DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-02-2017 09:00
SXEU31 DWAV 020800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 02.02.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Sz
Immer wieder Glatteisregen (teils Unwetter). Auf einigen Bergen stürmische Böen
oder Sturmböen.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich nun bereits seit einigen Tagen ein Kaltlufttropfen
(KLT) über dem östlichen Mitteleuropa. Dieser kommt auch heute nur schleppend
nach Osten voran und erreicht am Abend mit seinem Drehzentrum den Osten Polens.
Die WLA- induzierten Hebungsprozesse an dessen Westflanke werden aktuell
vorübergehend noch etwas verstärkt durch PVA vorderseitig eines kurzwelligen
Randtroges, der sich vom Westen Deutschlands allmählich ostwärts Richtung KLT
verlagert und in diesen mehr oder weniger integriert wird. Die stärksten
Hebungsprozesse verlagern sich somit über den östlichen Mittelgebirgsraum und
das Böhmische Becken hinweg ostwärts. Rückseitig wölbt sich bis zum Abend ein
flacher Höhenrücken über der Westhälfte des Landes auf.
Im Bodenfeld verlagert sich eine mit dem Randtrog korrespondierende Okklusion
mit Warmfrontcharakter über die Mitte und den Norden Deutschlands hinweg
ostwärts und löst sich allmählich auf. Vorderseitig kommt es zu Niederschlägen,
die vor allem in Sachsen, Thüringen, dem südlichen Sachsen-Anhalt,
Südbrandenburg und in Nordostbayern innerhalb der dort von Südosten her
advehierten kalten Festlandsluft als gefrierender Regen fällt. Bei Stundenmengen
zwischen 0,5 und 1 mm (ICON-EU simuliert zwischen 06 und 12 UTC im
Westerzgebirge bis zu 5 mm) werden wohl auch recht verbreitet Unwetterkriterien
erreicht.
Im Tagesverlauf verlagern sich die Niederschläge allmählich ostwärts und klingen
ab. Nachmittags dürften wohl nur noch die Oberlausitz und das Erzgebirge sowie
das Zittauer Gebirge vom gefrierenden Regen betroffen sein, eventuell reichen
dann auch bei simulierten Mengen unter 2 mm in sechs Stunden markante
Glatteiswarnungen.
Auch postfrontal kann sich die mildere Meeresluft im Osten des Landes bei der
bodennah nach wie vor vorhandenen östlichen Windkomponente nur zögernd
durchsetzen, während die Temperaturen in 850 hPa auf Werte zwischen 1 Grad im
Nordosten und 8 Grad am föhnigen Alpenrand steigen. Insgesamt verstärkt sich die
südliche Strömung niedertroposphärisch noch etwas. Vor allem auf exponierten
Alpengipfeln, eventuell auch in freien Mittelgebirgskammlagen kann es im
Tagesverlauf stürmische Böen oder Sturmböen aus südlichen Richtungen geben.
Im Westen und Süden Deutschlands lockern die Wolken im Einflussbereich des
Höhenrückens auf, am meisten Sonne gibt es wohl am Nordrand der west- bzw.
südwestdeutschen Mittelgebirge sowie an den Alpen. Auch ganz im Osten
(Ostvorpommern, östliches Brandenburg), bis dorthin schafft es die Front nicht
mehr, scheint noch länger die Sonne. Während die Temperaturen dort allerdings
kaum die 0 Grad überschreiten - gebietsweise gibt es sogar leichten Dauerfrost -
werden im Westen sowie an den Alpen Höchstwerte zwischen 7 und 12 Grad erreicht,
im Lee einiger Mittelgebirge auch bis zu 14 Grad. Ansonsten bewegen sich die
Höchstwerte irgendwo zwischen 2 und 8 Grad, in einigen Erzgebirgstälern und in
der Oberlausitz gebietsweise nur um 0 Grad.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Höhenrücken allmählich über Deutschland
hinweg ostwärts. Er wird gestützt durch WLA vorderseitig eines umfangreichen
Langwellentroges über dem Ostatlantik, wobei ein kurzwelliger Randtrog bis
Freitagfrüh auf den Norden und Osten Frankreichs übergreift. Mit der WLA, die
den Höhenrücken teilweise überläuft, werden vor allem über dem ostdeutschen
Mittelgebirgsraum schwache Hebungsprozesse induziert und es kommt erneut zu
leichten Regenfällen, wobei wieder mit Glatteis zu rechnen ist. Allerdings
dürften bei simulierten Mengen bis 2 mm in 12 Stunden markante Warnungen
ausreichen und auch die MOS-Wahrscheinlichkeiten sind relativ niedrig. Aber man
weiß ja nie...
Im Bodenfeld erreicht das mit dem oben erwähnten Randtrog korrespondierende,
weitgehend okkludierte bzw. als Kaltfront geführte Frontensystem eines Tiefs
südlich von Island in der Früh den äußersten Westen Deutschlands. Die PVA-
induzierten Hebungsprozesse auf dessen Vorderseite werden durch KLA deutlich
abgeschwächt, so dass nur leichte Niederschläge (maximal 1 bis 6 mm in 12
Stunden) auf den Westen Deutschlands übergreifen. Dort dürfte das Thema Glatteis
allerdings wohl kaum eine Rolle spielen.
Präfrontal verschärft sich der Druckgradient noch etwas, so dass es auf
exponierten Gipfeln und in freien Kammlagen stürmische Böen, auf den Alpen- und
Schwarzwaldgipfeln auch Sturmböen aus Süd geben kann.
Während es im Westen und Norden weitgehend frostfrei bleibt, sinken die
Temperaturen im Süden und Osten erneut in den leichten, in einigen Alpentälern
bei geringer Bewölkung auch in den mäßigen Frostbereich. Örtlich kann Nebel und
Glätte auftreten.

Freitag... greift der kurzwellige Randtrog auf den Westen Deutschlands über,
wird aber mit der auf Süd drehenden Höhenströmung nordwärts geführt. Der
vorderseitige Höhenrücken wird nach Osten abgedrängt, wölbt sich aber über dem
östlichen Mitteleuropa und Norwegen hinweg weit nach Norden auf. Die den
Randtrog überlaufende KLA schwächt sich ab und können die PVA-induzierten
Hebungsprozesse nicht mehr dämpfen. Somit intensivieren sich die auf die
Osthälfte ausgreifenden Niederschläge im Tagesverlauf geringfügig.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront über dem Westen Deutschlands mangels
Schubkomponente immer langsamer nach Osten voran und erreicht bis zum Abend noch
nicht einmal die Osthälfte des Landes. Vor allem präfrontal wird Niederschlag
simuliert, die sich allmählich ostwärts ausweitet. Dabei simulieren GFS und
ECMWF über der Südhälfte verbreiteter Niederschläge als ICON-EU. Insgesamt
fallen die Mengen mit 1 bis 6 mm in 12 Stunden nach allen Modellen nicht allzu
üppig auf. Besonders in den "Kältelöchern" in Ostbayern bzw. im südlichen und
östlichen Sachsen, eventuell auch Richtung Oder und Neiße, kann dabei auch die
gefrierende Phase wieder eine Rolle spielen. Vor allem ICON-EU hat entsprechende
Signale auf der Karte.
Postfrontal lassen die Niederschläge im Westen und Nordwesten rasch nach, dort
bleibt es gebietsweise sogar trocken.
Der Gradient fächert vor allem postfrontal wieder auf, so dass der Wind auch auf
den Bergen später kaum mehr eine Rolle spielt. Präfrontal wird eventuell der
Böhmische Wind in Ostsachsen wieder etwas "angefacht".
Der Kaltfront folgt ein Schwall subpolarer Meeresluft, wobei die Temperaturen in
850 hPa im Westen auf etwa 0 Grad absinken. Bodennah macht sich diese
"Abkühlung" aber kaum bemerkbar. Die Höchstwerte liegen in den bekannten
"Kältelöchern" im Südosten (Donau, Ostbayern) um oder knapp über 0 Grad.
Ansonsten werden im Nordosten und im östlichen Bayern 2 bis 6 Grad erreicht, in
den übrigen Regionen 5 bis 10 Grad, im Westen sowie an den Alpen und am
Erzgebirgsnordrand auch bis zu 12 Grad.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der oben erwähnte Kurzwellentrog über die
Nordsee hinweg nordwärts, ein weiterer erreicht Samstagfrüh die Westhälfte
Deutschlands. Der vorgelagerte Höhenrücken erstreckt sich über Polen hinweg
nordnordwestwärts, wobei sich über dem mittleren Skandinavien bis zur
Norwegischen See reichend ein eigenständiges Höhenhoch bildet.
Im Bodenfeld erreicht die Kaltfront noch den Osten und Nordosten Deutschlands,
kommt aber kaum mehr nord- bzw. ostwärts voran, da sich ein blockierend
wirkender Hochkeil - mit dem Höhenrücken korrespondierend - über Polen nach
Skandinavien erstreckt und sich auch noch verstärkt. Nach wie vor kommt es
hauptsächlich PVA- induziert zu leichten Niederschlägen, deren Mengen aber
12-stündig kaum mehr als 1 bis 4 mm betragen. Vor allem im Osten Bayerns (untere
Donau), aber auch Richtung Oder und Neiße kann es weiterhin gefrierenden Regen
geben, Unwetter nicht ausgeschlossen.
Auf den äußersten Westen und Nordwesten Deutschlands greift Samstagfrüh ein mit
dem Kurzwellentrog korrespondierendes okkludiertes Frontensystem über. Erneut
wird er von KLA überlaufen, so dass die Hebungsprozesse nur schwach ausfallen.
Entsprechend werden kaum mehr als 1 mm simuliert, GFS und ECMWF lassen es sogar
nahezu trocken.
Zwischen beiden Fronten können die Wolken auch mal auflockern. Dort, aber auch
im Süden und im äußersten Osten gibt es gebietsweise leichten Frost und örtlich
Glätte durch überfrorene Nässe.
Mit Annäherung des Frontensystems frischt der Wind vor allem im Westen und
Südwesten wieder aus Süd- bis Südwest auf, eventuell reicht es in einigen
Kammlagen, vor allem im Schwarzwald, für stürmische Böen.


Samstag... schwenkt der Kurzwellentrog über den Nordwesten Deutschlands hinweg
rasch nordwärts. Bis zum Abend greift ein weiterer, markant ausgeprägter
Randtrog auf den Osten Frankreichs über, auf dessen Vorderseite sich die
Hebungsprozesse deutlich verstärken können. Derweil bleibt der Höhenrücken über
dem östlichen Mitteleuropa erhalten und das Höhenhoch über Westnorwegen bzw. der
Norwegischen See verstärkt sich noch etwas.
Im Bodenfeld kommt das Frontensystem über dem äußersten Nordosten und Osten
Deutschlands gegen den sich verstärkenden Hochkeil über dem nördlichen
Mitteleuropa bzw. über Skandinavien weiterhin kaum nordostwärts voran und löst
sich allmählich auf. In seinem Einflussbereich werden vom ICON-EU und ECMWF vor
allem von Ostvorpommern bis zur Lausitz noch Niederschläge (bis etwa 4 mm in 12
Stunden) simuliert, GFS hat noch geringere Mengen dort auf der Karte. Vor allem
vormittags könnte auch die gefrierende Phase eine Rolle spielen, dann sollte das
leidige Thema aber endgültig durch sein.
Die Front über dem Nordwesten Deutschlands löst sich dagegen allmählich auf und
bringt auch nach Lesart des ICON-EU keine nennenswerten Niederschläge mehr.
Korrespondierend zum Randtrog über Frankreich verlagert sich allerdings ein
recht kräftig ausgeprägtes Bodentief bis zum Abend nach Lesart des ICON-EU bis
nach Nordfrankreich. Das okkludierte Frontensystem erreicht am Abend auch den
Südwesten Deutschlands. Vorderseitig werden Niederschläge mäßiger Intensität
simuliert, die nachmittags auf den Südwesten und Westen des Landes übergreifen.
Bis zum Abend werden maximal Mengen um 5 mm simuliert, dabei simulieren vor
allem GFS, aber auch ECMWF das Tief nicht ganz so intensiv und etwas rascher
nordwärts ziehend als ICON-EU, so dass die Niederschläge etwas weiter nach Osten
vorankommen. Von Warnrelevanz dürften diese Unterschiede aber nicht sein.
Mit Annäherung des Bodentiefs verschärft sich der Druckgradient vor allem im
Westen und Südwesten des Landes. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge
gibt es ab nachmittags stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus Südost,
eventuell reicht es auch in tiefen Lagen in entsprechend begünstigten Lagen für
steife Böen (Bft 7). Vor allem im Südwesten nimmt der Wind am Abend und in der
Nacht zum Sonntag weiter zu.
Während es im Nordosten - im Einflussbereich der sich allmählich auflösenden
Front - überwiegend bedeckt bleibt, kann sich sonst vorübergehend die Sonne
durchsetzen, vor allem an den Nordrändern der Mittelgebirge, im Nordwesten und
am Alpenrand. Im Westen und Südwesten verdichten sich die Wolken aber rasch
wieder, in Ostbayern und an der Donau hält sich örtlich zäher Nebel.
Vorderseitig des Tiefs gelangt von Süden her erneut niedertroposphärisch sehr
milde Luft in den Süden und Westen des Landes, die Temperaturen in 850 hPa
steigen auf 0 bis 5 Grad. Bodennah strömt aus Südosten vor allem in den Osten
und Südosten nach wie vor etwas kältere Festlandsluft. Dort steigen die
Temperaturen meist auf 2 bis 7 Grad, bei Dauernebel im Südosten auf etwa 0 Grad.
Sonst werden 6 bis 10 Grad, in begünstigten Lagen im Westen auch bis zu 12 Grad
erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristbereich eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Die Unterschiede, die (gefrierenden) Niederschläge
betreffend, wurden bereits im Text besprochen, genauso wie die leicht
unterschiedlichen Simulationen, die Entwicklung und Zugbahn des Bodentiefs am
Samstag betreffend.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff