DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-01-2017 09:00
SXEU31 DWAV 100800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 10.01.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ww Übergang zu Wz

Am Mittwoch stürmisch mit Niederschlägen, im Osten und Südosten sowie im
Bergland als Schnee, markanter Schneefall möglich mit mehr als 10cm in 12
Stunden, im höheren Bergland Schneeverwehungen. An den Küsten und im Bergland
schwere Sturmböen aus Südwest. Am Donnerstag mit einer Welle neue Niederschläge,
nördlich der Welle Schnee, südlich davon bis 800 m hinauf vorübergehend Regen.
Weiter zum Teil sehr windig, Schneeverwehungen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... wird die Ostverlagerung eines Kurzwellentroges über der Nordsee
durch eine Höhentief-Rücken Kombination über Osteuropa gebremst und da über die
Britischen Inseln ein neuer Höhenrücken überlaufen von WLA hereinschwenkt, wird
der Trog durch Warmluftadvektion zugeschüttet und die immer langsamer werdende,
zugehörige Kaltfront, die mit Niederschlägen auf den Westen übergegriffen hat,
schwächt sich fast an Ort und Stelle ab. Ein Luftmassenwechsel erfolgt damit vor
allem im Osten und Süden weiterhin nicht und die bodennah vorhandene kältere
Luft kann sich halten.

Die Niederschläge an der Kaltfront kommen im Tagesverlauf ebenso kaum noch nach
Osten voran und schwächen sich ab, im Norden dürfte es nachmittags schon häufig
niederschlagsfrei bleiben. Bodennah wird aus Südost bis Süd kältere Luft in den
Niederschlag einbezogen, so dass zum Teil bis ganz runter Schnee oder zumindest
Schneeregen fällt. Nur im Westen liegt die Schneefallgrenze bei 300/400 m.
Oberhalb 300 bis 400m gibt es über der Mitte und dem Südwesten um 5, vereinzelt
an die 10 cm Neuschnee. Zwischen Bayern und Ostseeküste überwiegt Absinken mit
teils größeren Auflockerungen, vor allem an den Nordrändern der Gebirge auch
Aufheiterungen und es bleibt trocken.
Postfrontal lockert die Bewölkung vorübergehend auf, meist ist es aber stark
bewölkt und im Bereich des Bodentroges entwickeln im äußersten Westen/Nordwesten
einzelne schwache Schauer, die aber nicht sonderlich hoch reichen.

Der Wind frischt vorübergehend an den Küsten und im exponierten Bergland auf,
der kräftigste Wind zieht sich an den Küsten zur Ostsee zurück, aber auch dort,
wie im Bergland, flaut der Wind im Tagesverlauf wieder ab. Nur im Erzgebirge und
Ostsachsen stellt sich im gradientstärkeren Übergangsbereich zum Hoch über
Osteuropa Böhmischer Wind ein mit Bft 7 bis 8.

Im Südosten, im mittleren und höheren Bergland sowie an der Oder und Neiße
herrscht Dauerfrost, sonst liegen die Maxima zwischen 1 und 7 Grad mit den
höheren Werten vom Niederrhein zum Emsland.

In der Nacht zum Mittwoch entwickelt sich bei Island ein Sturmtief, das zur
norwegischen See zieht. Dessen Ausläufer nähern sich rasch über die Britischen
Inseln. Der durch die vorderseitige Warmluftadvektion gestützte Rücken schwenkt

nach Deutschland herein und führt dazu, dass sich die Front bei uns weiter
abschwächt. In den thermischen Feldern ist sie kaum noch zu finden, in der
Feuchte 700 hPa schon. Die leichten Niederschläge im Süden weiten sich noch am
Alpenrand aus, schwächen sich aber auch ab, in tiefen Lagen des Südwesten fällt
zum Teil Regen, sonst Schnee mit 1 bis 5 cm Neuschnee, im Süden mit Stau lokal
auch etwas mehr.
Der Wind frischt an den Küsten wieder auf, Bft 7 bis 8. Auch der Böhmische Wind
in Teilen Sachsens dauert an. Im Nordwesten ist es frostfrei, sonst gibt es
leichten, nach Osten und Südosten hin mäßigen, von Niederbayern bis zur Lausitz
auch strengen Frost. Im Südosten geht die Temperatur somit gegenüber den
Vornächten wieder zurück, mit der Advektion niedertroposphärisch kälterer Luft.
Wo es zuvor tagsüber Niederschläge gab, kann verbreitet gefrierende Nässe
auftreten, falls die Temperatur weit genug sinkt.

Mittwoch... setzt sich im Tagesverlauf die Frontalzone über Deutschland nach
Osten durch und das okkludierende Frontensystem, des nach Norwegen ziehenden
Sturmtiefs zieht über uns nach Südosten und erreicht abends die Alpen. Es sorgt
im größten Teil Deutschlands für einen Luftmassenwechsel und die feuchte und
mildere Meeresluft kann sich mit Ausnahme einiger Teile des Südostens und des
äußersten Ostens durchsetzen.

Der damit verbundene Niederschlag fällt im Nordwesten als Regen, ganz im Osten
und Südosten wahrscheinlich fast durchweg als Schnee, sonst steigt die
Schneefallgrenze vor allem im Südwesten vorübergehend auf über 700 bis 1000m,
bevor sich postfrontal erwärmte Meeresluft polaren Ursprungs durchsetzt, in der
die Schneefallgrenze wieder auf rund 200 bis 400m sinkt. In einigen Staulagen
sind kräftige Schneefälle möglich, um 10 cm in Stunden, ICON simuliert in der
Osthälfte gebietsweise um 5 cm in 6 Stunden auch in tiefen Lagen. Trotz des
stark auffrischenden Windes sind Schneeverwehungen nicht sehr wahrscheinlich, da
bei steigender Schneefallgrenze meist nasser Schnee fällt.
Im Südosten und Osten kann es vorübergehend Glatteis geben, da sich dort die
kältere Luft bodennah etwas zäher hält und die Durchmischung noch nicht greift.
Entsprechende Hinweise sind u.a. auch in ModellMix und WarnMos zu finden.

Insgesamt frischt aufgrund der markanten Gradientverschärfung der Wind stark bis
stürmisch auf und dreht mit Durchgang der Tiefausläufer von Süd bis Südwest auf
westliche Richtungen. Dabei kommt es zu starken bis stürmischen Böen, an der
Küste und im Bergland zu teils schweren Sturmböen. Exponierte Berge sind mit
Orkanböen dabei.
Außer ganz im Südosten, wo sich zäh die Kaltluft hält, steigt die Temperatur auf
2 bis 9 Grad, mit Nordwest-Südost Gefälle.
In der Nacht zum Donnerstag gibt es frontale Niederschläge im Süden, die durch
Stau verstärkt werden. Dabei fällt in tiefen Lagen teils Regen, sonst Schnee,
wobei die Schneefallgrenze wieder auf 400 bis 800m sinkt. Sonst kommt es
zu Schauern, labil ist es bis 600/700 hPa hinauf, die teils auch im Flachland
als Schnee, Schneeregen oder Graupel fallen.
Am Alpenrand sind lokal (Allgäu, Berchtesgaden) 10 bis lokal 20 cm Neuschnee
möglich, sonst in Mittelgebirgslagen um 5, vereinzelt 10 cm. Bei guter
Durchmischung werden die Oberwinde heruntergemischt, so dass sich an der
Windsituation kaum etwas ändert, obwohl der Gradient zögernd etwas auffächert.
Im Bergland oberhalb 500/600m gibt es leichten Frost, wie auch ganz im Südosten,
sonst liegen die Minima meist etwas über dem Gefrierpunkt.

Donnerstag... herrscht über uns am Südrand des nach Skandinavien ziehenden
Zentraltiefs eine kräftige westliche Strömung, mit der Meeresluft subpolaren
Ursprungs nach Deutschland gelangt mit Temperaturen um -5 Grad in 850 hPa. Ab
dem Mittag greift dann eine Welle von Frankreich her mit Niederschlägen auf den
Südwesten über, die sich rasch über die Mitte und den Süden ostwärts ausbreiten.
Der Wellenscheitel soll nachmittags und abends von Rheinland Pfalz über Hessen
ziehen und nachts dann via östlicher Mittelgebirgsraum nach Osten abziehen, so
zumindest die ICON Lösung. Es verbleiben noch große Unsicherheiten bezüglich
Timing und Zugbahn, z.B. die Europäer simulieren deutlich anders mit der
Entwicklung eines kräftigeren Tiefs, das weiter nördlich zieht. Der Welle folgt
ein markanter Kurzwellentrog in der Nacht zum Freitag, der sich dabei stark nach
Süden ausweitet.

Dabei werden tagsüber recht große Niederschlagsmengen zwischen 5 und gut 15 mm
simuliert, die an der Nordflanke der Welle bis in tiefe Lagen als nasser Schnee
fallen können, während im äußersten Süden die Schneefallgrenze vorübergehend auf
etwa 1000 m steigen kann (kurzzeitig 0 bis -1 Grad in 850 hPa). Derzeit werden
in Staulagen 10 bis an die 20 cm Neuschnee simuliert! Nördlich dieser
Entwicklung fallen bei wechselnder, zeitweise starker Bewölkung besonders im
Küstenbereich Regen-, Schnee- oder Graupelschauer, vereinzelt sind an der
Nordsee auch kurze Gewitter zu erwarten.

Die Windentwicklung bleibt weiter signifikant. Im Norddeutschen Tiefland sind
Böen Bft 7 bis 8 möglich und an der Küste Bft. 9, ähnlich wie auf den Bergen.
Mit Annäherung der Welle flaut der Wind vorübergehend ab, bevor er ab dem Abend
auf der Südflanke der Welle wieder zunimmt, mit Sturmböen im Bergland und
starken, vereinzelt stürmischen Böen in tiefen Lagen. Nördlich der Welle flaut
der Wind deutlicher ab.

In der Nacht zum Freitag kommt zusammen mit dem Trog auch höhenkalte Luft ins
Spiel mit 500hPa-Temperaturen unter -35 Grad. Damit sind dann vor allem nach
Westen und Südwesten hin kräftige Graupelschauer, vielleicht sogar kurze
Wintergewitter möglich mit entsprechender Glättebildung auf den Straßen. In
Verbindung mit der abziehenden Welle gibt es zunächst weiter starke bis
stürmische, exponiert Sturmböen und auch an den Küsten und landeinwärts muss mit
starken bis stürmischen Böen gerechnet werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Ab Mittwoch mehren sich die Unsicherheiten. Fraglich ist, wie schnell die
Milderung auch im Osten und Süden greift. Der auffrischende Wind spricht für
einen rascheren Übergang in Regen, die Modelle (auch Mos) zeigen aber noch lange
die Schneephase (bis zum Abend) und Maxima teils unter 0 Grad. Schneeverwehungen
sollte es erst oberhalb 600 bis 800m geben. Inwieweit gefrierender Regen eine
größere Rolle spielt, bleibt fraglich. Erst fällt Schnee, dann bei teils
gefrorenem Boden Regen. Den deutlichen Signalen aus ModellMix stehen sehr
zurückhaltende Hinweise aus dem Mos gegenüber. Über den Donnerstag lohnt sich
nicht zu spekulieren, die Wellenentwicklung bleibt sicher noch einige
Modellläufe unsicher.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner