DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-04-2017 21:00
SXEU31 DWAV 201800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.04.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wieder zunehmend unbeständig und weiterhin zu kalt. An den Küsten zeitweise
stürmische Böen, im Bergland Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... schwenkt - ausgehend von einer umfangreichen und hochreichenden
Antizyklone über dem Seegebiet südwestlich der Britischen Inseln - in 300 und in
500 hPa ein Hochkeil über den Norden des Vorhersagegebietes hinweg südwärts. Von
Nordwesten her wird er bereits überlaufen von kräftiger WLA an der Südwestflanke
eines Höhentroges über Nordeuropa, dessen Drehzentrum sich allmählich nach
Nordskandinavien verlagert.
Im Bodenfeld erstreckt sich aktuell eine Hochdruckbrücke vom nahen Ostatlantik
über den Süden der Britischen Inseln hinweg bis in die Mitte Deutschlands. Mit
der Südverlagerung des Hochkeils wird sie vor allem in ihrem Ostteil ebenfalls
nach Süden abgedrängt, Freitagfrüh befindet sich die Hochdruckachse bereits über
Süddeutschland. Auf die Nordhälfte greift im Laufe der Nacht die Warmfront des
mit dem Höhentrog korrespondierenden Zentraltiefs mit Kern in etwa über den
Lofoten über. Insgesamt fallen die frontalen Hebungsprozesse mit Annäherung an
den Hochkeil nur schwach aus, so dass sie sich hauptsächlich in Form dichter
mehrschichtiger Bewölkung bemerkbar macht, die von Nordwesten her auf den Norden
und später auch auf die Mitte des Landes übergreift. Niederschläge werden im
Nordwesten und Norden kaum simuliert.
Mit Annäherung und Passage der Front beginnt sich der Druckgradient zu
verschärfen und der West- bis Südwestwind frischt auf. Eventuell reicht es
entlang der vorpommerschen Küste vereinzelt für steife Böen (Bft 7), meist
bleibt der Wind aber noch unterhalb der Warnschwellen.
Im Süden und anfangs auch in der Mitte verläuft die Nacht dagegen klar oder
gering bewölkt, die restliche Konvektionsbewölkung im Süden löst sich auf. Somit
steht dort nochmals eine frostige Nacht ins Haus mit mäßigem Frost in
ungünstigen Lagen Süddeutschlands. In schneebedeckten Alpentälern kann es sogar
strengen Frost geben.

Freitag ... schwenkt der Hochkeil weiter Richtung Alpen. Über Skandinavien macht
die Austrogung weitere Fortschritte, ein kurzwelliger Randtrog zieht, vom
Nordmeer kommend, bis zum Abend nach Südnorwegen. Somit nimmt die
westnordwestliche Höhenströmung vor allem über dem Norden des Vorhersagegebietes
eine zunehmend zyklonale Kontur an.
Im Bodenfeld verlagert sich das Zentraltief allmählich zum Bottnischen
Meerbusen. Die Warmfront erreicht bis zum Abend in etwa die Mitte Deutschlands,
die nur langsam nachrückende und vorderseitig des sich annähernden
Kurzwellentroges über dem nördlichen Mitteleuropa zur Wellenbildung neigende
Kaltfront erreicht dann die Deutsche Bucht, Schleswig-Holstein und die
vorpommersche Ostseeküste. Nach wie vor halten sich die frontalen
Hebungsprozesse in Grenzen, im Warmsektor werden über Norddeutschland nur
marginale Niederschläge simuliert, erst im Vorfeld bzw. direkt an der Kaltfront
können auch mal 1 bis 3 mm innerhalb von ein paar Stunden fallen. Allerdings
weiten sich die teils recht dichten mehrschichtigen Wolkenfelder im Tagesverlauf
weiter südostwärts, in etwa bis nach Nordbaden und zur Donau hin aus.
Der nach Südwestdeutschland hin gerichtete Bodenhochkeil bleibt bestehen,
gleichzeitig verschärft sich mit Annäherung der Kaltfront der Druckgradient im
Norden und Osten des Landes. An den Küsten gibt es im Tagesverlauf verbreitet
steife, in exponierten Lagen und vor allem auch entlang der vorpommerschen
Ostseeküste stürmische Böen aus westlichen Richtungen. Auch im nordostdeutschen
Binnenland reicht es in freien Lagen eventuell für warnrelevante Böen (Bft 7),
auf dem Brocken und dem Fichtelberg für stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8
bis 9).
Insgesamt wird im Warmsektor deutlich mildere Meeresluft ins Vorhersagegebiet
advehiert, die Temperaturen in 850 hPa steigen verbreitet wieder auf positive
Werte. Somit erreichen die Höchsttemperaturen selbst unter den dichten Wolken im
Norden und in der Mitte des Landes Werte zwischen 9 und 14 Grad, im Südwesten
können mit Sonnenschein auch bis zu 16 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Samstag kommt der Kurzwellentrog südostwärts bis nach
Nordostpolen voran, dessen Achse überquert auch den Norden und Osten
Deutschlands, dahinter stellt sich eine zyklonal konturierte nordwestliche
Höhenströmung ein.
Unmittelbar vor und mit Passage der Trogachse verstärken sich aufgrund von PVA
auch die frontalen Hebungsprozesse entlang der Kaltfront des nach Finnland
ziehenden Zentraltiefs, die Samstagfrüh in etwa die mittleren Landesteile
erreicht. ICON-EU, aber auch die übrigen vorliegenden Modelle lassen die
Niederschläge bis etwa zu einer Linie Pfalz - Nordbaden - Bayerischer Wald nach
Süden vorankommen und simulieren 12-stündig Mengen zwischen 1 und 7 mm, in
einigen Staulagen (Sauerland/Rothaargebirge, Harz, Erzgebirge) auch bis über 10
mm. Postfrontal gelangt erneut ein Schwall polarer Meeresluft nach
Norddeutschland, die Temperaturen in 850 hPa sinken auf -2 bis -6 Grad. Somit
gehen die Niederschläge zumindest in höheren Mittelgebirgslagen wieder in Schnee
über, klingen allerdings mit Abzug der Front aufgrund postfrontaler Subsidenz
rasch wieder ab, so dass es höchstens für eine dünne Schneedecke reicht.
Mit Trogpassage wird vor allem in den äußersten Nordosten des Landes ein Schwall
höhenkalter Luft geführt mit Temperaturen unter -30 Grad in 500 hPa. Dabei kann
es - am ehesten wohl im Ostseeumfeld und in Schleswig-Holstein - bereits erste
kurze Schauer, teils mit Graupel geben.
Von Warnrelevanz bleibt der Wind, die Südostverlagerung des Tiefs führt sogar
noch zu einer leichten Gradientverschärfung. An den Küsten gibt es verbreitet
steife bis stürmische Böen, entlang der vorpommerschen Ostseeküste in
exponierten Lagen eventuell auch Sturmböen aus Nordwest. Im Binnenland nimmt der
Wind dagegen tagesgangbedingt etwas ab, so dass es wohl nur in den küstennahen
Regionen für Böen Bft 7 reicht. In den Kamm- und Gipfellagen vor allem der
östlichen Mittelgebirge können ebenfalls stürmische Böen, auf exponierten
Gipfeln Sturmböen auftreten.
Im Südwesten und an den Alpen bleibt es im Einflussbereich des noch immer
dorthin gerichteten Hochkeils aufgelockert, teils auch gering bewölkt, so dass
dort erneut leichter, in ungünstigen Lagen (Alpentäler) auch mäßiger Frost
auftreten kann.

Samstag ... verbleibt das Vorhersagegebiet an der Südwestflanke des
umfangreichen nordeuropäischen Höhentroges unterhalb einer relativ glatt
konturierten nordwestlichen Höhenströmung. Ein hauptsächlich anhand der
Advektionsfelder erkennbarer sehr flacher Kurzwellentrog überquert dabei den
Norden, die Mitte und den Osten des Landes im Tagesverlauf südostwärts.
Das zentrale Bodentief verlagert sich allmählich nach Nordwestrussland, die
Kaltfront kommt nur langsam nach Süden voran und erreicht bis zum Abend in etwa
die Linie Nordbaden - Bayerischer Wald. Nach wie vor werden unmittelbar
präfrontal und im Frontbereich Niederschläge meist leichter, nach Osten zu
gebietsweise auch mäßiger Intensität simuliert mit Mengen zwischen 1 und 5 mm,
in den Nordweststaulagen von Schwarzwald, Alb und in Südostbayern auch bis 10 mm
in 12 Stunden (GFS von 06 UTC bis 15 mm am ostbayerischen Alpenrand).
In den Hochlagen der Mittelgebirge, oberhalb von etwa 600 bis 1000 m, gehen die
Niederschläge allmählich in Schnee über, wobei sie mit Eintreffen der kälteren
Luftmasse aber recht rasch wieder nachlassen, so dass sich wohl kaum
nennenswerte Schneedecken ausbilden können.
Postfrontal kann sich die höhenkalte und somit instabil geschichtete Luftmasse
mit Passage des oben genannten Kurzwellentroges noch etwas weiter nach Südosten,
auf weite Teile Nord- und vor allem Ostdeutschlands ausweiten. Tagesgangbedingt
wird durch Diabasie die Grundschicht zusätzlich labilisiert, so dass sich dort
vermehrt Regen-, Schneeregen- und Graupelschauer entwickeln, kurze Gewitter vor
allem im Nordosten nicht ausgeschlossen. In höheren Lagen (Harz, Erzgebirge)
fallen die Schauer ab etwa 400 bis 600 m als Schnee, der Neuschneezuwachs fällt
aber kaum ins Gewicht. Insgesamt werden etwa 1 bis 4 mm in 12 Stunden simuliert.
Im Westen und in der nördlichen Mitte bleibt es vielerorts auch trocken,
eventuell auch noch im Vorfeld der Kaltfront am Hochrhein und am Bodensee.
Der Druckgradient zwischen dem Bodentief und dem sich nach Frankreich und zu den
Britischen Inseln zurückziehenden Hochkeil bleibt vor allem im Norden und Osten
scharf ausgeprägt, dazu führt noch die bessere turbulente Durchmischung
innerhalb der Höhenkaltluft zu einer Windzunahme vor allem im Binnenland. Somit
gibt es im Norden und Osten, im Vorfeld der Kaltfront auch im Alpenvorland bzw.
in Südostbayern wohl recht verbreitet steife Böen (Bft 7) aus Nordwest, im
nördlichen Niedersachsen, in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und
Brandenburg vor allem in Schauernähe auch stürmische Böen. Vor allem ECMWF von
06 UTC simulierte auch im Binnenland verbreitet Bft 8. An den Küsten von Nord-
und Ostsee ist verbreiteter mit stürmischen Böen zu rechnen, vereinzelt auch mit
Sturmböen, ebenso in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen.
Im Westen und Südwesten dürfte der Wind dagegen kaum warnrelevant sein und am
Nachmittag und Abend lässt er auch im Nordosten wieder nach.
Die Sonne zeigt sich am ehesten postfrontal im äußersten Norden, vor allem
entlang der Ostseeküste, die eventuell schon von der Leewirkung durch das
Norwegische Gebirge profitieren. Im Frontbereich bleibt es dagegen meist stark
bewölkt.
Die Temperaturen steigen meist auf 8 bis 13 Grad, im äußersten Südwesten
eventuell nochmal bis 15 oder 16 Grad. Im Bergland werden etwa 5 Grad erreicht.

In der Nacht zum Sonntag zieht der Kurzwellentrog rasch südostwärts ab, gefolgt
von einem flachen, in die nach wie vor glatte nordwestliche Höhenströmung
eingebetteten Höhenrücken, der Sonntagfrüh die westliche Nordsee erreicht.
Die Kaltfront überquert die Alpen, dahinter weitet sich von Frankreich her ein
Hochkeil erneut nach Südwest- und Süddeutschland aus. Das Tiefdruckgebiet über
Nordwestrussland zieht allmählich nordostwärts ab, so dass der Gradient
auffächert und der Wind im Laufe der Nacht abnimmt. In der zweiten Nachthälfte
reicht es wohl nur noch an den Küsten für warnrelevante Böen (Bft 7), auf
einigen exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg) eventuell für stürmische
Böen.
Mit Kaltfrontpassage setzen an den Alpen länger anhaltende Niederschläge ein,
wobei die Schneefallgrenze Sonntagfrüh wohl bis in höher gelegene Täler (600 bis
800 m) sinkt. Die simulierten Mengen betragen an den Alpen und im Vorland meist
zwischen 5 und 15 mm, in exponierten Staulagen eventuell auch bis 20 mm
(ICON-EU, GFS), so dass es in höher gelegenen Staulagen erneut zu einem recht
veritablen Neuschneezuwachs kommen kann.
Im Norden und Osten klingen die Schauer dagegen ab, zuletzt an den Küsten und an
den Nordrändern der Mittelgebirge. Dabei kann es oberhalb von etwa 400 m
stellenweise Glätte durch Schneematsch geben.
Ansonsten lockern die Wolken auf, vor allem im Westen und in der Mitte des
Landes, aber auch im Nordosten. In ungünstigen Lagen kann es dabei erneut
leichten Frost und verbreitet Bodenfrost geben.

Sonntag ... schwenkt der Höhenrücken zögernd weiter südostwärts, wobei er von
WLA überlaufen wird, die später vor allem im Nordwesten des Vorhersagegebietes
wirksam wird.
Im Bodenfeld gelangen der Süden und Südwesten Deutschlands erneut in den
Einflussbereich der sich nach dorthin ausweitenden, allerdings auch
abschwächenden Hochdruckbrücke. Im Norden und Osten entwickeln sich innerhalb
der dort noch lagernden, zumindest bis in 3 bis 4 km Höhe labil geschichteten
Luftmasse mit der dem Tagesgang erneut Schauer, teils als Graupel bzw. (bei -5
Grad in 850 hPa) als Schneeregen, im Harz und im Erzgebirge gibt es ab etwa 400
bis 600 m auch einzelne kurze Schneeschauer. Die Gewitterwahrscheinlichkeit ist
mangels hochreichender Labilität wohl eher als gering einzustufen und insgesamt
werden 12-stündig auch kaum mehr als wenige mm Niederschlag simuliert.
Insgesamt sorgt die von Nordwesten her zunehmend wirksame WLA für
Stabilisierung, so dass die Schauer allmählich abklingen. Abends greift dann
bereits die Warmfront eines Richtung Färöer ziehenden Tiefdruckgebietes auf die
Deutsche Bucht über, so dass die Wolken im Nordwesten kaum auflockern und es am
Abend im Nordseeumfeld auch bereits wieder etwas regnen kann. ECMWF von 00 UTC
lässt das Tief sogar schon zur nördlichen Nordsee ziehen und die Warmfront mit
Regenfällen auf den Nordwesten Deutschlands übergreifen.
Der Wind frischt im Norden und Osten tagesgangbedingt auf, an den Küsten und in
Schauernähe kann es steife Böen aus West bis Nordwest geben. Abends dreht er im
Nordseeumfeld im Vorfeld der Warmfront zurück auf Südwest und frischt nach
kurzer Abnahme wieder auf.
Im Westen und Süden steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus, gebietsweise
scheint länger die Sonne und es bleibt, nach Abklingen der letzten
Stauniederschläge an den Alpen, überwiegend trocken. Die Temperaturen steigen
auf etwa 7 bis 13 Grad, lediglich im Südwesten, wo die Kaltfront nicht wirklich
hingekommen ist, kann es mit Werten bis 16 Grad noch etwas milder werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen alle eine kaum voneinander abweichende
Wetterentwicklung im Kurzfristzeitraum. Prognose- und vor allem warnrelevante
Unterschiede sind so gut wie keine auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff