DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-04-2017 09:00
SXEU31 DWAV 170800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.04.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu NEa (Nordost antizyklonal)

Unbeständig und deutlich zu kühl mit Niederschlägen, Schneefallgrenze bis in
tiefe Lagen sinkend. In den Nächten zunehmende Frostgefahr!


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... befindet sich Deutschland am hinteren Rand eines breit aufgestellten
Potenzialtroges, dessen Hauptachse knapp östlich von uns liegt. Dabei hat sich
im N und O höhenkalte Luft mit 500-hPa-Temperaturen unter -30°C durchgesetzt,
während nach SW hin- noch - Werte über -30°C anzutreffen sind. Das wird sich ab
heute Abend aber drastisch ändern, wenn nämlich von der Nordsee her ein
markanter Randtrog in den Haupttrog hineinläuft und über dem Vorhersageraum zu
einem eigenständigen Höhentief mutiert. Doch dazu später mehr.
Zunächst mal müssen wir uns heute mit einer niedertroposphärischen Welle
beschäftigen, die mit der nordwestlichen Grundströmung heute früh den Westen des
Landes erreicht hat und in den nächsten Stunden über die Mitte und den Süden in
Richtung Alpen gesteuert wird. Die Welle korrespondiert mit einem flachen
Höhentrog, auf dessen leicht diffluenter Vorderseite etwas WLA und PVA generiert
wird, so dass die Welle hinreichend von dynamischen Hebungsantrieben unterstützt
wird. Das Ergebnis ist ein skaliges Niederschlagsgebiet, das sich wie die Welle
auch von Westen her in den Süden verlagert und dort heute für einen äußerst
"gepflegten" zweiten Osterfeiertag sorgt. Interessant ist und war es auch schon
in der 2. Nachthälfte die Lage der Schneefallgrenze, die nach Westen hin doch
sehr weit nach unten gesunken ist. Insbesondere im Bereich des Wellenscheitels
ist der Hebungsantrieb und somit auch die Hebungsabkühlung groß, so dass mit
Hilfe starker Niederschlagsabkühlung die Schneefallgrenze regional eng begrenzt
auf 400-300 m gesunken ist (im Misch- oder sehr nasser Form lokal vielleicht
sogar noch etwas weiter runter, das Bright-Band im Radar liegt sehr weit unten)
- obwohl die 850-hPa-Temperatur nur knapp unter dem Gefrierpunkt liegt.
Wie auch immer, mit Verlagerung der Welle in den Süden wird die Schneefallgrenze
allmählich wieder ansteigen, weil die Welle selbst an Kontur verliert, die
dynamischen Antriebe schwächer werden und der Tagesgang ins Spiel kommt. Südlich
des Scheitels wird mit leichtem Rückdrehen des Windes kurzzeitig sogar etwas
mildere Luft angezapft (T850 etwas über 0°C), was eine vorübergehend auf etwas
über 1000 m steigende Schneefallgrenze und an den Alpen ein vorübergehendes
Nachlassen der Staueffekte zur Folge hat. Im Scheitelbereich liegt sie
allerdings anfangs noch deutlich darunter. Aufgrund der relativ langsamen
Zuggeschwindigkeit der Welle kommen in weiten Teilen Süddeutschlands tagsüber 50
bis 10, gebietsweise sogar bis zu 15 mm innert 12 h Niederschlag zusammen, im
Alpenstau lokal sogar an die 20 mm. Dort fallen in den Höhenlagen weitere 10 bis
15 cm, vereinzelt bis zu 20 cm Neuschnee. Abseits des Niederschlags spielt im
Süden zusätzlich der Wind eine nicht unerhebliche Rolle, der mit Annäherung der
Welle auf westliche Richtungen rückdreht und dabei böig auffrischt mit Spitzen 7
Bft, in höheren Lagen 8 bis 9 Bft.
Weg vom Süden in den Norden bzw. später auch die mittleren Landesteile, wo am
Rande der nach wie vor über den Osten bis nach Norwegen verlaufenden, weitgehend
stationären Tiefdruckrinne polare Meeresluft über die Nordsee einströmt, in der
sich Regen- und Graupelschauer mit kurzen Gewittern entwickeln. Die
Schneefallgrenze pendelt sich bei 400 bis 600 m ein. Der Wind frischt
insbesondere bei stärkerer Konvektion böig auf, bleibt tagsüber aber meist unter
den Warnschwellen. Erst zum Abend hin nimmt er an den Küsten allmählich zu mit
Böen 7 Bft, exponiert bis 8 Bft, wobei der Wind an der Nordsee aus Nordwesten,
an der Ostsee aus Nordosten kommt. Temperaturmäßig kommen wir heute meist nur
auf 6 bis 12°C, an den Alpen und im höheren Bergland noch etwas darunter, im
Oberrheingraben lokal vielleicht etwas darüber.

In der Nacht zum Dienstag "schießt" dann besagter Randtrog nach Deutschland
rein, was mit einer merklichen gesamttroposphärischen Abkühlung einhergeht. Bis
zu -39°C geht es in 500 hPa zurück, was für die 2. Aprilhälfte wahrlich ein
echtes Pfund ist. In 850 hPa kommt die -5°C-Isotherme bis weit in den Süden
voran, allgemein geht es auf -4 bis -8°C runter. Entsprechend solch starker
vertikaler Temperaturgradienten kommt es zu meist schauerartigen (und auch
gewittrigen), teils aber auch etwas länger andauernden (z.B. Staueffekte,
Schauerstraßen durch mesoskalige Windkonvergenzen) Niederschlägen, die bedingt
starke Hebungs- und Niederschlagsabkühlung bis in tiefste Lagen als Schnee
fallen können. Die Schwierigkeit dabei ist, dass aus jetziger Sicht nicht
belastbar prognostiziert werden kann, wo genau das der Fall sein wird. Tatsache
ist, dass in den meisten Mittelgebirgen oberhalb 100 bis 400 m einige Zentimeter
Neuschnee zustande kommen und in den Alpen die Schneefallgrenze bis in die Täler
sinkt. Dort sind in höheren Lagen weiter 10 bis 20 cm, vereinzelt bis zu 30 cm
Neuschnee drin, während weiter unten einstellige Raten auf der Karte stehen.
Nochmal, winterliche Verhältnisse sind in der kommenden Nacht nicht nur auf das
Bergland beschränkt, auch im Tiefland wird es gebietsweise für die feste Phase,
teils sogar für eine dünnen Schneedecke oder zumindest aber für Schneematsch
reichen, und das auch im morgendlichen Berufsverkehr!
Thema Temperatur: Die geht freilich zurück, die Numerik bietet grob gesprochen
eine Spanne von +4 bis -2°C an, d.h. an der einen oder anderen Stelle oder auch
gebietsweise wird es leichten Frost geben. Die Frage ist nur, wo genau geht die
Temperatur aufgrund der regen konvektiven Niederschlagstätigkeit und der damit
verbundenen stark variierenden Bewölkungsverhältnisse in den negativen Bereich
zurück. Hier sollte man am späten Nachmittag/frühen Abend versuchen, eine
ungefähre Abschätzung der Gesamtlage (z.B. Verteilung der Taupunkte,
Bewölkungsverhältnisse hier und in der Nachbarschaft etc.) zu vollziehen und
darauf basierend Frostwarnungen zu schalten. Möglichweise muss man Teile des
Frostwarnmanagements sogar in die Nacht verlegen (was natürlich nicht optimal
ist), wenn man nicht mit Kanonenkugeln auf Spatzen schießen will (sprich, zu
großflächig warnen will).
Da der Luftdruck über Nordeuropa deutlich ansteigt, verschärft sich der Gradient
zusehends, was zunächst aber nur auf den unmittelbaren Küstensaum beschränkt
bleibt. Dort erreicht der auch an der Nordsee auf NO drehende Wind Böen 7-8 Bft.


Dienstag... verbleibt Deutschland im Trogbereich unter höhenkalter Luft. In 500
hPa liegt die Spanne zwischen -33 und
-37°C, in 850 hPa zwischen -5°C im S und bis zu -10°C im äußersten N. Über
Nordeuropa steigt der Luftdruck noch etwas an, was in der Bodendruckverteilung
eine umfangreiche, vom Ostatlantik bis in den fennoskandischen Raum reichende
Hochdruckzone zur Folge hat. Die 0.e. Tiefdruckrinne verlagert sich unter
Abschwächung südwestwärts und der auflebende Wind dreht auf N bis NO. Damit wird
die Zufuhr nordseegeprägter Polarluft mehr und mehr gestoppt und durch Advektion
kontinental geprägter und somit trockenerer Kaltluft aus NO-Europa ersetzt.
Richtig spürbar wird die beginnende Abtrocknung zunächst wohl aber nur im N
sein, wo leichtes Absinken konvektive Prozesse zunehmend dämpft und die
Bewölkung teilweise auflockern lässt. Insbesondere über der Ostsee entwickeln
sich aber noch diabatisch getriggerte Schneeschauer, die ein kleines Stück
landeinwärts ziehen. Ob es dabei zu definierten Schauerstraßen mit dem berühmten
Lake-Effekt kommt, ist allerdings fraglich.
Im großen Rest des Landes wird der Dienstag von zahlreichen Schauern und kurzen
Gewittern geprägt, die bis ganz unten als Schnee/Graupel fallen können. In den
Mittelgebirgen sind oberhalb etwa 200 m 1 bis 5, in Nordstaulagen lokal bis zu
10 cm Neuschnee drin. Noch intensiver präsentiert sich der Spätwinter an den
Alpen, wo je nach Exposition 5 bis 20, in exponierten Staulagen vielleicht auch
30 cm zu erwarten sind.
Der nördliche bis nordöstliche Wind erreicht im N und im Bergland Stärke 7 Bft,
an der Ostsee sowie in exponierten Kamm- und Gipfellagen vereinzelt 8 Bft.
Temperaturmäßig landen wir nach W hin bei 7 bis 11°C, sonst bei extrem mageren 3
bis 8°C, bei andauernden Niederschlägen im Bergland um den Gefrierpunkt.

In der Nacht zum Mittwoch verlagern sich das Höhentief und die höhenkälteste
Luft langsam südostwärts. Gleichzeitig schiebt sich ein zaghafter Höhenkeil vom
Ostatlantik in Richtung Südskandinavien. Er stützt das umfangreiche Bodenhoch,
das über der Nordsee und England eine abgeschlossene 1035-hPa-Isobare zeigt. Die
Advektion trocken-kalter arktischer Polarluft aus dem nordosteuropäischen Raum
macht weitere Fortschritte, so dass sich die Niederschläge mehr und mehr an die
Alpen sowie in den SO des Vorhersageraums zurückziehen (Ausnahme Ostsee, wo
weiterhin einzelne Schneeschauer auftreten können). Dabei kann es weiterhin bis
ganz nach unten schneien; in den Mittelgebirgen und im Alpenvorland sind einige
Zentimeter, im Stau der Alpen 10 bis 20 cm Neuschnee drin.
Während der Schneefall mit Ausnahme der genannten Gebiete deutliche
Rückzugstendenzen aufweist, nimmt ein anderer winterlicher Parameter ordentlich
Fahrt auf - Gevatter Frost! Mit Ausnahme einiger küstennaher Areale sowie Teilen
der west- und südwestdeutschen Flusstäler geht die Temperatur in den leichten,
lokal auch in den mäßigen Frostbereich zurück. Bodennah tritt deutschlandweit
leichter bis mäßiger Frost auf.
Der NO-Wind bleibt im höheren Bergland flott unterwegs mit Böen 7 Bft, exponiert
8 Bft.

Mittwoch... zieht das Höhentief Richtung Balkan ab und der o.e. Höhenkeil
verlagert sich etwas nach Süden. Gleiches gilt für das korrespondierende
Bodenhoch. Im N und O verstärkt sich das Absinken, wobei sich bei etwa 800 hPa
eine Inversion bildet. Die darunter liegende Grenzschicht ist labil geschichtet,
so dass sich nach einem wolkenlosen oder gering bewölkten Morgen Quellungen
bilden, die an die Inversion stoßen und sich dort etwas ausbreiten.
Wahrscheinlich reicht die Grundfeuchte aber nicht, um daraus einen durchweg
stark bewölkten bis bedeckten Himmel zu produzieren. Heiter bis wolkig und meist
trocken dürfte die Devise im N und W lauten.
In den übrigen Regionen liegt die Inversion höher oder fehlt ganz. Auch dort
bilden sich Quellwolken, aus denen sich schwache Schnee- oder Schneeregenschauer
entwickeln können. An den Alpen dauern die Stauniederschläge in Form von Schnee
bis ganz runter an, wobei in höheren Lagen noch mal über 10 cm fallen können.
Der NO-Wind frischt vor allem im Bergland nach wie vor böig auf (7-8 Bft), wobei
der Schwerpunkt sich nach S verlagert. Die Tageshöchstwerte liegen meist im
einstelligen Bereich, lediglich im W sind mal 10 oder 11°C drin, wenn es nicht
zu viele Quellungen gibt.

Modellvergleich und -einschätzung
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An der Grundausrichtung lassen die unterschiedlichen Modelle keine Zweifel, der
Winter startet noch mal ein spätes Comeback. Über die Unsicherheiten
hinsichtlich der Niederschlags- und vor allem der nächtlichen
Temperaturentwicklung wurde im Text hinreichend berichtet. Einige Fragen werden
sich erst sehr kurzfristig beantworten lassen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann