DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-12-2016 11:00
SXEU31 DWAV 160800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 16.12.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HM (Hoch Mitteleuropa)

Heute ruhiges Hochdruckwetter. Am WE von NW her schwache Störungen mit geringen
Niederschlägen, dabei lokale Glätte möglich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland unter einem umfangreichen, vom zentralen Mittelmeer
bis hoch zum Nordpolarmeer reichenden Höhenrücken, Eingelagert darin ist ein
abgeschlossenes Höhenhoch über Mitteleuropa, dem ein veritabler LW-Trog über dem
nahen Osteuropa und ein zweiter, in Richtung Südspanien bzw. Straße von
Gibraltar abtropfender Trog westlich von uns. Da gesamte Strömungsmuster zeigt
sich heute nur wenig progressiv, so dass sich an der antizyklonalen, von
Absinken geprägten Ausrichtung nichts ändert.
Das wird nicht zuletzt auch durch einen Blick auf die Bodenwetterkarte
bestätigt, die ein kräftiges, mit über 1035 hPa ausgestattetes Hoch mit Zentrum
über dem östlichen Mitteleuropa zeigt. Zwischen dem Hoch und einer von UK bis
zur Iberischen Halbinsel positionierten Tiefdruckrinne hat sich ein leidlicher
Gradient aufgebaut, der einen leichten Ost-West-Drucküberschuss aufweist und
somit einen zwar limitierten (Warnungen vor Windstärke 7 Bft dürften wohl auf
einige wenige exponierte Täler und Höhen des Erzgebirges beschränkt bleiben),
für einige Regionen aber doch sehr erfreulichen SO-Wind generiert. In der
Vorhand sind bei einer solchen Konstellation üblicherweise die Nord- und
Nordwestränder der Mittelgebirge, was aus der Satellitenperspektive bereits
heute Morgen eindrucksvoll zu erkennen ist. So hat sich nördlich des Erzgebirges
eine riesige Lücke bis hoch zur Ostsee in das hochnebelartige Gewölk gefressen,
und auch große Teile NRWs bis ins südwestliche Niedersachsen zeigen sich
unbeeindruckt vom ansonsten verbreitet auftretenden Hochnebel.
Ansonsten zeigen die Radiosondenaufstiege von vergangener Nacht 00 UTC eine
Absinkinversion, die im Süden und in Teilen der Mitte bei etwa 1000 m lag, nach
Norden hin eher bei 600-700 m. Aufgrund des andauernden Absinkens wird die
Inversion im Tagesverlauf etwas nach unten gedrückt, wodurch die feuchte
Grundschicht etwas gestaucht wird. Dies sowie der schon angesprochene
südöstliche Wind dürften dafür sorgen, dass heute noch mehr außer der schon
genannten Regionen in den Genuss sich auflösenden Nebels respektive Hochnebels
kommen. Allerdings wird es auch wieder "graue Bastionen" geben, in denen sich
nichts tut. Dazu gehören u.a. Teile des Hoch- und Oberrheins sowie die Regionen
südlich der Schwäbischen Alb bis in die Donauniederungen (nicht obere Donau, wo
es bereits jetzt schon offen ist). Auch im westlichen Mittelgebirgsraum (vor
allem bei Anstau) sowie gebietsweise in Norddeutschland wird es nicht
wahrscheinlich nicht reichen.
Temperaturmäßig landen wir am frühen Nachmittag bei rund oder nur wenig über 0°C
dort, wo sich zäher Nebel hält sowie im östlichen Mittelgebirgsraum und
punktuell bis zu 10°C im sonnigen Westen (Starttemperatur dort z.T. bei 5°C).

In der Nacht zum Samstag kräftigt sich das Hoch noch etwas, wobei sich eine
Brücke aufbaut, die das Azorenhoch mit dem Hoch über dem östlichen Mitteleuropa
bzw. dem Balkan verbindet. Deutschland liegt mitten in dieser Brücke, was einen
aufweichenden Gradienten und damit - zusätzlich zum Tagesgang - eine
Windabschwächung zur Folge hat, so dass diesbezügliche Warnungen nicht mehr
vonnöten sind. Dafür muss wieder auf dem thermischen Sektor ordentlich
zugeschlagen werden, spricht, es tritt verbreitet leichter, nach Südosten hin
sogar mäßiger Frost auf, was freilich - die Bemerkung sei an dieser Stelle
erlaubt - für eine Mittdezembernacht nichts Außergewöhnliches darstellt.
Frostfrei dürfte wohl nur ein schmaler Streifen im äußersten W und NW bleiben,
einige Inseln und dort, wo sich hochnebelartige Bewölkung hält und tagsüber die
Temperatur im leichten Plusbereich lag.
Dort, wo es klar ist, bildet sich gebietsweise Nebel bzw. vom Tag noch
vorhandene Nebelreste breiten sich aus und verdichten sich wieder. Im äußersten
Norden kommt ein leicht zyklonaler Touch ins Spiel, vertreten durch das Residuum
des westlich von uns abgetropften Troges. Der flache Randtrog erreicht die
Nordsee und induziert dabei geringfügige Hebung auf seiner Vorderseite. Dabei
wird die wenig mächtige Hochnebeldecke etwas gehoben, was vereinzelt etwas
Nieselregen, im Landesinnern vielleicht auch etwas Schneegriesel zur Folge haben
kann (Letzteres ist allerdings wenig wahrscheinlich, weil die Temperatur in der
flachen feuchten Grundschicht zu warm ist (nur wenig unter 0°C) und auch keine
Eiskeime von oben kommen (Seeder-Feeder)). Die prognostizierten
Niederschlagsraten sind allerdings äußerst gering, so dass noch gar nicht klar
ist, ob es tatsächlich für Niederschlag reicht (vielleicht an der einen oder
anderen Stelle etwas Nebelnässen). Eine nennenswerte Glatteissituation
jedenfalls ist nicht zu erwarten.

Samstag... formiert sich über dem Ostatlantik ein neuer, zonal ausgerichteter
Höhenrücken, der Fühlung mit dem schwächelnden Höhenhoch über ME aufnimmt. Unter
dem Strich resultiert bei uns daraus eine Höhenkeilkonfiguration, die vom o.e.
Sekundärtrog in südöstliche Richtung überlaufen wird, ohne dabei
hebungstechnisch großartig in Erscheinung zu treten. Immerhin reicht es, tiefe
Bewölkung in den NO und in Teile des Ostens zu spülen, wobei es vereinzelt etwas
sprühen oder grieseln kann mit geringer Glättegefahr.
Ansonsten verbleibt Deutschland am 15. Spieltag der Fußball-BL im Bereich der
bereits erwähnten Hochdruckbrücke, die über tausende von Kilometern vom
Seegebiet westlich der Azoren bis hinüber zu Kaukasus reicht. Die Divergenzachse
verläuft dabei mitten über Deutschland, so dass nach Norden hin wieder feuchtere
Luft einsickert, die dort vielfach starke Bewölkung garantiert. Insgesamt werden
die Flächen mit Sonnenschein gegenüber heute aber deutschlandweit weniger, was
freilich auch eine Folge des kaum noch vorhandenen Windes ist. Richtung Alpen,
in höheren Lagen (800 bis 1000 m) sowie gebietsweise in der Mitte scheint aber
wieder die Sonne. Die Temperatur erreicht Maxima von 0 bis 8°C (höhere Werte im
W und an den Alpen), im O und SO hält sich gebietsweise leichter Dauerfrost.

Am Abend und in der Nacht zum Sonntag dreht die Höhenströmung zunehmend auf NW
bis N. Dabei formiert sich über Südskandinavien ein weiterer KW-Trog, der durch
Leeeffekte ordentlich ausgepumpt wird und somit deutlich an Kontur gewinnt. Er
schwenkt über die westliche Ostsee südostwärts und erreicht in den Frühstunden
mit seiner Spitze den NO des Landes. Vorgeschaltet ist eine schwache Kaltfront,
die zu einem Tief bei Spitzbergen gehört und im Laufe der Nacht auf den N
übergreift. Leichte WLA auf der Vorderseite von Front und Trog, später auch PVA
sorgen für sich etwas verstärkende Hebung, was wiederum eine zwar nur leichte,
aber durchaus entscheidende Verstärkung der Niederschlagstätigkeit zur Folge
hat. Dabei besteht vor allem nach Osten hin sowie im östlichen Mittelgebirgsraum
die Gefahr von örtlich gefrierendem Regen/Nieselregen mit Glatteis, was
letztlich aber von der detaillierten Temperaturentwicklung abhängt. Die
Prognosetemps jedenfalls zeigen im Raum Lausitz/Sachsen eine bis 800 hPa
durchfeuchtete Grundschicht mit nahezu isothermer Schichtung bei Temperaturen um
den Gefrierpunkt, was zumindest teilweise auf unterkühlte Sprühregentröpfchen
schließen lässt. Der von ICON angebotene Schneefall ist angesichts von
Temperaturen weit weg von -8 bis -10°C innerhalb der feuchten Grundschicht sowie
fehlender mittelhoher Bewölkung eher unwahrscheinlich.
Wie auch immer, an der vorpommerschen Küste frischt der SW-Wind etwas auf,
erreicht aber kaum Stärke 7 Bft. Und im übrigen Deutschland gibt es erneut
Nebel/Hochnebel, teils bleibt es klar. Die Temperatur geht mit Ausnahme des W
und NWs in den leichten Frostbereich zurück.

Sonntag... schwenkt der KW-Trog über Polen südwärts, während sich über UK ein
neues Höhenhoch etabliert, das einen Keil bis zum Europäischen Nordmeer
aufwölbt. Die Hochdruckbrücke am Boden wird in ihrem Westteil abgebaut, es
bleibt aber ein 1035-hPa-Part übrig, der von England bis nach Süddeutschland
reicht. Auf dessen NO-Flanke rutscht die Kaltfront über den O südostwärts, was
in Verbindung mit dem Höhentrog im O und SO leichte Niederschläge induziert.
Inwieweit diese auf Bayern übergreifen, ist derzeit noch offen. Viel scheint es
auf Basis der meisten numerischen Produkte aber nicht zu sein. Möglicherweise
reicht es aber, um etwas Nieselregen aus hochnebelartiger Bewölkung zu
induzieren, wobei vereinzelte Glätte möglich aber nicht sehr wahrscheinlich ist.
Am meisten Niederschlag wird für Sachsen-Anhalt, BB und Sachsen simuliert (ICONs
plus GFS 1-3, lokal 5 mm innert 12 h, IFS-ECMF weniger). Dieser fällt meist als
Regen (anfangs noch mit lokaler Glättegefahr), in höheren Lagen dann zunehmend
als Schnee.
Ansonsten wird der 4. Advent in Deutschland überwiegend ein stark bewölkter bis
bedeckter oder neblig trüber, aber weitgehend niederschlagsfreier Tag. Sonne
gibt es am ehesten am Alpenrand, vielleicht auch noch im Hochschwarzwald. Die
Höchstwerte liegen zwischen 0 und 8°C mit den höchsten Werten in der
vergleichsweise milden Nordseeluft im NW des Landes.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung ist unstrittig. Die Feinheiten innerhalb der
Grenzschicht hingegen werfen immer noch Fragen auf, die häufig erst kurzfristig
beantwortet werden können. Viel wurde im Text über die möglichen Niederschläge
und deren Aggregatszustand philosophiert. Dabei sei hier die Bemerkung erlaubt,
dass die Wahrscheinlichkeit für gefrierenden Niederschlag auch auf Basis der
Anschlussverfahren wie Modell-Mix und WARN-Mos ziemlich gering ist.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann