DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

22-02-2017 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.02.2017 um 10.30 UTC



Unbeständig mit wiederholten Regenfällen, dabei überwiegend mild und zeitweise
windig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 01.03.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am kommenden Samstag - es
werden die letzten Tage des meteorologischen Winters eingeleitet - befindet sich
Deutschland in der Post-THOMAS-Phase. Nach Durchzug des Sturmtiefs am
Donnerstag/Freitag kommt die rückseitig einfließende maritime Polarluft (T850
etwas unter -5°C) am Samstag unter Hochdruckeinfluss. Das zuständige
Zwischenhoch entpuppt sich aber trotz überlagerten Höhenrückens als ziemlich
welkes Gebilde, das den ganzen lieben Tag sehr wahrscheinlich nicht oder
zumindest nicht überall überstehen wird.
Ursache ist ein komplexes Tiefdrucksystem mit Schwerpunkt im Raum
Island/Grönland, dessen Frontensystem im Allgemeinen und dessen Warmfront im
Speziellen sich dem Vorhersageraum bedrohlich nähern. Der zugehörige Regen soll
nach heutigem Stand der Dinge insbesondere den Norden des Landes und Teile der
Mitte treffen, wobei es in den Mittelgebirgen anfangs schneien kann.
Am Sonntag stellt sich eine milde südwestliche Grundströmung ein, mit der
feuchte Luftmassen von der Biscaya advehiert werden (T850 meist über 0°C, im
Süden bei 5°C). Dass es dabei trotzdem kaum regnet liegt an der Tatsache, dass
in der Höhe ein weiterer flacher Rücken ostwärts wandert, der nennenswerte
Hebungsprozesse unterdrückt. Auf der anderen Seite wird es aber auch nicht für
einen landesweiten "Strahlesonntag" reichen.
Am Rosenmontag setzt sich die bereits zuvor schon begonnene Austrogung über dem
Ostatlantik fort, wobei sich der Potenzialtrog langsam aber sicher dem
europäischen Kontinent nähert. Das korrespondierende Hauptbodentief zieht vom
Seegebiet süd-südwestlich von Island zur Irischen See, während sich gleichzeitig
über der nördlichen Nordsee ein zweiter Tiefkern aus einem Randtrog heraus
etabliert. So steht am Tagesende und auch noch am Dienstag ein dipolartiges Tief
auf der Karte, auf dessen Vorderseite mit hochreichender südlicher bis
südwestlicher zunächst noch milde und feuchte Luftmassen herangeführt werden.
Allerdings macht sich im Westen und Nordwesten schon am Montag eine schleifende
Kaltfront bemerkbar, die sich bis zur Wochenmitte - angetrieben vom progressiven
Höhentrog - mit Niederschlägen (überwiegend als Regen) ost-südostwärts
vorarbeitet. Entsprechend wird die milde durch kältere Meeresluft ersetzt, die
am Mittwoch durch 850-hPa-Temperaturen unter 0°C, gebietsweise sogar um -5°C
gekennzeichnet ist.
In der erweiterten Mittelfrist bis Samstag gelangen wir nach einer
vorübergehenden Zonalisierung (unbeständige Witterung) auf die Vorderseite eines
weiteren, sich über dem nahen Ostatlantik formierenden Höhentroges. Er schaufelt
erneut relativ milde Luft aus Südwesteuropa zu uns.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der Vergleich des aktuellen IFS-Laufs von ECMF mit seinen jüngsten Vorgängern
zeigt, dass die Basisfelder sehr ähnlich simuliert werden. So gesehen bestehen
aus deterministischer Sicht keine großen Zweifel an der Entwicklung des
großräumigen Strömungsmusters.
Dass im Detail - im kurzwelligen Bereich sozusagen - Unterschiede auftreten, ist
fast zu erwarten. So treten z.B. die gestern noch genannten Teil- und Randtiefs
(Samstag bei Dänemark, Rosenmontag Bretagne-Südengland) heute nicht mehr oder
nur rudimentär in Erscheinung, was gewisse Konsequenzen auf die Niederschlags-
und Windentwicklung in bestimmten Bereichen des Vorhersageraums hat. Diese
Unterschiede nebst Konsequenzen hier substanziell zu diskutieren erscheint
allerdings wenig sinnvoll, kann man doch davon ausgehen, dass die kurzwelligen
Strömungsanteile in den nächsten Modellläufen schon wieder etwas anders
aussehen.
Eine grundlegende Änderung des gestern eingeschlagenen Vorhersagekonzepts ergibt
sich daraus nicht, auch wenn das gesamte Strömungsmuster geringfügig
progressiver erscheint als gestern noch simuliert.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Andere etablierte Globalmodelle wie GFS, ICON und GEM zeigen anfangs des
Mittelfristzeitraums dem IFS sehr ähnliche Strömungsmuster. Schwierig für die
Modelle in der weiteren Entwicklung scheint der Höhentrog vom Ostatlantik zu
sein, dessen Progression unterschiedlich simuliert wird. Vor allem das
amerikanische GFS tritt diesbezüglich sehr auf die Bremse, so dass wir bis
Mittwoch auf der Vorderseite verbleiben und somit die Meereskaltluft lediglich
den Nordwesten etwas streift. Zudem würden die Regenfälle an der schleifenden
Kaltfront den Osten und Südosten bis Mittwoch nur abgeschwächt oder sogar
überhaupt nicht erreichen.
FAZIT: Gerade zu Beginn des Mittelfristzeitraums herrscht einigermaßen Konsens
auf dem Modellmarkt, auch wenn ICON die Niederschläge am Wochenende in ihrer
Intensität und räumlichen Ausdehnung sehr offensiv angeht. Danach zeigt GFS die
langsamste Entwicklung, allerdings wird es auch dort von W/NW her unbeständig.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die eben erwähnten Timingprobleme des für unsere Wetterentwicklung essentiellen
Höhentroges spiegeln sich interessanterweise auch in der Probabilistik wider. So
zeigt die Clusterung von ECMF-EPS für den Zeitraum T+120...168 h (Montag bis
Mittwoch) drei Cluster (21+HL/KL, 18, 12 Fälle), in denen überall der Höhentrog
erscheint. Während CL 1 etwa den Verlauf des operationellen Laufs abbildet,
ähnelt CL 2 der GFS-Version. Hier macht sich ein sich intensivierender
Höhenrücken über SO-Europa bzw. dem nahen Osteuropa stark dämpfend bemerkbar.
Dass es aber auch noch schneller geht als oben beschrieben zeigt CL 3, der
Deutschland am Mittwoch bereits auf der Rückseite des Höhentroges sieht.
Die erweiterte Mittelfrist steht - basierend auf der Clusterung - noch völlig in
den Sternen. Gleich fünf Cluster werden angeboten (14, 13, 10, 8, 6 Fälle; HL/KL
in CL 1), in denen verschiedene Szenarien zutage treten. Meist geht es
wechselhaft zur Sache mit durchschwenkenden kurzwelligen Trog-Keil-Strukturen,
aber auch eine stark antizyklonal geprägte Version ist mit CL 3 im Portfolio.
Die Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis einschließlich Sonntag
einen homogenen Verlauf. Danach nimmt die Streuung zu, wobei die geschilderten
Timingunterschiede sowohl in T850 als auch in Pot500 gut zum Ausdruck kommen. In
der erweiterten Mittelfrist liegen Haupt- und Kontrolllauf jeweils am unteren
Rand der Kurvenscharen.
Bei GFS-EPS fällt auf, dass es bezogen auf den Höhentrog und der damit
verbundenen Abkühlung nur wenig schnellere, dafür aber noch einige langsamere
Lösungen gibt.
FAZIT: Das aus der deterministischen Betrachtung erwähnte Timingproblem wird von
der Statistik noch vergrößert.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Das ganz große Schauspiel warnrelevanter atmosphärischer Prozesse findet mit der
Passage des Sturmtiefs THOMAS im Kurzfristzeitraum statt und ist somit nicht
Gegenstand dieses Bulletins (siehe "Synoptische Übersicht Kurzfrist").
In den Folgetagen ab Samstag beruhigt sich das Wetter, es bleibt summa summarum
aber unbeständig. Dabei kommt es immer wieder zu NIEDERSCHLÄGEN, deren
Intensität und räumliche Verteilung aber von Lauf zu Lauf etwas anders gesehen
werden. Derzeit liegen keine signifikanten Signale vor, dass etwaige
Warnschwellen für DAUERREGEN überschritten werden, was aber nichts heißen muss.
Immerhin bekommen wir es ab Wochenanfang von NW her mit einer schleifenden
Kaltfront zu tun, die - wenn sie z.B. geringere Verlagerungstendenzen zeigt als
von IFS berechnet - zumindest gebietsweise durchaus mal für ein
Dauerregenereignis (vielleicht mit orografischer Unterstützung) generieren kann.

In puncto SCHNEEFALL haben sich die Indikatoren gegenüber gestern abgeschwächt,
auch wenn COSMO-LEPS immer noch Signale von Samstag zu Sonntag für mehr als 10
cm innert 24 h im Oberharz, abgeschwächt auch für den Thüringer Wald und das
Erzgebirge anbietet.
Beim Thema WIND steht nach THOMAS zwar keine klare Tiefpassage mehr auf der
Karte, gleichwohl frischt der südliche bis südwestliche Wind mitunter böig auf,
was an der Küste und in höheren Lagen STURMBÖEN 8 bis 9 Bft, auf dem Brocken
sogar 10 Bft zur Folge haben kann.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS und etwas Bauchgefühl.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann