DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-05-2017 11:00
SXEU31 DWAV 080800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 08.05.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Am östlichen Alpenrand noch andauernder Dauerregen, teils Unwetter. Im Südosten
einzelne Gewitter mit Starkregen. Ab Dienstag dann keine markanten
Wettergefahren mehr. In der Nacht Dienstag in der Nordosthälfte, in der Nacht
auf Mittwoch in der Südwesthälfte nochmal Frost bis -4 Grad.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Montag... befindet sich ein umfangreiches Trogsystems über Nord- und
Nordosteuropa. Gleichzeitig wird die Zufuhr von Atlantikluft durch einen
blockierenden Höhenrücken unterbunden, der von der Iberischen Halbinsel ausgehen
über Irland bis nach Grönland reicht, wobei sich dort auch ein eigenständiges
Höhenhoch ausgebildet hat. Da die Hauptachse des Troges östlich von Deutschland
liegt, gelangt der Vorhersageraum zusehends in eine nördliche Höhenströmung.

Auch am Boden lässt sich eine ähnliche Konstellation mit einem ausgeprägten Hoch
ausgehend von den Britischen Inseln bis nach Island und Grönland und einem Tief
über Osteuropa, erkennen. Die Kaltfront des osteuropäischen Tiefs hat den Norden
bereits erreicht und wird in weiterer Folge langsam südwärts vorankommen, sodass
bis zum Abend etwa die Mitte des Landes erreicht wird.

Dahinter wird mit kräftiger Kaltluftadvektion ein Schwall Polarluft aus
Skandinavien angezapft. Die 850 hPa Temperatur geht entsprechend von Norden her
allmählich in den negativen Bereich zurück.

Warntechnisch relevant sind vor allem die Dauerniederschläge am östlichen
Alpenrand, die sich vornehmlich aus einer nördlichen Anströmungsrichtung in
mittleren Troposphärenniveaus und damit einem orographisch bedingten Anstau
ergeben. In den vergangenen 24 h sind bereits 15 bis 25 l/qm, im Allgäu
vereinzelt auch um 35 l/qm gefallen. Die Prognosen der verschiedenen Modelle und
Ensembleverfahren zeigen relativ einhellig auch in den kommenden 24 h nochmals
Mengen zwischen 25 und 35 l/qm, lokal auch bis 40 l/qm. Damit ergeben sich in
der Summe (48 h) Mengen zwischen 40 und 60 l/qm, lokal auch bis nahe 80 l/qm bis
Dienstagmorgen. Der Großteil des Dauerregengebietes liegt dabei im Bereich der
markanten Warnschwelle, lokal eng begrenzt kann aber auch die Unwetterschwelle
von mehr als 60 l/qm gerissen werden. Das gilt insbesondere für das Allgäu und
die Regionen, wo es bedingt durch konvektive Verstärkungen gestern und heute
kurzzeitig und lokal eng begrenzt für größere Mengen gereicht hat bzw. reichen
wird.

Apropos konvektive Verstärkung. Der Südosten von Bayern befindet sich im Bereich
labilerer Luftmassen, die gleichzeitig mit erhöhter spezifischer Feuchte im
Grenzschichtbereich überlappt. Daraus ergibt sich im Tagesverlauf etwas CAPE,
sodass sich im Tagesverlauf das ein oder andere Gewitter entwickeln kann.
Getriggert wird dies zudem von einem kurzwelligen Troganteil, der im
Tagesverlauf allmählich von Norden her reinläuft und vor allem gut im
Isohypsenverlauf in 500 hPa zu sehen ist. Die Gewitter sind vornehmlich
begleitet von Starkregen, was den erhöhten ppw-Werten (>20 mm) und den eher
geringen Höhenwinden (W500: 15 bis 20 kn) geschuldet ist. Es sind also durchaus
Stundensummen von 15 bis 25 l/qm möglich. Ob auch die Unwetterschwelle gerissen
wird, erscheint eher fraglich, aber zumindest die 6h Summe von COSMO-DE EPS
deuten dies für den südlichen Bayerwald an.

Darüber hinaus bleibt nur noch der nördliche Wind zu erwähnen, der im
Küstenbereich von Schleswig-Holstein mit der rückseitig der Kaltfront folgenden
Druckanstiegswelle vorübergehend stark böig auffrischen kann. Vereinzelt kann
der Wind auch mal in das angrenzende Binnenland ausgreifen. Im Laufe des
Nachmittages lässt dieser aber mit einem auffächernden Gradienten schon wieder
nach. Auch am Alpenrand und im Erzgebirge deuten die Modelle (insbesondere auch
ICON) an, dass es nachmittags zu Windböen aus nordwestlicher Richtung kommt,
exponiert sind dann auch einzelne stürmische Böen möglich. Auch in der Nacht auf
Dienstag bleiben diese zunächst noch aktiv, lassen dann aber im weiteren Verlauf
nach.

In eben angesprochener Nacht verlagert sich die Kaltfront nun auch in den Süden
Deutschlands und erreicht zum Morgen den Alpenraum. Die Niederschläge dort
halten zunächst an, wobei sich aber der Schwerpunkt etwas nach Osten in Richtung
Berchtesgadener Land verlagert. Rückseitig der Kaltfront gelangt nun ein Schwall
Polarluft in große Landesteile mit 850 hPa Temperaturen, die im Nordosten auch
unter -5 Grad zurückgehen. Mit der Überströmung des Skandinavischen Gebirges ist
diese zudem ziemlich trocken mit klar negativen Taupunkten. Es ist also zu
befürchten - und das deuten die Modelle auch an - dass es in einigen Regionen zu
Luftfrost kommt. Gestützt wird dies auch durch einen nachlassenden Nordwind. Die
zu erwartenden Tiefstwerte sollten sich dabei erfahrungsgemäß eher am Unterrand
der Modellangebote bewegen. So werden vor allem im Norden, im Osten und zum Teil
auch in der Mitte sowie allgemein in den Mittelgebirgstälern Tiefstwerte
zwischen 0 bis lokal -4 Grad erwartet. Am Boden gehen die Werte noch
verbreiteter und tiefer zurück. Dort ist zum Teil auch mäßiger Frost bis -7 Grad
möglich. Zu erwähnen wäre noch der Nebel, der sich den MOS-Wahrscheinlichkeiten
folgend hier und da ausbilden kann. Die EURO4-Prognose ist hingegen eher
verhalten.


Dienstag... befindet sich Deutschland weiter trogrückseitig in einer allmählich
von Nord auf Nordwest drehenden Höhenströmung. Die 850 hPa Temperatur liegt
zwischen rund 0 Grad im Südwesten und -5 Grad im Osten des Landes. Dazu macht
sich am Boden leichter Druckanstieg bemerkbar.

Im Tagesverlauf findet sich allerdings eine kurzwellige Störung, die
trogrückseitig nach Süden abläuft und ein schwaches Randtief über der Ostsee
induziert. Daraus resultiert zunächst etwas Warmluftadvektion im Nordosten und
damit Aufgleitbewölkung. Gleichzeitig liegt in diesem Bereich allerdings auch
noch die Höhenkaltluft mit bis -26 Grad in 500 hPa. Beide Effekte wirken
einander entgegen, sodass schlussendlich nur wenig Niederschlag erwartet wird,
der schauerartig geprägt vornehmlich Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern betreffen sollte.

Die Stauniederschläge am östlichen Alpenrand lassen deutlich nach, zudem sinkt
die Schneefallgrenze auf 1200 bis 1400 m ab. Damit entspannt sich die
Dauerregenlage deutlich und Warnungen sind dann keine mehr notwendig. Auch der
Wind spielt mit dem hereinrückenden Bodenhochkeil keine nennenswerte Rolle mehr
und weht abgesehen von Küstenumfeld oft nur schwach.

Am meisten profitieren kann man vom Druckanstieg im Westen und Südwesten des
Landes, wo sich häufiger die Sonne zeigt. Dort werden in der Spitze auch Werte
zwischen 13 und 16 Grad erwartet, während in der Mitte und im Osten oft nur 8
bis 11 Grad möglich sind.

In der Nacht auf Mittwoch kommen die kurzwellige Störung und das Randtief
südwärts voran. Damit können sich auch die dichten Wolken weiter bis zur Mitte
ausbreiten und sorgen für etwas Niederschlag. Der äußersten Norden und Nordosten
gelangt im Laufe der Nacht dann bereits rückseitig der Kaltfront, sodass es dann
dort häufig trocken ist. In den bedeckten Gebieten besteht folglich keine
Frostgefahr mehr. Diese ist bei schwachen Winden weiter in Richtung Süden und
Südwesten erhöht. Dort werden nur wenige Wolken vorhergesagt und in der
weiterhin recht trockenen Luft gehen die Werte außerhalb der Ballungszentren auf
2 bis -3 Grad zurück. Im Bodenniveau werden verbreitet 0 bis -5 Grad erwartet.


Mittwoch... wandert das Randtief ostwärts über Polen ab. Gleichzeitig wird ein
Tief bei Island wetterbestimmend und führt dazu, dass die ursprüngliche
Kaltfront rückläufig wird und als Warmfront wieder in Richtung Nordosten
wandert. Der Norden und Nordosten liegen dabei weiter im Einflussbereich
feuchter und wolkenreicher Luftmassen, mit etwas Niederschlag. Die feuchte Luft,
die zudem von einer Inversion in mittleren Niveaus gedeckelt ist (Progsoundings)
schafft es aber nicht mehr über die Mittelgebirgsschwelle.

Dementsprechend gibt es im Süden und Südwesten bis zu den Mittelgebirgen
ausgreifend viel Sonne bei Höchstwerten im Bereich zwischen 15 und 20 Grad.
Nordwestlich davon verbleibt man bei den Temperaturen deutlich niedriger, da
auch im 850hPa-Niveau die 0 Grad Isotherme noch über den Nordosten liegt.
Maximal werden 8 bis 14 Grad erreicht, mit den niedrigsten Werten in Richtung
Ostsee.

Warnrelevanz besteht allgemein nicht, da auch der Wind bei der gradientschwachen
Wetterlage allgemein nur schwach bleibt.

In der Nacht auf Donnerstag beginnt sich die Höhenströmung allgemein neu
auszurichten. Der Nordosten befindet sich zwar noch leicht trogrückseitig (dort
liegen auch noch feuchte Luftmassen mit einigen Wolken, aber kaum noch Regen).
Sonst können aber große Landesteile von einem Höhenrücken profitieren, der sich
in Richtung Deutschland verlagert. Gleichzeitig baut sich über dem nahen
Ostatlantik und Westeuropa eine meridional ausgerichtete Tiefdruckzone auf.
Damit werden ganz allmählich wärmere Luftmassen auch nach Deutschland geführt.

Neben den dichten Wolken im Nordosten, arbeiten sich gestützt von
Warmluftadvektion auch ein paar hohe und mittelhohe Wolkenfelder in den
Südwesten und Süden von Deutschland. ICON und ECMWF prognostizieren keinen
Niederschlag, einzig GFS tanzt etwas aus der Reihe und zeigt etwas überraschend
im Bereich der Achse des Höhenrückens etwas Niederschlag im Westen und
Südwesten. Zwischen den beiden Regionen mit Wolken ist es hingegen häufig gering
bewölkt oder klar. Die Tiefstwerte bleiben abgesehen von höheren
Mittelgebirgslagen zumeist positiv zwischen 8 und 1 Grad. Allerdings kann es vor
allem über Bayern, der Mitte und bei Aufklaren im Osten nochmal leichten
Bodenfrost geben.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle zeigen bei der kurzfristigen Entwicklung eine gute Übereinstimmung.
Erst beim Übergang in die Mittelfrist ergeben sich erste Differenzen (Nacht auf
Donnerstag), die bereits im Text angesprochen wurden. Die oben aufgezeigte
Beschreibung ist also als recht sicher einzustufen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer