DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-12-2016 21:00
SXEU31 DWAV 021800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 02.12.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Boring high-pressure-influence - 2. Adventswochenende im Zeichen der
Grenzschichtmeteorologie.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... hat die Kaltfront des mittlerweile in der Südukraine angelandeten
Tiefs THERESA den äußersten S und SW unseres Landes erreicht, wo sie beginnt
sich aufzulösen. Druckanstieg, mangelnde Baroklinität, dazu die blockierende
Wirkung eines über Westeuropa liegenden Höhenrückens sind zu viel Gegenwind für
die gute Kaltfront, um das 2. Adventswochenende bei uns zu überleben.
Stattdessen weitet sich Hoch UWE mit Schwerpunkt über UK/Irland immer weiter
südostwärts aus, so dass die Kurssetzung eindeutig in Richtung "antizyklonal"
geht. Folglich rückt das meteorologische Geschehen mehr und mehr in das unterste
Stockwerk der Troposphäre, wo dann Attribute wie Frost, Nebel und Glätte die
(Warn)Wetterberichte beherrschen werden.
In der Nacht zum Samstag hält sich im Süden und Südwesten in der gealterten
Kaltluft bzw. Mischluft dichte frontale Bewölkung, aus der es hier und da noch
etwas nieselt oder schneegrieselt bzw. leicht schneit. Am östlichen Alpenrand
springt dabei eine gelbe Glättewarnung vor geringfügigem Schneefall raus (ist
schon geschehen).
In den übrigen Regionen setzt sich die postfrontal eingeflossene Polarluft
arktischen Ursprungs durch, wobei im W und NW auch schon wieder ein gewisser
Nordseeeinfluss (höhere Taupunkte) zu verzeichnen ist. Bei gering bewölktem oder
klarem Himmel bildet sich gebietsweise Nebel, wobei die Nebelneigung im O und NO
in der trockeneren Luft geringer ist als sonst. Darüber hinaus geht die
Temperatur verbreitet in den leichten, im östlichen Mittelgebirgsraum sowie in
großen Teilen Frankens und der Oberpfalz insbesondere in geschützten Mulden- und
Tallagen bis in den mäßigen Frostbereich zurück. Frostfrei bleib es in einigen
Küstenorten und Inseln, in größeren Städten Westdeutschlands sowie teilweise im
SW (starke Bewölkung).
Thema "Glätte": Ist grundsätzlich durch Reif oder im Falle von Nebel durch
gefrierendes Nebelnässen möglich. Bei Reif sollte man im Warnmanagement defensiv
ans Werk gehen (keine oder zumindest sichtbare Glättewarnung), währen man im bei
der Kombi Nebel/Frost" situativ entscheiden sollte. Offensives Warnen ist dort
gefragt, wo zuvor Niederschlag gefallen ist, die Beläge noch feucht oder nass
sind und die bodennahe Temperatur auf den Gefrierpunkt oder darunter sinkt, was
gemeinhin gefrierende Nässe zur Folge hat. Regional ist das gebietsweise im S
und SW der Fall.

Samstag ... verbleibt Deutschland zwischen dem o.e. Höhenrücken über Westeuropa
bzw. dem nahen Ostatlantik und einem vom Nordpolarmeer bis hinunter nach
SO-Europa reichenden LW-Trog unter einer gegenüber heute schwächer werdenden
nordwestlichen Höhenströmung. Schwächer wird die Strömung deswegen, weil das
gesamte Potenzialmuster ein klitzeklein bisschen progressiv ist, sprich, der
Rücken rückt dichter an den Vorhersageraum heran, was mit einer weiteren Abnahme
der Höhenwinde einhergeht.
Im Bodendruckfeld gelangt Deutschland in den Bereich einer länglichen, von UK
bis zum Balkan reichenden Hochdruckzone (etwas über 1025 hPa), deren
Divergenzachse diagonal von NW nach SO über Deutschland verläuft (um 12 UTC etwa
auf einer Linie Grafschaft Bentheim-Vogtland). Nordöstlich dieser Linie
herrschen leichte westliche Winde vor, die z.T. Nordseeluft advehieren, was mit
einer weiteren Feuchtezunahme einhergeht. Südwestlich der Achse hingegen kommt
der schwache im SW mitunter auch mäßige Wind (Bise; Feldberg/Schwarzwald später
vielleicht sogar mit einer 8er-Böe) aus östlichen Richtungen, womit allgemein
etwas trockenere Luft herangeführt wird. Von daher verwundert es nicht, dass
MOS-Mix, aber auch die meisten deterministischen Modelle insgesamt recht wenig
tiefe Bewölkung (hohe und mittelhohe Wolken spielen keine Rolle) und somit einen
hohen Sonnenanteil in der Mitte und im Süden simulieren - nachdem sich die
Nebelfelder aufgelöst haben. Einzig im äußersten Süden hält sich in einem
schmalen, zonal angeordneten Streifen bis in den Nachmittag hinein tiefe
hochnebelartige Bewölkung (z.T. handelt es sich um Reste der frontalen
Bewölkung).
Deutlich mehr Stratus und Stratocumulus (teils cumologenitus) bzw. in Hochnebel
übergehenden Nebel simulieren insbesondere die externen Modelle für
Norddeutschland, was sich auch in der MOS-Mix-Darstellung widerspiegelt. Dieses
Szenario erscheint etwas realistischer als das von der ICON-Kette favorisierte,
wonach sich nur wenige Wolken am norddeutschen Himmel tummeln sollen. Besonders
nach NO hin sowie Richtung Nordsee sollte die Sonne aber einige Einsatzminuten
oder auch einige mehr bekommen.
Die Temperatur steigt auf 1 bis 6, im W und NW lokal bis 7°C. Bei zähem
Nebel/Hochnebel sowie in den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen muss mit
Maxima bei 0°C oder im leichten Minusbereich gerechnet werden.

In der Nacht zum Sonntag ändert sich an der Potenzial- und Druckverteilung kaum
etwas. Unter Hochdruckeinfluss bildet sich gebietsweise Nebel oder Hochnebel
respektive vorhandene Hochnebelfelder breiten sich aus. Abgesehen von der
Tatsache, dass Nebel- und Hochnebelprognosen erfahrungsgemäß mal mehr, mal
weniger etwas Lotteriehaftes haben und somit fast unter das Glücksspielgesetz
fallen, lässt sich doch zumindest die Aussage treffen, dass die
Nebelwahrscheinlichkeit (auch in der flächenmäßigen Ausdehnung) im Norden höher
ist als im Süden und in der Mitte, wo nach wie vor die trockenere Luft lagert.
Ob der äußerste NO in Folge leichter WLA von einigen hohen und mittelhohen
Wolkenfeldern tangiert wird, ist noch fraglich. Die
Niederschlagswahrscheinlichkeit jedenfalls ist äußerst gering.
Die Temperatur geht gegenüber der Vornacht noch etwas zurück, was in der Mitte
und im Süden größeren Arealen mäßigen Frost bis zu -9°C beschert. Lokal ist in
einigen Tal- und Muldenlagen der östlichen und südöstlichen Mittelgebirge sogar
strenger Frost von -10°C oder etwas darunter möglich. Frostfrei bleibt es wohl
nur in einigen nord- und ostseenahen Orten, vor allem dort, wo etwas Wind vom
Meer her weht.

Sonntag ... bleibt das großräumige Strömungsmuster grundsätzlich erhalten,
allerdings weitet sich der Höhenrücken noch etwas weiter nach Osten aus. Dadurch
geht nicht nur die Höhenströmung über dem Vorhersageraum in den kaum merklichen
Bereich zurück. Gleichzeitig verschiebt sich auch der Schwerpunkt des Bodenhochs
ost-südostwärts, wobei sich das Hoch noch etwas verstärkt auf über 1030 hPa.
Unter dem Strich ergibt sich für Deutschland abermals eine Mischung aus
Hochnebel, zähem Nebel und Sonnenschein. Bei allem Respekt vor der Vorhersage
der Verteilung dieser Parameter (siehe oben), lässt sich der Verfasser auf Basis
verschiedener numerischer Prognoseprodukte zu der Aussage hinreißen, dass es im
N und O vielerorts längere Zeit, ja sogar ganztägig bedeckt oder neblig trüb
bleibt. In der Mitte und im Süden stehen die Chancen ungleich höher, wobei man -
wenn man auf ganz Nummer Sicher gehen will - einen Ausflug in die Höhenlagen der
Mittelgebirge oder in die Alpen unternehmen sollte. Insbesondere im Süden dürfte
es aber auch einige Ecken geben, wo sich die Auflösung von Nebel/Hochnebel als
zähe Angelegenheit entpuppt (z.B. zwischen Bodensee und Schwäbischer Alb,
unteres Alpenvorland, vielleicht sogar Teile des südlichen Oberrheingrabens).
Wie auch immer, trotz leichter niedertroposphärischer Erwärmung geht es mit den
2m-Temperaturen noch etwas bergab. Die +5°C-Marke wird nur noch selten
überschritten (am ehesten an der See sowie vereinzelt im Westen), meist liegt
die Spanne der Höchstwerte zwischen 0 und 5°C. Dort, wo Nebel oder Hochnebel zum
Ganztagesbegleiter wird, reicht es häufig nicht mehr für das Überschreiten des
Gefrierpunktrubikons. Immerhin, in der Vergangenheit gab es nicht wenige
Adventswochenenden, an denen der Genuss einer kühlen Coke angebrachter war als
der Verzehr eines heißen Glühweins oder Lumumbas. Das dürfte an diesem
Wochenende anders sein...

In der Nacht zum Montag bleibt es bei der mittlerweile zur Gewohnheit gewordenen
Mischung aus klarem Himmel auf der einen und Nebel/Hochnebel auf der anderen
Seite. Am nebelgefährdetsten scheint der NW (Nordseeeinfluss), die geringste
Nebelneigung gibt es in der Mitte. Erneut wird es frostig (leicht bis mäßig,
vereinzelt streng), lediglich in Küstennähe bleibt es z.T. frostfrei.

Montag ... verlagert sich der Hochschwerpunkt weiter in Richtung Schwarzes Meer
(jetzt schon über 1035 hPa), es bleibt aber ein langgestreckter, über
Deutschland und die Nordsee bis zum Europäischen Nordmeer reichender Keil übrig.
Dieser Keil lässt keine Zweifel offen, dass auch der Start in die neue Woche bei
uns ein antizyklonaler wird, auch wenn im NO ein flacher und breiter Höhentrog
südostwärts schwenkt. Für mehr als ein paar hohe, vielleicht noch mittelhohe
Wolkenfelder wird es sehr wahrscheinlich aber nicht reichen.
Ansonsten gilt "business as usual" mit Sonnenschein, aber auch gebietsweise
Nebel oder Hochnebel (N, NO, einige Flusstäler Süddeutschlands). Temperaturmäßig
ändert sich nicht viel gegenüber Sonntag. An der Ostsee frischt der westliche
Wind etwas auf, für warnwürdige Böen reicht es nach jetzigem Kenntnisstand aber
nicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Übergang zu einer Hochdrucklage wird allgemein bestätigt in der vielfältigen
Welt numerischer Wettervorhersagen. Die damit verbundenen Grenzschichtprobleme
wurden im Text angerissen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann