DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-05-2017 21:00
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 01.05.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Dauerregen in Teilen von Franken und den angrenzenden Regionen. Am Dienstag
stark böiger Wind im Norden, an den Küsten stürmische Böen. Am Mittwoch und
Donnerstag Gewitter mit Starkregen im Südwesten und Süden.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich ein Höhentief über Teilen von West- und Mitteleuropa
abgeschnürt. Dieses weist zwei Zentren auf, wobei das eine in der Nähe des
Ärmelkanals zu finden ist und ein zweites im Dreiländereck
Schweiz/Frankreich/Deutschland. Korrespondierend dazu lassen sich auch im
Bodendruckfeld zwei Tiefdruckgebiete erkennen.

Während zunächst noch das westliche Tief die Oberhand hat, ist für Deutschland
das östlichere Tiefdruckgebiet ausschlaggebend. Letzteres befindet sich derzeit
mit einem Kerndruck von unter 1008 hPa über Österreich und verlagert sich in
weiterer Folge nordwärts. Dort legt es sich in der Nacht auf Dienstag über die
Mitte des Landes.

Mit der Verlagerung der Druckgebilde verschiebt sich auch der
Niederschlagsschwerpunkt. Dieser erstreckt sich derzeit noch von Bayern/Baden
Württemberg, über Hessen bis nach NRW. In der Nacht verlagert sich der
Schwerpunkt der Niederschläge nach Bayern und in die Mitte des Landes. Schaut
man sich die verschiedenen Modelllösungen und Ensembleverfahren an, so
kristallisiert sich ein Maximum der Niederschläge etwa im Zeitbereich Mo18UTC
bis Di12UTC heraus, der von Teilen Frankens (breiter Streifen von Nürnberg
ausgehend) bis zum Thüringer Schiefergebirge/Thüringer Wald, weiter bis zur Rhön
reicht. In diesen Regionen sind im besagten Zeitraum Niederschlagsmengen
zwischen 20 und 35 l/qm vorhergesagt, lokal eng begrenzt werden auch die 40 l/qm
in den verschiedenen Modellen überschritten. Besonders viel Niederschlag bringt
das ICON_Nest 06 UTC, mit lokal mehr als 50 l/qm, was theoretisch sogar einer
Unwetterwarnung bedürfte. Allerdings wird der Schwerpunkt deutlich weiter
südlich gerechnet, als von GFS und ECMWF. Das französische Arome zeigt den
Niederschlagsschwerpunkt sogar noch weiter im Süden. Im neuesten ICON_Nest 12
UTC Lauf wird der meiste Niederschlag wieder etwas weiter im Norden
prognostiziert, allerdings nicht nach Thüringen ausgreifend.

Kurzum ... man wird wohl um eine markante Dauerregenwarnung nicht herumkommen.
Allerdings sollten wenn möglich mit Berücksichtigung der 12 UTC Läufe versucht
werden die Region nicht zu großflächig zu bewarnen, sondern zunächst die Gebiete
mit der besten Übereinstimmung zwischen der verschiedenen Modellen abzuwarnen
und bei Bedarf später weitere Regionen noch hinzu zu nehmen. Damit sollte man
auch der Tatsache Rechnung tragen, dass auch innerhalb einzelner Modell noch
größere Unsicherheiten zwischen den verschiedenen Membern bestehen. So
beispielsweise das ECMWF. Betrachtet man dort einen Gitterpunkt in der
betroffenen Region, so ergibt sich eine große Schwankungsbreite von 5 bis 35
l/qm in 24 h (SOT). Eine markante Warnung sollte dabei auch mit Hinblick auf den
Rest der Modell- und Ensemblewelt allemal ausreichen.

Direkt am östlichen Alpenrand liegt die Schneefallgrenze bei etwa 1000 m. Somit
kommt in den höheren Lagen in der Nacht auch etwas Neuschnee zusammen. Für mehr
als 2 bis 7 cm, in Staulagen maximal 15 cm, sollte es aber nicht reichen. Zudem
lassen die Niederschläge im Südbayern in der zweiten Nachthälfte schon wieder
deutlich nach.

Der Wind der tagsüber vor allem im Osten und Norden stark böig unterwegs war, an
den Küsten auch mit stürmischen Böen, wird sich mit Verlagerung des Bodentiefs
sowie tagesgangbedingt deutlich abschwächen. In den Nachtstunden sollten davon
allenfalls noch die Küstenregionen mit Bft 7 aus Ost betroffen sein.

Dienstag ... bleibt in der Höhe die Dipolstruktur erhalten. Das eine Höhentief
liegt über Frankreich, während das für Deutschland wesentlich interessantere
zweite Höhentief über der Mitte des Landes zu finden ist. Das dazu gehörige
Bodentief übernimmt mittlerweile auch die dominantere Position im
Bodendruckfeld. Die Niederschläge über der breiten Mitte halten folglich an,
sodass auch die Dauerregensituation in der oben beschriebenen Region fortdauert.
In der zweiten Tageshälfte lassen die Regenfälle über der Mitte nach und die
Niederschläge greifen nun auch in den Norden des Landes aus. Warnrelevante
Niederschlagssummen werden dabei allerdings nicht mehr erreicht.

Im Süden bleibt es oft trocken, erst im Laufe des Nachmittages können sich im
Südwesten ein paar Schauer bilden. Das ist vornehmlich dem kräftigen vertikalen
Temperaturgradienten zwischen der sich erwärmenden Grundschicht und der Kaltluft
in mittleren Troposphärenschichten (T500: -26 Grad) geschuldet. Für ein Gewitter
fehlt es aber wohl an ausreichend Feuchte in den unteren Schichten.

Der Wind lebt nördlich des Bodentiefs im Tagesverlauf erneut auf, sodass in
großen Teilen des Nordens mit Böen Bft 7, an der See auch Bft 8 zu rechnen ist.
Dies wird auch von den verschiedenen Ensemblelösungen gestützt. Der Wind dabei
vornehmlich aus Süden. Einen zweiten Hinweis auf warnwürdige Böen lässt sich im
östlichen Mittelgebirgsraum und im Elbtal finden. Dort ist mit einer südlichen
bis südöstlichen Anströmung die ein oder andere starke Böe (Bft 7) möglich.

In der Nacht auf Mittwoch wandert das Höhentief mit seinem Schwerpunkt in den
Westen von Deutschland. Entsprechend muss auch in den westlichen Landesteilen
mit weiteren Niederschlägen gerechnet werden. Auch im Süden treten im Laufe der
Nacht gebietsweise mit schauerartige Niederschläge auf. Diese sind vornehmlich
an das zweite, schwächere Höhentiefmaximum gekoppelt, das von Westen her nach
Süddeutschland reindrückt.

Der Wind lässt im Laufe der Nacht nach, weht an den Küsten aber vor allem noch
in der ersten Nachthälfte zeitweise stark böig, exponiert geben die
Ensembleverfahren auch durchaus noch einzelne stürmische Böen her, vornehmlich
an der Nordsee.

Die Minima liegen am niedrigsten über der Mitte und im Süden mit nur 6 bis 2
Grad. Vornehmlich in Richtung Lausitz, wo es längere Zeit aufgelockert sein
soll, gehen die Minima noch etwas weiter zurück. Dort ist zumindest Bodenfrost
bis -2 Grad möglich, örtlich eng begrenzt vielleicht auch Luftfrost.

Mittwoch ... verlagert sich das Höhentief langsam in Richtung Frankreich. Am
Boden lässt sich dann allerdings nicht mehr viel erkennen, sodass man zunehmend
von einem Kaltlufttropfen sprechen kann.

Mit Verlagerung des Höhentiefzentrums dreht die Strömung über Mitteleuropa und
Deutschland auf südliche Richtungen, mit der feuchtere, aber auch etwas wärmere
Luftmassen advehiert werden. Mit der Höhenkaltluft ist der vertikale
Temperaturgradient und damit die Labilität weiter deutlich erhöht. Mit den
gleichzeitig einfließenden höheren Werten an spezifischer Grenzschichtfeuchte,
kann sich im Tagesverlauf auch etwas CAPE aufbauen. Entsprechend ist vornehmlich
im Westen und Südwesten am Nachmittag mit Schauern und auch einzelnen Gewittern
zu rechnen. Zumeist sollten diese im gelben Bereich bleiben. Mit ppw-Werten bis
nahe 20 l/qm und einer nicht all zu kräftigen Höhenströmung (W500: 15 bis 20
kn), kann lokal Starkregen aber nicht ausgeschlossen werden.

Der Wind spielt allenfalls noch im Küstenumfeld eine Rolle, wo zeitweise Böen
Bft 7 auftreten können

In der Nacht auf Donnerstag verbleiben große Teile von Deutschland im
Einflussbereiche des Kaltlufttropfens, der sich über Ostfrankreich befindet. Die
Höhenströmung dreht dabei zunehmen auf Südost. Gleichzeitig herrscht am Boden
eine Ost- bis Nordostströmung durch das kräftige Bodenhoch zwischen Island und
Skandinavien.

Das Wettergeschehen wird dabei weiter von hochreichenden Feuchtefeldern
bestimmt, sodass häufig starke Bewölkung dominiert und zeitweilige konvektive
Niederschläge auftreten. Die genaue Lokalisierung ist dabei aus jetziger Sicht
noch nicht möglich. Mit der Nähe zum Höhentief ist man aber auch an der
höhenkältesten Luft dran und damit ist dort die Wahrscheinlichkeit für Schauer
erhöht. Gewitter sollte es aber tagesgangbedingt kaum noch geben. Ein Teil der
Modelle zeigt einen Schwerpunkt auch über der Mitte.

Im Süden, wo die Niederschläge seltener und die Auflockerungen häufiger sind,
werden Tiefstwerte zwischen 6 und 2 Grad erwartet. Sonst 8 bis 5 Grad, wobei der
Nordostwind an der See weiter stark böig daherkommt.

Donnerstag ... beginnt der Kaltlufttropfen mit der Bodenströmung wieder ostwärts
zu wandern, sodass er zum Mittagestermin den westlichen Alpenrand erreicht.
Entsprechend bleibt auch der Vorhersageraum an seiner Nordflanke weiter voll im
Einflussbereich feuchter Luftmassen. An seiner Nordostflanke herrscht dabei WLA,
sodass den Nordosten und Norden Deutschlands Aufgleitbewölkung mit länger
andauernden Niederschlägen erreicht. Zudem weht dort weiterhin im Küstenbereich
ein stark böiger Nordostwind, wobei exponiert auch einzelne stürmische Böen
nicht ausgeschlossen sind.

Im Süden des Landes verleibt man im Einfluss labiler Luftmassen infolge
höhenkälterer Luft. Außerdem ist dort auch die Grenzschichtfeuchte am höchsten.
Als Konsequenz werden Gewitter vorhergesagt, die vornehmlich in der Südhälfte
von Bayern und Baden-Württemberg zu erwarten sind. Bei schwachen Höhenwinden
(W500: <=5kn) und knapp 20 mm bei den ppw-Werten ist in jedem Fall mit
Starkregen zu rechnen. Die Unwettergefahr ist zwar eher gering, bei der
niedrigen Zuggeschwindigkeit kann man es aber nicht ganz ausschließen.

In der Südhälfte wird es mit 14 bis 17 Grad am wärmsten, während nach Norden nur
11 bis 14 Grad erreicht werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung wird in der Kurzfrist insgesamt in guter Übereinstimmung
gebracht. Unterschiede gibt es in Richtung Mi und Do, was die genaue Lage der
konvektiven Niederschläge betrifft. Grundlegend kann die kurzfristige
Entwicklung aber als recht sicher eingestuft werden, auch wenn man weiß, dass
KLTs immer für Überraschungen gut sind :-).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer