DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-04-2017 09:00
SXEU31 DWAV 130800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.04.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z
Heute an der Küste und im Nordosten stürmische, auf höheren Berggipfeln
Sturmböen. Am Karfreitag wahrscheinlich nur auf exponierten Berggipfeln einzelne
Sturmböen. Am Samstag wieder mehr Wind, bis weit ins nördliche Binnenland hinein
mit stürmischen Böen, an der Küste und auf höheren Berggipfeln der nördlichen
und östlichen Mittelgebirge teils schwere Sturmböen. Abgesehen vom Wind jedoch
keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... liegt Deutschland unter einer relativ glatten nordwestlichen
Strömung. Die Frontalzone verläuft von Kap Farvel über die nördliche Nordsee und
den Nordosten Deutschlands und Polen hinweg nach Osteuropa. Ein darin
eingelagerter schwacher Bodentrog überquert heute den Norden und Nordosten
Deutschlands. Danach fächert der Gradient auf. Bedingt durch den Bodentrog
verschärft sich nördlich der Mittelgebirge der Gradient noch ein wenig, so dass,
gestützt durch den Tagesgang Windböen und in freien Lagen vor allem in
Vorpommern einzelne stürmische Böen zu erwarten sind. Auf höheren Berggipfeln
der nördlichen und östlichen Mittelgebirge treten Sturmböen auf.
Ab dem späten Nachmittag verlagert sich der Bodentrog ostwärts, was den
Gradienten von Westen her alsbald auffächern lässt. Ab dem Abend wird dann auch
im Nordosten der Gradient auseinandergezogen, so dass dann warnrelevante Böen
auf die Küste (Windböen) und höhere Berggipfel (wahrscheinlich auch nicht mehr
als stürmische Böen) beschränkt sind. Mit der Verlagerung des Bodentroges nach
Osten lassen auch die Niederschläge weitestgehend nach. Etwas Regen ist demnach
allenfalls noch im Nordosten zu erwarten. Zudem sind dann auch im Norden und
Nordosten postfrontal ein paar Auflockerungen vorstellbar.
Mit dem Vordringen der Kaltfront bis zu den Alpen sind auch im Süden
Deutschlands nicht mehr die Höchsttemperaturen der vergangenen Tage zu erwarten.
Die Temperaturmaxima erreichen 9 bis 14, an Ober- und Hochrhein sowie an deren
Nebenflüssen vielleicht 16 Grad.
In der Nacht zum Freitag verbleibt Deutschland unter einer nordwestlichen
Strömung. Von Südwesten her weitet sich Hochdruckeinfluss auf den gesamten Süden
Deutschlands aus. Absinken lässt den Himmel aufklaren, so dass in diesen
Gebieten vor allem in den Mittelgebirgsregionen die Gefahr von leichtem Frost
oder zumindest Frost in Erdbodennähe wieder zunimmt. Nach Norden und Nordosten
bleibt etwas Gradient erhalten, allerdings dürfte es nur für Windböen an der See
und vielleicht stürmische Böen in einigen höheren Berglagen der östlichen
Mittelgebirge reichen.

Freitag... beginnt die Frontalzone wieder ein wenig mehr zu mäandrieren. So
greift ein zunächst schwach ausgeprägter Trog, der sich bei seiner
Osterverlagerung jedoch zusehends verschärft, bis zum Abend auf Schottland über.
Vorderseitig deutet sich eine flache Welle an, die bis zum Abend bis nach
Südengland vorankommt. Hierdurch setzt bis zum Abend im Nordwesten Deutschlands
Warmluftadvektion ein.
Im Süden hält sich leichter Hochdruckeinfluss, der für einige Auflockerungen
sorgt, wogegen im Norden und Nordosten geringe Niederschläge (meist weniger als
5 mm innerhalb von 12 Stunden) vorstellbar sind. Diese resultieren jedoch eher
aus Warmluftadvektion als aus frontalen Prozessen.
Da gegenüber den Vortagen auch im Norden und Nordosten der Gradient
auseinandergezogen wird, sollte tagesgangsbedingte Windböen auf den
Küstenbereich und das nordostdeutsche Binnentiefland beschränkt bleiben. Auf
höheren Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge sind einzelne
Sturmböen nicht ganz auszuschließen. Später flaut aber auch dort der Wind ab. In
den anderen Gebieten bleibt es hingegen vergleichsweise schwachwindig.
Die Temperaturen ändern sich gegenüber dem Vortag nur unwesentlich.
In der Nacht zum Samstag greift der Trog von Schottland kommend auf die Nordsee
über. Vorderseitig setzen, bedingt durch Warmluftadvektion, von Nordwesten her
Niederschläge ein, die bis Samstagfrüh wahrscheinlich auf den gesamten Norden
Deutschlands übergreifen. Warnrelevante Niederschlagssummen sind auch hier nicht
zu erwarten; dennoch können vor allem in Nordseenähe bis etwa 10 mm innerhalb
von 12 Stunden zusammenkommen.
Durch diesen sich weiter intensivierenden Trog wird die Entwicklung eines
Randtiefs induziert, das bis Samstagfrüh zum nördlichen Schleswig-Holstein
gesteuert wird. An dessen Südflanke frischt in Nordseenähe der Wind auf und
erreicht an der Nordseeküste in Böen Sturmstärke. Diese Entwicklung wurde von
weiter zurückliegenden Modellläufen noch nicht so ausgeprägt gezeigt.
Trogvordeseitige Warmluftadvektion lässt auch auf die südlichen Teile
Deutschlands zusehends mehrschichtige Bewölkung übergreifen. Erst gegen Morgen
werden ganz im Südwesten erste Niederschläge einsetzen. Frost sollte dann auf
einige höhere Berglagen der östlichen Mittelgebirge und ein paar Tallagen
unmittelbar am Alpenrand und in den Alpen beschränkt bleiben.

Samstag... überquert der Trog den Norden Deutschlands. Das korrespondierende
Randtief entwickelt sich zu einem Sturmtief und wird über die Südspitze
Schwedens hinweg ostwärts gesteuert. An dessen Südflanke sind im Norddeutschen
Tiefland stürmische Böen, im Norden Sturmböen und an der Küste teils schwere
Sturmböen zu erwarten. Die Kaltfront dieses Sturmtiefs kommt bereits in den
Mittagsstunden bis zur Mitte Deutschlands voran. Im Frontbereich ist die
Schichtung noch nicht hochreichend labil, d.h. die Labilität erstreckt sich bis
maximal 600 hPa, so dass zwar schauerartige Niederschläge, wahrscheinlich aber
keine Gewitter im Frontbereich auftreten. Genauso ist die Gefahr, dass der
Oberwind, der im 850 hPa-Niveau 40 kt erreicht, zum Erdboden heruntergemischt
wird, gering.
Durch trogrückseitig einfließende hoch reichende Kaltluft erfolgt erst sehr spät
und dann auch nur ganz im Norden eine kräftige Labilisierung. Der Gradient wird
dann aber bereits wieder auseinandergezogen (das Sturmtief zieht ja nach Osten
ab), so dass ein Zusammentreffen von stärkstem Gradienten und labil
geschichteter Höhenkaltluft eher unwahrscheinlich ist. Hierdurch wird die
Sturmlage im Norden ein wenig entschärft. Dennoch sind mit Frontpassage im
gesamten Norddeutschen Tiefland bis hin zu den Mittelgebirgen stürmische Böen
möglich, auf höheren Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge
treten teils schwere Sturmböen auf. Mit der Labilisierung sind dann im
Küstenbereich Sturmböen und unmittelbar an der See teils schwere Sturmböen zu
erwarten. Zudem sind ab dem Nachmittag in Küstennähe und zum Abend hin im
gesamten Norden einzelne kurze Gewitter vorstellbar.
Nach Süden hin bleibt es vergleichsweise schwachwindig; einzelne Sturmböen sind
allenfalls auf exponierten Berggipfeln zu erwarten.
Auflockerungen sind postfrontal im Nordwesten und Westen am wahrscheinlichsten.
Sonst überwiegt starke Bewölkung. Somit erreichen die Tageshöchsttemperaturen
deutschlandweit nur noch 8 bis 14 Grad.
In der Nacht zum Sonntag wird durch das weiter nach Osten abziehende Sturmtief
im Nordosten der Gradient zunächst noch aufrecht gehalten, so dass anfangs in
Küstennähe und im Nordosten noch Windböen und an der Ostseeküste stürmische Böen
auftreten können. Bis Sonntagfrüh fächert aber der Gradient auf, so dass dann
warnrelevante Böen auf die höheren Lagen der östlichen Mittelgebirge und
vielleicht die Lausitz beschränkt sind. Das nach Weißrussland abziehende
Sturmtief bildet sich zusehends auch in der mittleren Troposphäre ab, was die
Zyklonalität der Strömung über Mitteleuropa zunehmen lässt. In den gesamten
Norden und Nordosten Deutschlands gelangt dann hochreichend labil geschichtete
Polarluft, wobei die Temperaturen im 500 hPa-Niveau zwischen -30 und -35 Grad
liegen und in 850 hPa bis -7 Grad zurückgehen. In den Mittelgebirgen sinkt dann
die Schneefallgrenze auf etwa 600 Meter, wobei aber tendenziell die
Niederschläge nachlassen. An den Alpen sind staubedingt kräftigere Niederschläge
zu erwarten, die zwar nicht warnrelevant sind, aber über den Niederschlagssummen
liegt, die in den vergangenen Tagen gefallen sind. Dort fällt oberhalb von etwa
1000 Metern Schnee.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Bis einschließlich Samstag, 00 UTC, zeigen die verfügbaren Modelle eine
weitgehend ähnliche Entwicklung. Bis dahin lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.
Hinsichtlich der Randtiefentwicklung am Samstag bestehen noch Unsicherheiten.
Weiter zurückliegende Modellläufe hatten dieses Szenario noch nicht im Programm.
Andere Modelle zeigen zwar eine ähnliche Entwicklung, lassen aber dieses
Sturmtief deutlich weiter nordwärts nach Osten ziehen, was die Windentwicklung
im Norden Deutschlands signifikant entschärfen würde.
Probabilistische Produkte sehen die Gefahr von schweren Sturmböen an der Küste
nicht gegeben, lassen aber stürmische Böen weiter nach Süden, d.h. über die
Mittelgebirge hinweg südostwärts, ausgreifen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann