DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-01-2017 09:00
SXEU31 DWAV 190800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 19.01.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
BM
Im Norden und Nordosten örtlich Glatteisnieseln, ansonsten ruhiges
Hochdruckwetter mit gebietsweise strengem Nachtfrost in der Mitte und im Süden.
Im Hochschwarzwald anfangs noch Sturmböen und Schneeverwehungen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... zeigt das Geopotentialfeld in 300 und 500 hPa ein typisches "High
over Low"- Muster. Einer Höhenantizyklone über den Britischen Inseln, von der
aus sich ein Keil über Norddeutschland bis weit nach Osteuropa erstreckt, steht
ein umfangreicher dipolartiger Höhentiefkomplex über Südwest- bzw. Südeuropa
gegenüber mit Drehzentren über Südspanien und Süditalien. Während sich das
Höhenhoch heute tagsüber und in der kommenden Nacht nur ein wenig abschwächt und
seinen Schwerpunkt zögernd Richtung Nordsee verlagert, zieht der westliche Dipol
des Höhentiefkomplexes allmählich nach Marokko bzw. Algerien, der östliche Dipol
füllt sich über dem Tyrrhenischen Meer bzw. Mittelitalien mehr und mehr auf.
Im Bodenfeld spiegeln sich die antizyklonalen Verhältnisse in der Höhe in Form
einer umfangreichen und zonal orientierten Hochdruckzone wieder, die sich von
den Britischen Inseln quer über Deutschland hinweg bis nach Ost- bzw.
Südosteuropa erstreckt. Die Hochdruckachse verläuft in etwa über die nördliche
Mitte des Landes hinweg ostwärts und beginnt im Tagesverlauf und in der
kommenden Nacht ein wenig in Richtung Nordwest-Südostausrichtung zu "kippen".
Nördlich der Achse gelangt mit einer schwachen westnordwestlichen Bodenströmung
feuchte und etwas mildere Nordseeluft in den Norden und Nordosten des Landes.
Vorderseitig bzw. im Einflussbereich der Warmfront eines kräftigen Tiefs über
der Barentssee sorgt vor allem mittel- und niedertroposphärisch WLA für schwache
Hebungsprozesse über Norddeutschland. Für nennenswerte Niederschläge reicht das
kaum, allerdings kann es auch der dort vorhandenen tiefen Bewölkung leichte
Niederschläge in Form von Schneegriesel bzw. auch von gefrierenden Nieselregen
geben. Die meisten Modelle simulieren wenige Zehntel mm in 12 Stunden, lediglich
ICON-EU hat Mengen bis 1 mm auf der Karte, diese allerdings im südlichen
Schleswig-Holstein, wo die Temperaturen am Vormittag auf positive Werte steigen
dürften. Insgesamt hat ICON-EU die Mengen gegenüber den Vorläufen auch weiter
zurückgenommen. Im Tagesverlauf kommen diese marginalen Niederschläge bis etwa
zu einer Linie nördliches Emsland - Berliner Raum voran. Mit zunehmender WLA
steigen die Temperaturen in der unteren Troposphäre weiter an, während sich
bodennah die mildere Nordseeluft vor allem nach Osten zu wohl nicht überall
durchsetzen kann. Die Prognosetemps zeigen ausgeprägte "warme Nasen", so dass
die Niederschläge wohl überwiegend in flüssiger Form fallen dürften. Da die
simulierten zwölfstündigen Mengen in den "gefährdeten" Regionen aber wohl
überwiegend weniger als 0,5 mm betragen (vielerorts wird auch gar nichts
simuliert), dürften markante Warnungen vor Glatteis ausreichen. Lediglich bei
Anzeichen einer leichten Intensivierung der Niederschläge insbesondere über dem
Berliner Raum könnte man - dem Impactgedanken Folge leistend - auch mal
vorübergehend die rote Karte ziehen. Momentan gibt es allerdings keinerlei
Hinweise darauf.
Die tiefe Bewölkung breitet sich im Tagesverlauf bis etwa in den Bereich der
Hochachse aus, kommt also im Osten ein wenig nach Süden voran, im Westen so gut
wie gar nicht. Südlich davon scheint überwiegend die Sonne, lediglich im
südlichen Baden-Württemberg sowie vom Allgäu bis ins Oberland hält sich
unterhalb von etwa 1000 bis 1200 m eine zähe Hochnebeldecke, die zwar von Osten
her "angeknabbert" wird, sich aber sicherlich nicht komplett auflöst. Auch vom
Thüringer Becken bis zur Lausitz hält sich oft zäher Hochnebel.
Am Südrand der Hochdruckzone hat sich über Süddeutschland ein recht scharfer
Druckgradient aufgebaut, der im Tagesverlauf nur zögerlich auffächert. Vor allem
in den Kamm- und Gipfellagen der südlichen Mittelgebirge gibt es starke, auf
freien Gipfeln auch mal stürmische Böen (Bft 7 bis 8) aus Ost. Im
Hochschwarzwald sind auch häufiger stürmische Böen, auf dem Feldberg Sturm- oder
schwere Sturmböen zu erwarten. Trotz leichter Windabschwächung muss dort auch
heute tagsüber zunächst noch mit Schneeverwehungen gerechnet werden.
Die Temperaturen steigen im Norden und in einigen Niederungen Westdeutschlands
auf Werte zwischen 0 und +4 Grad. Ansonsten bleibt es wohl auch tagsüber bei
leichtem, vor allem in den Hochnebelregionen auch bei mäßigem Dauerfrost.

In der Nacht zum Freitag muss im Süden und in der Mitte bei klarem Himmel über
Schnee wieder verbreitet mit strengem, sonst meist mit mäßigem Frost gerechnet
werden. Unter den dichten Wolken im Norden gibt es maximal leichten Frost,
Richtung Küsten und in Schleswig-Holstein bleibt es frostfrei.
Die feuchte Nordseeluft kommt zusammen mit der tiefen Bewölkung nur noch
geringfügig nach Süden voran und erreicht bis Freitagfrüh eine Linie
Westmünsterland - Oberlausitz. Nördlich davon fällt weiterhin stellenweise etwas
Nieselregen, der auf den kalten Böden gefrieren kann. Eine Unwetter-Glatteislage
steht aber nach wie vor nicht ins Haus.
Weiter südlich bleibt es vielerorts gering bewölkt, gebietsweise hält sich aber
auch zäher Hochnebel, vor allem zwischen Donau und Alpen. Mit der allmählich auf
Ost bis Südost drehenden Bodenströmung wird der Hochnebel allerdings wohl
zögernd von den Alpen "weggedrückt". Stellenweise kann sich auch dichter
Bodennebel bilden, am ehesten im Übergangsbereich zur feuchten Nordseeluft.
Der Wind im Süden lässt vor allem Richtung Schwarzwald etwas nach, während nach
Osten zu der recht scharfe Gradient noch erhalten bleibt. Vor allem in den
ostbayerischen Mittelgebirgen frischt der Wind noch etwas auf, dort kann es in
freien Kamm- und Gipfellagen eventuell stürmische Böen geben, in einigen
Ost-West ausgerichteten Tälern auch steife Böen aus Ost ("Böhmischer Wind"). Low
Level Jet-Effekte können den Wind noch verstärken, so dass auch
Schneeverwehungen zumindest nicht ausgeschlossen sind.

Freitag... und in der Nacht zum Samstag ändert sich an der Lage des Höhenhochs
über der Nordsee nur wenig, es wird aber aufgrund einer markanten Austrogung
über Nordosteuropa ein wenig abgebaut. Nach wie vor erstreckt sich ein markanter
Hochkeil über Nord- und Ostdeutschland hinweg ost-, in der Nacht zum Samstag
südostwärts.
Das Höhentief über Nordwestafrika nimmt erneut Dipolstruktur an mit Drehzentren
über Südspanien und Algerien, wobei sich insbesondere der östliche Dipol
deutlich verstärkt. Somit bleibt die High over Low- Situation erhalten, wobei
die Höhenströmung über dem Süden und Südwesten des Landes mehr und mehr von Ost
auf Südost dreht.
Auch im Bodenfeld bleibt die sich von der Nordsee bis nach Südosteuropa
erstreckende Hochdruckzone erhalten, schwächt sich aber ein wenig ab. Die Achse
der Hochdruckbrücke kommt nicht weiter nach Süden voran, ähnlich ergeht es auch
der Warmfront des quasistationären Tiefs über der Barentssee, die sich über dem
Nordosten des Landes befindet und sich mehr und mehr auflöst. Die sich weiter
abschwächende WLA führt dort weiterhin zu marginalen Niederschlägen in Form von
Nieselregen, wobei wohl am ehesten in Brandenburg und in Sachsen-Anhalt ganz
vereinzelt noch Glatteis auftreten kann.
Der Druckgradient im Süden des Landes fächert weiterhin ein wenig auf, so dass
der Wind auch im ostbayerischen Mittelgebirgsraum generell allmählich abnehmen
sollte. Dennoch kann es in exponierten Lagen noch stürmische Böen geben, in
Ost-West ausgerichteten Tälern steife Böen und vereinzelt auch
Schneeverwehungen.
In der Mitte und im Süden steht erneut einem sonnigen Tag nichts im Wege.
Lediglich zwischen Donau und Alpen dürfte sich erneut Hochnebel halten,
unmittelbar an den Alpen scheint aber ebenfalls die Sonne.
Temperaturtechnisch ändert sich nur wenig. Im Norden und Westen steigen die
Temperaturen auf etwa 0 bis 4 Grad, an der Nordsee auch darüber. Sonst gibt es
weiterhin vielerorts leichten, bei beständigem Hochnebel auch mäßigen
Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag gibt es im Norden und Osten im Einflussbereich der
Nordseeluft weiterhin gebietsweise leichten Nieselregen, wobei örtlich Glatteis
auftreten kann, nach wie vor werden aber nur marginale Mengen simuliert. Die
tiefe Bewölkung kommt aber nicht weiter nach Süden voran. Der Druckgradient über
Süddeutschland fächert weiter auf, so dass es auch im ostbayerischen Bergland
wohl kaum mehr für warnrelevante Böen reicht. Mit der Windabschwächung können
sich auch die Nebel- und Hochnebelfelder etwas nach Norden ausweichen, sowohl
ICON-EU als auch das polnische Modell zeigen eine entsprechende Tendenz. Unter
den dichten Wolken im Norden bleibt es teilweise frostfrei, vor allem in
Küstennähe, im nördlichen, teilweise auch mittleren Niedersachsen und wohl auch
in Mecklenburg-Vorpommern. Ansonsten gibt es leichten bis mäßigen, bei klarem
Himmel über Schnee im Süden auch strengen Frost.

Samstag... verlagert das Höhenhoch in 300 und 500 hPa seinen Schwerpunkt bei
wenig Intensitätsänderung allmählich nach Dänemark. Das Höhentief über
Südwesteuropa bzw. Nordwestafrika weitet sich nach Norden aus, wobei sich ein
Drehzentrum über der Biskaya ausbildet, so dass sich bis zum Abend ein neuer
Dipol ausbildet mit dem südlichen Drehzentrum über dem Seegebiet zwischen
Balearen und Tunesien.
Im Vorhersagegebiet bleibt der Hochdruckeinfluss somit erhalten. Die
langgestreckte, nach wie vor von der Nordsee bis nach Südosteuropa verlaufende
Hochdruckzone schwächt sich weiter ab, deren Achse kommt aber etwas Richtung
Nordnordost voran, so dass die feuchte Nordseeluft ein wenig nordwärts
abgedrängt wird. ICON-EU simuliert die Südgrenze der tiefen Bewölkung am Abend
in etwa entlang einer Linie Emsland - Berliner Raum. Nach wie vor kann es
nördlich davon stellenweise etwas nieseln, allerdings sollte Glatteis bei meist
positiven Temperaturen kein Thema mehr sein.
Insgesamt kippt die Hochdruckzone mehr und mehr in die Meridionale, so dass die
Bodenströmung allmählich auf Südost dreht. Der Nebel bzw. Hochnebel über
Süddeutschland wird dabei ein wenig von den Alpen "weggedrückt", dürfte sich
aber vor allem vom südlichen Alpenvorland bis zur Donau bzw. knapp nördlich
davon beständig halten, das polnische Modell simuliert auch in Ostbayern
verbreitet Hochnebel.
Insgesamt gelangen mit der auf Südost drehenden Strömung niedertroposphärisch
deutlich mildere Luftmassen auch nach Süddeutschland. Bodennah können sich diese
aber nicht durchsetzen, so dass es vor allem im Süden, teilweise aber auch in
der Mitte weiterhin vielerorts leichten, in den Hochnebelregionen auch mäßigen
Dauerfrost gibt. Im Norden und Westen liegen die Höchstwerte dagegen zwischen 0
und 5 Grad, auch in höheren Regionen Süddeutschlands werden positive Höchstwerte
erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristbereich eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Prognose- und warnrelevante Unterschiede lassen sich so gut
wie keine mehr ausmachen. ICON-EU hat die simulierten Regenmengen im Norden und
Nordosten des Landes reduziert und sich den anderen Modellen angepasst. Ob es
allerdings vor allem im Westen des Landes in den kommenden Tagen so verbreitet
positive Höchstwerte geben wird wie vom MOSMIX simuliert, bleibt aber
abzuwarten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff