DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-02-2017 09:00
SXEU31 DWAV 100800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 10.02.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SEa (Südost antizyklonal)

Tagsüber kaum Niederschlag, in der kommenden Nacht im SW, teils aber auch im O
und N einsetzender Schneefall bis in tiefe Lagen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zeigt bereits ein flüchtiger - trotz von der Nacht noch
schlafgetränkter Augen - Blick auf die Potenzialverteilung, dass die Strömung
über weiten Teilen Europas und Umgebung weiterhin stark gestört ist. Obwohl noch
gut zwei Monate hin, zeigt sich die Atmosphäre bereits in bester präösterlicher
Stimmung und bietet uns gleich mal ein ganzes "Nest voller (Oster)Eier" in Form
verschiedener abgeschlossener Höhenhochs oder -tiefs an. Während die beiden
Höhentiefs knapp westlich der Iberischen Halbinsel und über dem zentralen
Mittelmeer mit Bodendruckminima gekoppelt sind, die für das Geschehen hier vor
Ort aber von limitierten Interesse sind, können die beiden Drehzentren über
Frankreich und der Doggerbank guten Gewissens als Kaltlufttropfen (KLTs)
tituliert werden, die im Verbund eine dipolartige Struktur ähnlich einer Eieruhr
(da wären wir wieder bei den Eiern) aufweisen. Dieser Dipol, vor allem der
südliche, spielt sehr wohl eine prominente Rolle, wenn es um die kurzfristige
Wetterentwicklung hier bei uns in Deutschland geht. Komplettiert wird das Ganze
noch durch ein abgeschlossenes Höhenhoch über Nordeuropa, das dort das uns schon
seit Tagen bekannte umfangreiche und kräftige (heute früh immer noch bei 1050
hPa) Bodenhoch ERIKA stützt, das ebenfalls nicht unbedeutend für die
atmosphärischen Prozess im Vorhersageraum ist. Schließlich versorgt die gute
ERIKA weite Teile des Landes auch heute wieder mit kontinental geprägter
Kaltluft, in der mit Ausnahme einiger Regionen im Süden und Westen, vielleicht
auch nördlich des Erzgebirges bis ins südliche Anhalt ausgreifend (Einstrahlung
und Leeeffekte), leichte, lokal auch mäßiger Dauerfrost herrscht.
Ansonsten "schleppt" sich der Freitag mit mehr oder weniger starker Bewölkung in
verschiedenen Schichten über den Tag (vor allem im O und S zeigt sich z.T. aber
auch die Sonne), die im Wesentlichen durch WLA auf der Vorderseite des o.e.
Dipols generiert wird. Für nennenswerte Niederschläge werden die Hebungsprozesse
tagsüber wohl noch nicht ausreichen, was aber nicht ausschließt, das hier und da
mal etwas Schneegriesel oder auch ein paar richtige Schneeflocken (laut Numerik
am ehesten in der Mitte und im SW, später auch im NW) fallen. In der Regel
reicht hier aber - wenn überhaupt nötig - eine Glättewarnung. Interessanter aus
warntechnischer Perspektive offenbart sich eher der östliche bis südöstliche
Wind, der aktuell auf dem Brocken und dem Fichtelberg am flottesten unterwegs
ist (8-9 Bft), was auch so bleiben wird (möglicherweise werden auch andere
exponierte Orte im Erzgebirge mal von 7-8er-Böen touchiert, Stichwort
schwankende Inversion) . An der Küste wird es im Tagesverlauf zu einer
Windzunahme kommen, so dass neben Helgoland auch andere Nordseeinseln, die
Nordseeküste sowie Teile der Ostseeküste (SH, exponiert Vorpommern) von steifen
Böen 7 Bft betroffen sein werden.

In der Nacht zum Samstag wird der nördliche Teil des Dipols durch
Potenzialanstieg von West und von Ost immer mehr in die Zangen genommen, bis nur
noch ein kurzwelliger Randtrog übrigleibt, der am Samstag über Schottland und
Irland südwestwärts abzieht. Dafür setzt sich nun mehr und mehr der südliche KLT
in Szene, der - wenn auch sehr langsam - von Zentral- in Richtung Nordfrankreich
respektive Belgien zieht. Das Interessante dabei: der KLT verändert seine
geometrische Form derart, dass sich auf seiner Ostflanke nicht nur die WLA
verstärkt, sondern im leicht diffluenten Isohypsenfeld auch noch etwas PVA
dazukommt, was nach der klassischen Omega-Arithmetik Hebung bedeutet - Hebung,
die auf Teile W- und SW-Deutschlands übergreift. Der Schwerpunkt scheint dabei
zwischen dem Saarland und der Eifel liegen, wo durchaus ein paar Zentimeter
Neuschnee (meist 1-5 cm, lokal und mit Stauunterstützung maximal bis zu 10 cm)
zusammenkommen können. Freilich ist die genannte Regionalisierung nicht in Stein
gemeißelt, so dass es auch in der Peripherie etwas schneien kann. Ob dabei auch
etwas gefrierender Regen auftritt, wie von einigen Modellen z.B. für den
nördlichen Oberrheingraben vorgeschlagen, ist fraglich uns kann auch nur sehr
kurzfristig beantwortet werden.
Etwas schneien kann es - angefacht durch leichte WLA - auch zwischen östliche
Mitte und Nordwestdeutschland, wobei dort die Intensität aber geringer ist als
im SW. Ansonsten steht einmal mehr leichter bis mäßiger Frost auf der Karte, nur
in tiefen Lagen im W und SW werden die Tiefstwerte um und somit zumindest
teilweise im untersten Plusbereich liegen. Der Wind schwächt sich besonders auf
dem Brocken und dem Fichtelberg deutlich ab, während es an der See noch die eine
oder andere 7er-Böe geben kann.

Samstag... verbleibt Deutschland auf der Ostflanke des nur wenig mobilen KLTs,
der sein Drehzentrum am Abend über Nordfrankreich hat. Bis in den W und SW
Deutschlands übergreifender Druckfall sorgt dafür, dass sich im Bodendruckfeld
über Frankreich ein deutlich konturierter Trog etabliert. Ob dieser Trog es
letztlich bis zu einem eigenständigen Bodentief schafft oder nicht, ist noch
nicht klar. Tatsache aber ist, dass aufgrund der deutlich zyklonalen Struktur am
Boden das Höhentief seinen Status als KLT eigentlich verliert, was aber eher von
akademischem Interesse ist.
Für das Wettergeschehen bei uns kristallisieren sich zwei Schwerpunkte heraus.
Zum einen breitet sich der Schneefall bzw. Schneeregen im SW noch etwas nach
Norden bis in Teile NRWs aus, wobei er sich aber bis zum Mittag abschwächt.
Gleichwohl könne vor allem im Bergland noch mal 1-3 cm Neuschnee zum gefallenen
nächtlichen Schnee dazukommen. Am Nachmittag folgt dann von Lothringen her -
abermals angefacht durch WLA-Verstärkung sowie ein zweites PVA-Maximum - ein
neues Niederschlagsgebiet, das auf das Saarland und RP übergreift und dort
oberhalb etwa 400 m neuen Schnee bringt. Darunter dürfte es eher Regen,
Schneeregen oder Nassschnee sein.
Der zweite Schwerpunkt stellt ein wohldefiniertes, zyklonal konturiertes und von
Tiefkern abgesetztes Schneefallgebiet dar, das etwa von BB und dem östlichen
Sachsen bis hoch zur Nordsee reicht. Dabei können bei Temperaturen um oder eher
etwas unter dem Gefrierpunkt 1 bis 3, lokal vielleicht 5 cm Schnee fallen.
Weitgehend niederschlagsfrei hingegen bleibt es im äußersten NO sowie in großen
Teilen der Mitte und des Südens. In diesen Regionen kommt hier und da auch mal
die Sonne zum Zuge, allerdings könnten insbesondere in Bayern einige äußerst
zähe Hochnebelfelder den Auftritt der Sonne gewaltig vermasseln.
Thema Temperatur: Hier ist der Dauerfrost etwas auf dem Rückmarsch, im Norden
und Osten sowie in höheren Lagen reicht es vielerorts aber immer noch für
Tageshöchstwerte zwischen -5 und 0°C. Dagegen steuert das Thermometer im SW
(tiefe Lagen) Plusgrade von 5-8°C an.
Thema Wind: Obwohl sich das Hoch abschwächt, nimmt der Gradient im Norden eher
etwas zu, was an der See auch mit Unterstützung des Tagesgangs einen erneut
auffrischenden östlichen Wind mit Böen 7 Bft, exponiert vereinzelt 8 Bft zur
Folge hat.

In der Nacht zum Sonntag verliert das Höhentief über N-Frankreich an Kontur bei
gleichzeitiger Verlagerung in Richtung Ärmelkanal. Gleichwohl reicht es im W und
SW, besonders im Saarland, RP und Teilen NRWs, für weitere Niederschläge der
Größenordnung 1 bis 5, lokal um 7 mm innert 12 h. Erst zum Morgen hin soll sich
das Ganze abschwächen bzw. ganz aufhören. Etwas schwierig scheint derzeit noch
die Einschätzung der Phase und der Schneefallgrenze, die im Zuge
niedertroposphärischer WLA auf über 0°C in 850 hPa deutlich ansteigen soll.
Dabei bietet sich aus heutiger Sicht eine Staffelung von SO nach NW von etwa 800
m (oder sogar noch höher) bis 400 m an; Richtung Niederrhein schneit es sogar
bis ganz runter. Ob auch die gefrierende Regenphase irgendwo mit am Start ist,
ist angesichts der WLA, teils aber noch vorhandener kalter Böden nicht
ausgeschlossen, aber im Vorfeld schwerlich belastbar zu prognostizieren.
Fakt ist, dass sich der Schneefallstreifen im N und O unter Abschwächung in
Richtung Küste verlagert (so er da noch nicht angekommen ist wie im Falle der
Nordsee), wobei aber nicht mehr viel Neuschnee zu erwarten ist (max. 1-2 cm).
Während es im W und SW gebietsweise frostfrei bleibt, werden sonst Tiefstwerte
von 0 bis -5°C, im Bergland und gebietsweise im O auch etwas darunter erwartet.
An der See weht weiterhin ein böiger Ostwind mit Spitzen der Stärke 7 Bft.


Sonntag... geht der zyklonale Einfluss in der Höhe weiter zurück und weicht
einem schwachen Rücken, der sich von Süden über die Alpen hinweg nordwärts
ausweitet. Bodennah befinden wir uns mittemang zwischen der mittlerweile von der
nördlichen Nordsee bis zum Schwarzen Meer verlaufenden Hochdruckzone und einem
recht üppigen Tief (unter 985 hPa) knapp westlich Portugals. Somit bleibt die
ageostrophisch östliche Grundströmung erhalten, mit der bodennah immer noch
Kaltluft insbesondere in den N und O advehiert wird, wo es auch am Sonntag
gebietsweise einen Eistag gibt. Niedertroposphärisch hingegen mach die Milderung
weitere Fortschritte, steigt doch die 850-hPa-Temperatur mit Ausnahme des
Nordostens auf 0°C oder etwas darüber. Im W und SW macht sich das, auch unter
Zuhilfenahme orografischer Überströmungseffekte, durch einen Temperauranstieg
auf irdischem Niveau bis zu 8/9°C bemerkbar.
Die Niederschläge im Westen ziehen alsbald ab, Gleiches gilt für den letzten
Schneefall im Norden. Auf der Nordsee bleibt es noch windig mit Spitzen 7 Bft,
ansonsten verspricht der durchaus Substanz aufweisende Gradient mehr als er
letztlich hält. Will heißen, dass der Ostwind zwar in einigen Hochlagen sowie in
freien Lagen mitunter böig auffrischt, Warnschwellen nicht zuletzt aufgrund der
häufig stabilen Schichtung aber kaum erreicht respektive überschritten werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Am auffallendsten beim Modellvergleich ist die sich von den übrigen Modellen
unterscheidende Niederschlagssimulation von IFS_ECMF. Demnach soll es schon im
Laufe des heutigen Tages in Teilen BWs, kommende Nach dann vom Allgäu bis nach
Nordbayern Niederschlag geben. Sollte das tatsächlich der Fall sein, was
mitnichten sicher ist, kann neben etwas Schneefall vielleicht auch etwas
gefrierender Regen/Nieselregen nicht ausgeschlossen werden. Außerdem lässt IFS
den Niederschlag am Sonntag im Westen am spätesten aufhören. Hier schweben also
noch einige Fragezeichen in der Atmosphäre, die - leider - erst kurzfristig
beantwortet werden können. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass IFS
derzeit weitgehend alleine mit seiner Lösung dasteht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann