DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-01-2017 21:00
SXEU31 DWAV 231800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 23.01.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts mit Passage eines Kaltlufttropfen vor allem im Westen etwas Schnee,
örtlich auch Regen mit Glatteisbildung. Ansonsten Fortdauer des
hochdrucklastigen Winterwetters.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... dauert die hochdrucklastige Wetterlage über weiten Teilen des Landes
an, mit einem kleinen "Schönheitsfehler" in Form eines Kaltlufttropfens, der aus
einem aus der über Nord- und Nordosteuropa verlaufenden Frontalzone abgetropften
Sekundärtrog hervorgeht. Im Laufe der Nacht verlagert sich der KLT mit seinem
Drehzentrum vom Norden der Niederlande südwärts bis ins belgisch-deutsche
Grenzgebiet am Dienstagmorgen. Zwar weist das Geopotential vorderseitig des
KLT`s ein diffluent konturiertes Muster auf und es wird auch einiges an PVA
simuliert, diese wird aber durch KLA wieder kompensiert, so dass sich die
Hebungsprozesse in Grenzen halten. Hauptsächlich macht sich die Hebung in Form
tiefer Bewölkung bemerkbar bzw. auch in Form eines vorübergehenden Anstiegs der
feuchten Grundschicht auf etwa 800 hPa. Rückseitig wölbt sich ein Höhenrücken
über die Britischen Inseln hinweg weit nach Norden bis ins Europäische Nordmeer
auf und weitet sich zögernd nach Osten aus. Bis Dienstagfrüh kommt es somit über
der Nordsee und dem nördlichen Mitteleuropa wieder zu einem Potentialanstieg.
An der langgestreckten Hochdruckzone im Bodenfeld ändert sich indes nur wenig.
Insgesamt wird die Divergenzachse des Hochs bei wenig Intensitätsänderung etwas
nach Süden gedrückt.
Mit der Südverlagerung des KLT`s dringt die tiefe Bewölkung über dem Norden und
der Mitte des Landes allmählich weiter nach Süden vor. Dort können sich bei
anfangs klarem Himmel vorher noch die Nebel- und Hochnebelfelder etwas
ausweiten. Summa summarum bleibt es in den Frühstunden wohl nur noch an den
Alpen, im angrenzenden Alpenvorland und im Hochschwarzwald klar. Hier und da
fällt aus der dichten Bewölkung etwas Niederschlag, überwiegend in Form von
Schneegriesel oder auch Industrieschnee, ganz vereinzelt kann es aber auch
gefrierendes Nebelnässen oder Nieselregen mit Glatteisbildung geben. Im Berliner
Raum werden dabei sogar Mengen bis 1 mm simuliert.
Mit Passage des KLT`s intensivieren sich aber die Niederschläge in der
Westhälfte ein wenig. Dabei kann sich bei simulierten zwölfstündigen Mengen bis
1 mm oder knapp darüber (ECMWF von 00 UTC bis 3 mm) gebietsweise auch eine dünne
Schneedecke ausbilden. Nicht ganz vom Tisch ist auch die gefrierende Phase. Die
feuchtgesättigte Grundschicht reicht bis etwa 800 hPa, darüber ist es sehr
trocken. Somit sinkt die Temperatur in der Grundschicht nicht tiefer als -10
Grad, wodurch aufgrund des fehlenden Feeder-Seeder-Effektes (Anfrieren von
unterkühlten Wassertröpfchen in der Grundschicht an aus höheren Schichten
fallenden festen Niederschlag) der Niederschlag teilweise auch als gefrierender
Regen fallen kann. Das würde dann angesichts der simulierten Mengen wohl eine
markante Glatteisregenlage zur Folge haben, im "worst case" (ECMWF von 00 UTC)
sogar eine Unwetterlage. Insgesamt bestehen also noch große Unsicherheiten bzgl.
der Niederschlagsphase, zumal in der gealterten Kaltluft innerhalb der
Grundschicht auch genügend Eiskeime für die durchgehend feste Phase zur
Verfügung stehen könnten. Diese Unklarheiten wurden in den einschlägigen
Berichten auch so kommuniziert, "harte" Warnungen, sei es vor Glätte, leichtem
Schneefall oder doch Glatteis, können nur kurzfristig erfolgen.
Als "in trockene Tücher gepackt" kann dagegen die Warnlage bzgl. des Frostes
bezeichnet werden. Frostfrei bleibt es wohl nur im äußersten Norden und
Nordwesten. Sonst gibt es leichten bis mäßigen, im Süden bei noch länger klarem
Himmel auch strengen Frost.

Dienstag ... verlagert sich der Kaltlufttropfen nach Zentralfrankreich. Von
Norden her kommt es somit über dem Vorhersagegebiet wieder zu einem
Potentialgewinn, der ins nördliche Mitteleuropa gerichtete Höhenrücken verstärkt
sich und weitet sich noch ein wenig aus. Somit dominiert allgemein wieder
Absinken, die vor allem im Westen mit dem KLT auf 800 hPa angewachsene
Grundschicht wird wieder auf etwa 850 bis 900 hPa "gestutzt", verliert also
insgesamt an vertikaler Mächtigkeit.
Das Bodenhoch verstärkt sich ebenfalls und verlagert seinen Schwerpunkt etwa in
den Süden bzw. in die Mitte Deutschlands. Der Kerndruck steigt bis zum Abend auf
über 1030 hPa. Somit bleibt im Norden und Osten des Landes eine schwache
westliche Bodenströmung aufrecht, mit der recht feuchte Nordseeluft landeinwärts
geführt wird. Somit bleibt es dort überwiegend trüb bedeckt. Auch im übrigen
Land wird die dichte hochnebelartige Bewölkung aufgrund der gradientschwachen
Verhältnisse kaum Lücken bekommen, am ehesten setzt sich mit Absinken der
Inversion in den höheren Lagen der süddeutschen Mittelgebirge und an den Alpen
die Sonne durch, Lücken sind aber auch im Westen und an der Nordsee denkbar.
Nach wie vor fällt stellenweise etwas Niederschlag, teils als Industrieschnee
oder Schneegriesel, teils aber auch als gefrierendes Nebelnässen oder
Nieselregen. Die Mengen betragen überwiegend weniger als 0,5 mm in 12 Stunden
(lediglich bei Potsdam hat ICON-EU 1 mm auf der Karte), so dass auch bei
Überwiegen der flüssigen Phase nicht von einer großräumigen Glatteislage die
Rede sein kann.
Im Westen und Norden kann sich die etwas mildere Nordseeluft noch etwas weiter
landeinwärts durchsetzen, so dass die Temperaturen hier auf 0 bis 4 Grad
steigen. Ansonsten herrscht aber weiterhin leichter, im Südosten gebietsweise
auch mäßiger Dauerfrost.

In der Nacht zum Mittwoch kräftigt sich der Höhenrücken weiter, so dass sich
eine eigene Höhenantizyklone mit Schwerpunkt über Jütland manifestiert. Der
Kaltlufttropfen zieht weiter nach Südfrankreich bzw. in den Löwengolf. Das
Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt über Deutschland zögernd nach Osten und
verstärkt sich noch ein wenig. Starkes Absinken führt zu einem weiteren
Schrumpfen der feuchtkalten Grundschicht, mehr und mehr Mittelgebirgsgipfel
befinden sich oberhalb der Inversion. Vor allem im Westen und Süden bekommt auch
die Hochnebeldecke allmählich mehr Lücken, allerdings bildet sich dann rasch
wieder Nebel. Länger klar bleibt es außerhalb der Berge wohl nur an den Alpen.
Hier und da fällt noch etwas Schneegriesel, Industrieschnee oder auch
gefrierender Nieselregen aus der Hochnebeldecke und führt zu Glätte.
Frostfrei bleibt es wohl nur in einigen Küstenregionen und in Teilen
Schleswig-Holsteins. Ansonsten gibt es leichten bis mäßigen, im Süden bei klarem
Himmel auch strengen Frost.
Mit der allmählichen Ostverlagerung des Hochs verschärft sich der Druckgradient
im Südwesten und es setzt dort Bise ein, im Hochschwarzwald sind stürmische
Böen, auf dem Feldberg auch Sturmböen aus Ost bis Nordost möglich.

Mittwoch ... verstärkt sich das Höhenhoch über dem nördlichen Mitteleuropa noch
etwas. Auch das korrespondierende Bodenhoch verstärkt sich leicht, verlagert
seinen Schwerpunkt aber allmählich ins östliche Mitteleuropa bzw. nach
Osteuropa. Somit dreht die Grundströmung auf Südost, wodurch etwas trockenere
Festlandluft herangeführt werden kann. Mangels Gradienten wird sich diese aber
zunächst nicht überall durchsetzen können, am ehesten am Nordrand der westlichen
Mittelgebirge und an den Alpen. Dort setzt sich häufig die Sonne durch, ebenso
in den Mittelgebirgen in Lagen oberhalb von etwa 600 bis 900 m. Ansonsten hält
sich aber vielerorts eine Hochnebeldecke, aus der es etwas nieseln oder schneien
kann.
Von Warnrelevanz ist ansonsten auch noch der Wind im Hochschwarzwald, auch, wenn
sich die Bisensituation angesichts der Winddrehung von Ost bis Nordost auf
Südost im Tagesverlauf abschwächt.
Am Temperaturniveau ändert sich nur wenig. Nach wie vor bleibt es im Norden und
oft auch im Westen frostfrei. In der Mitte und vor allem im Süden gibt es aber -
abgesehen von den höheren Lagen - leichten, bei beständigem Nebel auch mäßigen
Dauerfrost.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert das Höhenhoch seinen Schwerpunkt
allmählich zur westlichen Ostsee bzw. nach Südschweden und kann sich sogar noch
etwas verstärken. Das Bodenhoch verstärkt sich über Osteuropa weiter, so dass
sich der Druckgradient über dem Vorhersagegebiet etwas verschärft. Ob es -
unterstützt durch nächtliche Low Level Jet- Effekte - in einigen Höhenlagen für
warnrelevante Böen (Bft 7 bis 8) aus Südost reicht, ist aber noch unsicher.
Diese Gradientverschärfung hat aber auch ein weiteres "Aufdröseln" der
Hochnebeldecke zur Folge. Vor allem im Süden, vom Alpenvorland bis knapp
nördlich der Donau sowie in Teilen Ostbayerns und am Oberrhein, aber auch im
Osten und im Norden hält sie sich aber noch teilweise recht zäh. Ansonsten kann
sich bei klarem Himmel gebietsweise dichter Bodennebel bilden. Verbreitet gibt
es leichten bis mäßigen, im Süden bei klarem Himmel auch strengen Frost und
stellenweise Glätte durch Überfrieren oder Schneegriesel.

Donnerstag ... verbleiben wir weiterhin im Einflussbereich der sich noch weiter
verstärkenden umfangreichen Höhenantizyklone mit Schwerpunkt nach wie vor über
Südschweden. Auch im Bodenfeld ändert sich so gut wie gar nichts an der
Grundkonstellation, es bleibt bei der sich allerdings noch etwas verschärfenden
südöstlichen Grundströmung. In den Hochlagen einiger Mittelgebirge könnte der
Druckgradient für stürmische Böen (Bft 8), auf exponierten Gipfeln auch für
Sturmböen (Bft 9) reichen, in den ostbayerischen Mittelgebirgen, im Erzgebirge
und im Zittauer Gebirge frischt der Böhmische Wind mit einzelnen steifen Böen
(Bft 7) aus Südost in entsprechend anfälligen Tälern auf.
Die Nebel- und Hochnebelfelder dürften sich auch verbreiteter auflösen als an
den Vortagen. ICON-EU simuliert lediglich im südlichen Alpenvorland, in
Oberschwaben, am Bodensee und entlang des Hochrheins beständigen Nebel bzw.
Hochnebel, erscheint aber im Vergleich zu MOSMIX, die auch im Nordosten den
Hochnebel nur sehr zögerlich auflösen lassen, etwas zu optimistisch. Sonnig
bleibt es vor allem im Westen, an den Nordseiten der Mittelgebirge und am
Alpenrand sowie generell oberhalb von etwa 600 bis 900 m. Die Temperaturen
steigen in der Nordhälfte sowie in den Höhenlagen oberhalb der Inversion meist
auf 0 bis 4 Grad, im Süden bleibt es in den Niederungen bei leichtem, unter
beständigem Nebel auch bei mäßigem Dauerfrost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Unsicherheiten bzgl. der Glätte-/Glatteissituation in der kommenden Nacht im
Westen Deutschlands wurden im Text hinreichend diskutiert.
Davon abgesehen zeigen alle vorliegenden Modelle bis in den Mittelfristzeitraum
eine ähnliche Wetterentwicklung.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff