DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-01-2017 21:00
SXEU31 DWAV 061800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 06.01.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts abgesehen vom Nordwesten strenger oder sehr strenger Frost. Zweite
Nachthälfte von Nordwest nach Südost aufkommender Schneefall, tagsüber von
Nordwest in gefrierenden Regen übergehend - Glatteisgefahr!

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... erstreckt sich ein Keil von der Iberischen Halbinsel über die
Biskaya nordwärts, während sich stromabwärts ein kräftiger Höhentrog von
Westrussland bis zum östlichen Mittelmeer etabliert hat. Bodennah konnte sich im
Zuge kräftiger Kaltluftadvektion ein Bodenhoch mit einem Kerndruck von mehr als
1040 hPa über Deutschland etablieren, während sich entlang der südöstlichen
Peripherie des Höhentroges ein ausgedehntes Bodentief über der Ägäis entwickeln
konnte. Zwischen beiden Druckgebilden wird eine beeindruckende Kaltluftadvektion
gestützt, wobei Deutschland eher im Randbereich der kältesten Luftmasse liegt.
Dennoch weisen die aktuellen Temperaturen tiefwinterliche Werte mit -25 bis -30
Grad in 500 hPa und um -15 Grad in 850 hPa auf. Fortwährendes Absinken in
Keilnähe und die zur Ruhe gekommene, eingeflossene trocken-kalte Luftmasse
sorgen bei meist wolkenlosen Verhältnissen für ein rasches Absinken der
Temperaturen, die abends allgemein auf Werte von -5 Grad im Küstenumfeld und -9
Grad über Norddeutschland zurückgehen. Entlang der Mittelgebirge und über
Süddeutschland muss dann bereits mit strengem Frost von -10 bis -15 Grad
gerechnet werden - und der Fall der Temperaturen geht weiter.

In der Nacht zum Samstag ändert sich an der Strahlungsnacht in weiten Bereichen
Deutschlands wenig, nur über dem Nordwesten ziehen zunehmend hohe und
mittelhohe, im Verlauf der zweiten Nachthälfte auch tiefe Wolken auf, die in
Verbindung mit einer auf Norddeutschland übergreifenden Warmfront stehen. Erste
Schneeflocken sind nach Mitternacht zunächst im direkten Umfeld der Nordseeküste
und über dem Westen und Norden von Schleswig-Holstein zu erwarten. Zwar fällt
nicht viel Schnee, doch dieser sorgt bei frostigen Tiefstwerten von -1 bis -6
Grad für Straßenglätte durch Neuschnee. Im direkten Küstenumfeld könnte dieser
Niederschlag bereits in Schneeregen übergehen, wobei in diesen Bereichen mit
erhöhter Glättegefahr durch lokales Glatteis gerechnet werden muss. Die Wolken
sorgen im Nordwesten und Norden allgemein für ein vermindertes Absinken der
Tiefstwerte. Mit 0 bis -9 Grad wird es aber auch hier frostig. Ansonsten wird in
der Mitte, im Süden und Osten eine eisige Nacht mit Tiefstwerten im mäßigen bis
strengen, teils auch sehr strengen Frostbereich erwartet. Meist liegen die Werte
zwischen -10 und -17 Grad, entlang der östlichen Mittelgebirge, des Bayerischen
Waldes und der Alpen sowie lokal in geschützten Senken- und Muldenlagen teils
deutlich unter -20 Grad. Der Südwestwind frischt im Umfeld der Friesischen
Inseln böig auf, wobei vereinzelt stürmische Böen Bft 8 nicht ausgeschlossen
werden können. Ansonsten ist entsprechend der stark abgekühlten und stabil
geschichteten Grenzschicht nur mit einer schwachen Windbewegung zu rechnen.

Samstag ... steht ganz im Zeichen der über Norddeutschland südostwärts ziehenden
Warm- und Kaltfront, die sich zunehmend in ein okkludiertes Frontensystem
umwandeln. Entsprechend der Jahreszeit entscheidet die Art der Front (Ana- oder
Katafront) sowie die, das Frontensystem begleitende, differentielle
Temperaturadvektion über die Phasenart des Niederschlages. Aber auch der Zustand
der grenzschichtnahen Luftmasse ist von großer Bedeutung. Was mit Sicherheit
gesagt werden kann ist, dass die Niederschläge zunächst über dem Nordwesten als
leichter Schneefall einsetzen, da sich zu dem Zeitpunkt in allen Höhenbereichen
noch frostige Luftmassen halten und sich rasch ost- und südostwärts ausbreiten.
Viel Schnee wird dabei nicht erwartet, doch sorgen die frontalen Hebungsprozesse
für flächendeckend 1-5 cm Neuschnee. Dabei kristallisiert sich innerhalb der
Modelle heraus, dass die Niederschläge über dem Nordosten tendenziell etwas
stärker ausfallen (dank stärkerer Hebung in der mittleren Troposphäre) als im
Westen, wo zunehmend Absinken des Keils wetterwirksam wird. Der Schneefall wird
bis zum Abend auch die Mitte und den Osten von Deutschland erreichen. In diesen
Bereichen muss allgemein mit winterlichen Straßenverhältnissen durch Neuschnee
gerechnet werden.
Bereits am frühen Vormittag erreicht in rund 950 hPa wärmere Luft den
Nordwesten, wobei Vorhersagesoundings kontinuierlich die Entwicklung einer
ausgeprägten warmen Nase in diesem Höhenbereich zeigen. Bodennah sorgt eine
schwache südwestliche Strömung dafür, dass es zu keiner durchgreifenden
Milderung kommt, sondern dass die frostige Luftmasse bis weit in den Tag
bestehen bleibt. Entsprechend muss ab den Morgenstunden beginnend mit der
Phasenumwandlung des Niederschlags in gefrierenden Sprühregen und gefrierenden
Regen gerechnet werden. Zwar fallen diese Niederschläge in die Schneedecke der
vorangegangenen Schneefälle, doch deuten sich besonders über dem Nordwesten eher
geringe Neuschneemengen an, was die abmildernde Wirkung hinsichtlich der
Glatteisfrage zunehmend in Frage stellt. Die Signale von Seiten der Modelle und
Ensemblevorhersagen, aber auch der MOS-gestützten Vorhersagen sprechen eine
deutliche Sprache hinsichtlich einer erhöhten Glatteisgefahr. Von daher wurde
für den Nordwesten von Nordrhein-Westfalen, weite Bereiche Niedersachsens und
Schleswig-Holsteins eine Vorabinformation Unwetter vor Glatteis herausgegeben,
die von Samstag 06 Uhr bis 15 Uhr Gültigkeit besitzt. Eine weitere Ausdehnung
nach Osten und Südosten kann unter Einbeziehen neuer Modellinformationen nicht
ausgeschlossen werden. Erst zum Nachmittag und Abend können die bodennahen
Temperaturen westlich einer Linie Emsland - Bremen - Lübeck zunehmend in den
zarten Plusbereich klettern, was die Glatteissituation zögernd von Nordwesten
abschwächen sollte. Zum Abend fließt zudem in der mittleren Troposphäre
entsprechend der katafrontalen Struktur zunehmend trockenere Luft ein. Dies
sollte die Niederschläge von Westen abschwächen, doch die Vorhersagesoundings
zeigen nun günstige Feuchte- und Temperaturverläufe für gefrierenden Sprühregen.

Zusammengefasst muss also am Samstag bis in die Mitte mit Schneeglätte und
besonders über dem Norden, Nordwesten und teils auch Westen mit Glatteis
gerechnet werden!

Die Höchstwerte liegen im Nordwesten bei 0 bis +3 Grad, in Nordseenähe um +5
Grad, sonst nördlich der Mittelgebirge bei -5 bis 0 Grad. Über dem Süden und
Südosten bleibt es bei Höchstwerten von -9 bis -4 Grad frostig kalt. Zwar nimmt
im Süden die Bewölkung von Nordwesten her zu, Niederschlag wird jedoch vorerst
keiner erwartet. Der Südwestwind weht in Küstennähe von Nord- und Ostsee teils
böig aus Südwest (Bft 7). Auf exponierten Inseln können einzelne stürmische Böen
Bft 8 nicht ausgeschlossen werden. Auch entlang der Kammlagen der Mittelgebirge
frischt der Südwestwind böig auf, wobei es dank der vorhandenen Schneedecke und
des einsetzenden Schneefalls zunehmend zu Schneeverwehungen kommt.

In der Nacht zum Sonntag kommt die Front weiter nach Südosten voran, so dass
sich die Niederschläge entsprechend bis an die Alpen ausbreiten. Von der Lausitz
über den Thüringer Wald und weiter bis zu den Alpen schneit es leicht, in
Staulagen zeitweise auch mäßig. Dabei wird im Tiefland mit Neuschneemengen von 1
bis 5 cm, im Stau des Erzgebirges mit 5 bis 10 cm und im Stau der Alpen mit 10
bis lokal 20 cm Neuschnee gerechnet. Verbreitet tritt Straßenglätte durch
Neuschnee auf und bei einem zeitweise böig auffrischenden Südwestwind, der
zunehmend auf Nordwest dreht, muss im Bergland mit Verwehungen gerechnet werden.
Dies betrifft vor allem den Oberharz, das Erzgebirge, den Thüringer Wald und die
Alpen. In diesen Bereichen wird es mit Tiefstwerten von -5 bis -10 Grad erneut
frostig kalt, wobei sich der strenge Frost auf die Berglagen und den äußersten
Südosten beschränken sollte. Weiter nördlich und nordwestlich - Saarland über
Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen bis nach Mecklenburg-Vorpommern - lassen die
Niederschläge dank der trockenen Höhenluft und des sich erneut von Nordwesten
verstärkenden Höhenkeils weiter nach, dennoch muss wiederholt mit Sprühregen aus
der dichten Hochnebeldecke gerechnet werden, der bei Tiefstwerten von 0 bis -4
Grad gefrieren kann. Zudem kann sich über dem Nordwesten in der feuchten
Luftmasse teils dichter Nebel ausbilden. Wenn man all das betrachtet besteht
zwar weiterhin eine erhöhte Glätte- und lokale Glatteisgefahr, wobei jedoch das
Glatteis aus heutiger Sicht nicht mehr verbreitet, sondern eher gebietsweise
auftreten soll. Vom Emsland bis zur Nordsee verbleiben die Tiefstwerte im zarten
Plusbereich, doch auch hier kann Glätte bei bodennahen Temperaturen um 0 Grad
nicht ausgeschlossen werden.

Sonntag ... hat sich die für die warme Nase verantwortliche Luftmasse soweit
abgekühlt, dass die dominierende Niederschlagsphase wieder Schneefall sein
sollte. Die Niederschläge lassen jedoch dank eines sich von Westen weiter
intensivierenden Hochdruckeinflusses allmählich nach. Besonders südlich der
Donau und im Stau des Erzgebirges schneit es bis in die Abendstunden mit
leichter bis mäßiger Intensität weiter. Dabei muss entlang des Erzgebirges mit
rund 5 cm Neuschnee, südlich der Donau mit 1 bis 5 cm und im Stau der Alpen mit
5 bis 10 cm Neuschnee gerechnet werden. Mit dem sich verstärkenden Keileinfluss
und entsprechenden Absinkens wird die eingeflossene feuchte Luft deutschlandweit
vorherrschend bleiben, wobei sich die Sonne nur lokal für kurze Zeit zeigen
kann. Zudem halten sich Nebelfelder aus der Nacht teils zäh. Hier und da kann es
etwas Schneegriesel oder lokal auch gefrierenden Sprühregen geben (besonders
dort, wo im Nebel die Temperatur um den Gefrierpunkt verharrt), meist bleibt es
jedoch trocken. Glatt wird es besonders im Süden und Osten, wo die Höchstwerte
nur mit Mühe die 0 Grad erreichen und meist im leichten Dauerfrost bleiben. Über
dem Westen und Nordwesten wird es insgesamt mit 0 bis +4 Grad, in Nordseenähe
mit +6 Grad milder. Zwar schwächt sich der Nordwestwind allgemein ab, allerdings
können auf exponierten Alpengipfeln bis weit in den Tag noch einzelne stürmische
Böen Bft 8 auftreten, die weiterhin für Schneeverwehungen sorgen können.

In der Nacht zum Montag weitet sich der Höhenkeil über Deutschland nordostwärts
aus, wobei es zu keinem Luftmassenaustausch kommt. Demzufolge bleibt die feuchte
und hochnebelträchtige Luftmasse das bestimmende Thema. Im Stau des Erzgebirges
und der Alpen wird die Feuchte etwas ausgequetscht, was sich in unergiebigen
Schneefällen mit Neuschneemengen von 1 bis 5 cm äußert. Sonst aber bleibt es
abgesehen von örtlichem Schneegriesel oder Sprühregen trocken und teils
neblig-trüb. Bei Tiefstwerten von 0 bis -7 Grad muss deutschlandweit mit Glätte
durch etwas Neuschnee (Staulagen) oder überfrierender Nässe gerechnet werden.
Einzig im Bereich des Niederrheins und im Umfeld der Nordsee bleibt es mit +1
Grad frostfrei.

Montag ... ändert sich für weite Bereiche Deutschlands wenig. Der bisher
wetterbestimmende Höhenkeil verlagert sich nur geringfügig nach Süden und
erstreckt sich mit seiner Achse vom Saarland bis zur Ostsee. Allerdings
gestaltet sich seine Nordflanke im Zuge einer kräftigen Zyklogenese über dem
südlichen Nordmeer zunehmend zyklonal und zum Abend wird erwartet, dass eine
Kaltfront auf den äußersten Nordwesten Deutschlands übergreifen kann. ICON6-NEST
und EZMW deuten im Verlauf der zweiten Tageshälfte leichte Niederschläge an, die
wohl meist als Sprühregen fallen und auf die zunehmende prefrontale Hebung der
Hochnebeldecke in Frontnähe zurück zu führen sind. Frontale Niederschläge in
Form stärkeren Regens sollen aus heutiger Sicht erst nach 18 UTC auf den
Nordwesten übergreifen. Glätte ist dort zu diesem Zeitpunkt kein Thema bei
Höchstwerten von +2 bis +6 Grad. Im Süden und Osten dauert das hochneblig-trübe
Wetter mit gelegentlichem Sprühregen oder Schneegriesel weiter an, einzig im
Alpenvorland können sich Wolkenlücken zeigen. Bei Höchstwerten um 0 Grad muss in
diesen Bereichen weiterhin gebietsweise mit glatten Straßen gerechnet werden.
Zum Abend frischt der Südwestwind im Umfeld der Friesischen Inseln böig aus
Südwest (Bft 7) auf.


Modellvergleich und -einschätzung
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Tendenziell wurde das Übergreifen der Niederschläge im Verlauf der Nacht zum
Samstag etwas später, dafür aber innerhalb der Modelle weiterhin einheitlich
gerechnet. Ansonsten wird der weitere Ablauf der Kurzfrist von Seiten der
Modelle sehr gut erfasst, Ausreißer sind keine zu erkennen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy