DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-03-2017 09:00
SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.03.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu SWa (Südwest antizyklonal)

Heute im O und NO vorübergehend auffrischender westlicher Wind. Sonst bis
Freitag wahrscheinlich keine signifikanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland auf der Nordflanke eines Höhenrückens, der
von SW-Europa über die Alpen hinweg bis zum Schwarzen Meer gerichtet ist. In der
nördlich davon verlaufenden, nur mäßig ausgeprägten Frontalzone ist ein
kurzwelliger Trog gerade dabei, den Vorhersageraum ostwärts zu überqueren, was
in nur wenigen Stunden gelungen sein wird. Bereits am Mittag liegen wir auf
seiner Rück- und damit gleichzeitig auf der Vorderseite eines sich über
Westeuropa aufwölbenden Höhenrückens. Dieser Rücken verstärkt sich bis morgen,
kommt dabei aber nur schleppend ostwärts voran. Er wird zudem von WLA
überlaufen, die damit besonders nach Norden hin voll in die auf Nordwest
rechtsdrehende Höhenströmung übergreift.
Der Blick auf die Bodenwetterkarte zeigt weit draußen auf dem Atlantik ein
ausladendes Tiefdruckgebiet mit mehreren Drehzentren, von dem aus eine
rinnenartige Austrogung über die Nordsee und Südskandinavien hinweg bis zur
Ostsee reicht. In der 00-UTC-Analyse der vergangenen Nacht wurden in Verbindung
mit dem Tief und der Rinne mehrere Fronten bzw. Luftmassengrenzen analysiert,
von denen aber nur das westliche (Haupt)Frontensystem überlebt respektive für
unseren Raum relevant wird. Konkret, die Warmfront wird im Laufe des Tages ganz
gemütlich von der südwestlichen Nordsee und Benelux her auf uns zusteuern und
mit Hilfe der o.e. WLA reichlich mehrschichtige Bewölkung und gebietsweise auch
stratiformen Regen in die Nordhälfte steuern sowie für eine Stabilisierung der
Schichtung sorgen. Bevor es soweit ist, ziehen im Norden in der leicht labil
geschichteten maritimen Luftmasse aber erst noch ein paar Schauer durch, die vom
angesprochenen KW-Trog ausgelöst werden.
Während der Luftdruck im Norden anfangs noch etwas fällt, macht sich im Süden
schon wieder leichter Druckanstieg bemerkbar. Damit weitet sich der von der
Iberischen Halbinsel und Frankreich ost-nordostwärts gerichtete Hochkeil bis zur
Mitte Deutschlands aus, so dass wir zum Tagesende mit Ausnahme des Nordens ein
Druckniveau von 1025 hPa oder etwas darüber haben. Dabei gilt für den heutigen
Tag, je weiter im Süden, desto höher der Profit. Oder anders ausgedrückt,
während über die mittleren Landesteile noch mehr oder weniger dichte Wolken
hinwegziehen und zum Abend hin zwischen NRW und Sachsen hier und da sogar etwas
Regen möglich ist, kann sich im Süden häufig die Sonne durchsetzen. Dort steigt
die Temperatur z.T. auf bis zu 20°C, im Oberrheingraben sogar etwas darüber.
Sonst stehen in der Mitte und im Süden 14 bis 19°C, im Norden lediglich 10 bis
15°C (Küste teils noch darunter bei auflandigem Wind) auf der Thermokarte.
Stellt sich abschließend noch die Frage, ob es bei dem Ganzen auch was zu warnen
gibt? - Ja, gibt es. Vor allem nach O und NO zu frischt der westliche Wind noch
im Laufe des Vormittags soweit auf, dass in der Spitze steife Böen 7 Bft, auf
dem Fichtelberg und dem Brocken Sturmböen 8-9 Bft auftreten (vielleicht schafft
der Brocken sogar ´ne untere "10"). Zum Teil sind die Böen konvektiv geprägt,
ein Stück weit sind sie aber auch einer vorübergehenden Gradientverschärfung
zwischen dem sich ausweitenden Hoch und der nördlich positionierten Rinne
geschuldet. Bereits im Laufe des Nachmittags nimmt der Wind von Westen her aber
wieder ab.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der Höhenrücken geringfügig nach Osten voran,
wir verbleiben aber noch auf seiner Vorderseite. Immerhin steigt nun der
Luftdruck auch im Norden an, so dass die Tiefdruckrinne getilgt wird und sich
die Bodenhochdruckzone bis nach Skandinavien ausweitet. Allerdings lässt sich
die Warmfront davon wenig beeindrucken, sie arbeitet sich langsam über den
Rücken hinweg nach NO voran. Dabei sorgt sie im N für eine vorübergehende
Intensivierung der weiterhin schwelenden, durch andauernde WLA angetriebenen
Regenfälle. Aber auch im Osten muss unter der nordwestlichen Höhenströmung
gebietsweise mit leichtem Regen oder Nieselregen gerechnet werden, wobei es am
Erzgebirge sogar zu leichten Staueffekten kommt. So oder so, die apostrophierten
Regenmengen bleiben weit unterhalb jedweder Warnschwellen.
In den Süden können zwar auch einige Wolkenfelder driften, was eine kalte Nacht
verhindert und Nebelbildung hemmt. Richtung Alpen sowie im äußersten SW
allerdings bleibt es vielfach klar, was vereinzelt leichten Frost in Bodennähe
und vielleicht mal ein Nebelfeld zur Folge haben kann.
Der Wind flaut angesichts der Gradientauffächerung merklich ab, zuletzt auch auf
dem Brocken und dem Fichtelberg.

Donnerstag... greift der Höhenrücken zunehmend auf den Vorhersageraum über. Die
korrespondierende Bodenhochdruckzone verlagert sich langsam nach Osten, wodurch
wir auf die Westflanke gelangen. Damit kommt niedertroposphärisch eine zwar
schwache, aber durchaus wirksame S-SW-Strömung in Gang, mit der die Zufuhr sehr
milder, ja sogar warmer Subtropikluft aus SW-Europa eingeleitet wird. So steigt
die 850-hPa-Temperatur bis zum Tagesende auf 6°C an der Grenze zu Polen und bis
zu 11°C ganz im Westen sowie im Alpenvorland.
Im Süden und zunehmend auch im Westen scheint die Sonne von einem überwiegend
gering bewölkten, teils wolkenlosen Himmel. Nach einem vielerorts gar nicht mal
so kühlen Morgen erwärmt sich die Luft bis zum Nachmittag auf 18 bis 23°C, am
Oberrhein punktuell vielleicht schon 24°C.
Weniger rosig sieht es am Donnerstag (noch) für den Norden und Osten aus, was an
besagter Warmfront liegt. Zwar ist das zugehörige Tief mittlerweile etwas
dichter an Europa herangerückt und hat über der südlichen Norwegischen See ein
Teiltief gebildet, trotzdem lässt sich Warmfront unverschämt viel Zeit,
Deutschland zu überqueren respektive hinter sich zu lassen. Die Gründe dafür
sind freilich evident, denn zum einen muss sie sich gegen die vorgelagerte,
leicht blockierende Hochdruckzone beweisen, zum anderen fördert die überlagerte
nordwestliche Höhenströmung und die damit strömungsparallele Ausrichtung auch
nicht gerade die ihre Mobilität. Kurzum, kompakte Bewölkung und zugehöriger
Regen ziehen nur langsam in Richtung Polen und Ostsee, wobei der Regen zum
Nachmittag und Abend hin aber immer schwächer wird bzw. ganz aufhört. Vor allem
nordöstlich der Elbe dürfte es bis zum Abend aber noch stark bewölkt bis bedeckt
bleiben, während man weiter südwestlich zumindest auf einige Aufhellungen oder
gar Auflockerungen hoffen kann. Dabei steigt die Temperatur trotz Bewölkung an
auf 14 bis 18°C, nur im äußersten N und NO, wo es am längsten regnet, bleibt
noch etwas frischer.

In der Nacht zum Freitag zieht die Warmfront endgültig aus Deutschland heraus,
wobei es an der Ostsee anfangs noch ein paar Tropfen geben kann. Im breiten
Warmsektor - die wellende Kaltfront bleibt noch weit westlich von uns - macht
die niedertroposphärische Erwärmung weitere Fortschritte, was nachts freilich
nicht so bedeutend ist. Unter verbreitet gering bewölktem bis klarem Himmel
bildet sich stellenweise Nebel und im äußersten Süden ist lokal leichter Frost
in Bodennähe möglich.

Freitag... verkürzt sich die Wellenlänge der großräumigen Potenzialverteilung.
Dabei wandert der Rücken ganz langsam über Deutschland hinweg ostwärts, während
sich gleichzeitig von Westen her ein Höhentrog nähert. Auch die vorgeschaltete,
weiterhin wellende Kaltfront kommt dichter an den Vorhersageraum heran, trotzdem
lässt sich der Tag summa summarum sicherlich noch als antizyklonal verkaufen.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die weiterhin einfließende und sich
noch mehr erwärmende Subtropikluft zunehmend labilisiert wird. Vor allem im
Süden, teils auch im äußersten Norden, wird etwas ML-CAPE angeboten (im Süden
punktuell sogar über 500 J/kg), das aber deutlich gedeckelt ist (CIN z.T. über
100 J/kg). Außerdem ist die Luftmasse ziemlich trocken (PPW unter 15 mm, spez.
Feuchte maximal 8 g/kg), so dass nennenswerte Konvektion eher unwahrscheinlich
ist. Vorstellbar ist ein Szenario, wonach es im SW mit Hilfe der Orografie für
Quellungen reicht, deren vertikales Wachstum aber durch Entrainmentprozesse
(Einsaugen trockener Umgebungsluft) gedämpft werden, so dass es vielleicht für
einen schlappen Schauer, sehr wahrscheinlich aber nicht für ein Gewitter reicht
wie von GFS angedacht.
Wesentlich sicherer als das mögliche bzw. eher unwahrscheinliche Gewittergedöns
ist die Vorhersage bzgl. Sonnenschein und Temperatur. So wird der letzte Märztag
ein echter Frühlingsknaller mit fast schon frühsommerlicher Prägung, ausgelöst
durch viel Sonnenschein und Tageshöchsttemperaturen zwischen 20 und 25°C -
abzüglich des höheren Berglands sowie einigen Küstenabschnitten, wo sich Seewind
einstellt (meist weht der Wind allerdings aus südlichen Richtungen, also
ablandig, so dass es auch an der Küste einen merklichen Temperaturanstieg
gegenüber den Vortagen gibt). Zwar ziehen mit der südlichen Höhenströmung hohe
Wolkenfelder über Deutschland hinweg, die aber überwiegend so dünn und
transparent sind, dass sie den freundlichen Wettercharakter nicht trüben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Basisfelder werden von den Modellen sehr ähnlich simuliert. Unterschiede
ergeben sich hinsichtlich genauer Positionierung und Intensität der
WLA-getriggerten bzw. warmfrontgebundenen Regenfälle, was aber warnirrelevant
ist. Auffallen ist die im Text schon angesprochene Gewitterlastigkeit des
GFS-Modells, das nicht nur am Freitag im SW, sondern auch am Donnertag im NW ein
paar Gewittersymbole in der Modellinterpretation anbietet. Auszuschließen ist in
der Meteorologie zwar so gut wie nix, trotzdem sind ober dieser überaus forschen
Gangart gewisse Zweifel angebracht, zumal gerade am morgigen Donnerstag auch
kein wirklicher Auslöser erkennbar ist.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann