DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-04-2017 21:00
SXEU31 DWAV 231800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 23.04.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Dauerniederschläge im Süden ab Dienstagnachmittag. In Hochlagen dort größere
Neuschneemengen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir in einer nordwestlichen Strömung, die im Laufe der Nacht
im Zuge der Annäherung eines Troges über die nördliche Nordsee etwas mehr nach
West zurückdreht. Ein flacher Rücken, der uns zuvor überquert, vermag die
Hochdruckzone über der Mitte und dem Süden Deutschlands kaum zu stützen, so dass
diese weiter abgebaut wird. Auf den Norden greift im Verlauf der Nacht eine
Warmfront und vorgelagert Warmluftadvektion über, die für mehrschichtige
Bewölkung sorgt und vor allem im Küstenumfeld in der zweiten Nachthälfte
leichten Regen bringt.
Die Warmfront gehört zu einem Tief unter der Trogvorderseite, das von den
Shetland Inseln zur Südspitze Norwegens zieht und sich dabei im Laufe der Nacht
von ca. 1005 hPa auf rund 995 hPa vertieft.
Ansonsten fallen die anfänglichen Schauer tagesgangbedingt und infolge
Stabilisierung durch die WLA in sich zusammen und es klart vor allem über der
Mitte und im Süden gebietsweise auf. Dabei sinkt die Temperatur in der
eingeflossenen sehr kühlen und trockenen Luftmasse (Taupunkt 0 bis -4 Grad)
häufig unter den Gefrierpunkt, am Erdboden vor allem im Süden gebietsweise unter
-5 Grad.
Im Norden bleibt es unter der dort aufziehenden dichten Bewölkung milder und
häufig frostfrei in 2m Höhe, gebietsweise ist aber zumindest Bodenfrost möglich.

Der anfangs kräftige Westwind im Norden und Osten lässt vorübergehend nach,
frischt aber schon ausgangs der Nacht im Nordwesten wieder auf, da sich der
Gradient mit Annäherung des o.e. Tiefs wieder verschärft. An der Nordsee sind
bei auf südwestliche Richtungen drehendem Wind erste starke, exponiert
stürmische Böen zu erwarten.

Montag ... zieht das Tief unter weiterer leichter Intensivierung langsam nach
Osten und überquert abends den Skagerrak nach Südschweden. Der nachfolgende Trog
weitet sich stärker nach Südwesten aus, als das er nach Süden vorankommt. Wir
verbleiben unter seiner Vorderseite in einer gänzlich nach West drehenden
Strömung.
Die Warmfront zieht dabei zügig über den Norden ostwärts ab, die Kaltfront macht
dagegen (schleifend in der Höhenströmung) nur langsam Boden nach Norddeutschland
hinein gut. Im Norden überwiegt starke Bewölkung und mit dem Tiefausläufer setzt
auch wieder Regen ein, der aber meist leicht ist, weitab von Warnschwellen.
Das gilt nicht für den Wind. Dieser frischt im Tagesverlauf im Norden aus
Südwest bis West auf und erreicht im norddeutschen Tiefland Bft 6 bis 7, an den
Küsten und auf dem Brocken sind stürmische Böen zu erwarten. Exponiert ganz im
Norden können auch Sturmböen dabei sein. Nachmittags und abends lässt der Wind
aber schon wieder nach, da im Zuge einer beginnenden Wellenbildung über der
südwestlichen Nordsee der Gradient aufweicht.
Obwohl auch über der Mitte und dem Süden der Druck fällt, sind dort keine
nennenswerten Hebungsantriebe zu finden. Im Bereich der nur noch rudimentär in
den Bodendruckfeldern vorhandenen Hochdruckzone scheint vielfach die Sonne.
Gleichzeitig wird deutlich mildere Luft herangeführt. Die höheren Temperaturen
in 850 hPa, die im Süden bis nahe +10 Grad steigen, schlagen sich auch in den
Maxima der 2m-Werte nieder, die meist zwischen 13 und 17 Grad rangieren. Am
Oberrhein sind nahe 20 Grad drin, während es unter den Regenwolken im Norden mit
10 bis 12 Grad kühler bleibt.

In der Nacht zum Dienstag zieht die Welle, die sich wahrscheinlich nicht stärker
entwickelt, über Norddeutschland nach Osten bis Nordosten. In einem Streifen von
NRW bis nach Brandenburg regnet es verbreitet, mit 5 bis 10 mm in 12 Stunden, in
Staulagen auch etwas mehr.
Vom Nordseeumfeld bis nach Schleswig-Holstein kommen im Verlauf der Nacht
Schauer, teils als Graupel auf, da der Trog mit höhenkalter Luft unter -30 Grad
in 500 hPa übergreift. Die Schneefallgrenze kann laut dem neuen ICON Lauf mit
der erneut einströmenden kalten Meeresluft auch von der Eifel übers
Rothaargebirge bis zum Harz zum Dienstagmorgen auf rund 500 bis 700m sinken,
allerdings simulierten die Vorläufe und auch die externen Modelle die Zugbahn
der Welle nördlicher.
Ausgelöst durch frontogenetisch angelegte Druck- und Temperaturfelder formiert
sich über Süddeutschland ein weiterer Frontenzug, der von kurzwelligen
Troganteilen gestützt auch im Süden leichter Regen bringt. Frost ist dann kaum
noch ein Thema, Bodenfrost kann es postfrontal bei Aufklaren im äußersten Norden
geben sowie vor allem im östlichen Bergland, wo es ebenfalls noch längere Zeit
gering bewölkt bleibt. Der Wind frischt in Hochlagen des Südens stärker auf,
einige Alpengipfel und exponierte Berge im Schwarzwald sind mit Sturmböen (auch
schwere Sturmböen) dabei.

Dienstag ... zieht die Welle rasch nach Osten ab und die Kaltfront kommt
rückseitig etwas beschleunigt nach Süden voran und vereint sich über dem
Südosten mit der dort lagernden zweiten Front. Das steuernde, hochreichende Tief
zieht unterdessen langsam zur mittleren Ostsee, während der positiv geneigte
Trog zögernd Boden nach SE gut macht, sich dabei aber weiter nach Südwesten
ausdehnt und schon bis ins Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel reicht.
Wir verbleiben dabei auf der Trogvorderseite in einer nunmehr beinahe
südwestlichen Höhenströmung.
Postfrontal gelangt wieder frische Meereskaltluft nach fast ganz Deutschland,
die vor allem im Nordwesten trognah hochreichend instabil geschichtet ist. Dort
sind Schauer, teils Graupel zu erwarten und auch einzelne Gewitter mit starken
Böen sind nicht ausgeschlossen.
Im Südosten hält sich noch die mildere Luft, allerdings beginnt es fast im
gesamten Süden und Südosten an der schleifenden Front im Tagesverlauf zu regnen,
wobei die Schneefallgrenze zunächst noch recht hoch liegt; bei über 1000m, im
Südosten bei mehr als 2000m. Die Schauer in den nördlichen Mittelgebirgen fallen
dagegen oberhalb von 500 bis 700m als Schnee oder Graupel. Im Südwesten dürften
10 bis 15 mm/6h Regen bis zum Abend zusammenkommen. Im Südosten baut sich über
den Tag etwas CAPE auf, dort sind auch einzelne Gewitter möglich.
Rückseitig der Front frischt der auf Nordwest drehende Wind auf mit Bft 6 bis 7
im Nordwesten. Auch mit Passage der Kaltfront sind im Süden Bft 7 möglich. Im
Bergland weht teils starker Südwestwind mit Sturmböen auf Berggipfeln im Süden
und Osten.
In der Nacht zum Mittwoch fächert der Gradient an der Südwestflanke des Tiefs
über der Ostsee soweit auf, dass der Wind kaum noch eine Rolle spielt. Die
Luftmassengrenze über dem Südosten wird aus Deutschland angedrängt und liegt
schließlich eingebettet in eine Tiefdruckrinne mit mehreren Kernen über
Österreich und Oberitalien südlich und östlich von uns. Die Aufgleitvorgänge
nordwestlich davon dauern aber an, so dass über Süddeutschland verbreitet
Niederschläge auftreten, die nach Westen hin bis 400m hinab als Schnee fallen,
während die Schneefallgrenze in Südostbayern noch über 1000m liegen dürfte. In
einigen Staulagen sind 15 bis 25 mm Niederschlag in 12 Stunden möglich, lokal
noch mehr, so dass Dauerregenwarnungen ins Spiel kommen, bzw. Warnungen vor
Schneefall. Im Norden sind weitere Schauer zu erwarten, in Aufklarungsgebieten
über der Mitte und dem Norden gibt es leichten Frost.

Mittwoch ... nähert sich der Höhentrog weiter an, wobei er sich im Verlauf des
Tages weiter amplifiziert. Die wellende Front an der Ostflanke des Troges
verläuft von Spanien über Norditalien und Polen bis nach Nordwestrussland.
Zusammen mit orografischem Einfluss sorgt die Annäherung des Höhentroges entlang
dieser wellenden Front für eine Zyklogenese über Norditalien, die besonders den
Süden und Südosten Deutschlands beeinflusst. Dort tritt weiter länger anhaltend
Niederschlag auf, der oberhalb von rund 500 m als Schnee fällt. Südlich der
Donau sind 10-15 l/qm Niederschlag zu erwarten, in höheren Lagen kann es demnach
10-20 cm Neuschnee geben, in exponierten Staulagen ist noch einmal deutlich mehr
Neuschnee möglich.

Dabei kann die Schneefallgrenze bei wechselnder Niederschlagsintensität regional
stärker schwanken. Über der Mitte und dem Norden sorgt die nahende Trogachse für
einen Tagesgang der Bewölkung und des Niederschlags. Dabei muss besonders am
Nachmittag und Abend mit Schauern und einzelnen Gewittern gerechnet werden. Die
Schneefallgrenze liegt dabei um 300 bis 400 m.

In der Nacht zum Donnerstag ändert sich an der Verteilung wenig, wobei die
Niederschläge im Norden rasch nachlassen und die Wolkendecke auflockert. Einzig
im Umfeld der Mittelgebirge fällt noch etwas Niederschlag. Im Süden regnet oder
schneit es weiter bei unveränderter Schneefallgrenze und nur geringfügig
geringeren Niederschlagsmengen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren im Wesentlichen ähnlich. Unterschiede sind Detailfragen
vorhanden, wie: Zugbahn der Welle am Dienstag, Phase und Intensität der
Niederschläge in der Folge. Ob am Dienstag Dauerregenwarnungen nötig werden,
kann noch abgewartet werden, größere Neuschneemengen (markant) dürfte es in den
Alpen, Südschwarzwald wahrscheinlich schon geben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner