DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-11-2016 21:00
SXEU31 DWAV 121800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.11.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst überwiegend Hochdruckeinfluss mit leichter Störung im Westen. Zum
Dienstag hin von NW her Übergreifen einer Warmfront mit Niederschlägen, dabei
auch gefrierender Regen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen einem von NO-Europa bis zum
Balkan reichenden Höhentrog und einem schmalen, etwa von N-Frankreich bis zum
Europäischen Nordmeer reichenden Höhenrücken. Die Konstellation bedingt bei uns
eine gemäßigte nördliche Höhenströmung, aus der zunächst keine erkennbaren
Hebungsimpulse abgeleitet werden können. So dümpelt Deutschland in den
Abendstunden unter der Regentschaft des umfangreichen Hochs SIEGFRIED mit
Schwerpunkt über der westlichen Ostsee wettertechnisch eher etwas lustlos vor
sich hin; ein bisserl Dynamik ist allenfalls über der dem Blanken Hans zu
erkennen, wo der SO-Wind vorübergehend etwas auffrischt und in der Spitze
vielleicht mal die Windstärke 7 Bft erreicht.
Im Laufe der Nacht ändert sich nicht allzu viel an dieser Konstellation, so dass
es weite Teile des Landes mit leichtem, nach Osten hin, im Bergland sowie bei
der Kombi Schneedecke/Aufklaren auch mit mäßigem Frost zu tun bekommen. Nebel
und/oder Glätte (Reif/gefrierende Nässe) stehen zwar auch auf der Agenda,
spielen aber in der sich mittlerweile in ganz Deutschland ausgebreiteten
Kaltluft nur eine untergeordnete Rolle.
Etwas Probleme mit der Kontrolle könnte der gute SIEGFRIED im Westen bekommen,
wo bereits am heutigen Tage ein paar hohe und mittelhohe Wolken am Himmel
aufgetaucht sind. Sie sind die zyklonalen Vorboten einer über Westeuropa
positionierten Tiefdruckrinne mit eingelagertem Frontensystem, die sich im Laufe
der Nacht etwas nach Osten vorarbeitet. Unterstützung bekommt die Rinne von
einem kurzwelligen Potenzialtrog, der von UK und der Nordsee kommend in die
Rückseite des Rückens läuft und ihn dabei abhobelt mit der Konsequenz, dass im
Westen etwas Hebung generiert wird. Ob es letztlich reicht, salonfähigen, also
den Boden erreichenden Niederschlag zu induzieren, steht immer noch nicht ganz
fest. Wenn ja, sind quasi alle Phasen denkbar bis hin zu geringfügigem
gefrierenden Nieselregen.

Sonntag ... schwenkt der KW-Trog süd-südostwärts durch, ohne dabei große Impulse
zu setzen. Nachfolgend gelangen wir auf die Vorderseite eines Höhenkeils, der
sich ausgehend vom Azorenhoch nach Nordosten bis nach Norwegen (24 UTC)
ausweitet.
Letztlich bleibt für das Sonntagswetter Hoch SIEGFRIED mit Schwerpunkt über
Westpolen das Maß der Dinge, auch wenn besagte Tiefdruckrinne noch etwas nach
Osten vorankommt. Da sie von Druckanstieg überlagert ist, beginnt sie sich mehr
und mehr aufzufüllen. Trotzdem könnte es im äußersten W und SW neben
mehrschichtiger Bewölkung für ein paar Regentropfen, im Bergland ein paar
Schneeflocken reichen.
Ansonsten verläuft der Sonntag in klassisch novemberlichen Hochdruckbahnen mit
unterschiedlich zähem Nebel/Hochnebel, einigen Wolken und auch sonnigen
Bereichen, wobei letztere vor allem, aber nicht ausschließlich im O und NO zu
finden sein dürften. Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 1 bis 6°C, im
höheren Bergland sowie bei ganz zähem Nebel/Hochnebel hält sich leichter
Dauerfrost.

In der Nacht zum Montag verstärkt sich der Einfluss des noch etwas ostwärts
schwenkenden Höhenrückens. Gleichzeitig nimmt Hoch SIEGFRIED über Polen mehr und
mehr Fühlung zum Azorenhoch respektive zu dessen weit nach Osten bis zum
Ärmelkanal gerichteten Keil, was freilich auf Kosten des Rinnenresiduums geht,
das aber immer noch erkennbar ist im Bodendruckfeld. Bei uns die Nacht geprägt
von leichtem bis mäßigem Frost, einigen Nebelfeldern und lokaler Glätte durch
Reif oder gefrierende Nässe.

Montag ... verbleiben wir größtenteils unter Herrschaft des von NW noch etwas
dichter an den Vorhersageraum heranrückenden Höhenrückens. Dabei kräftig sich
die Hochdruckbrücke, deren zonale Achse zur Mittagszeit über tausende Kilometer
vom Seegebiet knapp westlich der Azoren bis zum Schwarzen Meer reicht. Die
Schwachstelle dieser Brücke liegt im NW des Landes, wo sich am Nachmittag von
der Nordsee her ein Bodentrog nähert, in den eine Warmfront eingelagert ist. So
wird die Bewölkung im NW im Tagesverlauf immer dichter, bis es am Nachmittag
zwischen Niederrhein und Nordsee beginnt zu regnen. Dabei frischt der südliche
bis südwestliche Wind an und auf der Nordsee merklich auf mit Böen 6 bis 7 Bft,
auf der freien See später auch 9 Bft.
Im großen Rest der Republik startet die neue Woche mit Hochdruckeinfluss, wobei
sich sowohl die probabilistischen als auch die deterministischen
Vorhersageprodukte sehr optimistisch in Sachen "Sonnenschein" zeigen, was
aufgrund der abgetrockneten Grundschicht nicht von der Hand zu weisen ist.
Gleichwohl wird es wohl an der einen oder anderen Stelle (z.B. zwischen Bodensee
und unterer Donau) zähen Nebel oder Hochnebel geben. Temperaturmäßig ändert sich
nur wenig gegenüber dem Vortag.

In der Nacht zum Dienstag kommt die Warmfront weiter landeinwärts voran, wodurch
sich auch der Niederschlag ost-südostwärts verlagert. Dabei sind aber noch viele
Unbekannte in diesem Prozess, angefangen vom genauen Timing und der
detaillierten räumlichen Ausdehnung bis hin zur Intensität und vor allem zur
Phase der Niederschläge. Vor allem am Vorderrand des Niederschlagsgebietes ist
sowohl die Schneephase als auch die gefrierenden Regens möglich, da sich
niedertroposphärisch schon mildere Luft in Position gebracht hat.
Erfahrungsgemäß macht es aus so früher Sicht noch keinen wirklichen Sinn, zu
tief in die Materie einzusteigen, da die Erörterung aus zu vielen
Konditionalsätzen und zu viel Konjunktiv aufgebaut wäre. Hier gilt es noch
einige Modellläufe abzuwarten.
In den nicht vom Niederschlag traktierten Gebieten stehen einmal mehr leichter
bis mäßiger Frost und einige Nebelfelder auf der Karte.

Dienstag ... zieht sich die Hochdruckbrücke weiter nach Süden zurück und auch
der korrespondierende Höhenrücken schwenkt langsam über Deutschland südwärts. Es
wird reichen, große Teile Süddeutschlands noch niederschlagsfrei zu halten und
besonders an und in den Alpen der Sonne ausreichend Entfaltungsmöglichkeiten zu
geben.
Ansonsten weiten sich die warmfrontgebundenen Niederschläge weiter nach Osten
bzw. in die mittleren Landesteile aus. Dabei bleibt zunächst die o.e.
Phasen-Problematik (gefrierender Regen/Schneefall) erhalten, bevor sich das
Problem tagesgangbedingt und mit andauernder Zufuhr milderer Atlantikluft bei
gleichzeitiger Durchmischung wohl erledigen wird. Die Schneefallgrenze steigt
von Westen her jedenfalls deutlich an, nach der deutschen Modellkette bis in die
Kammlagen der Mittelgebirge bzw. sogar darüber hinaus. Der heutige 00-UTC-Lauf
vom ECMF allerdings zeigt sich weniger progressionsfreudig, womit wir wieder
beim schon angesprochenen Thema "Konjunktiv" wären.
Wie auch immer, hinter der Warmfront verschärft sich der Gradient in der
Nordhälfte, was einen auffrischenden SW-Wind zur Folge hat. Aufgrund der
stabilen Schichtung - die bodennahe Kaltluft wird ja nicht ad hoc weggeputzt -
dürften sich warnwürdige Böen 7 Bft auf einige wenige Küstenabschnitte sowie auf
Hochlagen der Mittelgebirge beschränken, wo in exponierten Kamm- und Gipfellagen
auch Sturmböen 8-9 Bft wahrscheinlich sind. Die Temperatur steigt an gegenüber
den Vortagen und erreicht im Falle der schnelleren Frontpassage (deutsche
Modellkette) im äußersten W und NW sogar zweistellige Werte von knapp über 10°C.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung wird auch von den externen Modellen so simuliert
wie beschrieben. Unterschiede und Unschärfen sowie nicht modellgebundene
Unsicherheiten der Entwicklung wurden im Text angesprochen.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann