DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-04-2017 09:00
SXEU31 DWAV 180800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 18.04.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Mittelding zwischen NEa (Nordost antizyklonal) und BM (Brücke Mitteleuropa)


Heute zahlreiche Schnee-, Graupel- und Regenschauer, dazu kurze Gewitter, von
Norden her allmählich abtrocknend. An den Alpen andauernde, in höheren Lagen
teils ergiebige Schneefälle. In den Nächten erhebliche Frostgefahr, sowohl in 2
m als auch in Erdbodennähe!!

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland inmitten eines ausgewiesenen
Potenzialtroges, der mit fetter und deutlich winterliche Züge aufweisender
Höhenkaltluft gefüllt ist. Auf etwa -34 bis -38°C ist die Temperatur in 500 hPa
gesunken, um oder etwas unter -5°C sind es in 850 hPa. Bis zum Abend geht die
850-hPa-Temperatur im N sogar auf -8 bis -10°C zurück - Respekt. Was das
angesichts des starken vertikalen Temperaturgradienten für die heutige
Wetterentwicklung bedeutet, lässt sich bereits heute Morgen erahnen. Konvektion
lautet das Stichwort, die in der Nacht schon ziemlich rege war, am Tag durch die
diabatische Triggerung von unten her (Tagesgang) aber noch verstärkt wird. So
wird es heute in weiten Teilen des Landes wiederholt zu teils kräftigen Regen-,
Graupel- und Schneeschauern sowie einzelnen Graupelgewittern. Die
Schneefallgrenze liegt dabei je nach Intensität zwischen ganz unten und etwa 400
m. In Lagen oberhalb 400-600 m können bis zum Abend 1 bis 5 cm Neuschnee, im
Bayerischen Wald auch bis zu 10 cm zusammenkommen. Noch mehr Schnee gibt es an
den Alpen, wo er Schneefall staubedingt länger andauert und intensiviert wird,
hier beläuft sich die Tagesrate oberhalb 800 bis 1000 m auf stattliche 10 bis 20
cm. Vor allem im Bergland muss heute also vielfach mit winterlichen
Straßenverhältnissen gerechnet werden, aber auch in tieferen Lagen sind
zumindest vorübergehend und räumlich eng begrenzt (im starken Schauer oder bei
rascher Schauerabfolge) etwas Schneeglätte oder Schneematsch möglich, bevor der
Bodenwärmestrom und die Globalstrahlung der fortgeschrittenen Jahreszeit
entsprechend ihre schmelzende Wirkung nachhaltig und auch ziemlich flott in
Szene setzen.
Anders als in den übrigen Landesteilen geht die Schauerneigung in
Norddeutschland heute sukzessive zurück. Ursache ist eine Winddrehung auf N bis
NO, die wiederum die Zufuhr trockenerer, kontinental geprägter Kaltluft aus dem
nordosteuropäischen Raum einleitet. Bereits heute früh ist erkennbar, wie die
Taupunkte von der Ostsee her zurückgehen auf leichte Minusgrade. Auslöser der
Winddrehung ist der kräftige Druckanstieg nördlich von uns, der zum Aufbau einer
veritablen, fast brückenartigen, vom Ostatlantik bis nach Fennoskandien
reichenden Hochdruckzone führt und die von einem sich vom Atlantik ostwärts
ausbreitenden Höhenkeil gestützt wird. Zwischen dem Hoch im Norden und einer aus
mehreren Drehzentren bestehenden, vom zentralen Mittelmer bis in die
Schwarzmeerregion verlaufenden Tiefdruckzone wird ein leidlicher Gradient
aufgebaut, der die nördliche bis nordöstliche Bodenströmung in Gang bringt. Bis
zum Abend sollte die trockenere Luftmasse die gesamte Norddeutsche Tiefebene,
das nördliche NRW sowie große Teile Sachsen-Anhalts und BBs erfasst haben.
Einzelne Schnee- oder Schneeregenschauer sind heute am ehesten noch an und auf
der Ostsee zu erwarten (diabatischer Antrieb), die Gefahr ausgewiesener
Schauerstraßen ist aber gering. Vom Emsland bis hinüber nach SH sowie an der
Ostsee zeigt sich zeitweise sogar die Sonne.
Nochmal zum Wind, der besonders an der See, im höheren Bergland sowie in
Verbindung mit kräftigen Schauern oder kurzen Gewittern in Böen Stärke 7 Bft
erreicht. Exponiert (z.B. Rügen, Alpengipfel) ist vielleicht auch mal eine
stürmische Böe 8 Bft mit dabei. Thermisch ist weiterhin Darben angesagt, mehr
als 4 bis 10°C, bei Stauniederschlag nur wenig über 0°C, sind nicht zu erwarten.


Das wird in der Nacht zum Mittwoch noch schlimmer, wenn nämlich das tagsüber
noch vor den Temperaturwerten auftretende Pluszeichen in ein Minus umgewandelt
wird. Zunächst mal verstärkt sich das Hoch noch etwas auf knapp über 1035 hPa
über der Nordsee. Die trocken-kalte Luft kommt weiter bis in den W und zur Mitte
voran, so dass sich die Niederschläge mehr und mehr in den S und SO
zurückziehen. Vor allem in den Mittelgebirgen (Süden, Thüringer Wald,
Erzgebirge) reicht es noch für ein paar Zentimeter Schnee, aber auch weiter
unten ist anfangs noch ein Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer drin. Am
stärksten schneit es nach wie vor am Alpenrand, wo nochmals 10 bis 20, in
exponierten Staulagen bis zu 25 cm Neuschnee dazukommen können. Offensichtlich
hat es die Natur noch nicht verstanden, dass die meisten Lifte bereits
geschlossen haben und die Wintersportsaison weitgehend beendet ist, aber nun.
Zurück zur Temperatur, die angesichts der fortschreitenden Abtrocknung der
Luftmasse und damit auch verbundener Wolkenauflösung verbreitet in den leichten
Frostbereich (0 bis -5°C), vereinzelt (Bergland mit Schneefläche) sogar in den
unteren mäßigen Frostbereich (um -6°C) zurückgeht. Luftfrostfrei dürfte es
allenfalls noch an einigen Küstenabschnitten, in Teilen südwestdeutscher
Flusstäler sowie an der unteren Donau bleiben. Frost in Bodennähe tritt
verbreitet auf, wobei es an der einen oder anderen Stelle (besonders in der
Nordhälfte) schon mal in Richtung -7/-8°C, im ungünstigsten Fall sogar gen -10°C
gehen kann.
Der N-NO-Wind lässt tagesgangbedingt zwar nach, besonders in höheren Lagen
treten aber noch 7er-Böen, exponiert auch mal eine 8er-Böe auf.

Mittwoch... beginnt der Höhentrog mit integriertem abgeschlossenem Höhentief
sich allmählich auf den Weg gen Italien und Balkan zu machen. Gleichzeitig rückt
der sich noch etwas verstärkende Höhenkeil respektive -rücken von Norden her
nach, was mit einer deutlichen mitteltroposphärischen Erwärmung im N und W
einhergeht (T500 nur noch um -25°C), während es in der unteren Troposphäre nach
wie vor gesäßkalt bleibt (T850 -6 bis -10°C). Mit dem Rücken verlagert sich auch
das Bodenhoch etwas nach Süden, wodurch es noch mehr Zugriff auf den
Vorhersageraum bekommt. Absinken sorgt im N und W für die Ausbildung einer
Inversion bei etwa 800 hPa, unter der diabatisch Quellbewölkung ausgelöst wird,
die sich an der Sperrschicht horizontal ausbreitet. Bedingt durch die relativ
trockene Grundschicht dürfte es in den meisten Fällen aber nicht für einen stark
bewölkten bis bedeckten Himmel reichen, sondern eher in Richtung heiter bis
wolkig tendieren.
Nach SO hin liegt die Inversion etwas höher oder ist gar nicht vorhanden.
Entsprechend fällt die im Wesentlichen konvektiv geprägte Bewölkung kompakter
und vertikal mächtiger aus, was hier und das für die Auslöse einzelner, meist
schwacher Regen- oder Schneeschauer reicht. Etwas kräftiger können die Schauer
im Süden quasi im Schlepptau des scheidenden Höhentiefs ausfallen, und an den
Alpen sind immer noch Staueffekte im Spiel, die dort zu noch mal zu 5 bis 10 cm,
nach Osten hin exponiert bis 15 cm Neuschnee bringen.
Während der Gradient in weiten Teilen des Landes auffächert, reicht er im S und
SO noch aus, um zumindest im höheren Bergland Böen 7 Bft, in exponierten Kamm-
und Gipfellagen (vor allem Alpen, später auch Schwarzwald) 8 Bft zu generieren.
Die Tageshöchsttemperatur liegt zwischen 4 und 10°C, nach SO hin teils noch
etwas darunter.

In der Nacht zum Donnerstag nimmt der Hochdruckeinfluss auch im S und SO zu.
Letzte Schneeschauer fallen im Erzgebirge und im Bayerischen Wald, und auch an
den Alpen nimmt die Schneefallneigung allmählich ab. Trotzdem reicht es dort
noch mal für ein paar Zentimeter Neuschnee, die aber angesichts der zuvor
gefallenen Mengen nicht wirklich ins Gewicht fallen.
Ansonsten klart es vielerorts auf und die Temperatur rauscht in den Frostkeller,
-1 bis -6°C, stellenweise sogar um
-8°C stehen dabei auf der Karte! Selbst an der Küste ist abschnittsweise (kein
auflandiger Wind) leichter Frost möglich. In Erdbodennähe werden verbreitet
Werte zwischen -4 und -9°C angepeilt, lokal ist sogar strenger Bodenfrost um
-10°C denkbar! Im Hochschwarzwald und auf den Alpengipfeln bleibt es windig, in
Böen teils stürmisch.

Donnerstag... kommen der Höhenrücken sowie das korrespondierende Bodenhoch noch
etwas südwärts voran. Norddeutschland gelangt dabei auf die unmittelbare
Nordflanke, was nicht nur den Wind auf SW zurückdrehen, sondern zudem leichte
WLA aufkommen lässt. Sie kündigt die Annäherung einer Warmfront von der Nordsee
her an, die zu einem Sturmtief über der nördlichen Norwegischen See (12 UTC)
gehört. Dabei gelangt im Tagesverlauf mehrschichtige Bewölkung insbesondere in
den äußersten N und NW, aus der - zumindest bis zum Abend - aber kein
Niederschlag fällt.
Im großen Rest des Landes sorgen Hochdruckeinfluss und Absinken für ruhiges und
vielfach sonniges oder heiteres Wetter. Die Absinkinversion wird mit Ausnahme
des SO noch etwas nach unten auf rund 850 hPa gedrückt, darunter entwickeln sich
mit dem Tagesgang einige flache Quellungen. Während es also im größten Teil des
Vorhersageraums trocken bleibt, sind der Alpenrand sowie das angrenzende Vorland
niederschlagsmäßig immer noch nicht ganz aus dem Schneider. Bei
850-hPa-Temperaturen von -7/-8°C sind dort immer noch einzelne, meist
unergiebige Schneeschauer möglich.
Wind spielt im ganzen Land aus warntechnischer Sicht keine große Rolle.
Wahrscheinlich bleibt es bis zum Abend warnfrei, auch wenn ICON den SW-Wind an
der Nordsee und im nördlichen SH in Böen auf Stärke 7 Bft, vereinzelt 8 Bft
auffrischen lässt. Andere Modelle sowie probabilistische Verfahren sind da etwas
zurückhaltender. Zurückhaltung ist nach wie vor auch bei der Temperatur
angesagt, auch wenn sich die eingeflossene Kaltluft etwas erwärmt und zumindest
im N und W zweistellige Maxima bis zu 12/13°C anvisiert werden.

In der Nacht zum Freitag kommt es im N und W mit Winddrehung auf SW bis W und
zunehmender Bewölkung (gebietsweise etwas Regen/Nieselregen) zu einer deutlichen
Frostabschwächung, während sonst noch mal leichter bis mäßiger, an den Alpen
lokal vielleicht sogar strenger Frost wahrscheinlich ist.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Entwicklung ist unstrittig, Überraschungspotenzial birgt im
Wesentlichen die heutige Konvektion (wo fällt wie viel in welcher Form?).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann