DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

18-12-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 18.12.2016 um 10.30 UTC



Allmählich Tendenz zu unbeständigerem, teilweise auch windigem Wetter. Schnee
auch über Weihnachten, wenn überhaupt, wohl nur im Bergland.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 25.12.2016


Zu Beginn der Mittelfrist, am Mittwoch, befindet sich Deutschland an der
Westflanke eines Höhenhochs über Polen. Bis Donnerstagfrüh wird das Hoch
allmählich Richtung Ukraine abgedrängt und der Vorhersagebereich gelangt auf die
Vorderseite eines Langwellentroges bei Island, dessen Achse sich am Donnerstag,
06 UTC über Irland hinweg südwärts erstreckt. Von Südwesten her gelangt dabei
niedertroposphärisch sehr milde Meeresluft mit Temperaturen zwischen 3 Grad im
Nordwesten und 9 Grad im Südosten nach Deutschland.
Im Bodenfeld dominiert der Einfluss eines kräftigen Hochdruckgebietes über
Südosteuropa. Erst in der Nacht zum Donnerstag greift die Kaltfront eines
Tiefdruckgebietes über dem Nordmeer auf den äußersten Nordwesten über, wobei es
dort bei auffrischendem Südwestwind etwas regnen kann. Ansonsten hält sich
mancherorts beständig Nebel oder Hochnebel bei Höchstwerten um 0 Grad, vor allem
an den Nordrändern der Mittelgebirge und im Alpenvorland scheint dagegen oft die
Sonne und es wird mit Höchstwerten über 10 Grad sehr mild.

Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag zieht die Achse des Troges über die
Nordsee und Norddeutschland hinweg zur Ostsee. Dabei flacht er nach Süden zu
deutlich ab, in Süddeutschland dominiert weiterhin der Einfluss des
südosteuropäischen Höhenhochs.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront des nach Spitzbergen ziehenden Tiefs nur
zögernd südostwärts voran und verwellt über Benelux bzw. Nordwestdeutschland, so
dass in weiten Teilen des Landes Hochdruckeinfluss dominant bleibt. Lediglich im
Norden und Westen fällt zeitweise Regen, sonst bleibt es bei dem teils trübem
und kaltem, vor allem auf den Bergen bzw. an deren Nordrändern aber oft auch
recht sonnigem und mildem Hochdruckwetter.

Am Freitag zieht ein flacher Höhenrücken über Deutschland hinweg ostwärts, auch
am Boden verstärkt sich der Hochdruckeinfluss wieder und die Kaltfront löst sich
in etwa über den mittleren Landesteilen auf. Insgesamt sickert dadurch auch nach
Süddeutschland niedertroposphärisch etwas kühlere Luft, die Temperaturen in 850
hPa bewegen sich zwischen -2 Grad im Nordosten und +4 Grad im Süden.

In der Nacht zum und am Heiligen Abend schwenkt ein deutlich markanterer Trog
als sein Vorgänger Richtung Britische Inseln und in der Heiligen Nacht weiter
nach Deutschland. Das korrespondierende Frontensystem eines von Island ins
europäische Nordmeer ziehenden Bodentiefs greift am Samstagabend auf den
Nordwesten Deutschlands über und überquert in der Heiligen Nacht das gesamte
Vorhersagegebiet mit schauerartigen Niederschlägen und in Böen auf den Bergen
bzw. an den Küsten stürmischem Südwest-, später Westwind. Ihm folgt ein Schwall
polarer Meeresluft, wobei die Temperaturen in 850 hPa auf Werte um -5 Grad
zurückgehen und im Bergland die Niederschläge in Schnee übergehen, so dass
zumindest dort nach Lesart des ECMWF eine weiße Weihnacht ins Haus stünde. In
den Niederungen bleibt es zu mild.

Nach kurzem Zwischenhocheinfluss am 1. Weihnachtsfeiertag greift bereits in der
Nacht zum 2. Weihnachtsfeiertag das nächste Frontensystem eines zum Nordmeer
ziehenden Sturmtiefs auf Deutschland über und überquert den Vorhersagebereich
rasch ostwärts. Ihm folgt erneut polare Meeresluft, wobei die schauerartigen
Niederschläge im Bergland meist als Schnee fallen, in den Niederungen dagegen
höchstens vorübergehend mal mit Schnee vermischt sind. Insgesamt wird es windig,
an der See und auf den Bergen stürmisch und mäßig kalt.

Nebenbei sei bereits an dieser Stelle angemerkt, dass nicht alle Modelle diese
zyklonale Schiene fahren und zum Teil deutlich vom ECMWF abweichen. Näheres dazu
im Modellvergleich.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Insgesamt erweist sich der aktuelle Lauf auch über die Weihnachtsfeiertage
hinweg als erstaunlich konsistent zu seinen Vorgängern. Die erste Trogpassage in
der Nacht zum Freitag wurde in den beiden gestrigen Läufen etwas später (am
Freitag tagsüber statt in der Vornacht), dafür aber auch ein wenig markanter
simuliert.
Den ersten "Weihnachtstrog" in der Heiligen Nacht hatten beide Vorläufe
ebenfalls im Programm, dazu auch noch kaum phasenverschoben. Der gestrige 00
UTC-Lauf simulierte allerdings eine etwas kräftigere Bodentiefentwicklung über
der Nordsee. Erst zum zweiten Weihnachtstag werden die Unterschiede größer, das
Übergreifen des zweiten Troges wurde in beiden Vorläufen deutlich später
simuliert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am Mittwoch und Donnerstag zeigen alle vorliegenden Modelle eine dem ECMWF
ähnliche Wetterentwicklung. Der Trog, der in der Nacht zum Freitag den Norden
und Nordwesten Deutschlands überquert, wird vom ICON etwas markanter und von
mehr Niederschlägen begleitet simuliert als vom ECMWF und vor allem vom GFS, die
die schwächste Variante auf der Karte haben.
Das Durchschwenken eines Höhenrückens am Freitag bzw. in der Nacht zum Samstag
zeigen ebenfalls alle Modelle.
Über die Weihnachtsfeiertage laufen die Modelllösungen dann deutlich
auseinander. Der Höhentrog, der in der Heiligen Nacht Deutschland von West nach
Ost überquert, wird vom ECMWF am markantesten und progressivsten simuliert,
ähnlich aber auch vom GEM. Das ICON lässt den Trog ebenfalls auf Mitteleuropa
übergreifen, allerdings etwas langsamer und aufgrund eines beginnenden
Abtropfprozesses über Norditalien deutlich flacher. GFS lässt den Trog noch
weiter westlich austropfen und simuliert am ersten Feiertag eine milde
Südwestströmung.
Den Trogdurchgang am 2. Weihnachtsfeiertag hat dann nur noch das ECMWF auf der
Karte. GFS und GEM zeigen den Übergang zu einer sehr höhenmilden und leicht
zyklonal (GFS) bzw. leicht antizyklonal (GEM) konturierten Südwestlage.

Fazit: Vor allem die ECMWF-Lösung, etwas abgeschwächt aber auch die des GEM,
hätten zumindest in Lagen oberhalb von 400 bis 700 m weiße Weihnachten in petto.
Auch in tiefen Lagen können die Schauer kurzzeitig mal als Schnee fallen, für
eine verbreitete Schneedecke sollte es aber nicht reichen.
Nach GFS reicht es dagegen am 24. Und 25.12. kaum für Niederschläge, erst am
26.12. gäbe es mit Übergreifen der leicht zyklonalen milden Südwestströmung im
Westen und Norden verbreitet Regen. ICON hat in der Heiligen Nacht zumindest im
Westen leichte Niederschläge auf der Karte, wobei es dann in kalten Nebellöchern
Glatteisregen geben könnte.
Eine nachhaltige Einwinterung mit Schnee bis in tiefe Lagen und verbreitetem
Dauerfrost scheint aber aus aktueller Modellsicht ausgeschlossen.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Zu Beginn der Mittelfrist (72 bis 96 Stunden, also am 21. und am 22.12.)
verteilen sich die Ensembleläufe, inklusive Haut- und Kontrolllauf auf 4 Cluster
(16, 14, 14, 7 Member), wobei in jedem Cluster einem umfangreichen
Nordatlantiktrog ein kräftiges Höhenhoch über Mittel- und Osteuropa
gegenübersteht.
Im nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden, also vom 23. bis 25.12.)
tauchen ebenfalls vier Cluster (jeweils 18, 14, 13, 6 Member) auf. Die erste
Trogpassage am 23.12. zeigen alle Cluster ähnlich. Das Übergreifen des zweiten
Troges in der Nacht zum 25.12. wird von Cluster 1, in dem sich auch der Haupt-
und Kontrolllauf befinden, am stärksten simuliert. Cluster 2 und 4 tendieren
eher zur GFS-Lösung mit einer Austrogung über Südwesteuropa und dem Aufbau einer
mehr oder minder zyklonal geprägten und milden Südwestströmung. Cluster 3 lässt
den Trog dagegen bereits im Laufe des 24.12. rasch über das nördliche
Mitteleuropa hinweg ostwärts ziehen und zeigt ihn bei weitem nicht so markant
ausgeprägt. Insgesamt spiegelt sich der in den Modellen erkennbare Trend zu
zyklonal geprägten Wetterlagen (sei es SWz, Wz oder gar NWz) auch in den
Ensembles wider.
In der erweiterten Mittelfrist 6 Cluster; 26. bis 28.12.) laufen die Ensembles
dann deutlich auseinander. Tendenziell ist weiterhin ein Trend zu zyklonal
geprägten und milden Südwestlagen hin erkennbar. Cluster 2 und 4 haben
allerdings eine sehr antizyklonale Lösung in petto, während Cluster 6 (nur 5
Member, aber inklusive des Hauptlaufes) Richtung zyklonal Nordwest tendiert.
In der Rauchfahnendarstellung der 850 hPa- Temperatur bzw. des 500 hPa-
Geopotentials der einzelnen Member fällt auf, dass die erste Trogpassage in der
Nacht zum Freitag von den meisten Membern markanter simuliert wird als vom
Hauptlauf. Der Spread der 850 hPa-Temperatur bewegt sich im Westen Deutschlands
zwischen +3 und -6 Grad (Hauptlauf um 0 Grad). In der Heiligen Nacht bewegt sich
dann der Hauptlauf im unteren Bereich der Member (bei -5 Grad, Spread ansonsten
zwischen +6 und -6 Grad). Niederschlagssignale tauchen vor allem ab dem
24./25.12. auf.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI gibt keinerlei Hinweise auf außergewöhnliche Wettererscheinungen.
Am Mittwoch und Donnerstag beschränkt sich die Warntätigkeit weitgehend auf die
Grenzschichtproblematik (Nebel, Frost und Glätte durch Reif, Überfrieren oder
gefrierendes Nebelnässen). Mit Annäherung erster schwacher Frontensysteme
frischt im Laufe des Donnerstags und in der Nacht zum Freitag zumindest im
Norden der Südwestwind auf, in exponierten Küstenlagen zeigen COSMO-LEPS und
ECMWF-EPS geringe Wahrscheinlichkeiten für markante Böen (Bft 8). Zudem kann mit
dem Landeinwärtsschwenken des Frontensystems vor allem im westlichen Bergland
stellenweise Glatteisregen nicht ausgeschlossen werden.
Über die Weihnachtsfeiertage steigen dann mit zunehmender Zyklonalität die
Wahrscheinlichkeiten für markante Böen (Bft 8 bis 9) an den Küsten und im
Bergland weiter an. Stürmische Böen oder Sturmböen auch in den Niederungen (am
ehesten Westen und Norden des Landes) werden bisher nur von wenigen
Ensemblemembern simuliert, sind aber gleichwohl nicht ausgeschlossen.
Mehr und mehr rückt auch die Niederschlagstätigkeit in den Fokus des
Warngeschehens. Vor allem das ICON hat in der Heiligen Nacht auch Glatteisregen
auf der Karte, während nach ECMWF und GEM bei gut durchmischter polarer
Meereskaltluft eher die Schneephase, vor allem im Mittelgebirgsraum, ins Spiel
kommt.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff