DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-02-2017 09:00
SXEU31 DWAV 060800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 06.02.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HFz (Hoch Fennoskandien zyklonal)

Östliche Strömung mit Zufuhr kontinentaler Polarluft besonders in den Norden und
Osten. Heute vor allem an den Alpen, ab Dienstag im Westen und Südwesten
Niederschlage, teils als Regen, teils als Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... reicht schon ein flüchtiger Blick auf die Bodenwetterkarte, um eine
zumindest in dieser Klarheit nicht alle Tage auftretende, in den Lehrbüchern der
Synoptik gern erklärte Druckkonstellation zu erkennen. Die Rede ist von einem
Viererdruckfeld, dessen Protagonisten ein 1040iger-Hoch mit Zentrum über dem
Weißen Meer (ERIKA) und hoher Luftdruck west-südwestlich der Iberischen
Halbinsel auf der einen, sowie ein monumentales Orkantief (unter 940 hPa
Kerndruck, NIKLAS) südwestlich Islands und das Mittelmeertief MARCEL unweit des
Golfes von Genua (Analyse von 00 UTC). Deutschland befindet sich quasi im
Sattelpunktsbereich dieser Konstellation, wobei aus dem Hoch ausfließende
kontinentale Polarluft von Nordosten her versucht, die bei uns platzierte
gealterte mildere Meeresluft (die beiden Luftmassen werden in der Analyse durch
eine Kaltfront getrennt) zu verdrängen - derzeit mit Teilerfolgen. So kommt z.B.
die -5°C-Isotherme in 850 hPa Stück für Stück südwestwärts voran, so dass zum
Tagesende der gesamte Norden und Osten des Landes kälter sind. Projiziert auf
die für uns Menschen eher fühlbare 2m-Temperatur bedeutet das heute eine Spanne
zwischen rund 0°C in der Peripherie von Oder und Neiße und bis zu 8 oder gar 9°C
an Saar, Mosel und Oberrhein.
Darüber hinaus verläuft der Wochenstart im Großen und Ganzen relativ
unspektakulär, aber durchaus mit interessanten Aspekten. Dazu gehörte in der
Nacht auch noch ein kleines Randtief über Lothringen, das nun aber mehr und mehr
dem veritablen Druckanstieg zum Opfer fällt, der Deutschland und Umgebung
erfasst hat. Entsprechend versiegen auch die schwachen Niederschläge im
Südwesten (Schnee oberhalb rund 600 m) in den nächsten Stunden, während sich
dort gleichzeitig eine schwache Hochdruckbrücke aufbaut.
Im Gegenzug setzt im äußersten Südosten Bayerns leichte Hebung ein (obwohl sich
das Mittelmeertief tendenziell eher vom Vorhersageraum entfernt), die dort heute
Niederschläge der Größenordnung 1 bis 8 mm, staubedingt lokal vielleicht 10 mm
innert 12 h bringt. Übersetzt in Schnee und Regen bedeutet das im Allgäu
oberhalb rund 600 m 1-3 cm, weiter östlich (Werdenfelser Land bis Berchtesgaden)
3 bis 10 cm Neuschnee, Glätte durch Matsch oder Schnee inclusive. Vielleicht
bekommt später auch noch der Südteil des Bayerischen Waldes etwas Schnee ab, was
dann aber wahrscheinlich mit einer Glättewarnung abgearbeitet werden kann.
Leichte Niederschläge in Form von Regen oder Schnee (über der Ostsee mit Hilfe
diabatischer Prozesse auch mal ein stärkerer Schneeschauer, die Bildung
definierter Schauerstraßen zeichnet sich laut Numerik aber nicht ab) fallen
gebietsweise auch im Norden und Osten, wobei der Hebungsimpuls aus der o.e.
Front, aber auch von einem vom Baltikum bis nach Jütland gerichteten
Sekundärtrog herrührt. Große Mengen kommen dabei allerdings nicht zusammen,
trotzdem ist Glätte anfangs noch ein etwas größeres, später dann
tagesgangbedingt (vor allem Anstieg der Belagstemperaturen) kaum noch ein Thema.
Zwischen den beiden Hebungsgebieten im NO und im S zeichnet sich ein Streifen
ab, der etwa von NRW und RP bis nach Nordbayern reicht (später kommt auch BW
dazu), in dem zwar kaum Niederschlag fällt, in dem aber auch größere
Wolkenlücken ergo sonnige Momente eher die Ausnahme darstellen.
Bliebe also nur noch der Wind, der aus östlichen Richtungen kommend an der
Ostsee, später auch in der Deutschen Bucht (und somit vor allem auf den Inseln)
zeitweise böig auffrischt, dabei wohl aber maximal Windstärke 7 Bft erreicht.

In der Nacht zum Dienstag intensiviert sich das Hoch noch etwas auf über 1045
hPa bei gleichzeitiger Verlagerung des Schwerpunkts nach Süden. Da aber
gleichzeitig das Mittelmeertief sein Drehzentrum ebenfalls nach Süden verlagert,
ändert sich am Druckgradienten nicht allzu viel. Oder anders ausgedrückt, Wind
bleibt weiterhin nur an der Ostsee und in der Deutschen Bucht ein Thema mit Böen
6-7 Bft, auf Helgoland bis zu 8 Bft.
Ansonsten fällt im N und O, bedingt auch in der Mitte hier und da etwas Schnee
oder Schneegriesel ohne großen Neuschneezuwachs. Am Alpenrand sowie im südlichen
Bayerwald lässt der Schneefall nach bzw. hört ganz auf, für ein paar wenige
Zentimeter Neuschnee reicht es bei bis in die Täler absinkender Schneefallgrenze
aber noch.
Etwas schauen muss man auch nach Westen, von wo sich das okkludierende
Frontensystem des sich allmählich auffüllenden Orkantiefs NIKLAS Deutschland
nähert. Dabei wird es aber nicht nur durch das blockierende Hoch über Nordeuropa
ausgebremst, in Stück weit werden auch "hausgemachte" Bremsen eingesetzt. So hat
die massive WLA auf der Vorderseite des Tiefs einen wohldefinierten Höhenrücken
entstehen lassen, der dem Frontensystem vorgeschaltet ist und den es nun auch
erst mal zu knacken gilt. Kurzum, frontalke Bewölkung und zugehörige
Niederschläge rücken zwar dichter an den Vorhersageraum heran, bleiben bis in
die frühen Morgenstunden aber noch außen vor.
Mit Ausnahme einiger tiefer Lagen im W und SW geht die Temperatur in den
leichten, im Osten teils auch in den mäßigen Frostbereich zurück. Dort, wo es
mal für längere Zeit aufreißt, bildet sich stellenweise Nebel (besonders W, SW,
Mitte).

Dienstag... büßt das (ehemalige) Orkantief an Stärke ein und zieht dabei
westlich an Island vorbei nach Norden. Trotzdem macht die inzwischen vollständig
okkludierte Front noch etwas Boden nach Osten hin gut, wobei aber eine weitere
Bremse in Form eines kleinen Teiltiefs (um 12 UTC unweit der Straße von Dover)
ein noch größere Progression verhindert. Trotzdem, es reicht aus, um den
westlichen Landesteilen (nach GFS auch dem SW) im Tagesverlauf leichte
stratiforme Niederschläge der Größenordnung 1 bis 5 mm innert 12 h zu verpassen,
wobei die Schneefallgrenze anfangs bei etwa 500-800 m anzusiedeln ist, zum Abend
hin aber beginnt abzusinken.
Darüber hinaus gilt es zu konstatieren, dass die mittlerweile nur schwach
ausgeprägte und sich wohl spätestens in der Nacht zum Mittwoch auflösende
Kaltfront von NO her noch etwas in Richtung Mitte vorankommt (T850 im NO dann um
-10°C). Nennenswerte Hebungsprozesse stehen mit ihr nicht mehr in Verbindung, so
dass es bis auf ein paar wenige Schneeflocken niederschlagsfrei bleibt.
Allerdings muss beachtet werden, dass der o.e. Sekundärtrog abtropft und somit
einen Kaltlufttropfen gebärt, dessen Vertikalachse zur Mittagszeit über der
zentralen polnischen Ostseeküste liegt. Die Wirkung auf unser Wettergeschehen
bleibt zunächst gering, es wird über der Ostsee aber eine nach wie vor
synoptisch nachvollziehbare konvektive Aktivität (Stichwort diabatischer
Prozess) in Form von Schneeschauern simuliert, die freilich auch mal das
angrenzende Festland treffen können.
Etwa östlich von Weser und Werra stellt sich tagsüber leichter Dauerfrost ein,
während sonst 0 bis 6°C, im SW lokal bis zu 8°C auf der Karte stehen. Windmäßig
bleibt die Küste im Blickpunkt, wo der supergeostrophische Ost-Südostwind in
Böen Stärke 7 Bft, vereinzelt 8 Bft erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch kommt die okkludierte Front mit zugehöriger
Tiefdruckrinne bis in den SW des Vorhersageraums voran, so dass es neben dem
Westen auch dort zu Niederschlägen kommt. Wo genau wie viel fällt, lässt sich
heute früh noch nicht mit Bestimmtheit sagen, da die verschiedenen Modelle
leicht unterschiedliche Auffassungen von der Entwicklung haben. Die
Größenordnung dürfte sich aber zwischen 1 und 8, lokal (Stau) vielleicht mal bei
10 mm bewegen. Auch das Bestimmen der Schneefallgrenze stellt derzeit noch eine
größere, substanziell und vor allem detailliert kaum zu meisternde
Herausforderung dar. Es ist aber gut vorstell- und auch nachvollziehbar, dass es
teilweise bis ganz runter schneit, besonders im vorderen (also im östlichen und
nordöstlichen) Bereich des Niederschlagsgebietes (wo das Ganze gegen die
Kaltluft läuft), während es im SW unterhalb 600 bis 300 m regnet. Um hier auf
einen vernünftigen Nenner zu kommen, bedarf es noch ein bis zwei Modellläufe.
Ansonsten noch kurz die Stichworte der Nacht: Verbreitet Frost (Ausnahme
gebietsweise tiefe Lagen W und SW), im Osten bei Aufklaren stellenweise streng,
mäßig sowieso, an der See weiterhin ruppiger Ostwind mit einzelnen Böen 7 Bft.


Mittwoch... geht die Okklusion in die Warmfront eines Tiefs über dem westlichen
Mittelmeer über, wodurch keine weitere Ostverlagerung der sich ohnehin
abschwächenden Niederschläge zu erwarten ist. Es fällt im S und W aber noch
gebietsweise etwas Regen oder Schnee, Letzteres oberhalb 200 bis 600 m, z.T.
aber auch bis ganz runter.
Ansonsten verbleibt Deutschland auf der Südflanke des sich auf über 1050 hPa
verstärkenden, seinen Schwerpunkt leicht nach Westen verlagernden
Monumentalhochs in einer östlichen Grundströmung, mit der die polare Kaltluft
noch etwas nach Westen vorankommt. Dort und auch im SW sind dann die Zeiten von
7/8°C erst mal vorbei, für positive Temperaturen bis zu +5°C reicht es im S und
W aber noch allemal (Ausnahme Bergland). Dagegen herrscht im N und O sowie in
Teilen der Mitte leichter, besonders, aber nicht ausschließlich im Bergland auch
mäßiger Dauerfrost.
Am Rande eines vom Nordmeer bis nach Polen reichenden schwachen Höhentroges, in
den auch der o.e. schwächelnde Kaltlufttropfen integriert wird, kann es im N und
O hin und wieder leicht flöckeln. Am meisten Schneefall (maximal ein paar
Zentimeter) wird im Norden SHs durch von der Ostsee hereindriftende
Schneeschauer simuliert. Der Gradient fächert etwas auf, so dass sich der
östliche Wind im Küstenbereich abschwächt. Ob es am Ende noch für die eine oder
andere Böe 7 Bft reicht, muss abgewartet werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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An der großräumigen Entwicklung lassen auch die externen Modelle keine Zweifel.
Unschärfen ergeben sich vor allem hinsichtlich des am Dienstag auf den Westen
übergreifenden Frontensystems, besonders, was die Niederschläge angeht. Dazu
wurde im Haupttext aber schon Stellung bezogen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann