DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-11-2016 21:00
SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 22.11.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In den Alpen weiterhin föhnig, sonst nicht viel los auf der Gass...

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland nach wie vor auf der Vorderseite eines vom
Nordpolarmeer bis vor die Küste NW-Afrikas reichenden LW-Troges, der in der
kommenden Nacht über Portugal abtropft. Zwischen dem abgetropften Höhentief im
Süden und dem Trogresiduum westlich Norwegens steigt das Potenzial über dem
Vorhersageraum von Osten her an, was sich in Form eines bis nach UK gerichteten
Höhenkeils bemerkbar macht. Damit verbundener Druckanstieg lässt eine schwache
Hochdruckbrücke entstehen, die das leicht nordwärts verschobene Azorenhoch mit
dem Monumentalhoch über Russland verbindet. Gleichzeitig füllt sich das
mittlerweile über der Nordsee angekommene Rief PETRINE weiterhin auf, so dass
Mittwochfrüh nur noch eine schwache Trogkonfiguration über Norwegen bzw. dem
Seegebiet südlich davon übrigbleibt.
Trotz der klaren Weichenstellung in Richtung "antizyklonal" hält sich im Westen
eine Luftmassengrenze, an der es zu Hebungsprozessen und gebietsweise skaligen
Regenfällen kommt. Mangels fehlender thermischer und humider (Td) Gegensätze im
Bodenniveau, aber durchaus vorhandener niedertroposphärischer Baroklinität wurde
die Luftmassengrenze als schleifende Höhenkaltfront analysiert, die im Laufe der
Nacht eher wieder ein Stück nach Westen gedrückt wird.
Im großen Rest des Landes, also vor allem im Osten und Süden sowie in großen
Teilen der Mitte, verschärft sich die Inversionslage, weil es unter der
niedertroposphärischen Warmluft (T850 10-13°C) zu einer tageszeitbedingten
Abkühlung kommt. Zwar gibt es aufgrund immer noch zahlreich vorhandener
mittelhoher und hoher Wolken und der damit verbundenen Gegenstrahlung bis auf
ganz wenige Ausnahmen keinen Nachtfrost, für niedrige Minima im Plusbereich
reicht es besonders im S und O schon. Dort, wo es längere Zeit klar oder nur
gering bewölkt ist, bildet sich Nebel.
Ach ja, dann ist da noch der Föhn in den Alpen, der immer mal wieder "aufploppt"
mit Böen bis Stärke 9 Bft auf einigen Gipfeln, zwischendurch aber auch mal
längere Auszeiten mit geringeren Windgeschwindigkeiten nimmt.

Mittwoch ... bleibt uns die Potenzial- und Luftdruckbrücke erhalten, wobei sich
bis zum Abend über Schottland aus dem Azorenhochableger eine eigenständige
Hochparzelle bildet. Gleichzeitig entwickelt sich das zum Cut-Off-Tief
korrespondierende Bodentief über der Iberischen Halbinsel noch etwas auf unter
1000 hPa, in den Abendstunden ist sein Kern über NO-Spanien zu erwarten.
Und was passiert bei uns? Nicht viel bis gar nichts könnte man sagen, zumindest
aus warntechnischer Perspektive. Einzig der Föhn in den Alpen entpuppt sich als
zwar schwächelnder, aber nicht gänzlich umfallender Geselle, der auf den Gipfeln
noch die eine oder andere Sturmböe 8-9 Bft aus südlichen Richtungen zustande
bringt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Föhn auch noch mal in die föhnaffinen
Täler ausgreift, ist eher gering.
Ansonsten begibt sich Deutschland meteorologisch mehr oder weniger in den
Schlafmodus. Im W und NW fallen hier und da ein paar Tropfen Regen an der
alternden Höhenfront (aufgrund ihrer leicht west-nordwestwärts
Verlagerungstendenz inzwischen als Warmfront geführt), sonst bleibt es im Großen
und Ganzen trocken. Zum Teil halten sich zähe Nebel- und Hochnebelfelder,
vielfach sind aber auch morgen immer noch hohe und mittelhohe Wolken unterwegs.
Sonne, wenn auch nicht immer in purem Format, gibt es insbesondere in höheren
Lagen der Mittelgebirge und der Alpen, mitunter aber auch zwischen den genannten
Wolkenfeldern. Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 7 und 13°C, an den
Alpen mit Föhn lokal noch mal über 15°C, bei zähem Nebel teils nur um 5°C.

In der Nacht zum Donnerstag tut sich nicht allzu viel an der synoptischen
Gesamtkonstellation. Das "Spanientief" zieht hinaus auf die Biscaya (wobei sich
über den Pyrenäen ein zweiter Kern andeutet => Dipol), gleichzeitig steigt der
Druck über der Nordsee etwas an. Folglich nimmt der Gradient insbesondere im SW
unseres Landes etwas zu, während der Wind nicht zuletzt wegen der stabilen
Schichtung nicht wirklich aus dem Quark kommt. Oder anders ausgedrückt,
lediglich in einigen exponierten Höhenlagen kommt der östliche Wind soweit in
Gang, dass es zumindest für einzelne 7er-Böen reicht. Auf den Alpengipfeln
dürfte es sogar noch etwas mehr sein, weil der Föhn noch immer nicht daran denkt
zusammenzubrechen.
Besonders im Süden und Osten sowie in Teilen der Mitte bildet sich gebietsweise
dichter Nebel, während Frost nach wie vor die absolut lokale Ausnahme bleibt.

Donnerstag ... weitet sich das Hoch über Schottland unter Verstärkung auf über
1030 hPa bis hinüber zur Ostsee aus. Gleichzeitig fährt das südwesteuropäische
Tief einen Westkurs dicht über der nordspanischen Küste in Richtung Kap
Finisterre, während das korrespondierende Höhentief (wie erinnern uns, es
handelt sich um das o.e. Cut-Off-Tief) über der Iberischen Halbinsel verbleibt.
Kurzum, es stellt sich eine High-over-Low-Situation ein, bei der die östliche
Grundströmung in Deutschland etwas zulegt, ohne dabei aber überbordend an
Dynamik zu gewinnen. Es reicht aber, um bodennah gealterte und entsprechend
ausgekühlte Luftmassen aus dem östlichen Mitteleuropa bzw. dem nahen Osteuropa
zu uns zu transportieren, die einen allmählichen Temperaturrückgang einleiten.
Ansonsten wird der Donnerstag in weiten Teilen des Landes eine ziemlich trübe
Angelegenheit, die man sich aber auf den schon zahlreich geöffneten
Weihnachtsmärkten (bald starten die wahrscheinlich - korrelierend zur
Erstauslage von Weihnachtsgebäck etc. in den Supermärkten - schon im Spätsommer)
etwas schöner trinken kann. Verbreitet halten sich hochnebelartige Bewölkung und
auch einige zähe Nebelfelder, dafür bleibt es aber im Großen und Ganzen trocken.
Die Chancen auf etwas (oder auch etwas mehr) Sonne sind auf den Bergen sowie an
den Westrändern der Mittelgebirge am größten. Und auch im Norden, wo die
ehemalige Höhenwarmfront inzwischen zu einer langsam nach Süden vorstoßenden
Bodenkaltfront mutiert ist, lockert die Wolkendecke postfrontal an der einen
oder anderen Stelle auf, vor allem an der Nordsee.
Der östliche Wind lebt mitunter etwas auf und erreicht in höheren Lagen in Böen
Stärke 7 Bft, exponiert vereinzelt 8 Bft. Stürmisch und föhnig bleibt es auch
auf den Alpengipfeln. Am Alpenrand wird es mit lokalen 15°C auch am wärmsten,
während man sich sonst mit 6 bis 12°C, bei zähem Nebel vereinzelt auch um oder
unter 5°C begnügen muss.

In der Nacht zum Freitag verbleibt Deutschland auf der Südflanke der zonal
orientierten Bodenhochdruckzone, deren Divergenzachse grob gesprochen etwa
entlang der deutschen Nord- und Ostseeküste verläuft. Südlich davon weht vor
allem in höheren und freien Lagen ein mäßiger bis frischer östlicher Wind mit
Böen 7-8 Bft. Dort, wo der Wind nicht zum Zuge kommt (Niederungen, Täler,
Stichwort stabile Schichtung), bildet sich vielerorts Nebel. Im Norden, wo etwas
trockenere Luft eingeströmt ist, ist die Nebelneigung geringer, dafür die
Frostgefahr größer.

Freitag ... ändert sich an der geschilderten Konstellation kaum etwas. Unklar
ist derzeit noch, ob von Süden her Hebungsprozesse über die Alpen nordwärts
ausgreifen, die in Teilen Bayerns und BWs zeitweise Regen bringen. Die deutsche
Modellkette will davon nix wissen, die externen Modelle schon.
Der Gradient jedenfalls fächert wieder auf, so dass windmäßig nicht allzu viel
passiert. Im Norden setzt sich zeitweise die Sonne durch, sonst bestimmt
überwiegend hochnebelartige Bewölkung das Geschehen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Entwicklung ähnlich, erst zum Freitag hin offenbaren
such gewisse Unterschiede (Süddeutschland; siehe oben).



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann