DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-12-2016 09:00
SXEU31 DWAV 210800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.12.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW a
An Teilen der Nordseeküste und in exponierten Berglagen aufkommen stürmische
Böen. In der Nacht zum Donnerstag und bis in den Donnerstagvormittag hinein von
Norden und Westen übergreifend Niederschlag, anfangs vor allem im Bergland
örtlich mit Glatteisbildung. In der Nacht zum Freitag südlich der Mittelgebirge
und besonders im Südosten Gefahr von örtlichem Glatteis.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegt Deutschland noch am Rande eines blockierenden Hochs mit
Schwerpunkt über Polen. Dieses Hoch wird nach Osten durch einen Trog flankiert,
der sich vom Weißen Meer über das Wolga-Don-Gebiet bis in die Ägäis erstreckt.
Vom nahen Ostatlantik greift auf Westeuropa ein breiter Trog über, an dessen
Süd- und Ostflanke setzt sich die Frontalzone über Skandinavien hinweg bis zum
Weißen Meer durch. Die breite Achse dieses Troges (sofern davon die Rede sein
kann) verbleibt zwar über dem nahen Ostatlantik, aber ein vorgelagertes
Frontensystem kann sich dann schleifend dem Nordwesten und Westen Deutschlands
nähern. Allerdings reicht es, bedingt durch den nach wie vor kräftigen
antizyklonalen Einfluss, nur für geringe Niederschläge; mehr als 1 mm sollte bis
heute Abend nicht zusammenkommen. Damit wurde das Übergreifen des Frontensystems
gegenüber weiter zurückliegenden Modellläufen hinausgezögert.
Mit der Annäherung der Front setzt auch über den mittleren Gebieten eine leichte
Gradientzunahme ein, so dass es im Tagesverlauf auf einigen höheren Berggipfeln
vor allem der nördlichen Mittelgebirge für stürmische Böen oder auch Sturmböen
(Brocken) reichen könnte. Auch die Andauer des "Böhmischen Windes" ist
vorstellbar; das Kaltluftreservoir über dem Böhmischen Becken ist noch
keinesfalls abgebaut. An der Küste macht sich die Gradientzunahme stärker
bemerkbar, so dass dort Wind- und an der nordfriesischen Küste durchaus auch
stürmische Böen in Gang kommen. Im Norden und auch in den mittleren Gebieten
wird es daher ein wenig milder als bisher.
Südlich der Mittelgebirge bleibt die schwachgradientige Lage bestehen, so dass
sich dort in Bezug auf das Wettergeschehen wie auch auf die
Temperaturentwicklung gegenüber den Vortagen keine wesentliche Änderung ergibt.
So konnte sich in diesen Gebieten wieder verbreitet Nebel und Hochnebel bilden,
der sich nur sehr zögernd oder nicht mehr auflöst. In Gebieten mit zähem Nebel
bleibt es frostig-kalt.
In der Nacht zum Donnerstag greift eine wellende Kaltfront auf den Westen und
Norden Deutschlands über. Vorgelagerte Warmluftadvektion sorgt für eine leichte
Intensivierung der frontalen Hebungsprozesse, ohne dass Warnschwellen in Bezug
auf Niederschlag auch nur annähernd erreicht werden. Aber immerhin sind im
Bereich der Schleifzone um 10, in Staulagen auch mehr als 15 mm Niederschlag
innerhalb von 12 Stunden möglich (was längere Zeit nicht der Fall war). Dort, wo
zuvor eine Abkühlung in den Bereich leichten Frostes zu verzeichnen war (was an
den Nordrändern der Mittelgebirge am wahrscheinlichsten ist) kann gefrierender
Niederschlag fallen, der örtlich eng begrenzt zu Glatteis führt. Eine
unwetterartige Situation zeichnet sich jedoch nicht ab.
Durch die Annäherung der Welle wird im Norden der Gradient wieder etwas
auseinandergezogen, so dass dann an der Küste keine warnrelevanten Böen mehr
auftreten sollten. Die Mittelgebirge verbleiben an der Südflanke der sich
annähernden Welle, so dass in exponierten Berglagen weiterhin stürmische Böen
möglich sind.
Während es im Nordwesten und Westen unter Wolken frostfrei bleibt (wodurch dort
bei einsetzenden Niederschlägen auch keine Glättegefahr gegeben ist), sind in
den anderen Gebieten Tiefstwerte im Bereich leichten Frostes zu erwarten. In den
östlichen Mittelgebirgen und unmittelbar an den Alpen ist auch noch einmal
mäßiger Frost vorstellbar.
Vor allem südlich der Mittelgebirge ist erneut mit Nebelbildung bzw. der
Verdichtung bereits vorhandener Nebelfelder zu rechnen. In Nebelgebieten besteht
bei Frost Glättegefahr.

Donnerstag... greift ein erster, wenn auch schwacher Trog auf den Westen
Deutschlands über. Im Bereich der vorgelagerten, wellenden Front sind in einem
breiten Streifen vom Nordwesten und Westen Deutschlands bis zur Ostsee und
unteren Oder 5 bis etwa 10, in Staulagen bis 15 mm Niederschlag innerhalb von 12
Stunden möglich. Im Bereich der zentralen und östlichen Mittelgebirge ist dort,
wo zuvor der Erdboden gefrieren konnte, vorübergehend auch die gefrierende
Niederschlagsphase möglich. Hierbei handelt es sich sehr wahrscheinlich um
kleinräumig eng begrenzte Gebiete. Größtenteils dürfte sich auch über den
Mittelgebirgsregionen, bedingt durch die vorherige Gradientzunahme, bereits die
mildere Luft durchgesetzt haben. Zum anderen setzen die Niederschläge im
Tagesverlauf ein, d.h. eine wenn auch schwach ausgeprägte durch den Tagesgang
bedingte Erwärmung dürfte bis dahin wirksam geworden sein. Eine unwetterartige
Glatteissituation zeichnet sich somit nicht ab.
Mit dem rasch ostwärts schwenkenden Trog, der dir Front überläuft, verliert die
Welle an Wetterwirksamkeit. Zusätzlich greift Kaltluftadvektion weit nach Osten
über, was die Aktivität der Front weiter dämpft. Zwar können die Niederschläge
im Tagesverlauf noch auf die zentralen Mittelgebirge übergreifen. Die Intensität
der Niederschläge wird jedoch in der zweiten Tageshälfte merklich nachlassen.
Die südlichen und östlichen Gebiete Deutschlands werden von diesen
Niederschlägen bis dahin noch nicht erfasst. Südlich der Mittelgebirge bleiben
die geringen Luftdruckgegensätze bestehen, so dass sich gegenüber den Vortagen
keine wesentliche Änderung ergibt. Auflockerungen und auch Aufheiterungen sind
an den Nordseiten der süddeutschen Gebirge, des Erzgebirges und in höheren
Berglagen Süd- und Südostdeutschlands am wahrscheinlichsten.
Auch wenn die Front bis in die mittleren Regionen vordringt, so macht sich etwas
Durchmischung nur im Nordwesten und im Norden bemerkbar, so dass dort
Höchsttemperaturen zwischen 4 und 8 Grad zu erwarten sind. Ansonsten ergibt sich
keine wesentliche Temperaturänderung. In Teilen Süddeutschlands, wo sich
ganztägig Nebel oder Hochnebel hält, bleibt der leichte Dauerfrost bestehen.
Warnrelevante Böen sollten an der Küste auf exponierte Lagen beschränkt bleiben.
Auf höheren Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge sind
weiterhin Böen bis Sturmstärke möglich.
In der Nacht zum Freitag erreicht der Trog Polen und wird dabei allmählich
zugeschüttet. Diesem Trog folgt ein flacher Rücken, der schwächer ausgeprägt
ist, als es noch die weiter zurückliegenden Modellläufe gezeigt hatten. Durch
diesen Rücken wird ein Bodenhoch gestützt, das einen Schwerpunkt über dem
Südosten Deutschlands ausbildet und das sich eher noch etwas kräftigt. Hierdurch
stellen sich dann auch wieder über dem zentralen Mittelgebirgsraum geringe
Luftdruckgegensätze ein.
Frontale Niederschläge können bis auf Süddeutschland, d.h. auf die Gebiete, in
welchen bodennah zuvor sich die Luftmasse in den Bereich leichten Frostes
abkühlen konnte, übergreifen. Allerdings sind nur geringe Summen zu erwarten,
die durchweg unterhalb von 3 mm innerhalb von 12 Stunden liegen; innerhalb der
zweiten Nachthälfte dürfte es nur für wenige Zehntel, vielleicht für etwas über
1 mm Niederschlag reichen. Dennoch besteht die Gefahr von Glatteis. In
Südthüringen, von Oberfranken bis nach Niederbayern sowie im Erzgebirgsraum ist
die Gefahr hierfür am höchsten. Wenn es auch nicht für eine unwetterartige
Situation reichen dürfte, so wären dann markante Warnungen durchaus
gerechtfertigt. Leichter Frost sollte auch auf diese Gebiete und vielleicht noch
auf einige höhere Berglagen beschränkt bleiben.

Freitag... entwickelt sich über dem nahen Ostatlantik zwischen Island und
Schottland ein Sturmtief, das sich zusehends auch in höheren Troposphärenniveaus
bemerkbar macht. Stromab, d.h. über Mitteleuropa, kann sich somit der
Höhenrücken noch etwas aufwölben, was durch Warmluftadvektion gestützt wird.
Über dem Süden und Osten Deutschlands bleibt daher der antizyklonale Einfluss
bestehen, wodurch die Reste der Front, die bis nach Süddeutschland vordringen
konnten, abtrocknen. Nennenswerte Niederschläge sind daher nicht mehr zu
erwarten. Vielmehr dürfte durch den Schwall feuchterer Luft, der mit dieser
Front nach Süddeutschland gelangte, die Nebel- und Hochnebelproblematik noch
verschärfen. An eine Temperaturänderung oder gar an einen Luftmassenwechsel ist
in diesen Regionen nicht zu denken.
Im Norden und Westen macht sich die Gradientzunahme an der Südostflanke des o.g.
Sturmtiefs bemerkbar. An der Nordsee und in den Hochlagen der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge wird alsbald der Wind auffrischen, so dass dort etwa ab
Mittag entsprechende Warnungen erforderlich werden. Ab dem Abend können in
Hochlagen der Mittelgebirge stürmische Böen, auf höheren Berggipfeln (Brocken)
teils schwere Sturmböen auftreten. Auch an der See frischt dann der Wind auf, so
dass ab dem Abend an der Nordsee Sturmböen und an der Ostsee Windböen auftreten
können.
Mit der Durchmischung geht im Norden, Westen und in den mittleren Gebieten ein
Temperaturanstieg einher. Am Nachmittag werden in diesen Gebieten 5 bis 9 Grad
erreicht, wogegen im Südosten, wo weiterhin geringe Luftdruckgegensätze
vorherrschen, nur null bis 4 Grad zu erwarten sind.
In der Nacht zum Samstag erreicht das o.g. Sturmtief die Norwegische See. Der
von diesem Tief ausgehende kurzwellige Trog verlagert sich nach Ostfrankreich.
Das korrespondierende Frontensystem erfasst mit Niederschlägen weite Teile
Deutschlands. Wahrscheinlich werden nur die südöstlichen und östlichen Gebiete
hiervon noch nicht erreicht. In Staulagen können dann durchaus um 10 mm
Niederschlag innerhalb von 12 Stunden fallen. Eine Überschreitung warnrelevanter
Niederschlagssummen zeichnet sich jedoch nicht ab.
Mit der Annäherung und dem Übergreifen des Frontensystems erfolgt dann auch im
Süden und Südosten Deutschlands eine Gradientzunahme, was dort die Durchmischung
einsetzen lässt. Nicht nur in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen, sondern
auch der südlichen Mittelgebirge sind dann stürmische, exponiert auch Sturmböen
möglich. Ob an der Vorderseite der einsetzenden Niederschläge noch einmal die
gefrierende Phase auftreten kann, ist noch nicht sicher, kann aber aufgrund des
wahrscheinlich noch gefrorenen Bodens nicht ausgeschlossen werden. Zumindest ist
die Wahrscheinlichkeit hierfür geringer als in der Nacht zum Freitag.
Leichter Frost sollte dann nur noch in den Kammlagen der östlichen
Mittelgebirge, an den Alpen und vielleicht noch im östlichen Niederbayern
auftreten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen durchweg eine ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Auch in Bezug auf die zu erwartenden Niederschläge ergeben sich keine
signifikanten Unterschiede. Hier liefern die probabilistischen Verfahren keine
neuen Erkenntnisse. Die oben angegebenen Niederschlagssummen stellen somit das
"Worst case"-Szenario dar.
Hinsichtlich der gefrierenden Niederschlagsphase sind die externen Modelle
wesentlich defensiver. Regen oder Sprühregen mit Glatteisbildung wird demnach
allenfalls für die östlichen Mittelgebirge angenommen (GFS). EZMW zeigt für die
kommende Nacht auch Signale über dem zentralen Mittelgebirgsraum. Einzig HIRLAM
kommt den Vorstellungen der deutschen Modellkette nahe.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann