DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-05-2017 21:00
SXEU31 DWAV 111800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 11.05.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Mäßig warm. Wiederholt Gewitter mit Starkregengefahr. Lokal Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt der östliche Teil Deutschlands noch unter einem Höhenkeil,
während der Südwesten des Landes allmählich auf die Vorderseite eines
umfangreichen westeuropäischen Troges gelangt. Ein Kurzwellentrog wird dabei von
Frankreich Richtung Schweiz gesteuert, so dass dessen Hebung am Abend den
Südwesten Deutschlands erreicht. Bodennah dominiert tiefer Luftdruck über
Westeuropa, während über dem Baltikum eine flache Hochdruckzone liegt, was über
unserem Land für bodennah östliche Winde sorgt. In der Höhe dreht der Wind
dagegen auf Süd, was für die Alpen leichten Föhn zur Folge hat. Dabei reicht es
auf den Gipfeln durchaus für einzelne Sturmböen, in entsprechend föhnanfälligen
Tälern immerhin für steife Böen. Nicht nur der Föhn, auch die östliche
Windkomponente sorgt bodennah für recht trockene Luft mit Taupunkten meist
zwischen 2 und 8 Grad, während die südwestlichen bis südlichen Winde in der Höhe
schon feuchtere Luft bis weit nach Deutschland hinein advehiert haben, was sich
teils durch mittelhohe Bewölkung bemerkbar macht. In den Südwesten des Landes
ist auch bodennah schon etwas feuchtere Luft eingesickert, was dort schon für
die Auslösung erster konvektiver Regenfälle gereicht hat. Der Übergangsbereich
zur feuchteren Luftmasse wurde mit einer Warmfront gekennzeichnet, die auch in
einer flachen Tiefdruckrinne liegt.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich die Achse des Höhenkeils in den
äußersten Nordosten Deutschlands, während an seiner Westflanke der oben erwähnte
Kurzwellentrog nordwärts gesteuert wird. Dieser sorgt im Westen des Landes für
Hebung und für das weitere Vordringen der Tiefdruckrinne, die am Morgen in etwa
eine Linie Niederrhein-Niederbayern erreicht. Nordöstlich der Rinne nimmt der
Ostwind etwas zu, so dass es im äußersten Norden und an der Ostsee zu ersten
steifen Böen kommen kann. Südwestlich der Rinne dreht der Wind auf Südwest und
es setzen sich allgemein Taupunkte von 10 bis 12 Grad durch, während im übrigen
Land bei östlichen Winden die Luftmasse noch deutlich trockener bleibt. Mit
dieser Rinne breiten sich auch die schauerartigen Regenfälle weiter aus, anfangs
sind diese auch noch mit Gewittern durchsetzt. Da das niederschlagbare Wasser
schon Werte von teils über 25 l/qm erreicht, muss auch mit örtlichem Starkregen
gerechnet werden. In etwa nordöstlich der Elbe ist noch Absinken
wetterbestimmend, dort zieht allenfalls etwas hohe Bewölkung auf, lange ist es
aber noch klar. Die Temperatur sinkt aber nur noch auf Werte um 5 Grad ab, somit
ist selbst Frost in Bodennähe kaum noch ein Thema. In einem Streifen von
Niedersachsen bis Sachsen ist es in der Nacht schon dicht bewölkt, aber meist
noch niederschlagsfrei. Der Föhn in den Alpen hält zunächst noch an, allerdings
schwächt sich die Südströmung über die Alpen im Nachtverlauf etwas ab, so dass
er gegen Morgen einschläft.

Freitag ... kommt der Höhenkeil noch etwas nordostwärts voran, so dass
Deutschland größtenteils auf die diffluente und leicht zyklonal geprägte
Vorderseite des westeuropäischen Langwellentroges gerät. Insgesamt ist die
Höhenströmung aber über weiten Landesteilen schwach, nur über dem Nordwesten ist
sie etwas stärker. Der Kurzwellentrog wird weiter nordwärts Richtung
Niedersachsen gesteuert, hinter diesem ist die Strömung etwas "zitterig"
simuliert, möglichweise sind dort weitere schwache Kurzwellentröge eingelagert.
Im Bodendruckfeld erreicht die Rinne bis zum Abend in etwa die Linie der Elbe.
Nordöstlich dieser Rinne nimmt im Übergangsbereich zu dem Hoch über
Nordosteuropa der Gradient noch einmal etwas zu, so dass es im Ostseeumfeld und
ganz im Norden zu frischem Ostwind mit einzelnen steifen Böen kommt. Generell
stellt sich im Nordosten Deutschlands noch ein recht freundlicher Tag mit Sonne
und höherer Bewölkung ein und vor allem in Brandenburg kann bei
850-hPa-Temperaturen bis 8 Grad die Temperatur auf bis zu 23 Grad steigen.
Feuchte (ppws 20 bis 25 Grad) und labil geschichtete Luft weitet sich von
Südwesten bis in die Tiefdruckrinne hinein aus, wobei das Maximum der Feuchte im
Bereich der Rinne zu finden ist, während die Labilität im Süden am größten ist.
Im Bereich der Rinne besteht dann durchaus die Möglichkeit, dass sich bei
vielfach stark bewölktem Himmel keine ausreichende Labilität aufbauen kann, um
stärkere Konvektion auszulösen, sondern es dort bei schauerartigen Regenfällen
bleibt. Dort könnte das mehrstündige Starkregenkriterium überschritten werden,
was Cosmo-DE-EPS (03 UTC) auch mit geringen Wahrscheinlichkeiten andeutet. Im
Südwesten des Landes werden dagegen in der labilen Luftmasse zahlreiche Schauer
und Gewitter simuliert, kaum vorhandene Scherung lässt aber nur Einzelzellen zu.
Die Auslösetemperaturen von knapp 20 Grad werden mit etwas Sonne verbreitet
erreicht, so dass es auch zu recht verbreiteter Auslösung kommt. Bei geringen
Zuggeschwindigkeiten kann es zu Starkregen kommen, Unwetter können dabei nicht
ganz ausgeschlossen werden. Eine etwas erhöhte Unwettergefahr könnte an der
Vorderkante der Tiefdruckrinne erfolgen, wenn sich die sehr feuchte Luft mit
stärker aufgeheizter Luft nordöstlich der Rinne vermischt. Dort wäre dann am
ehesten auch etwas größerer Hagel vorstellbar, die Hauptgefahr bleibt jedoch der
Starkregen. Auch hier ist kaum Scherung vorhanden.

In der Nacht zum Samstag kommt die Rinne nur wenig nordostwärts voran. Vor allem
in ihrem Bereich kommt es die ganze Nacht hindurch weiterhin zu schauerartigen
Regenfällen und Gewitter, wobei weiterhin das markante Starkregenkriterium
(sowohl 1- als auch 6-stündig) überschritten werden kann, die Unwettergefahr
sollte etwas nachlassen. Abseits der Tiefdruckrinne, wo die Gewitteraktivität
tagsüber vor allem durch das Überschreiten der Auslösetemperatur angetrieben
wurde, sollten die Gewitter weitgehend wieder nachlassen. Nennenswerter
großskaliger Hebungsantrieb ist nämlich nicht vorhanden, allenfalls die
diffluente Höhenströmung sorgt noch für etwas Hebung. Da mangels Scherung die
Gewitter auch nicht sehr langlebig sein können, dürfte die Konvektion im
Südwesten in der Nacht nachlassen. Auch größere Wolkenauflockerungen und sogar
Nebelfelder werden simuliert. Im Nordosten verschiebt sich der stärkste Gradient
noch etwas nordostwärts, so dass an der Ostsee keine Windwarnungen mehr nötig
sind.

Samstag ... liegt Deutschland in einer allenfalls sehr schwach zyklonal
geprägten (eher im Nordwesten als im Südosten) diffluenten südwestlichen
Strömung. Dabei werden wohl auch Kurzwellentröge nordostwärts gesteuert. Das
Bodendruckfeld ändert sich kaum, die Rinne liegt weiterhin in etwa entlang der
Elbe (was sich als recht günstig erweist, weil diese Lage einfach zu beschreiben
ist). In den Gebieten nordöstlich davon liegt immer noch etwas trockenere Luft,
allerdings dürfte allenfalls noch in Vorpommern länger die Sonne scheinen und
weiterhin keine Schauergefahr bestehen. Im übrigen Land liegt weiterhin die
feuchte (ppws zwischen 20 und 25 l/qm) und labile Luftmasse mit
Auslösetemperaturen um 20 Grad. Diese werden bei wechselnd wolkigem Wetter mit
etwas Sonne rasch erreicht, so dass es wieder zu brodeln beginnt. Aufgrund
schwacher Windscherung und generell schwachen Windes stehen wieder langsam
ziehende Einzelzellen auf dem Programm. Diese können bei CAPE-Werten bis über
500 J/kg wieder kleinkörnigen Hagel produzieren, die Hauptgefahr besteht aber
weiterhin durch Starkregen. Bei länger stehenden oder sich regenerierenden
Zellen können auch Unwetterkriterien erreicht werden. Wegen etwas erhöhter
Feuchte und nahezu gleicher Labilität ist die Rinne selbst etwas verstärkt
unwettergefährdet. Da diese sich auch nicht verlagert, kommt hier auch das
Unwetterkriterium von über 35 l/qm Regen in 6 Stunden ins Spiel. Zumindest
sollte aber grob entlang der Elbe auf jeden Fall das Maximum der
Gewitteraktivität liegen. Ein Minimum liegt dagegen unmittelbar am Alpenrand, wo
bei leichter Südwestströmung nach wie vor eine etwas trockenere Luftmasse liegt.


In der Nacht zum Sonntag nähert sich ein stärkerer Trog den Britischen Inseln.
Damit wird die Südwestströmung über Deutschland wieder etwas zyklonaler. Dem
Trog laufen 2 schwache Kaltfronten voraus, deren erste in der Nacht Deutschlands
Norden überquert, die in der Rinne liegende Warmfront einholt und als Okklusion
die Oder erreicht. Im Süden wird die Front sehr diffus. Auf jeden Fall springt
der Wind im ganzen Land auf Südwest bis West und der Druck steigt rückseitig.
Die Gewitteraktivität verlagert sich dann in der Nacht allmählich in den Osten
und Süden, wobei sie sich etwas abschwächt. Markante Starkregenwarnungen kann es
aber bis zu den Morgenstunden noch geben. Rückseitig der Kaltfront lässt die
Gewitteraktivität deutlich nach und die Wolken lockern auf.

Sonntag ... erreicht der Kurzwellentrog die Nordsee und Benelux und bringt
wieder etwas Hebung in den Westen Deutschlands. Im Bodendruckfeld stellt sich
eine schwache westliche Strömung ein. Mit dieser wird die erste Kaltfront
ostwärts außer Landes geführt, die zweite Kaltfront erreicht am Abend den
Nordwesten. Die zwischen den Fronten liegende Luftmasse über Deutschland ist nur
wenig kühler und trockener als die des Vortages. Die Höchstwerte erreichen bei
Werte von 6 bis 8 Grad in 850 hPa wieder meist etwas über 20 Grad und damit die
Auslösetemperaturen. Erneut ist nur recht schwacher Wind und wenig Scherung im
Spiel, so dass sich wieder viele Einzelzellen bilden, die lokal auch wieder
markanten Starkregen bringen können, die Unwettergefahr sollte im Vergleich zum
Vortag verringert sein, allerdings nicht ganz auszuschließen. Etwas organsierter
tritt schauerartiger Regen mit Gewittern auf, wenn die zweite Kaltfront am Abend
auf den Nordwesten Deutschlands übergreift.



Modellvergleich und -einschätzung
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Auf synoptischer Skala besteht zwischen den vorliegenden Modellen kein großer
Unterschied. GFS überrascht etwas mit einem sehr schnellen Vorankommen der
Gewitteraktivität im Nordosten. Schon ausgangs der Nacht soll es in
Westmecklenburg regnen, auch morgen Abend und in der Nacht zum Samstag erreichen
der Regen und die Gewitter etwas schneller Vorpommern.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann