DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-05-2017 21:00
SXEU31 DWAV 151800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.05.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis auf Weiteres keine markanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befinden sich weite Teile Deutschlands unter Hochdruckeinfluss.
Verantwortlich dafür zeichnet ein Höhenrücken, der sich von Frankreich, Benelux
und der Nordsee her nähert und sich im Laufe der Nacht mehr und mehr über den
Vorhersagraum legt. Korrespondierend dazu ist das Druckniveau am Boden relativ
hoch oder mit anderen Worten, wir befinden uns innerhalb einer Hochdruckzone,
die sich von Südwesteuropa bis hoch in den fennoskandischen Raum erstreckt.
Resultierendes Absinken und die fortdauernde Advektion trockenerer und
stabilerer Luftmassen von Westen her sorgen für das endgültige Aus letzter
Konvektionsreste im Südosten respektive dafür, dass sich anfangs noch vorhandene
Quellbewölkung alsbald auflöst. Dass es - wie vielleicht in erster Näherung zu
vermuten - trotzdem nicht überall in Deutschland für eine klare Nacht reicht ist
der Tatsache geschuldet, dass der Höhenrücken in seinem Nordteil von WLA
überlaufen wird, die nun zunehmend auf unseren Raum, vor allem auf den Norden
übergreift. Die WLA kündigt die Annäherung einer Warmfront an, die zu einem
kleinen Tief nordwestlich von Schottland gehört und sich von UK kommend via
Nordsee ganz allmählich an Norddeutschland heranmogelt. Dabei gelangt bis zum
Morgen nicht nur mehrschichtige Bewölkung besonders ins nördliche Drittel, es
beginnt zudem von der Nordsee her leicht, mitunter auch mal mäßig zu regnen oder
nieseln. Betroffen davon sind im Wesentlichen das nördlich NI, weite Teile SHs
sowie später auch HH und Westmecklenburg. Die 12h-Mengen liegen meist unter 5
mm, z.T. sogar unter 1 mm, nur lokal auch mal etwas höher. Mit Annäherung der
Warmfront lebt der auf S-SO rückdrehende Wind über der Deutschen Bucht sowie an
der Nordseeküste auf, die untere Warnschwelle (Stärke 7 Bft) wird aber nicht
zuletzt auch wegen der stabilen Schichtung sehr wahrscheinlich nicht erreicht
werden.
Nach Süden hin, wo der Himmel vielerorts klar ist, bildet sich stellenweise
Nebel, wo die Wahrscheinlichkeit dafür in Bayern am höchsten ist, weil dort die
Grundschicht vom Tag her noch am längsten ausreichend angefeuchtet ist.

Dienstag ... kommt der Höhenrücken noch etwas nach Osten voran, wodurch er zum
Tagesende den kompletten Vorhersageraum überdeckt. Seine Achse in 500 hPa reicht
dann etwa von der Schweiz bis hoch nach Schweden. Wie nicht anders zu erwarten
bleibt uns auch die Bodenhochdruckzone erhalten, die zur Mittagszeit einen
imposanten Raum über mehrere tausend Kilometer zwischen Nordwestafrika und
Nordwestrussland einnimmt.
Gleichwohl hat die ganze Verteilung weiterhin einen Schönheitsfehler in Form der
o.e. Warmfront, die nur sehr schleppend über den äußersten Norden ostwärts
vorankommt (geringe Schubkomponente, blockierende Wirkung des Hochs). Sie sorgt
im ganzen Norden für dichte Bewölkung, aus der es gebietsweise regnet oder
nieselt, schwerpunktmäßig in SH, dem nordöstlichen NI sowie zwischen Wandsbek
und Harburg. An der deutsch-dänischen Grenze könnten bis zum Abend sogar rund 10
mm innert 12 h zusammenkommen, meist liegen die apostrophierten Mengen aber im
einstelligen Bereich. Auf der Nordsee weht weiterhin ein mäßiger bis frischer
südlicher Wind, mehr als Stärke 6 Bft in Böen sollte dabei aber nicht rum
kommen.
Je weiter sich der Blick nach Süden richtet, desto hochdrucklastiger das Wetter.
Schaffen es einige hohe und mittelhohe Wolkenfelder noch bis in die mittleren
Landesteile und den Osten, so bestimmt spätestens ab dem Weißwurstäquator
südwärts die Sonne das Wettergeschehen. Zwar können sich über den
ost-nordostbayerischen Mittelgebirgen sowie Richtung östlicher Alpenrand noch
ein paar stärkere Quellungen bilden, für mehr als ein paar vereinzelte schwache
Schauer sollte es aber nicht reichen (ICON lässt es sogar ganz trocken).
Die Temperatur steigt teils advektiv, teils durch Absinken niedertroposphärisch
an auf rund 5°C an Oder und Neiße und bis zu 11°C in 850 hPa. In 2 m Höhe
bedeutet das Tageshöchstwerte von 19 bis 25°C, am Rhein und seinen Nebenflüssen
sogar bis zu 27°C. Etwas verhaltender das Ganze im Norden, besonders dort, wo es
längere Zeit regnet. Hier reicht es nur für 16 bis 19°C.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich nicht allzu viel an der Wetterlage. Zwar
schafft es die Warmfront im Norden, deutsches Hoheitsgebiet endlich hinter sich
zu lassen. Da aber dahinter weiterhin leichte WLA wirksam ist, bleibt es meist
stark bewölkt und es fällt zunächst auch noch etwas Regen oder Nieselregen. Zur
Mitte, vor allem aber nach Süden hin nimmt die Bewölkung stetig ab, vielfach
klart es dort sogar auf, wobei sich stellenweise Nebel bildet.

Mittwoch ... schwenkt der Höhenrücken langsam südostwärts, wodurch Deutschland
peu a peu auf die Vorderseite eines veritablen LW-Troges gelangt, der sich
mittlerweile über dem nahen Ostatlantik formiert hat und ebenfalls geringfügig
Boden nach Osten hin gutmacht. Ausgehend von einem Tief knapp südlich von Island
etabliert sich eine langgestreckte Tiefdruckrinne, die über die Nordsee und
Frankreich hinweg bis zur Iberischen Halbinsel reicht. Darin eingelagert ist
eine Kaltfront, die aufgrund ihrer höhenströmungsparallelen Exposition stark zur
Wellenbildung neigt und somit zunächst auch noch gebührenden Abstand zum
Vorhersageraum hält.
Kurzum, trotz der sich anbahnenden Umstellung der Großwetterlage ist der
Mittwoch bei uns noch weitgehend antizyklonal und somit störungsfrei
aufgestellt, sieht man einmal davon ab, dass im äußersten Norden noch immer
leichte WLA wirksam ist. Die Folge dort sind weiterhin dichte Wolken, aber nur
noch wenig Regen und im Laufe des Tages die Chance auf Auflockerungen von Süden
her. Ansonsten scheint verbreitet die Sonne, wobei die Temperatur einen weiteren
Sprung nach oben macht. Bis zum späten Abend liegt ganz Deutschland unter einer
Warmluftblase mit 850-hPa-Temperaturen zwischen 10 und 14°C, im äußersten Süden
sogar bis zu 15°C. Entsprechend steigt auch die 2m-Temperatur weiter an auf
sommerliche 23 bis 28°C, am und um den Rhein herum bis zu 29 oder vielleicht
sogar 30°C, im äußersten NO etwas darunter.

In der Nacht zum Donnerstag rückt der Höhentrog noch etwas dichter an den
Vorhersageraum heran, wodurch die süd-südwestliche Höhenströmung geringfügig
zunimmt. Eine mögliche wirksame dynamische Hebungskomponente ist daraus
allerdings noch nicht abzuleiten. Auf der anderen Seite greift aber die
Tiefdruckrinne mit konfluenten Windstrukturen von Westen her auf unseren Westen
über bei gleichzeitiger Anfeuchtung und Labilisierung der Luftmasse. Kurzum,
auch wenn sich die Modelle derzeit noch in Zurückhaltung üben, ist es nicht ganz
ausgeschlossen, dass von Ostfrankreich und Belgien her einzelne nächtliche
Gewitterzellen in den W und NW driften.
Abgesehen davon bleibt die Nacht ruhig und trocken mit vielfach aufgelockerter
Bewölkung und ein paar Nebelfeldern im Süden des Landes.

Donnerstag ... verschiebt sich das ganze Trog-Rücken-Muster etwas nach Osten,
wobei beide Potenzialgebilde ihre Amplitude leicht vergrößern, ihre Wellenlänge
hingegen verkleinern. Fakt ist, dass wir weiterhin trogvorderseitig unter der
süd-südöstlichen Höhenströmung positioniert sind. Essenzieller ist allerdings
die Tatsache, dass die Tiefdruckrinne weiter nach Osten vorankommt und die
wellende Kaltfront allmählich auf den Vorhersageraum übergreift. Davor kommt es
zu einer weiteren Feuchtezunahme (PPW auf über 30 mm in der Westhälfte) und
Labilisierung der vor Ort liegenden Warmluft, was die Wahrscheinlichkeit für
Gewitter bis in den Unwetterbereich erhöht. Allerdings sind derzeit noch zu
viele Fragen offen (Timing, Überlagerung konvektionsfördernder Zutaten, Scherung
usw.), als dass es sich ernsthaft lohnen würde, an dieser Stelle schon über
Details zu philosophieren. Nur so viel für den Augenblick: die meisten Modelle
simulieren die Hauptaktivität im Westteil der Republik, also im Wirkungsbereich
der sich nähernden Kaltfront. Das kann so kommen, muss aber nicht.
Erfahrungsgemäß unterschätzt die Numerik gerne die konvektiven Umlagerungen in
der Warmluft bzw. an der vorgelagerten Konvergenz. Auf alle Fälle deutet Vieles
darauf hin, dass auch der Donnerstag in weiten Teilen des Landes ein warmer bis
sehr warmer Tag wird, wobei sich das Maximum gegenüber Mittwoch wahrscheinlich
in die Osthälfte verlagert.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die kurzfristige Entwicklung ist unstrittig. Interessant wird es eigentlich erst
wieder ab der Nacht zum Donnerstag, wenn uns der LW-Trog nebst
korrespondierender Tiefdruckrinne auf den Pelz rücken.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann