DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-05-2017 21:00
SXEU31 DWAV 181800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 18.05.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Heute im Westen und in der Mitte einzelne und zum Teil kräftige Gewitter, dabei
nur geringe Unwettergefahr. Morgen im Osten und Südosten Gewitter, teils mit
heftigen Starkregen, auch größerer Hagel und Sturmböen möglich. Dabei höhere
Unwettergefahr als heute.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland am Rande eines Höhenkeils, der sich von der
Apenninen-Halbinsel über Polen hinweg bis nach Finnland erstreckt. Von Irland
und der Biskaya her greift ein Trog auf Westeuropa über, der sich bis ins
westliche Mittelmeer ausweitet. An dessen Vorderseite wird mit einer
süd-südwestlichen Strömung feuchtwarme und labil geschichtete Luft nach
Mitteleuropa geführt. In diese Strömung sind kurzwellige Keil-Trog-Strukturen
eingelagert, die sich kaum diagnostizieren lassen. Kräftigere Strukturen, die
einen markanten Hebungsantrieb generieren, sind nicht erkennbar.
Auf den Westen hat bereits wieder schwache Kaltluftadvektion übergegriffen, die
stabilisierend wirkt und kräftigere konvektive Entwicklungen weitgehend
unterdrückt.
In der feuchtwarmen Luft liegt der Gehalt an niederschlagbarem Wasser zwischen
25 und etwas über 35 mm, CAPE erreicht mehr als 1000 J/kg, so dass das Potential
für unwetterartige Entwicklungen durchaus gegeben wäre. Dabei hat hoch reichende
Konvektion in Form von einzelnen und zum Teil starken Gewittern bereits
eingesetzt und zum Teil auch die mittleren Gebiete erfasst. Allerdings verlagern
sich die Konvektionszellen rasch; zudem ist die Scherung wenig ausgeprägt, so
dass langlebige Strukturen eher selten sind. Der Schwellenwert für heftigen
Starkregen dürfte vorerst kaum überschritten werden. Die aktuell aktiven
Unwetterwarnungen wurden ausgegeben, weil mehrere Zellen auf einer Zugbahn das
betroffene gebiet überqueren.
Und dort, wo die Schichtung am labilsten ist, d.h. in Süddeutschland, hat
hochreichende Konvektion noch nicht eingesetzt. Dort macht sich eine leichte
Austrocknung bemerkbar, die aus der Überströmung der Alpen resultiert und sich
im Wesentlichen in einer Erhöhung des Kondensationsniveaus äußert. Dort kommt
dann hoch reichende Konvektion erst sehr spät in Gang.
In der Nacht zum Freitag greift die dem Trog vorgelagerte wellende Kaltfront auf
den Westen Deutschlands über. Diese hat bis dahin Anacharakter angenommen, so
dass postfrontal von Südwesten her kräftigere Niederschläge übergreifen. Da
vorderseitig labil geschichtete Warmluft in die frontalen Hebungsprozesse
einbezogen wird, sind diese Niederschläge zumindest anfangs noch konvektiv
durchsetzt, wobei auch Gewitter eingelagert sein können. Ob diese noch mit
Starkregen einhergehen, ist noch nicht sicher, aber durchaus vorstellbar.
Nach Osten hin sind noch keine konvektiven Umlagerungen zu erwarten. Dort
herrscht eine südöstliche bodennahe Windkomponente vor, mit welcher sehr
trockene Luft advehiert wird.

Freitag ... weitet sich der über Westeuropa liegende Trog eher nach Süden und
mit seinem Südteil sogar etwas nach Südosten aus als dass er in seinem Nordteil
nach Osten vorankommt. Als Ergebnis dreht über Mitteleuropa die Strömung leicht
über Süd auf Süd-Südost. Hierdurch setzt sich kühlere und stabiler geschichtete
Luft nur über dem Westen Deutschlands durch, wogegen über dem Osten und Südosten
die labil geschichtete Luft mit den oben beschriebenen Eigenschaften bestehen
bleibt. CAPE steigt auf 1000 bis etwa 1500 J/kg, wodurch größerer Hagel möglich
wird. Die vor allem in höheren Troposphärenschichten zunehmende Scherung lässt
Superzellen wahrscheinlicher werden. In dieser Luftmasse bildet sich eine flache
Tiefdruckrinne aus, die von Mecklenburg über den Westerzgebirgsraum und
Niederbayern bis zum östlichen Alpenrand reicht. Im Bereich dieser
Tiefdruckrinne bzw. unmittelbar westlich davon, d.h. in einem Streifen von
Ostholstein über den Harz, über Franken hinweg bis ins Allgäu sind die
heftigsten konvektiven Entwicklungen vorstellbar.
Im Westen, d.h. in der stabil geschichteten Luftmasse, dürften die Niederschläge
dominieren, die aus dem Anacharakter der Kaltfront resultieren. Da im
Grenzbereich zur labil geschichteten Luft noch eine konvektive Komponente
wirksam ist, können Starkniederschläge nicht ganz ausgeschlossen werden. Am
wahrscheinlichsten wären diese im südwestdeutschen Mittelgebirgsraum.
In Verbindung mit der über dem Osten Deutschlands liegende Tiefdruckrinne
entwickelt sich eine Querzirkulation, die als Druckwelle den Süden Deutschlands
nach Osten überquert und von einem kräftigen Druckanstieg begleitet wird.
Hierdurch sind ab dem späten Nachmittag, ausgehend von der Bodenseeregion und
vom Allgäu und bis Mitternacht auch auf den südöstlichsten Teil von Bayern
übergreifend Böen bis Sturmstärke zu erwarten, wobei der Wind durch den
Leitplankeneffekt am Alpennordrand noch verstärkt wird. Mit Passage der
Druckwelle wird spätestens gegen Mitternacht auch am östlichen Alpenrand der
Wind abflauen.
Längere sonnige Abschnitte sind in den Gebieten von der Ostseeküste bis zum
östlichen Alpenrand noch am wahrscheinlichsten. Dort sind noch einmal
Tageshöchsttemperaturen zwischen 25 und 29 Grad zu erwarten. Ansonsten werden 19
bis 24, im Westen und Südwesten und dort, wo es längere Zeit regnet, nur 13 bis
19 Grad erreicht.
In der Nacht zum Samstag beginnt der o.g. Trog über dem Golf von Genua
auszutropfen, was südlich der Alpen eine Zyklogenese in Gang setzt. Als Ergebnis
setzt sich über Mitteleuropa das Rückdrehen der Strömung fort, so dass sich
schließlich eine südöstliche Strömung ergibt. Mit der Passage der Druckwelle in
Süddeutschland setzt sich dort antizyklonaler Einfluss durch. Die Tiefdruckrinne
und die darin eingelagerte feuchtwarme Luft wird in den Nordosten Deutschlands
abgedrängt. In deren Bereich sind weitere schauerartige Niederschläge, die
anfangs noch von Gewittern durchsetzt sind, zu erwarten.
Weitere Niederschläge treten rückseitig durch den Anacharakter der Kaltfront
auf, wobei weiterhin Starkregen vorstellbar ist, auch wenn die
Wahrscheinlichkeit für eine Überschreitung der entsprechenden Warnschwellen bis
dahin geringer wird als bisher.
Im äußersten Nordosten, d.h. von Vorpommern bis etwa zur Niederlausitz, hält
sich wahrscheinlich noch trockenere Luft, so dass auf diese Gebiete
wahrscheinlich noch keine Niederschläge übergreifen.

Samstag ... schnürt sich das Tief südlich der Alpen vollends ab. Über
Mitteleuropa erfolgt durchgängig Geopotentialgewinn. Hierdurch wird das
Bodenhoch gestützt, das sich von Frankreich zusehends in die mittleren Gebiete
Deutschlands ausweitet. Somit wird die Tiefdruckrinne unter allmählicher
Auffüllung weiter nach Nordosten abgedrängt; Reste der bisherigen Luftmasse sind
dann allenfalls noch in einem Streifen von der Ostsee bis zur Lausitz zu finden.
Antizyklonaler Einfluss sorgt dort für Absinken, so dass keine nennenswerte
Konvektion mehr in Gang kommt. Zudem liegt die Auslösetemperatur deutlich
oberhalb von 30 Grad.
Da die Achse der Tiefdruckrinne dann über Polen liegt, frischt im Nordosten der
Wind böig aus Nordwest auf. In freien Lagen sind dann, bedingt auch durch den
Tagesgang, Windböen möglich.
Kräftigere Niederschläge, die zum einen aus der südlich der Alpen erfolgten
Zyklogenese, zum anderen aus Warmluftadvektion resultieren, sind noch im
Südosten Deutschlands zu erwarten, wobei die Warnschwellen dann sehr
wahrscheinlich nicht mehr überschritten werden.
Im Nordwesten und im Westen sollte großräumiges Absinken insoweit wirksam
werden, so dass größere Auflockerungen und später am Tag auch Aufheiterungen in
Gang kommen.
Gegenüber den Vortagen erfolgt eine markante Abkühlung. Als
Tageshöchsttemperaturen sind 15 bis 19, in Gebieten mit zeitweisem Regen nur 10
bis 14 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Sonntag erfolgt über Mitteleuropa weiterer Geopotentialgewinn,
wovon auch das Hoch mit Schwerpunkt über dem Westen Deutschlands profitiert. Bis
Sonntagfrüh sollten dann auch die Niederschläge bis auf den äußersten Südosten
Deutschlands und vielleicht auch den Erzgebirgsraum aufhören.
Im Norden und im Westen sowie ausgangs der Nacht auch in den mittleren Gebieten
klart es auf, so dass die Temperaturen bis in den deutlich einstelligen Bereich
zurückgehen.

Sonntag ... kräftigt sich der über Mitteleuropa liegende Höhenkeil noch etwas.
Das korrespondierende Bodenhoch etabliert sich über der Nordsee, wobei die
Luftdruckgegensätze über dem Vorhersagegebiet allgemein schwach sind. Am Rande
dieses Hochs sind in der ersten Tageshälfte in den Kammlagen der östlichen
Mittelgebirge Windböen und exponiert vielleicht auch noch stürmische Böen
vorstellbar, danach flaut auch dort der Wind ab, so dass es allgemein
schwachwindig sein dürfte bzw. die Windentwicklung durch lokale Besonderheiten
und den Tagesgang geprägt ist, ohne dass Warnschwellen erreicht werden.
Geringe Niederschläge sind allenfalls noch im äußersten Südosten zu erwarten.
Ansonsten bleibt es niederschlagsfrei. Abgesehen von den südöstlichen Teilen
Deutschlands lässt großräumiges Absinken mehr und mehr Auflockerungen und auch
Aufheiterungen in Gang kommen. Allerdings werden, bedingt durch die Lage des
Bodenhochs über der Nordsee, Sc-artige Wolkenfelder, die zum Teil auch
mehrschichtig sein können, eingesteuert, so dass das Temperaturniveau verhalten
bleibt. Am Nachmittag sind Temperaturmaxima zwischen 17 und 22 Grad, unmittelbar
an der See und im Bergland um 15 Grad zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
COSMO-LEPS und auch das EPS des EZMW halten am Freitag im Nordosten Deutschlands
noch deutlich höhere Werte von CAPE für wahrscheinlich; demnach wären mehr als
2000 J/kg vorstellbar. Belastbare Signale für Unwetter durch Starkniederschlag
lassen sich jedoch nicht finden, liegen aber aufgrund synoptischer Überlegungen
im Bereich des Möglichen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann