DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

19-11-2016 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 19.11.2016 um 10.30 UTC



Antizyklonale Südlage mit höhenwarmer Luft aus der Sahara.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 26.11.2016


Betrachtet man die nordhemisphärische Zirkulation zum Beginn des
Mittelfristzeitraumes, so erkennt man einen stark gestörten Polarwirbel. Der
eine Zweig liegt über Nordostkanada, während der andere Zweig relativ weit
südlich über Nordostasien zu finden ist. Über dem Pol herrscht vergleichsweise
hohes Geopotenzial. In der Temperaturverteilung zeigt sich ein typisches
WACCy-Muster (Warm Arctic, Cold Continent), mit einer stark positiven
Temperaturabweichung in der Arktis und ungewöhnlicher Kälte über Sibirien.

Dieses Muster bleibt nicht ohne Folgen für Mitteleuropa. Das Zirkulationsmuster
neigt immer wieder zu Blockadelagen. Am Dienstag liegt ein kräftiges
Blockierendes Hoch mit einem Kerndruck von 1060 hPa über Russland und
beeinflusst ganz Osteuropa. Demgegenüber steht ein quasistationärer
westeuropäischer Langwellentrog mit großer Amplitude, dessen Achse sich über das
Nordmeer, Großbritannien bis zu den Kanarischen Inseln erstreckt. Dieser ist
eingekeilt zwischen einem atlantischen Keil und dem Russlandhoch.

Mitteleuropa befindet sich dadurch in einer recht straffen Südströmung, in der
Luftmassen aus der Sahara weit nach Norden transportiert werden. Die
850-hPa-Temperatur liegt für die Jahreszeit ungewöhnlichen hohen mit Werten von
bis zu 12 °C. Während der Westen am Dienstag noch zyklonal beeinflusst wird,
herrscht in den anderen Gebieten Hochdruckeinfluss vor. So kommt es zu einer
Inversionslage. Vornehmlich an den Nordrändern der östlichen, später auch der
westlichen Mittelgebirge scheint die Sonne, während sich in einigen Niederungen
Hochnebel hält. An den Alpen herrscht Föhn.

Bis zum Donnerstag baut das Atlantikhoch eine Brück über dem südlichen
Nordeuropa zum Russlandhoch auf, wodurch der Westeuropatrog über die Iberische
Halbinsel abtropft. Die Strömung dreht bei uns zunehmend auf Südost. Es wird
aber weiterhin warme Saharaluft über das östliche Mittelmeer zu uns geführt.

Bis zum Sonntag baut sich dann mit einem Skandinavientief, dem
südosteuropäischen Cut-Off-Tief einem Hoch über Groß-Britannien und dem
Ausläufer des Russlandhochs, das sich weiter nach Sibirien zurück gezogen hat,
eine 4-er-Druckfeld über Europa auf. Deutschland verbleibt allerdings unter
Hochdruckeinfluss in einer südöstlichen Strömung.

Im weiteren Verlauf kommt es zu einem Umbau der Großwetterlage. Aus dem
skandinavischen Kurzwellentrog entwickelt sich stromabwärts ein Langwellentrog,
der nach Osteuropa austrogt. Dahinter rückt das Hoch von Großbritannien nach und
zieht bis Südskandinavien. Die Strömung dreht über Mitteleuropa auf Nordost,
wodurch am Montag kontinentale Polarluft den Nordosten Deutschlands flutet.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Donnerstag gibt es keine relevanten Unterschiede zu den Vorläufen. Im
gestrigen 00z-Lauf sollte mit einem Kurzwellentrog bereits am Freitag kältere
Luft einfließen. Dies wurde jedoch vom 12z-Lauf und den 12z-ENS wieder
zurückgenommen. Der 12z-Lauf ähnelt in der erweiterten Mittelfrist dem heutigen
00z-Lauf, wobei die Phasenlage des Troges und des Hochs unterschiedlich sind. Im
12z-Lauf liegt das Hoch weiter westlich, wodurch ganz Deutschland bereits im
Laufe des Sonntags mit Kaltluft geflutet werden
sollte.__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


GFS sieht bis zum erweiterten Mittelfristzeitraum ähnlich aus, wie ECMWF.
Allerdings lässt GFS den Langwellentrog über Osteuropa am Montag kaum austrogen,
wodurch im weiteren Verlauf die Hochdruckbrücke über dem nördlichen Mitteleuropa
wieder hergestellt wird. Für Deutschland bedeutet dies eine Fortsetzung der
höhenwarmen Hochdrucklage. Der Hauptlauf liegt dabei aber bei den
850-hPa-Temperaturen im oberen Bereich der ENS.
GEM ähnelt dem gestrigen 12z-Lauf des ECMWF.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Für Süddeutschland zeigen die Raufahnen der ECMWF-ENS einen einheitlichen
Verlauf der 850-hPa-Temperatur. In Norddeutschland gibt es bereits zu Beginn des
Mittelfristzeitraumes einen Spread von bis zu 5 K auf allerdings ebenfalls hohem
Temperaturniveau. Dies weist noch auf Unsicherheiten hin, inwieweit die ganz
warme Luft nach Norden vorstößt. Ab dem Wochenende zeigt der überwiegende Teil
der ECMWF-ENS einen mehr oder weniger schnellen deutlichen Temperaturrückgang
der 850-hPa-Temperaturen auf Werte von im Mittel knapp unter 0°C, bei einem
geleichzeitig deutlich zunehmenden Spread im Geopotenzial. Niederschlagssignale
sind dabei allerdings nur schwach ausgeprägt.

Die GFS-ENS zeigen ein ähnliches Bild.

Die Höhenwarme, meist antizyklonal geprägte Südlage scheint also bis Freitag als
nahezu gesichert. Während die Detailprognose am Freitag sich insbesondere für
den Westen als noch unsicher erweist (einige ENS mit Regen im Westen). Eine
Abkühlung auf ein normales oder nur noch leicht zu warmes Temperaturniveau
erscheint am 1. Adventswochenende zumindest als wahrscheinlich. Ob sich die
Wetterlage dann wirklich grundlegend hin zu einer winterlicheren Variante
umstellt, bleibt ab zu warten. Auch wenn sich durch die gestörte
nordhemisphärische Zirkulation eine große Kaltluftansammlung in Sibirien
gebildet hat, so bleibt der Weg dieser ganz kalten Luft nach Mitteleuropa durch
die derzeitige Zirkulation auch in der erweiterten Mittelfrist voraussichtlich
versperrt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


An den Alpen kommt es nächste Woche zu Föhnsturm. Ansonsten bietet die Lage kein
Potential für gefährliche
Wettererscheinungen.________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold