Tageshälfte
nähert sich dem Nordwesten die etwas zurückhängende 2te Trogachse zusammen mit
dem korrespondierenden Tief, dass, einer hochkant stehenden Ellipse gleichend,
über den Britischen Inseln liegt.

In der Nacht zu Dienstag schiebt sich vor allem der südliche Teil des Tiefs bei
den Britischen Inseln weiter nach Osten, so dass der Gradient im Westen wieder
etwas kräftiger wird. EZMW simuliert in der Folge schon ausgangs der Nacht erste
steife Böen im äußersten Westen, was von ICON nicht, sehr wohl aber von GFS
gestützt wird. Im Süden fächert der Gradient zwischen den Tiefs etwas auf, was
insbesondere dort, aber auch in Teilen der Mitte, wieder gute
Entwicklungschancen für Nebel bietet.

Dienstag... greift der Trog auf den Westen Deutschlands über, in der Nacht
schwenkt er weiter über den Norden in Richtung Ostsee. Die 500-hPa-Temperaturen
im Trog liegen zum Teil unter -25 Grad, was für eine labile thermische
Schichtung sorgt. Am Boden verlagert sich das Tief von England zur Nordsee,
damit verschärft sich der Gradient im Norden und Nordwesten. Dabei sind,
insbesondere in der Nacht zu Mittwoch, auch im Flachland, steife Böen
wahrscheinlich, vereinzelt sind dort auch Sturmböen denkbar, die in höheren und
exponierten Lagen verbreiteter auftreten. Dazu sind vor allem am Tage, wenn die
dem Trog vorlaufende Tiefdruckrinne und das eingelagerte Frontensystem den
Nordwesten überqueren, auch schwere Gewitter mit schweren Sturmböen, Starkregen
und Hagel möglich, was sich insbesondere aus ppw-Werten über 25 mm,
Scherungswerten von 15 m/s und erhöhten Labilitätsraten ergiebt, wie sie
beispielsweise ICON6_Nest anbietet.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die kommenden Tage recht ähnlich. Größere Unterschiede
zeigen sich erst zum Dienstag mit dem dann hereinschwenkenden Trog. Dies äußerst
sich auch in der Struktur und Lage des Tiefs bei den Britischen Inseln bzw. dem
damit simulierten 850er Geopotential.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas