DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-01-2017 21:00
SXEU31 DWAV 021800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 02.01.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ab morgen Abend von Norden her Sturm und Niederschlag, zunächst häufig noch
nasser Schnee. Nachfolgend Temperaturrückgang, verbreitet Schneefall und
mitunter unwetterartige Schneeverwehungen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... hat ein kräftiger Trog von Norden her Deutschland erreicht, in
seinem Bereich ist in 500 hPa die Temperatur auf bis zu -35 Grad zurückgegangen.
In 850 hPa ist die Temperatur in der eingeflossenen Polarluft auf -7 bis -9 Grad
zurückgegangen, womit abgesehen vom unmittelbaren Küstenbereich sämtliche
Niederschläge als Schnee fallen. Die Kaltfront hat mit ihren leichten
Schneefällen mittlerweile die Alpen erreicht. Auf ihrer Rückseite gibt es
Wolkenauflockerungen, noch geringen Schneefall in einzelnen Staulagen sowie
einzelne Schauer, die von der Nordsee auf den Nordwesten übergreifen. Im
Bodendruckfeld weitet sich durch KLA bedingt ausgehend von einem hochreichenden
Hoch über den Nordatlantik ein Keil nach Süddeutschland aus. Zwischen diesem und
einem Tief über Russland herrscht nur ein mäßiger Gradient, so dass der
westliche, im Norden nordwestliche Wind nur auf höheren Gipfeln und an der
Nordsee starke bis stürmische Böen bringt.

In der Nacht zum Dienstag überquert die Kaltfront die Alpen. Der Schneefall
verlagert sich an die Alpen und lässt in den Frühstunden nach. Allerdings können
direkt am Alpenrand 5 bis 10 cm Neuschnee erwartet werden. Der Trog zieht rasch
nach Südosten ab und in der leicht antizyklonal geprägten rückseitigen
Nordwestströmung greift Warmluftadvektion auf den Norden und später die Mitte
über. Somit wird die Bewölkung von Nordwesten her auch rasch wieder dichter und
es kommt zu leichten Niederschlägen, die allmählich wieder zunehmend stratiform
werden. Sie fallen an der Nordsee als Regen, im Nordwesten allgemein als nasser
Schnee, nach Osten und Süden zu sowie im Bergland ab 200 m als Schnee, wobei vor
allem in den Mittelgebirgen punktuell auch mal bis zu 5 cm Neuschnee zusammen
kommen können. Mit leichtem Frost muss kommende Nacht abgesehen vom Nordwesten
überall gerechnet werden - wenn auch vielleicht im Norden teils nur
vorübergehend. Somit besteht Glättegefahr, neben Schnee auch durch überfrierende
Nässe. Im Südwesten kann es am ehesten mal länger klar sein. Dort kann sich bei
schwachen Windverhältnissen stellenweise Nebel bilden. Am Wind ändert sich in
der Nacht noch nicht viel. Auf höheren Bergen kann es teils stürmische Böen oder
Sturmböen aus West bis Nordwest geben, wobei der Südwesten ausgenommen ist. An
der Nordsee und dort vor allem auf den ostfriesischen Inseln kann es ebenso
starke bis stürmische Böen um Nordwest geben.

Dienstag ... greift ein weiterer Trog auf die Nordsee über. Das
korrespondierende Bodentief verlagert sich vor die mittlere norwegische Küste.
Dessen okkludierendes Frontensystem überquert das skandinavische Gebirge, wobei
im Lee eine Okklusionspunktzyklogenese einsetzt, die durch den sich annähernden
Trog noch befeuert wird. Das hierdurch entstehende Tief übernimmt die steuernde
Funktion, das Tief über Mittelnorwegen füllt sich dagegen rasch auf. An der
Südflanke des rasch in den Raum Stockholm ziehenden "neuen" Tiefs erfolgt über
dem Norden und der Mitte Deutschlands eine markante Gradientzunahme. Im Norden
und Nordosten kommen in Verbindung mit einem allmählich auffrischendem Wind- und
in freien Lagen stürmische Böen, an der Küste und im Bergland Sturmböen bis Bft
9 auf. Auf exponierten Gipfeln sind dann auch orkanartige Böen möglich. Mit dem
Übergreifen der Warmfront dieses Tiefs gehen die Niederschläge unterhalb von 400
bis 600 Meter durchweg in Regen über. Oberhalb davon fällt noch (nasser) Schnee,
dabei können einige, in den Staulagen der östlichen Mittelgebirge auch mehr als
5 Zentimeter Neuschnee zusammenkommen. Im Harz simuliert ICON-Nest sogar bis
über 20 mm Niederschlag, der oberhalb 600 m bis zum Abend sicherlich als Schnee
fällt. Je nachdem, wie sich die Nullgradgrenze genau entwickelt (MOSMIX macht ja
in Höhenlagen um 600 m ständig Frost, was aber wahrscheinlich etwas zu
pessimistisch ist), könnte es dann schon tagsüber zu unwetterartigen
Schneeverwehungen in den höher gelegenen Harzorten kommen. Richtung Süden und
Westen hält sich noch so etwas wie ein schwacher antizyklonaler Einfluss. Dort
bleibt es noch weitgehend niederschlagsfrei. In Richtung Alpen und im südlichen
Schwarzwald sind auch noch längere sonnige Abschnitte vorstellbar. In der Mitte
und im Süden erfolgt gegenüber heute keine wesentliche Temperaturänderung. Im
Norden wird es aufgrund der Durchmischung mit 4 bis 8 Grad etwas milder.
In der Nacht zum Mittwoch wandelt sich das o.g. Tief bei nur geringer
Verlagerung nach Osten in ein Zentraltief um. Seine Kaltfront, bzw. Okklusion
erreicht in der zweiten Nachthälfte die Norddeutsche Tiefebene. Der nachfolgende
Bodentrog, der faktisch ein Abbild des Höhentroges ist, sorgt für weitere
Gradientzunahme, so dass auch südlich der Mittelgebirge Wind- und in freien
Lagen stürmische Böen auftreten können. Im Norden sind auch abseits der Küste,
bedingt durch die Labilisierung im Trogbereich, Sturmböen möglich. An der Küste
und im Bergland sind dann schwere Sturmböen und vereinzelt orkanartige Böen, auf
höheren Gipfeln Böen bis Orkanstärke zu erwarten. Etwas außen vor bleiben nur
die tieferen Lagen West- und Südwestdeutschlands, wo wahrscheinlich noch keine
warnrelevanten Böen auftreten.
Durch die im Trogbereich vorstoßende labil geschichtete Höhenkaltluft sind im
Norden und Nordosten kurze Gewitter zu erwarten. Bedingt durch den kräftigen
Oberwind (selbst im 950-hPa-Niveau bis 55 kt, in 850 hPa bis 60 kt) sind in
Verbindung mit einem staffelartigen Vordringen der Kaltluft auch abseits der
Küste orkanartige Böen möglich.
Die Schneefallgrenze liegt bei etwa 600 Metern, im Süden durchaus auch tiefer.
In den Staulagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge sind 10 bis über 15
Zentimeter Neuschnee möglich. Im Harz wären nach ICON-Nest sogar 30 cm Neuschnee
zu erwarten In Verbindung mit der erwähnten Windentwicklung ist mit
unwetterartigen Schneeverwehungen zu rechnen. Als Unsicherheitsfaktor besteht
hierbei in erste Linie noch die genaue Lage der Nullgradgrenze, möglicherweise
reicht es erst ab 800 oder 900 m für Schneeverwehungen, was dann in den Bereich
der Einzelfallentscheidung fiele.

Mittwoch ... verlagert sich das Tief, das sich nur sehr zögernd aufzufüllen
beginnt, zu den Baltischen Staaten. Der Gradient beginnt somit erst in der
zweiten Tageshälfte ein wenig aufzufächern. Bis dahin ergibt sich bzgl. der
Windlage gegenüber der Nacht keine wesentliche Veränderung. Erst zum Abend hin
wird der Wind allmählich schwächer, so dass dann stürmische Böen auf das
Bergland und Sturmböen auf die Küste und höhere Berggipfel beschränkt sind.
Exponiert können nach wie vor schwere Sturmböen auftreten. Rückseitig strömt mit
einer steilen nordwestlichen bis nördlichen Strömung arktische Polarluft nach
Deutschland. Mit dem Absinken der Temperaturen im 850 hPa-Niveau auf -8 Grad
gehen von Norden her die Niederschläge wieder in Schnee über. Selbst im Westen
sinkt dann die Schneefallgrenze auf Lagen um 200 Meter. Im Nordosten und in den
Mittelgebirgen sind daher einige bis in Staulagen etwa 10, in den süddeutschen
Mittelgebirgen, an den Alpen sowie weiterhin im Harz auch 10 bis 20 Zentimeter
Neuschnee zu erwarten. In Verbindung mit dem nach wie vor starken Wind besteht
die Gefahr von starken Verwehungen. Da der Schnee zunehmend trockener wird und
daher mehr verweht werden kann, können diese Verwehungen weiterhin
Unwettercharakter aufweisen. Die Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber
dem Vortag nur unwesentlich, wobei anzumerken ist, dass zum Abend hin ein
deutlicher Temperaturrückgang zu erwarten ist. Oberhalb von 400 bis 600 Metern
dürfte sich dann leichter Dauerfrost einstellen.
In der Nacht zum Donnerstag weitet sich das über den Britischen Inseln und etwas
westlich davon liegende Hoch nach Skandinavien aus. Zwischen diesem Hoch und dem
über dem Baltikum liegenden Tief verstärkt sich mit einer nord- nordöstlichen
bodennahen Strömung die Zufuhr arktischer Polarluft. Nahezu flächendeckend gehen
die Temperaturen im 850 hPa-Niveau unter -10 Grad zurück. Da sich das Tief
weiter auffüllt, fächert der Gradient auch zusehends auf. An der Ostseeküste und
in den Kamm- und Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge sowie der Alpen sind
nach wie vor Böen bis Sturmstärke möglich, so dass dort die Gefahr von
Verwehungen (die durchaus noch unwetterartig sein können) weiterhin gegeben ist.
In den Staulagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge sind einige bis etwa
10, in den östlichen und süddeutschen Mittelgebirgen sowie an den Alpen 10 bis
etwa 20 cm Neuschnee möglich. Flächendeckend ist leichter Frost zu erwarten,
wodurch Glättegefahr besteht.

Donnerstag ... weitet sich von Westen das Bodenhoch weiter nach Deutschland aus,
so dass der Wind von Westen her weiter abnimmt. In der ersten Tageshälfte gibt
es aber an der Ostsee und im höheren östlichen Bergland noch starke bis
stürmische Böen. In exponierten Hochlagen sind noch Sturmböen, auf den
Alpengipfeln auch schwere Sturmböen zu erwarten, zumal in höheren Schichten
immer noch eine stramme Nordströmung besteht. Mit dieser gelangt dann auch noch
kältere Luft ins Land, in 850 hPa überquert die -10-Grad-Marke den Rhein, im
Nordosten geht es auf -16 Grad runter, so dass wir dann im Winter angekommen
sind. Die in der Kaltluft vor allem nach Osten hin noch auftretenden Schauer
fallen dann auch überall als Schnee, in tiefen Lagen sollte es aber kaum zu mehr
als 2 cm Neuschnee reichen. Am Erzgebirge sind aber durchaus noch einmal um 5,
an den Alpen vor allem nach Osten zu auch über 10 cm Neuschnee zu erwarten. Die
Temperaturen sollten landesweit im leichten Frostbereich verbleiben, allenfalls
am Rhein und an der Nordsee könnte es für 1 bis 2 Plusgrade reichen. Im Bergland
muss verbreitet mäßiger Dauerfrost erwartet werden, ebenso im Nordosten
Deutschlands. Die von MOS-MIX prognostizierten Werte erscheinen mitunter um
mehrere K zu hoch.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Globalmodelle simulieren die synoptische Lage in den kommenden
Tagen sehr ähnlich. Unterschiede gibt es noch teils bei den
Niederschlagsprognosen, wobei ICON mit seinen hohen Prognosen für den Harz
hervorsticht. Diese Werte sollte man nicht 1 zu 1 übernehmen. Ansonsten ist die
genau Lage der Frost- und Schneefallgrenze nur sehr schwer zu prognostizieren,
diese entscheidet aber letztendlich über die Notwendigkeit und Ausdehnung von
Unwetterwarnungen, da der entscheidende Faktor die Schneeverwehungen werden und
die Stärke des Windes unstrittig ist.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann