DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-11-2016 09:00
SXEU31 DWAV 150800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 15.11.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW a, Übergang zu SW z

Von Nordwesten und Westen her Milderung. Sprühregen mit örtlichem Glatteis in
einem Steifen von Rheinland-Pfalz bis zur polnischen Grenze. Im zentralen
Mittelgebirgsraum örtlich eng begrenzt auch unwetterartig. Später außerdem auf
höheren Berggipfeln sowie zum Teil auch an der Küste stürmische Böen bzw.
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... setzt sich mehr und mehr vom Atlantik die Frontalzone über
Mitteleuropa durch. Zunächst wird diese Entwicklung durch eine über Osteuropa
liegende Keil-Trog-Formation noch etwas blockiert. Hieraus resultiert über dem
Vorhersagegebiet eine antizyklonale nordwestliche bis (im Süden Deutschlands)
eher nördliche Strömung. In diese läuft die Warmfront eines Nordmeertiefs
hinein. Folglich dringen die frontalen Niederschläge eher nach Süden vor als
dass sich ein Vorankommen nach Osten abzeichnet. Diese Entwicklung hat bislang
gegenüber den Vorhersagen der (deutschen) Modelle zu einer Verzögerung des
Übergreifens der Niederschläge geführt. Zudem sind die Warmfrontniederschläge
unter antizyklonalen Einfluss gelangt; bisher handelt es sich durchweg um
Sprühregen, d.h. die Intensität ist bedingt durch Absinken ebenfalls gering, was
von den Modellen überschätzt wurde. Warmluftadvektion kann da nicht viel
gegenhalten.
Bis heute Abend werden die Niederschläge dann auch weiter süd- und ostwärts
ausgreifen. Wahrscheinlich treten an den Alpen nur geringe Niederschläge auf. Im
östlichen Mittelgebirgsraum kann dabei bis weit in den Tag hinein am ehesten
noch die gefrierende Phase auftreten, wenn auch unwetterartige Entwicklungen
sich dann nicht mehr abzeichnen. Nach Süden hin dürfte, bedingt durch den
einsetzenden Leitplankeneffekt, etwas Durchmischung zustande kommen, so dass
sich Kaltluftseen wahrscheinlich nicht mehr bis in die kommende Nacht
hinüberretten.
Mit Annäherung der Warmfront nimmt der Gradient deutlich zu. Für warnrelevante
Böen (in exponierten Lagen Bft 8) sollte es lediglich an der Küste und auf
höheren Berggipfeln reichen.
Auflockerungen sind anfangs noch vor allem zu den Alpen hin möglich. Ansonsten
hält sich mehrschichtige Bewölkung.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 3 bis 8, im Nordwesten und Westen 8 bis 12
und im östlichen Mittelgebirgsraum nur Werte um null Grad.
In der Nacht zum Mittwoch setzt sich dann auch über Deutschland eine west- bis
nordwestliche Strömung durch. Die Mitte und der Süden Deutschlands gelangen
somit in den Schleifbereich eines wellenden Frontendsystems. Hierdurch kommt es
vor allem in Staulagen zu teils länger andauernden Niederschlägen. Bedingt durch
die noch vorhandene leichte Antizyklonalität ist eine Überschreitung
warnrelevanter Schwellenwerte selbst in Staulagen noch nicht erkennbar. Die
gefrierende Niederschlagsphase ist dabei anfangs noch im östlichen
Mittelgebirgsraum möglich. Ausgangs der Nacht sollte sich aber auch dort die
mildere Luft mit positiven Temperaturen durchgesetzt haben. Abgesehen vielleicht
von einigen windgeschützten Alpentälern bleibt es in der Nacht dann frostfrei.

Mittwoch... hat sich die Frontalzone vollends über Mitteleuropa durchgesetzt.
Ein darin eingelagertes Randtief wird über Südskandinavien hinweg ostwärts
gesteuert. Dessen Kaltfront greift im späteren Tagesverlauf schleifend von
Nordwesten her auf das Vorhersagegebiet über; möglicherweise zeichnet sich
hierbei sogar eine Doppelstruktur ab. Dabei setzt erneut über der Mitte und dem
Süden Deutschlands Schleifen ein, was dort auch wieder zu länger andauernden
Niederschlägen führt. Bei Betrachtung der 24-std. Niederschlagssummen wäre in
einigen Staulagen eine Überschreitung der Warnschwellen für Dauerregen
vorstellbar. Da dies nur punktuell und zudem inkonsistent gezeigt wird, drängt
sich eine Warnung vor Dauerregen vorerst nicht auf.
Nach Nordwesten und Norden hin macht sich ein leichter rückseitiger Einfluss
bemerkbar, was sich lediglich in Form eines leicht schauerartigen
Niederschlagscharakters äußert, wobei geringere Summen zu erwarten sind als in
der Mitte und im Süden. Wolkenlücken sind allerdings auch dort eher selten.
Mit dem Übergreifen der Kaltfronten geht vor allem im Norden und in der Mitte
Deutschlands eine Gradientzunahme einher. Im Bergland und an der Küste sind dann
Windböen zu erwarten; exponiert sind auch Böen bis Sturmstärke möglich.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 8 und 14 Grad wird es deutlich milder als
bisher. Im östlichen Mittelgebirgsraum bewegen sich die Temperaturen um 5 Grad,
so dass auch dort die Glättegefahr nicht mehr gegeben ist.
In der Nacht zum Donnerstag zeichnet sich an der allmählich weiter nach Süden
vordringenden Kaltfront erneut eine Wellenbildung ab. Hierdurch konzentriert
sich das Niederschlagsgeschehen mehr auf das südliche Deutschland, wobei die
Überschreitung von Warnschwellen in Bezug auf Dauerregen in den süddeutschen
Mittelgebirgen wahrscheinlicher wird als bisher. Dennoch sollten hiervon in
erster Linie Staulagen betroffen sein.
Bedingt durch die Doppelstruktur der Kaltfront sind aber auch im Norden
Niederschläge zu erwarten, ohne dass dort Warnschwellen für Dauerregen
überschritten werden.
Der Wind frischt noch etwas auf. Neben der Küste und den höheren Lagen der
Mittelgebirge können dann auch im westlichen Mittelgebirgsraum warnrelevante
Böen auftreten.

Donnerstag... bleibt die zyklonale West- bis Südwestströmung über Mitteleuropa
bestehen. Die "nördliche" schleifende Kaltfront sorgt dann im Nordwesten und
Norden für teils länger andauernde Niederschläge, ohne dass Warnschwellen
erreicht werden. Rückseitig dringt in den Nordwesten etwas labiler geschichtete
Luft ein, was die Niederschläge einen leicht schauerartigen Charakter annehmen
lässt. Gewitter sollten aber auf die offene Nordsee beschränkt bleiben.
Mit dem Übergreifen der Front erfolgt eine weitere leichte Gradientzunahme, so
dass im Küstenbereich und im gesamten Mittelgebirgsraum Windböen aufkommen. An
der Nordsee und in den westlichen Mittelgebirgen sind dann stürmische Böen bis
Bft 8, exponiert auch Sturmböen bis Bft 9 (auf dem Brocken Bft 10) möglich.
Ein paar Wolkenlücken sind allenfalls zu den Alpen hin und in Nordseenähe
vorstellbar. Ansonsten hält sich mehrschichtige Bewölkung.
Bedingt durch den kräftigen Gradienten setzt sich die mildere Luft auch in den
letzten Gebirgstälern durch, so dass generell eine Temperaturspanne zwischen 8
und 14 Grad anzusetzen ist.
In der Nacht zum Freitag entwickelt sich über den Britischen Inseln ein breiter
Trog, was die Strömung über Mitteleuropa eher auf Südwest drehen lässt. Die
Kaltfront, die bis dahin etwa die mittleren Teile Deutschlands erreicht hat,
wird als Warmfront dann möglicherweise wieder rückläufig bzw. kann zumindest
über dem westlichen und zentralen Mittelgebirgsraum längere Zeit schleifen. In
Staulagen dieser Mittelgebirge wäre dann eine Überschreitung von warnrelevanten
Schwellenwerten in Bezug auf Dauerregen wahrscheinlicher als bisher.
Der Wind frischt im Nordwesten und im Westen weiter auf. Vor allem an der Küste
und im Bergland sowie in freien Lagen sind stürmische Böen, auf höheren
Berggipfeln sowie an der Nordfriesischen Küste Sturmböen und exponiert auch
schwere Sturmböen vorstellbar.
Abgesehen von einigen Windgeschützten Alpentälern sollte es dann frostfrei
bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Am Durchgreifen der Frontalzone und an der einsetzenden Milderung
sollte daher kein Zweifel bestehen.
Unterschiede ergeben sich bisher nur zu Beginn des Vorhersagezeitraumes. Das
Übergreifen der Niederschläge wurde bisher von der deutschen Modellkette zu
rasch simuliert; in den Modellvorhersagen wurde die gefrierende Phase deutlich
zu verbreitet gezeigt, was so bisher nicht eintrat. Zudem wurde von den
deutschen Modellen durchweg zu viel Niederschlag prognostiziert. Selbst EZMW,
welches das Modell mit den geringsten Niederschlagssummen darstellte, lag mit
den Prognosen noch deutlich oberhalb der beobachteten Werte. Zudem hat sich im
Nordwesten und Westen die mildere Luft bereits etwas rascher durchgesetzt, als
dass es die Prognosen (MOS, ICON, ...) erwarten ließen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann