DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-03-2017 09:00
SXEU31 DWAV 240800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 24.03.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu HB (Hoch Britische Inseln)

Überwiegend Hochdruckeinfluss. Am Samstag im SW vorübergehend spürbarer
O-NO-Wind mit Sturmböen im Hochschwarzwald.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich die Frontalzone leicht mäandrierend auf recht weit
nördlichem Kurs. Ihr gegenüber steht ein abgetropftes Höhentief über der
Iberischen Halbinsel, das sich heute kaum vom Fleck bewegt. Deutschland liegt
mehr oder weniger dazwischen in einem gradientschwachen Potenzialbereich. Der N
und O wird dabei von einem Trog gestreift, der von Südskandinavien kommend
ost-südostwärts schwenkt (=> nordwestliche Höhenströmung), während der S und SW
vom Höhentief tangiert wird (=> südliche Höhenströmung). Tendenziell ist aber
erkennbar, dass spätestens ab dem Nachmittag das Potenzial über dem
Vorhersageraum beginnt zu steigen, und zwar von SO und von W her. So weitet sich
vom Atlantik her über UK/Irland hinweg ein schmaler, zonal orientierter
Höhenkeil ostwärts aus, während sich vom zentralen Mittelmeer her ein ebenfalls
schmaler Keil über die Alpen nordwestwärts vorschiebt. Letztlich verbinden sich
die beiden Keile zu einer Brücke, die im Laufe der kommenden Nacht an Stärke und
Breite gewinnt.
Dabei kräftigt sie die Bodenhochdruckzone, die bereits jetzt schon gut
ausgeprägt ist und sich vom Ostatlantik über die Nordsee bis ins östliche
Mitteleuropa erstreckt. Auf ihrer Südflanke gelangen mit nördlichen bis
östlichen Winden kontinental geprägte Luftmassen zu uns, die a) noch nicht
überall so trocken sind, dass daraus zwingend "Affenhochglanz" resultiert und b)
noch nicht so warm sind, dass das Thermometer überall an die Decke springt.
Besonders im N und O macht die untere Troposphäre noch merklich auf
Understatement mit 850-hPa-Temperaturen unter dem Gefrierpunkt.
Immerhin, im Norden ist bereits ein Schwall trockenerer Luft angekommen (Td
vielfach unter 0°C), dort startet der Tag abgesehen von einigen flachen
Nebelfeldern und Frühdunst ziemlich sonnig, was sich tagsüber auch fortsetzen
wird. Anders die Situation zur Mitte und nach Süden hin, wo derzeit noch
reichlich Bewölkung verschiedener Fasson den Ton angibt. So kann man im
Satellitenbild sehr schön einen Streifen mit SC/ST-Bewölkung erkennen, der sich
von NRW bis hinüber ins südliche Sachsen erstreckt. Auch weiter südlich halten
sich viele tiefe Wolken oder auch Hochnebel, die allerdings von hohem Gewölk
überdeckt werden. Die hohen Wolken werden vom o.e. Höhentief über die Schweiz
und Westösterreich bis nach Deutschland gepumpt, wo sie anfangen
auseinanderzufransen. Im Laufe des Tages wird die tiefe Bewölkung mehr und mehr
"angeknabbert" bzw. löst sich auf, wobei das im S gebietsweise lange dauern
kann. Die hohen Wolken bleiben nach S und SW stetiger Tagesbegleiter, wobei sie
mal mehr, mal weniger transparent sind.
Warntechnisch steht uns eher ein Tag zum Einschlafen bevor, wenn sich letzte
Nebelfelder aufgelöst oder zumindest gelichtet haben (etwas zäh im Thüringer
Wald) und die Temperatur überall im Plus liegt, was mittlerweile geschehen ist.
Zwar kommt im südlichen BW im Tagesverlauf die Bise etwas in Schwung (O-NO-Wind
am Rande des Hochs), für stürmische Böen 8 Bft reicht es wohl zunächst aber nur
auf den höchsten Schwarzwaldgipfeln. Ansonsten reicht es in den Hochlagen
einiger Mittelgebirge nur zu Böen 6-7 Bft (Einzelfall). Temperaturmäßig kommen
wir bis zum Nachmittag in der NO-Hälfte auf 10 bis 14°C (Küste bei auflandigem
Wind etwas frischer), sonst auf 13 bis 18°C (Basis MOS-Mix). Wobei die höheren
Werte angesichts der doch z.T. kompakten Cirren sowie möglicher
Saharastaubanteile und daraus resultierender Einstrahlungsarmut nur schwer zu
erreichen sind und die Erwartungen eher nach unten geschraubt werden sollten.

In der Nacht zum Samstag bleibt das Geschehen antizyklonal beeinflusst, wobei
die Flächen mit klarem Himmel gegenüber der letzten Nacht zunehmen. In der
NO-Hälfte gibt es verbreitet leichten Frost und/oder Bodenfrost, Gleiches gilt
für einige Mittelgebirgs- und Alpentäler. In der zweiten Nachthälfte ziehen von
Norden her allerdings einige Wolkenfelder in den Küstenraum und das angrenzende
Binnenland, die durch Gegenstrahlung einen leichten Temperaturanstieg bewirken.
Örtliche Nebelfelder bilden sich am ehesten im S. Im SW verschärft sich der
Gradient etwas, was vor allem in den Hochlagen - unterstützt durch
Low-Level-Effekte - zu einer Windzunahme bis in den Sturmbereich 8-9 Bft führt.


Samstag... etabliert sich über UK/Irland und den umliegenden Seegebieten eine
abgeschlossene Höhenantizyklone. Die über Deutschland verlaufende Verbindung zum
breiten Höhenrücken über dem zentralen Mittelmeer bleibt bestehen, auch wenn sie
sich im Tagesverlauf geringfügig abschwächt. Das Höhentief über der Iberischen
Halbinsel kippt in eine zunehmend zonal orientierte Stellung mit Trögen nach
Westen und Osten, was für uns das Ende der Advektion hoher Wolkenfelder zur
Folge hat.
Im bodennahen Niveau fokussieren wir uns auf das umfangreiche 1030-hPa-Hoch über
der Nordsee und UK/Irland, von dem aus ein wuchtiger Keil bis zum Balkan reicht.
Zwischen dem Hoch und einem um 12 UTC über der südöstlichen Biscaya liegenden
Tief verschärft sich der Gradient im W und insbesondere im SW noch etwas, was
dort mit Hilfe des Tagesgangs zu einem merklichen Auffrischen des östlichen
Windes führt. So wird es von RP und dem Saarland bis hinunter nach BW und
bedingt ausgreifend auf bayerisch Schwaben bzw. das Alpenvorland zu Böen 7 Bft,
in freien Lagen ganz vereinzelt 8 Bft, im Hochschwarzwald 8-9 Bft kommen.
Ansonsten steht der bundesligafreie Samstag im Zeichen eines verbreitet
wolkenlosen oder nur gering bewölkten Himmels. Nicht ganz so optimistisch sollte
man in Teilen N- und NO-Deutschlands sein, wo das Hoch bzw. der Keil eine kleine
Schwachstelle aufweisen. So kommen die Wolken aus der Nacht noch etwas südwärts
voran, wobei sie aber nicht allerorten so kompakt sein werden, dass in puncto
Sonne gar nichts geht; und trocken bleibt es allemal. Temperaturmäßig bleibt die
SW-Hälfte weiterhin in der Vorhand, auch wenn die volle Frühlingsdröhnung mit 13
bis 19°C bei zum Teil ruppigem Ostwind noch auf sich warten lässt. Trotzdem kann
man damit sicherlich zufrieden sein, zumal es nach N und O zu weiterhin nur zu
10 bis 14°C reicht, an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind noch nicht mal
dafür (8/9°C).

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Tief über der Biscaya nach Westen,
während sich gleichzeitig das Hoch etwas abschwächt. Entsprechend fächert der
Gradient über dem SW auf, was dort mit nächtlicher Stabilisierung eine
Windabnahme zur Folge hat. Die Hochlagen des Schwarzwalds allerdings bleiben
anfällig für Sturmböen.
Ein paar Rätsel gibt derzeit noch die Bewölkungsprognose auf, die von den
verschiedenen Modellen recht unterschiedlich angegangen wird. So pflastern z.B.
EURO4 und das polnische UM bis zum Frühstück den gesamten Norden und den
Großteil der Mitte mit kompakter tiefer Bewölkung zu, während ECMF und noch
weniger ICON bzw. ICON_Nest nur gebietsweise in der Nordhälfte tätig werden. Am
wenigsten C(low) parametrisiert das amerikanische GFS, allerdings gehört dieses
Genre auch nicht gerade zu den ausgewiesenen Stärken dieses Modells. Wie auch
immer, von der Wolkenverteilung hängt in hohem Maße die Temperaturentwicklung
ab, sprich, Frost ja oder nein. Das Potenzial dafür ist sicher gegeben,
belastbare Aussagen, wo genau er auftritt respektive wo vielleicht (nur)
Bodenfrost auftritt, lassen sich heute noch nicht treffen, was übrigens auch für
das Thema "Nebel" gilt.

Sonntag... ändert sich nichts Monumentales an der Großwetterlage, wobei sich die
großräumige Potenzialverteilung mehr und mehr einem Omega-Muster nähert. Die
Flanken des vom zentralen Mittelmeer bis in den isländischen Raum reichenden
Höhenrückens (mit abgeschlossenem Hoch über der Nordsee) werden zum einen von
dem sich langsam nordwestwärts verlagernden Cut-Off-Tief über SW-Europa sowie
einem Trog über dem nahen Osteuropa gebildet.
Das Bodenhoch reicht vom Seegebiet südlich Islands bis zum östlichen
Mitteleuropa, wobei die Divergenzachse etwa von NW-Deutschland bis hinüber nach
BB verläuft. Nördlich davon gelangt mit schwacher nordwestlicher Strömung
feuchtere und wolkenreiche Nordseeluft in den NW, die dort für gedämpfte
Strahlungsverhältnisse sorgt. Ansonsten präsentieren sich die Wolkenverhältnisse
uneinheitlich mit dichteren Wolken in Alpennähe und gebietsweise im Osten
(ICON/ECMF-Version plus - was Wunder - MOS-Mix) und nur geringer Bewölkung in
den übrigen Regionen. Das sehr pessimistische, aufgrund vielfach guter
Prognoseleistungen in der Vergangenheit aber ernstzunehmende UM (Polen) hingegen
lässt die nächtliche starke Bewölkung noch weiter südwestwärts vorankommen,
während es im Osten auflockert. Die Tageshöchstwerte liegen zwischen 9 und 14°C,
den Rhein entlang örtlich etwas darüber, im höheren Bergland sowie an der Küste
bei auflandigem Wind etwas darunter.

Modellvergleich und -einschätzung
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Großräumig simulieren die Modelle sehr ähnlich. Der mittelfristig zeitweise
simulierte Kaltlufteinbruch von Osten her am Sonntag (mit Niederschlägen im S
und SO) ist vom Tisch, nur GFS hat am Alpenrand noch geringe Niederschläge in
petto. Über die Unterschiede bei der Bewölkungsprognose wurde im Text bereits
berichtet.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann