DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-01-2017 21:00
SXEU31 DWAV 151800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 15.01.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden und Osten noch Schneefälle, sonst zunehmender Hochdruckeinfluss, dabei
vielerorts Dauerfrost.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland am westlichen Rand eines von der
Barentssee über das östliche Mitteleuropa bis an die Nordkante des afrikanischen
Kontinents reichenden LW-Trogs. Dieser wird nach Westen durch einen üppigen, den
nahen Ostatlantik abdeckenden und bis hoch zum Nordpolarmeer reichenden
Höhenrücken begrenzt. Die höhenkälteste Luft befindet sich über der Osthälfte
mit T500 unter -35°C, während im Westen bereits die -30°C-Marke überschritten
wurde. Da die 850-hPa-Temperatur recht homogen bei rund -10°C liegt, ist die
Labilität der eingeflossenen Polarluft arktischen Ursprungs im Westen und
Nordwesten zwar geringer als nach Osten hin, gleichwohl reicht es noch für ein
paar einzelne Schneeschauer von der Nordsee her. Ansonsten klart es in Teilen N-
und NW-Deutschlands aber im Zuge des andauernden Druckanstiegs auf, wobei sich
stellenweise Nebel bilden kann.
Mit dem Aufklaren wird es nach Süden und Osten ungleich schwerer, dort kommt es
in der Nacht zu weiteren, häufig schauerartigen und kurzzeitig auch mal
kräftigen (siehe aktuelle Linie über Franken) Schneefällen. Dabei können noch
mal 1 bis 7 cm, im Stau des Erzgebirges und der Alpen teils um 10 cm Neuschnee
zusammenkommen. Frostig wird es im ganzen Land, wobei die Werte aber meist noch
im einstelligen Bereich bleiben (leichter bis mäßiger Frost). Am ehesten ist in
den Alpentälern lokal strenger Frost etwas unter -10°C möglich. Für noch tiefere
Temperaturen müsste es aufklaren, aber was heute nicht ist, kann in den nächsten
Nächten ja noch kommen. Neben Schneeglätte ist zum Teil auch mit gefrierender
Nässe zu rechnen, insbesondere dort, wo es tagsüber geschneit hat und noch nicht
abgetrocknet ist (sichtbare Glättewarnung).

Montag ... beginnt der nördliche Teil des Höhenrückens etwas nach Südosten zu
kippen, gleichzeitig verlagert sich der Südteils des LW-Troges etwas nach
Westen, wobei sich ein Abtropfen andeutet. Für den Vorhersageraum bedeutet das
eine leichte Rechtsdrehung der Höhenströmung auf Nordost mit der höhenkältesten
Luft in der SO-Hälfte (-35 bis -38°C). Dort reichen Labilität der Luftmasse und
Zyklonalität des Strömungsregimes aus, um weiterhin schauerartige Schneefälle zu
generieren. Dabei ist vom Alpenrand über die ostbayerischen Mittelgebirge bis
zum Erzgebirge bis zu Abend noch mal 1 bis 5 cm Neuschnee drin. Ansonsten
bringen die Schneeschauer, die im S und So noch fallen können, aber kaum noch
einen Neuschneezuwachs.
Beim Luftdruck auf irdischem Niveau macht die Ausweitung des nach Osten
verschobenen, mit seinem Zentrum knapp westlich der Biscaya liegenden
Azorenhochs nach Nordosten hin weitere Fortschritte. Dabei wird die Warmfront
eines Tiefs vor Ostgrönland regelrecht "einbetoniert" innerhalb der
Hochdruckzone, so dass sie für den Vorhersageraum keine Relevanz hat.
Stattdessen sorgt Absinken für deutliche Wolkenauflösungstendenzen in den
nördlichen und westlichen Landesteilen. Dort wird die Temperatur gebietsweise in
den positiven Bereich steigen, vor allem vom Emsland bis hinüber nach Rügen
sowie am und um den Rhein herum. Ansonsten startet die neue Woche mit leichtem,
im höheren Bergland auch mäßigem Dauerfrost.

In der Nacht zum Dienstag setzt sich der Aufbau einer umfangreichen, vom
Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel über große Teile Mitteleuropas und
Südskandinavien bis nach Russland reichenden Hochdruckzone fort. Als Gegenpol
fungiert ein bereits jetzt schon existierendes Tief mit knapp über 1000 hPa
Kerndruck im Bereich des Tyrrhenischen Meeres. Es ist zu weit weg von
Deutschland, als dass seine Hebungsprozesse auf unseren Raum übergreifen
könnten. Trotzdem reicht es am Alpenrand sowie am und im Erzgebirge immer noch
für leichte Schneefälle der Größenordnung 1 bis 3 cm, in exponierten Staulagen
bis 5 cm.
Ansonsten zeigt sich die Nacht teils stärker, teils geringer bewölkt oder auch
klar (vor allem nach N und W hin). Dabei kann sich im W und NW Nebel oder
Hochnebel bilden. Die Temperatur geht verbreitet in den mäßigen Frostbereich
zwischen -5 und -9°C zurück. In Küstennähe reicht es häufig nur zu leichten
Frost bis -4°C, dafür muss allgemein im Bergland und im Süden - insbesondere bei
zeitweiligem Aufklaren über Schnee - mit strengem Frost um -15°C gerechnet
werden.
Im äußersten Süden frischt der NO-Wind vor allem auf den Bergen merklich auf. Im
Hochschwarzwald reicht es exponiert für Böen 8 bis 9 Bft, auf dem Feldberg
vielleicht sogar 10 Bft (Bisenlage).

Dienstag ... verlagert sich der vom nahen Ostatlantik bis nach Nordeuropa
gerichtete Höhenrücken noch etwas südostwärts. Am Abend reicht seine Längsachse
etwa vom Seegebiet südwestlich Irlands bis hoch nach Finnland. Das Cut-Off-Tief
über dem westlichen Mittelmeer nimmt einen dipolartigen Charakter an, wobei der
östliche Part das Bodentief unweit von Sardinien stützt, während sich der
schwächere westliche Teil bei den Balearen platziert.
Bei uns verschiebt sich der Schwerpunkt der Hochdruckzone über Deutschland etwas
weiter nach Süden, so dass die Divergenzachse irgendwo über der Nordhälfte des
Vorhersageraums verläuft. Das hat zur Folge, dass nördlich davon - also in
Teilen Norddeutschlands - der Wind auf SW dreht, wodurch dort ganz allmählich
(der Wind ist zu schwach, als dass nennenswerte Advektion einsetzt) feuchtere
und mildere Luftmassen Fuß fassen können. Zwar reicht es nicht für nennenswerte
Hebung - eine Warmfront weiter nördlich ist noch zu weit entfernt -, trotzdem
können strahlungsmindernde hohe und teils auch mittelhohe Wolkenfelder in den
Norden driften. Zudem nimmt die Wahrscheinlichkeit tagesgangresistenter Nebel-
oder Hochnebelfelder zu.
Südlich der Divergenzachse (Mitte, Süden) weht ein schwacher bis mäßiger, im
äußersten S und SW sogar frischer und in Böen starker bis stürmischer N-NO-Wind,
der die Kaltluftzufuhr am Laufen hält (T850 um oder sogar unter
-10°C). Dabei trocknet die Luftmasse zwar etwas ab bzw. es wird etwas
kontinentalere Kaltluft herangeführt, gleichwohl reicht es im S und SO
gebietsweise immer noch für leichtes Geflöckel, freilich ohne nennenswerten
Neuschneezuwachs. In den Warnfokus rückt, wie bereits angedeutet, der Wind, der
in der Spitze im Hochschwarzwald Stärke 8 bis 10 Bft erreicht, auf der
Schwäbischen Alb sowie teils auch in tiefen Lagen vereinzelt 7-8 Bft. Auch auf
einigen Alpengipfeln könnte es für Böen 8 Bft reichen.
Im NW, an der See und in Flusstälern Westdeutschlands steigt die Temperatur auf
etwas über den Gefrierpunkt, sonst bleibt es bei leichtem, im Süden gebietsweise
auch mäßigem Dauerfrost.

In der Nacht zum Mittwoch verstärkt sich das Hoch noch etwas auf über 1040 hPa
bei gleichzeitiger leichter Südverlagerung. Nördlich der Divergenzachse bildet
sich gebietsweise Nebel oder Hochnebel. An der Grenze zu Dänemark ist etwas
Niederschlags möglich, teils als Schnee, teils als Regen mit der Gefahr von
Glatteis. Allerdings stehen hinter dieser Entwicklung noch ein paar Fragezeichen
(kommt der Niederschlag wirklich rein, welche Phase hat er usw.). Im S und SO
jedenfalls nehmen die schwachen Schneefälle allmählich ab. Es gibt verbreitet
leichten bis mäßigen, im Süden und in der Mitte auch z.T. auch strengen Frost
(bei "günstigen" Bedingungen, sprich Aufklaren und frische Schneedecke bis zu
-20°C).

Mittwoch ... bleibt die großräumige Strömungskonstellation bestehen, die man dem
Großwetterlagentypus BM (Brücke Mitteleuropa) zuordnen kann. Die Divergenzachse
der Brücke verläuft zonal orientiert mitten über Deutschland und teilt das Land
in eine Süd- und in eine Nordhälfte. Im S und SO kommt es dabei zu einer
niedertroposphärischen Frostabschwächung, die aber kaum an die kalte
Grundschicht weitergereicht wird. So bleibt es grob gesprochen in der SO-Hälfte
trotz zum Teil sich durchsetzender Sonne bei leichtem, im Bergland auch mäßigem
Dauerfrost. Im äußersten Südwesten nimmt der NO-Wind noch etwas zu und erreicht
in tiefen Lagen Stärke 7-8 Bft, im Hochschwarzwald exponiert bis 11 Bft
(Feldberg).
Spannend wird es im N, wo sich die Warmfront eines Sturmtiefs zwischen Island
und Norwegen immer weiter nach Süden vormogelt. Dabei setzt sich die Advektion
niedertroposphärisch milderer Luft fort, die 850-hPa-Temperatur steigt in
Norddeutschland auf über 0°C an. Da es zumindest im Binnenland anfangs noch
frostig ist, ergibt sich in den Prognosetemps eine Vertikalsondierung mit "warme
Nase", was bei aufkommenden leichten Niederschlägen gefrierenden
Regen/Nieselregen mit Glatteis zur Folge haben kann. Für Details ist es zwar
heute noch zu früh, für einen Hinweis in unserem Bulletin "Wochenvorhersage
Wettergefahren" reicht es aber allemal, was bereits gestern schon umgesetzt
wurde.
An der Küste frischt der SW-Wind mehr oder weniger auf, wobei an der Ostsee Böen
7 Bft möglich sind.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die beschriebene Entwicklung scheint im Großen und Ganzen gesichert zu sein,
substanziell abweichende Szenarien werden von keinem Modell angeboten.
Unschärfen im Detail wurden im Haupttext bereits angerissen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann