DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-12-2016 10:00
SXEU31 DWAV 110800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 11.12.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWa, Übergang zu HM
Heute vor allem über der Mitte und im Osten stürmisch, auf dem Fichtelberg
Orkanböen. Im Süden anfänglich gefrierender Regen möglich. In den Folgetagen
nachlassender Wind, vor allem in der Nacht auf Dienstag abgesehen vom Nordwesten
und Westen Frost und teils Glätte.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... ist die Höhenströmung zonal orientiert und die eingelagerten Wellen
weisen vornehmlich kleinere Amplituden auf. Bestimmend für die Wetterentwicklung
am heutigen Tag ist dabei ein markanter Kurzwellentrog, der relativ rasch
ost-südostwärts über Deutschland hinweg wandert. Daran gekoppelt ist ein
Wellentief am Südrand der nordeuropäischen Tiefdruckzone, das im Laufe des Tages
über Deutschland hinweg bis zu den Baltischen Staaten zieht. Auf der Rückseite
des Tiefs überquert die zugehörige Kaltfront bis zum Abend ganz Deutschland.
Dahinter strömt ein Schwall Meereskaltluft mit 850 hPa Temperaturen unter 0 Grad
ein.

Die stärksten Regenfälle im Bereich des Wellenkopfes liegen derzeit über dem
Osten und Nordosten (Stundensummen um 5 mm) und ziehen im Laufe des Vormittages
ostwärts ab. Die Niederschläge in Verbindung mit der nach Süden laufenden
Kaltfront halten sich indes eher in Grenzen. Meist liegen die Mengen unterhalb
von 1 mm. Allerdings bewegen sich die Belagstemperaturen in mittleren,
insbesondere in südlichen Landesteilen noch zum Teil im Frostbereich. Dadurch
besteht vor allem anfangs noch die Gefahr von Glatteis durch gefrierenden Regen.
Das Glätterisiko lässt im Laufe des Vormittages im Tiefland bald nach und zieht
sich in höhere Lagen zurück. Betroffen ist dann vor allem noch der Bayerische
Wald. Nachfolgend sinkt allerdings die Schneefallgrenze zum Nachmittag auch
rasch bis auf 800 m, sodass in den Gipfellagen etwas Neuschnee fallen kann.

Rückseitig der abziehenden Kaltfront muss im Trogsektor noch mit schauerartigen
Niederschlägen gerechnet werden. Aufgrund des Mangels an Höhenkaltluft
(Differenz 500 vs. 850 hPa 25 bis 27 K) bleiben diese aber zumeist gering.

Eine wichtige Rolle spielt der Wind. Der Kaltfrontdurchgang ist begleitet von
einer kräftigen Druckanstiegswelle. Knapp vorderseitig erreicht der Wind sein
Maximum mit verbreitet starken Böen südlich des Wellenkopfes und dementsprechend
vornehmlich über den mittleren Landesteilen. Der kräftige Wind erklärt sich
zudem mit einem Maximum der Windgeschwindigkeit zwischen 925 hPa (bis 45 kn) und
850 hPa (bis 55 kn). Dieser kann anteilig im Bereich vertikaler Umlagerungen
entlang der Kaltfront bis nach unten gemischt werden. Im Westen wurden bereits
ausgangs der Nacht Böen Bft 8 bis in tiefe Lagen gemessen. Darauf basierend und
unter Einbeziehung der verschiedenen Ensembleverfahren ist die Überschreitung
der markante Warnschwelle weiter nach Osten verbreite als wahrscheinlich
einzustufen. Davon betroffen sind die Gebiete ausgehend vom Harz ostwärts
nördlich von Thüringer Wald und Erzgebirge. Dort muss mit Böen Bft 8, exponiert
auch Bft 9 gerechnet werden. Auf dem Fichtelberg sind zudem einzelne Orkanböen
nicht ausgeschlossen und werden auch von der Statistik unterstützt. Der Wind
kommt anfangs aus West bis Südwest und dreht auf West, vorübergehend auch auf
Nordwest.

Rückseitig der Druckanstiegswelle lässt der Wind rasch wieder nach. Das liegt
vor allem auch daran, dass das Windmaximum in mittleren Schichten rasch ostwärts
abzieht und auch der Gradient etwas aufgeht. Am längsten stürmisch bleibt es in
Richtung Osten und dort vor allem in Richtung Erzgebirge und in Verbindung mit
Schauern.

In der Nacht auf Montag ziehen Trog und Tiefdruckgebiet rasch weiter nach Osten.
Gleichzeitig kann sich bei den Britischen Inseln ein Hochkeil stärker
amplifizieren. Dadurch stellt sich trogrückseitig über Deutschland eine
nördliche Höhenströmung ein. Im Isohypsen und IPV-Feld lässt sich zudem
erkennen, dass im Laufe der Nacht vor allem im Osten noch ein Kurwellentrog von
Nord- nach Süd abläuft. Zudem findet man auch in der relativen Topographie und
im Feuchtefeld ein Maximum. Damit lässt sich ein Niederschlagsmaximum in den
Prognosen erklären, dass vom Norden bis zum Morgen in den Osten und Südosten des
Landes läuft. Warnrelevant sind dabei allenfalls die Hochlagen der Berge infolge
etwas Neuschnee oberhalb etwa 800 m.

In den östlichen Landesteilen bleibt damit auch der Wind noch recht lebhaft mit
einzelnen Böen Bft 7, im Bergland Bft 8, auf den Gipfeln Bft 9.

Winterliche Warnkriterien werden vor allem am Alpenrand, teils auch im
Alpenvorland sowie allgemein in höheren Berglagen erfüllt. Dort ist leichter
Frost möglich, der vereinzelt auch zu Glätte durch überfrierende Nässe oder
etwas Neuschnee führen kann. Diese Dinge sollten sich aber alle auf der
untersten Warnkategorie abspielen und regional begrenzt sein. Sonst liegen die
Nachwerte mit 7 bis 2 Grad abseits jeglicher Warnrelevanz.


Montag... befindet sich der stark amplifizierte Hochkeil zum Mittagstermin mit
seiner Achse zwischen Nordsee und Nordmeer, sodass das Vorhersagegebiet stärker
in seinen Einflussbereich gerät. In der Höhe befindet sich Deutschland noch in
einer nördlichen bis nordwestlichen Strömung, mit der vor allem in Richtung
Nordosten kältere Luftmassen advehiert werden. Dort liegt die 850 hPa Temperatur
um -5 Grad. Am Boden erstreckt sich eine schwache Hochdruckzone von den Kanaren
über Deutschland, bis nach Südschweden und zur Ostsee.

Allerdings ist der Bodenhochdruckeinfluss nur bedingt von Relevanz. Oberhalb 800
hPa sind zwar sehr trockene Luftmassen aktiv, allerdings wird in den
Prognosesounding darunter eine hohe relative Feuchtigkeit vorhergesagt,
insbesondere im Grenzschichtbereich. Demzufolge dominiert in weiten Landesteilen
tiefe Bewölkung. Mit dem aus der Nacht abziehendem kurzwelligen Anteil wird auch
noch ein wenig schauerartiger Niederschlag prognostiziert, insbesondere im
Mittelgebirgsumfeld (Harz, Thüringer Wald, Erzgebirge, Bayerischer Wald), wobei
Schnee nur in den Gipfellagen ein Thema sein sollte (>800 m). Zum Nachmittag
lassen die Niederschläge nach.

Mit der Hochdruckzone am Boden nimmt der Gradient rasch ab. Nur in den
Gipfellagen der ost-südostdeutschen Mittelgebirge und am östlichen Alpenrand
sind anfangs noch starke bis stürmische Böen möglich. Maxima liegen tags bei 4
bis 9 Grad, im Bergland im unteren einstelligen Bereich. Insofern gestaltet sich
der Tag zumeist auch warnfrei.

In der Nacht auf Dienstag kommt der Hochkeil ostwärts bis nach Deutschland voran
und das Bodenhoch zieht weiter nach Polen. Allerdings nimmt die Amplitude des
Keils deutlich ab und wird zudem rückseitig von einem neuen, wenn auch eher
schwachen Trog angegriffen. Damit kommt die mögliche Absinkwirkung auch nur
bedingt zum Tragen. So kann man davon ausgehen, dass zunächst gebietsweise die
Wolkendecke stärker auflockert. Dabei dürften sich in der feuchten Grundschicht
dann recht schnell Nebel und Hochnebel ausbilden. Spätestens in der zweiten
Nachthälfte verdichten sich von Westen her die Wolken mit der Annäherung der
Störung. Allerdings gibt es in Wirkung und zeitliche Verlagerung noch gewisse
Unsicherheiten. Die deutsche Modellkette bringt in den westlichen Landesteilen
bis zum Morgen erste, wenn auch schwache Niederschläge, die von anderen Modellen
eher nicht mitgetragen werden. Ob damit in den zuvor klaren Gebieten anfänglich
auch Glätte verbunden ist (wie dies ICON andeutet) ist aus heutiger Sicht als
eher unwahrscheinlich einzustufen.

Je nachdem wie lange es aufklart muss abgesehen vom Westen und Nordwesten mit
leichten, in ungünstigen Lagen auch mäßigen Nachtfrösten gerechnet werden. In
den Gebieten wo es tagsüber noch Niederschlag gegeben hat, oder wo sich dichter
Nebel bildet, muss entsprechend mit Glätte durch überfrierende Nässe gerechnet
werden.

Der Wind weht abgesehen von den Küsten und dem höheren Bergland durch den eher
geringen Luftdruckgegensatz nur schwach.

Dienstag... wandert die schwache kurzwellige Störung nach Deutschland rein, wird
aber zunehmend unscheinbarer, da sich rückseitig bei den Britischen Inseln der
Hochkeil kräftigen kann. Für Deutschland bedeutet dies aber dennoch häufig ein
grauer Tag. Sei es durch zähen Nebel und Hochnebel in Richtung Süden und Osten
oder aber durch den Feuchteeintrag mit dem Kurzwellentrog vom Westen und
Nordwesten bis zur Mitte.

Die größten Chancen auf Sonne gibt es an der Grenze zu Polen sowie allgemein im
höheren Bergland oberhalb der Inversion (Untergrenze etwa 900 hPa) und damit
auch recht verbreitet unmittelbar am Alpenrand. Durch die südliche bis
südwestliche Grundströmung in der unteren Troposphäre ist durchaus auch denkbar,
dass nördlich der Mittelgebirge (Lee) zeitweise sonnige Auflockerungen möglich
sind.

Etwas Niederschlag breitet sich von Westen und Nordwesten bis zur Mitte aus, zum
Teil (je nach Modell) auch bis in den Osten und Südosten. Allerdings sind die
Mengen nur gering und es ist gut möglich, dass der Regen auf wenige Gebiete
nördlich der Mittelgebirge beschränkt bleibt. Der Wind bleibt vor allem nach
Osten und Süden schwach, während er im Westen und in Richtung Küste auch mal
mäßig und leicht böig daherkommt. Er weht dabei vornehmlich aus Süd bis Südwest.


Warnungen sind abseits der zähen Nebelfelder tagsüber nicht zu erwarten.

In der Nacht auf Mittwoch ändert sich nicht viel am Wettercharakter. So wandert
vorderseitig des sich stromaufwärts kräftigenden Hochkeil eine zweite
kurzwellige Störung mit ihren Feuchtefeldern nach Deutschland und dominiert das
Wettergeschehen in großen Landesteilen. So überwiegt in der Nacht die dichte
Bewölkung und etwas Niederschlag breitet sich ostwärts über große Teile von
Deutschland aus. Vor allem im höheren Bergland ist dabei auch etwas Glätte durch
anfängliches Glatteis nicht ausgeschlossen. Wenn, dann ist dies aber wohl
vornehmlich eine vorübergehende Erscheinung.

Wenig davon bekommt man im Süden und Südwesten mit. Dort sind insbesondere im
Bergland auch größere Wolkenauflockerungen möglich. Abgesehen vom
Süden/Südwesten und dem Mittelgebirgsraum bleibt es häufig frostfrei


Modellvergleich und -einschätzung
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In der grundlegenden kurzfristigen Entwicklung der Großwetterlage besteht
Einigkeit zwischen den verschiedenen Modellen. Allerdings ergeben sich noch
Unsicherheiten zwischen den Modellen bezüglich der Effektivität und dem zeitlich
Ablauf der kurzwelligen Störungen in der Nacht auf und am Dienstag selbst. Die
deutsche Modellkette ist diesbezüglich am schnellsten und intensivsten, was die
Niederschläge betrifft, während bspweise ECMWF diesbezüglich stärker auf die
Bremse tritt. Auswirkungen auf mögliche Warnungen hat dies aber allenfalls was
die Nacht auf Dienstag und Frost/Glätte betrifft.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer