DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-03-2017 09:00
SXEU31 DWAV 010800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 01.03.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz
Windentwicklung im Fokus: Heute steife bis stürmische Böen, im Bergland Sturm-
oder schwere Sturmböen. Donnerstag vor allem von NRW bis nach Sachsen auch in
den Niederungen Sturm- oder schwere Sturmböen, orkanartige Böen nicht
ausgeschlossen, auf exponierten Berggipfeln Orkanböen. Im Schwarzwald und
Oberallgäu kommende Nacht Tauwetter und Dauerregen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland an der Südflanke eines hochreichenden
Zentraltiefs mit Drehzentrum sowohl in 500 hPa als auch am Boden vor der
Haltenbank unterhalb einer kräftigen westlichen Höhenströmung, wobei die
Frontalzone von Neufundland kommend über dem mittleren Nordatlantik und
Westeuropa quer über Mitteleuropa verläuft, um über Osteuropa nach Norden
abzuknicken. Darin eigebettet, überquert aktuell ein Kurzwellentrog aktuell die
Mitte und den Osten des Landes rasch ostwärts und befindet sich am Abend bereits
über Ostpolen bzw. dem Baltikum. Ihm folgt ein nur sehr flach konturierter
Rücken, der bereits von kräftiger WLA überlaufen wird und das Vorhersagegebiet
in der kommenden Nacht rasch ostwärts passiert.
Der mit dem Trog korrespondierende Bodentrog erreicht aktuell die mittleren
Landesteile und verlagert sich ebenfalls rasch ostwärts. Er ist angefüllt mit
höhenkalter und labil geschichteter Meeresluft (um -32 Grad in 500 hPa, um -4
Grad in 850 hPa), innerhalb derer es vor allem im Norden und in der Mitte
gebietsweise zu schauerartigen Niederschlägen bzw. zu einzelnen Schauern kommt,
die sich bis zum Nachmittag rasch ostwärts verlagern. Zwar wird kaum Cape
simuliert, allerdings sind angesichts der niedrigen Lapse Rates vor allem vom
Vormittag bis zum Nachmittag auch kurze Graupelgewitter nicht ausgeschlossen. Im
höheren Bergland fällt auch etwas Schnee, wobei die Schneefallgrenze angesichts
der gut durchmischten Luftmasse wohl meist bei 600 bis 800 m liegt, lediglich in
kräftigeren Schauern kann es auch mal etwas weiter herunter schneien. Die
simulierten zwölfstündigen Mengen betragen allerdings meist weniger als 5 mm,
lediglich in einigen Weststaulagen mehr, so dass es kaum für eine nennenswerte
Neuschneedecke reichen sollte.
Nach Abzug des Troges erfolgt aufgrund der schon einsetzenden WLA eine rasche
Stabilisierung und die Schauer klingen rasch ab.
Somit steht im Fokus der Warntätigkeit einmal mehr die Windentwicklung. Im
Bereich der Bodentrogachse verschärft sich der Druckgradient insbesondere im
Süden und in der Mitte vorübergehend deutlich, dazu kommt noch der in der
labilen Schichtung ausgeprägte Tagesgang der turbulenten Durchmischung. Somit
gibt es in der Mitte und im Süden verbreitet steife, in freien Lagen auch
stürmische Böen aus Südwest bis West (Bft 7 bis 8), in Schauernähe kann vor
allem in der Mitte auch eine Sturmböe nicht ausgeschlossen werden, wobei die
Wahrscheinlichkeit dafür eher als gering einzuschätzen ist. Auf den Bergen gibt
es Sturmböen (Bft 9), auf exponierten Gipfeln ist vereinzelt mit schweren
Sturmböen (Bft 10) zu rechnen. Außen vor bleibt die Nordhälfte, die sich
nördlich des Bodentroges befindet. Lediglich an der Nordsee und in
Schleswig-Holstein kann auch mal eine Bft 7 auftreten, insbesondere in
Schauernähe. Mittags nimmt der Wind zunächst im Westen, nachmittags und abends
dann auch im Osten rasch wieder ab.
Die Sonne zeigt sich heute wohl am ehesten im Nordwesten und Norden sowie an den
Alpen. Dabei steigen die Temperaturen innerhalb der advehierten erwärmten
Polarluftmasse auf 6 bis 11 Grad.

Nach Durchschwenken des flachen Höhenrückens erreicht bereits ausgangs der Nacht
ein weiterer Kurzwellentrog den äußersten Nordwesten des Landes. Auf dessen
Vorderseite wird WLA- induziert - unterstützt durch PVA - markante Hebung
simuliert.
Auch im Bodenfeld verlagert sich ein Randtief im Laufe der Nacht rasch unter
Vertiefung von Südengland nach Nordwestdeutschland. Diese Entwicklung hat
ICON-EU auf südlichster Zugbahn verlaufend auf der Karte. ECMWF und GFS
simulieren das Tief weiter nördlich (GFS auch etwas intensiver als ECMWF und
ICON) und entsprechend in weiterer Folge auch eine geringfügig weniger markante
Windentwicklung.
Die Warmfront des Tiefs überquert unter fortschreitendem Okklusionsprozess den
Süden und die Mitte des Landes rasch ostwärts, die Kaltfront greift bereits im
Laufe der zweiten Nachthälfte auf den Westen des Landes über. Vor allem nach
Süddeutschland gelangt im Warmsektor ein Schwall sehr milder Meeresluft, die
Temperatur in 850 hPa steigt auf 0 bis +3 Grad. Entsprechend steigt die
Schneefallgrenze rasch auf über 1000 m. Vor allem in den Staulagen des
Schwarzwaldes, des Oberallgäus und des Bayerwaldes simuliert ICON-EU mehr als 25
mm in 12 Stunden, in exponierten Staulagen des Südschwarzwaldes und des
westlichen Oberallgäus sogar mehr als 40 mm (Unwetter). GFS und ECMWF haben
lediglich im Südschwarzwald markante Mengen auf der Karte. Unterstützend wirkt
zudem noch das Tauwetter. Allerdings dauert das nur kurz an, denn bereits
ausgangs der Nacht sinkt die Temperatur im Schwarzwald in 850 hPa wieder auf
unter 0 Grad, an den Alpen dagegen erst am Donnerstagmittag.
Im übrigen Land bewegen sich die simulierten Mengen meist zwischen 5 und 10 mm,
im Nordwesten und in einigen Staulagen bis 15 mm, in der Osthälfte meist unter 5
mm. Dabei regnet es auch in den mittleren Landesteilen vorübergehend bis in die
höchsten Mittelgebirgslagen. Ein kleines Risiko für Schneefall bis ganz runter
besteht allerdings zumindest nach Lesart des ICON-EU im Nordwesten des Landes,
an der Nordflanke des Tiefs, im Bereich stabiler Schichtung und bodennahem
Ostwind, unterstützt durch die Verdunstungsabkühlung, allerdings gibt es
modellseitig keine Signale dafür.
An der Südflanke des Tiefs verschärft sich der Gradient im Laufe der Nacht
zunächst im Westen, später auch in der Mitte und im Süden wieder erheblich und
der Wind nimmt deutlich aus Südwest bis West zu. Verbreitet gibt es dann steife
bis stürmische Böen, nach ICON-EU vor allem vom südlichen Emsland bis zur Eifel
ab den Frühstunden auch Sturmböen. Im Bergland ist mit Sturm- und schweren
Sturmböen zu rechnen. Der Norden und Osten bleiben bzgl. der Windentwicklung
noch außen vor.

Donnerstag... verlagert sich auch dieser Kurzwellentrog sehr rasch über
Deutschland hinweg ostwärts und erreicht bis zum Abend schon das mittlere Polen.
Das korrespondierende Bodentief zieht über Norddeutschland hinweg ins südliche
Baltikum und beginnt sich mittags und nachmittags allmählich aufzufüllen.
Rückseitig führt markante KLA von Westen her zu kräftigem Druckanstieg, so dass
sich der Gradient vor allem an der Südwestflanke des Tiefs noch etwas
verschärft. Vor allem in einem Streifen vom südlichen Emsland und NRW ostwärts
bis nach Sachsen und Brandenburg (nach GFS auch noch etwas weiter im Norden)
gibt es verbreitet stürmische Böen, in freien Lagen auch Sturmböen oder gar
schwere Sturmböen. Unterstützt wird die Böigkeit des Windes noch durch die
rückseitig des Tiefs vorstoßende Höhenkaltluft (-33 Grad in 500 hPa) und die
dadurch deutlich zunehmende Labilität, so dass in Schauern eventuell auch mal
die in 850 hPa simulierten 55 bis 60 kn heruntergemischt werden könnten, was
dann orkanartige Böen zur Folge haben würde. Nach Süden zu fällt die
Windentwicklung nicht ganz so intensiv aus, für steife bis stürmische Böen
reicht es aber dennoch. Auf den Bergen gibt es verbreitet Sturm- und schwere
Sturmböen, auf exponierten Gipfeln insbesondere der mittleren Landesteile auch
Orkanböen. PEPS zeigt die höchsten Wahrscheinlichkeiten für Bft 11 (bis 30 %) im
Lee des Harzes, im nordwestlichen Sachsen und im südlichen Brandenburg,
COSMO-DE-EPS hat dagegen kaum Signale dafür auf der Karte.
Die Kaltfront des Tiefs erreicht die Alpen, die höhenkalte und labile Luftmasse
kommt allerdings nur bis in die mittleren Landesteile voran, so dass sich die
intensivsten schauerartigen Niederschläge auf die Nordhälfte beschränken. Meist
werden 1 bis knapp über 5 mm in 12 Stunden simuliert, lediglich ICON-EU
simuliert entlang der Zugbahn des Tiefs teilweise mehr als 10 mm. Vereinzelt
sind dabei auch kurze Gewitter mit Graupel nicht ausgeschlossen, im Bergland
gehen die Schauer oberhalb von etwa 600 m wieder in Schnee über, wobei es in
intensiveren Schauern auch bis in tiefere Lagen schneien kann.
Südlich von Mosel und Main werden dagegen kaum Niederschläge simuliert,
lediglich entlang der Alpen und im Alpenvorland regnete s entlang der dort
schleifenden Kaltfront noch längere Zeit. Dort sinkt die Schneefallgrenze am
Nachmittag allmählich auf etwa 800 m. Nachmittags und abends lässt der Wind im
Südwesten und Westen im Bereich eines dorthin vorstoßenden Bodenhochkeils
bereits wieder deutlich nach.
Vor allem im Südwesten setzt sich im Tagesverlauf wieder zunehmend die Sonne
durch, später auch im Süden und im Nordwesten. In der Nordhälfte steigen die
Temperaturen im Bereich polarer Meeresluft (etwa -4 Grad in 850 hPa) auf etwa 5
bis 9 Grad, in der Südhälfte auf 7 bis 12 Grad, im Südwesten mit Sonne eventuell
sogar etwas darüber.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich ein Höhenrücken zu den Britischen
Inseln, auf dessen Vorderseite kommt es zu einer raschen Wetterberuhigung.
Im Bodenfeld schwenkt ein Hochdruckgebiet über Süddeutschland hinweg ostwärts,
rückseitig stellt sich über dem Westen des Landes bereits eine südwestliche bis
südliche Bodenströmung ein. Insgesamt fächert der Gradient weiter auf und somit
lässt der Wind auch in der Osthälfte und auf den Bergen im Laufe des Abends und
er ersten Nachthälfte rasch nach. Lediglich im Küstenbereich kann es an der
Nordflanke des Bodenhochs noch steife Böen (Bft 7) aus West bis Südwest geben.
Regen und Schauer klingen ebenfalls rasch ab, zuletzt im Erzgebirge und im
Thüringer Wald, wo in höheren Lagen noch etwas Schnee fallen kann. Ansonsten
verläuft die Nacht weitgehend trocken, lediglich GFS simuliert in
Schleswig-Holstein im Bereich einer Warmfront erneut leichte Niederschläge.
Vielerorts klart es vorübergehend auf, lediglich im Nordosten bleibt es wohl
noch stark bewölkt. Später werden auch im Westen die Wolken aufgrund von weit
über den Höhenrücken hinweg nach Osten ausgreifende WLA wieder dichter.
Stellenweise kann sich Nebel bilden und im Süden und in der Mitte ist recht
verbreitet mit leichtem Frost zu rechnen.

Freitag... kommt der Rücken ein wenig nach Osten voran, abends verläuft dessen
Achse über den Westen des Landes hinweg nordwärts. Er wird gestützt durch WLA
auf der Vorderseite eines zur Iberischen Halbinsel vorstoßenden Höhentroges.
Im Bodenfeld verlagert sich das Hochdruckgebiet zum Balkan und über dem
Vorhersagegebiet setzt von Westen her wieder verbreitet Druckfall ein, wobei die
Strömung niedertroposphärisch auf südliche Richtungen dreht und vor allem in den
Süden und die Mitte des Landes deutlich mildere Luft subtropischen Ursprungs
geführt wird. Die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte zwischen
-2 Grad im Norden und bis +8 Grad an den Alpen, wo Föhn einsetzt. Die
Vordergrenze der milden Luft markiert die Warmfront eines Tiefdruckgebietes bei
Irland, die auch den Nordwesten Deutschlands mit leichten Niederschlägen am
Nachmittag und Abend streift.
Ansonsten steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Einzig der Wind
frischt aus Süd bis Südost auf, auf exponierten Gipfeln, insbesondere der Alpen,
kann es stürmische Böen, eventuell auch schon Sturmböen geben.
Vor allem im Süden und Südosten scheint oft die Sonne, im Nordwesten macht sich
die WLA in Form zeitweise dichterer mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar. Die
Temperaturen steigen im Norden und Osten auf 7 bis 11 Grad, sonst auf 10 bis 15
Grad, an den Alpen mit Föhnunterstützung auch darüber.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Randtiefentwicklung wird vom ICON-EU einmal mehr etwas intensiver und vor
allem deutlich weiter südlich simuliert als vom GFS und ECMWF, so dass sich das
Sturmfeld räumlich noch nicht genau eingrenzen lässt. Wahrscheinlich erscheinen
Böen BFT 9 bis 10, wobei vor allem in konvektiven Entwicklungen auch Bft 11
nicht ausgeschlossen sind. Eine großräumigere Unwetterlage steht aber nach
aktuellem Stand der Dinge wohl nicht ins Haus.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff