DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-01-2017 09:00
SXEU31 DWAV 040800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 04.01.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
N z, Übergang zu N a
UNWETTER durch orkanartige Böen an Teilen der Nordseeküste und Schneeverwehungen
im Bergland. Im Norden und Osten sowie im Bergland verbreitet Sturmböen,
exponierte Gipfel mit Böen bis Orkanstärke. In der Nacht zum Donnerstag
allmähliche Wetterberuhigung. An den Nordseiten der Alpen und in den östlichen
Mittelgebirgen noch weitere Schneefälle, aber abnehmende Verwehungsgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegt Deutschland an der Südflanke eines Sturmtiefs, das über die
Baltischen Staaten hinweg südostwärts gesteuert wird. Dieses Tief bildet sich
zusehends auch in der mittleren Troposphäre ab, wandelt sich allmählich in ein
Zentraltief um und beginnt sich ab dem Abend aufzufüllen. Bedingt durch die sehr
zögernde Auffüllung dieses Tiefs wird ein kräftiger Gradient aufrecht gehalten,
so dass die Sturmlage fortbesteht. Ein mögliches leichtes Aufweichen des
Gradienten wird durch die zunehmende Labilisierung kompensiert, die durch hoch
reichende arktische Polarluft, die auf der Rückseite es Sturmtiefs einströmt,
zustande kommt. Bei einem Oberwind, der im 850 hPa-Niveau 55 kt erreicht,
besteht die Gefahr, dass im Falle konvektiver Umlagerungen derartige Böen
auftreten. Am wahrscheinlichsten ist dies im Norden und Osten Deutschlands, so
dass am aktuellen Warnstatus vorerst nicht allzu viel geändert werden sollte.
Die Kaltfront des o.g. Sturmtiefs überquert aktuell die Mitte Deutschlands, in
deren Bereich treten auch einzelne kurze Gewitter auf. Deutlich labilere Luft
gelangt im Tagesverlauf in das Vorhersagegebiet; ausgenommen hiervon bleibt
wahrscheinlich nur der äußersten Westen und Südwesten. In Verbindung mit einer
regen Schauer- und Gewittertätigkeit sind dann bei konvektiven Umlagerungen
häufiger Böen bis Sturmstärke möglich. An der Nordseeküste treten orkanartige,
auf höheren Berggipfeln Orkanböen auf.
In Verbindung mit den Fronten des Sturmtiefs und der nachfolgenden
Schauertätigkeit kommt es zu Niederschlägen, die aktuell oberhalb von etwa 400
Metern in Schnee fallen. Dieser Schnee bleibt in Lagen über 600 Meter liegen,
ist relativ trocken und wird zudem verweht. Bis heute Abend kommen 10 bis 20, in
Staulagen auch bis 30 Zentimeter Neuschnee zusammen. In Verbindung mit der oben
beschriebenen Windsituation sind starke Schneeverwehungen zu erwarten.
Entsprechende Warnungen sind bereits aktiv. Zudem ist das Thema
Leiterseilschwingungen im Auge zu behalten. Durch den Temperaturrückgang wären
die Voraussetzungen hierfür sicherlich gegeben. Im späteren Tagesverlauf
verlagert sich das Niederschlagsgeschehen mehr und mehr zu den süddeutschen
Mittelgebirgen und an den Alpenrand. Ggf. ist ab dem Abend eine Neueinschätzung
der Lage erforderlich.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 0 bis 5, im Nordwesten und ganz im Westen
bis 7 Grad. Oberhalb von etwa 600 Metern herrscht leichter Dauerfrost.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Sturmtief in das Grenzgebiet
Ukraine-Weißrussland-Russland und macht den Weg frei für einen Bodenhochkeil,
der sich vom Hoch über den Britischen Inseln nach Skandinavien ausweitet und
dort einen eigenständigen Schwerpunkt ausbildet. Kräftige Kaltluftadvektion über
Nord- und Nordosteuropa fördert diesen Prozess. Zwischen beiden Druckgebilden
strömt mit einer nördlichen bis leicht nordöstlichen bodennahen Strömung
Polarluft arktischen Ursprungs nach Deutschland. Im 850 hPa-Niveau geht die
Temperatur flächendeckend unter -10 bis auf annähernd -15 Grad zurück. Von
Nordwesten he setzt jedoch eine allmähliche Stabilisierung ein.
Der Gradient wird schwächer, so dass gegen Morgen nur noch an der Vorpommerschen
Ostseeküste und in den Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge
sowie der Alpen Sturmböen zu erwarten sind. Ob dann noch die Unwetterwarnung vor
Schneeverwehungen für alle bewarnten Mittelgebirge aufrecht gehalten werden
kann, ist fraglich. Zumindest in den süddeutschen Mittelgebirgen und an den
Alpen, wo in Staulagen noch deutlich mehr als 10 bis über 20 Zentimeter
Neuschnee zusammenkommen, besteht weiterhin Unwettergefahr durch starke
Schneeverwehungen. In den anderen Mittelgebirgen sind wahrscheinlich nur wenige
bis (in den Staulagen des Erzgebirges) vielleicht um 10 Zentimeter Neuschnee zu
erwarten.
Da flächendeckend leichter und im Bergland meist mäßiger Frost zu erwarten ist,
besteht verbreitet Glättegefahr, nicht nur durch Neuschnee, sondern auch durch
überfrorene Nässe.

Donnerstag... rückt die zunächst von den Britischen Inseln nach Skandinavien
gerichtete Hochbrücke etwas nach Südosten vor, so dass Deutschland zusehends in
den schwachgradientigen Bereich des Hochs gelangt. Hierdurch flaut der nördliche
bis leicht nordöstliche bodennahe Wind weiter ab. Warnrelevante Böen treten ab
dem Abend wahrscheinlich nur noch an der Ostseeküste Vorpommerns und in den
Höhenlagen einiger östlicher Mittelgebirge sowie der Alpen auf, wobei stürmische
Böen dann eher unwahrscheinlich sind. In den östlichen Mittelgebirgen und an den
Alpen schwächen sich die staubedingten Schneefälle allmählich ab. Dennoch können
bis Donnerstagabend noch einige bis etwa 10, an den Alpen auch deutlich mehr als
10 Zentimeter Schnee zusammenkommen. In den nördlichen und westlichen
Mittelgebirgen sollte es dagegen nur für wenige Flocken reichen. Von Norden und
Westen her setzen sich in Verbindung mit dem sich ausweitenden Hoch mehr und
mehr Auflockerungen und auch Aufheiterungen durch.
Temperaturen um oder etwas über dem Gefrierpunkt sind nur ganz im Nordwesten
sowie in Rheinnähe und in tieferen Lagen Westdeutschlands zu erwarten. Ansonsten
herrscht flächendeckend leichter, im Bergland mäßiger Frost.
In der Nacht zum Freitag verlagert sich der Schwerpunkt des Bodenhochs (mit mehr
als 1040 hPa) nach Deutschland. Bei geringen Luftdruckgegensätzen kommt die
Luftmasse vollends zur Ruhe. In den östlichen Mittelgebirgen fallen aber noch
einige, am östlichen Alpenrand vielleicht bis 10 Zentimeter Schnee. In den
anderen Gebieten klart es verbreitet auf. Flächendeckend ist daher mäßiger bis
strenge Frost zu erwarten. Über schneebedeckten Gebieten kann es sehr strengen
Frost bis -20 Grad geben.

Freitag... verbleibt der Schwerpunkt des Bodenhochs über dem östlichen
Alpenraum, wodurch sich an der schwachgradientigen Lage vorerst keine Änderung
ergibt. In der relativ weit nördlich verlaufenden Frontalzone wird ein kräftiges
Tief ins Nordmeer gesteuert. Dessen Fronten können zwar noch nicht auf das
Vorhersagegebiet übergreifen, machen sich aber in Form von Warmluftadvektion,
die den Norden und zum Teil auch die mittleren Regionen Deutschlands erfasst,
bemerkbar. Abgesehen vielleicht von den östlichen Mittelgebirgen und vom
östlichen Alpenrand, wo noch ein paar Flocken Schnee möglich sind, sollte es
jedoch niederschlagsfrei bleiben. Im Nordwesten und im Westen macht sich die
Warmluftadvektion jedoch in Form von einem Aufzug mehrschichtiger Bewölkung
bemerkbar. In weiten Teilen Deutschlands sind jedoch Auflockerungen und
Aufheiterungen und zum Teil auch längere sonnige Abschnitte zu erwarten.
Tagsüber hält sich durchweg leichter bis mäßiger, in den Hochlagen der östlichen
Mittelgebirge und an den Alpen strenger Dauerfrost.
In der Nacht zum Samstag wird ein flacher Rücken nach Südosten gesteuert, der
Samstagfrüh den Norden Deutschlands erreicht. Dieser Rücken wird durch
Warmluftadvektion gestützt, was mehrschichtige Bewölkung auch auf die weiter
südlich liegenden Regionen Deutschlands übergreifen lässt. Zum Samstagmorgen hin
setzen an der Nordseeküste Niederschläge ein, die wahrscheinlich noch als Schnee
fallen. Mit der Annäherung einer Warmfront frischt im Nordwesten der Wind auf,
so dass dann an der Nordseeküste auch wieder warnrelevante Böen auftreten
können. Wie rasch dieser Prozess vonstattengeht, ist noch einigermaßen unsicher.

Erneut gibt es leichten bis mäßigen, im östlichen Mittelgebirgsraum und in
Richtung Alpen strengen Frost. Über schneebedeckten Gebieten sind bei klarem
Himmel Temperaturminima bis -20 Grad möglich. Lediglich unter dichteren Wolken,
d.h. in Nordseenähe und ganz im Nordwesten, wird es mit 0 bis -4 Grad nicht so
kalt.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Auch probabilistische Verfahren liefern keine hiervon signifikant
abweichenden Erkenntnisse.
Allerdings lässt in der Nacht zum Samstag und Samstagfrüh EZMW bereits rascher
die Niederschläge auf Deutschland übergreifen als die deutsche Modellkette.
Sonst ist es meist umgekehrt, d.h. die deutschen Modelle sind da "schneller".
Bei der aktuellen Situation wird die Variante des ICON, die hier auch
beschrieben wurde, vom GFS gestützt, wogegen das Modell des kanadischen
Wetterdienstes eher auf die EZMW-Version setzt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann