DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-01-2024 09:31
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 16.01.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Übergang zu Ws
Am Mittwoch ausgewachsene Unwetterlage durch starke Schneefälle und teils
extreme Mengen an gefrierenden Regen. Weitreichende Auswirkungen auf das
öffentliche Leben in den betroffenen Regionen zu erwarten. Teils markante
Schneefälle bis in den Donnerstag anhaltend.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... bildet einen Übergangstag von der gestrigen zyklonalen
Nordwestwetterlage hin zu einer südliche Westwetterlage. Ursächlich für den
Umbau ist eine sich amplifizierende Austrogung über dem Nordmeer, die zonal nach
Westen orientiert ist und sich im weiteren Verlauf nach Süden verlagert. Dadurch
bekommt die ursprünglich nordwestliche Höhenströmung eine zunehmend westliche
Komponente und mündet zum Mittwoch schlussendlich einer recht glatten
Westströmung mit mehreren eingelagerten kurzwelligen Anteilen.

Am heutigen Dienstag macht sich am Boden vor allem über der Südwesthälfte
schwacher Zwischenhocheinfluss bemerkbar. Entsprechend scheint häufiger die
Sonne und es bleibt trocken. Die Nordosthälfte ist hingegen vorwiegend
tiefdruckgeprägt. Die Schneefälle der Nacht, die sich an einer ausgeprägten
Geschwindigkeitskonvergenz im unteren Troposphärenniveau gebildet haben, ziehen
im Vormittagsverlauf südostwärts aus Südbrandenburg und Sachsen ab.

Gleichzeitig schwenkt bereits von der Nordsee ein schauerartig verstärktes
Niederschlagsband landeinwärts und wird in weiterer Folge bis nach
Mecklenburg-Vorpommern und in die Nordhälfte von Brandenburg (inkl. Berlin)
vorankommen. Dabei fallen meist 1 bis 3 cm Neuschnee und es ist mit Glätte zu
rechnen. Auch dahinter sind im Nordseeumfeld bis ins schleswig-holsteinische
Binnenland mit weiteren Schneefällen zu rechnen, die streckenweise auch zu
Glätte führen (von der direkten Nordsee mal abgesehen). Sonst fällt nur im
Mittelgebirgsumfeld der ein oder andere Schneeschauer ohne großen Ertrag.

Oft werden im Tagesverlauf nur zarte Plusgrade erreicht, teils bleibt es auch
dauerfrostig. Letzteres gilt bevorzugt für den Nordosten des Landes sowie Teile
des Südens und auch den Oberrhein. Gerade Letzteres ist interessant in
Anbetracht der bevorstehenden Lage.

Ansonsten ist der Wind in den ostdeutschen Gipfellagen und an der Nordsee teils
stark bis stürmisch unterwegs.

In der Nacht auf Mittwoch kann es gebietsweise stärker auflockern und die
Temperatur sinkt abgesehen von ein paar Nordseeinseln überall in den
Frostbereich. Dabei werden von der Mitte bis in den Süden teils mäßige
Nachtfröste zwischen -5 und -9 Grad erwartet.

Für den Norden relevant ist ein Randtief, das im Laufe der Nacht von Nordsee zum
Skagerrak zieht. Daran gekoppelt sind schauerartige Niederschläge die von der
Nordsee am Morgen in den norden von Schleswig-Holstein schwenken und etwas
Schnee bringen. Zudem frischt der Wind an den Küsten in Böen stark bis stürmisch
auf.

Von Südwesten kommen in der zweiten Nachthälfte erste Niederschläge auf, die bis
zum Morgen langsam bis zur Mitte vorankommen. Wie bereits erwähnt sind die
bodennahen Schichten überall negativ temperiert. Gleichzeitig fließen in der
unteren Troposphäre deutlich positiv temperierte Luftmassen ein. Das Maximum der
Erwärmung ist dabei etwa bei 900 hPa zu finden. Entsprechend ist dieses Level
für die Frage nach Glatteisregen zu berücksichtigen.
Folglich kommt Glatteisregen auf, der aufgrund der Mengen im Unwetterbereich
angesiedelt ist. An der Nordkante fällt am Morgen im südlichen Rheinland-Pfalz
und Saarland auch etwas Schnee.
In mittleren Höhenlagen ist aufgrund der positiven Temperaturen Glatteis eher
kein Thema. Dies in den Akutwarnungen auch noch zu berücksichtigen, ist aber
eher schwierig und sollte auch aufgrund der betroffenen Bevölkerungskreise nicht
noch extra rausgearbeitet werden. Zumal der Anstieg der Eisregenhöhe auch ein
fließender Prozess ist.

Mittwoch... entwickelt sich in der westlichen Grundströmung am Boden eine zonal
orientierte Tiefdruckrinne aus, die mehrere von kurzwelligen Anteilen in der
Höhe getriggerte Zentren enthält. Ein erstes Tiefzentrum zieht von
Nordfrankreich kommend bis zum Abend in den Westen Deutschlands. Damit legt sich
auch die Luftmassengrenze quer über die Mitte des Landes und es muss entlang
dieser mit länger andauernden und ergiebigen Niederschlägen gerechnet werden.

Die 0 Grad Isotherme in 850 hPa und 900 hPa hat die nördlichste Erstreckung am
Mittwochnachmittag. Auch wenn es noch leichte Unsicherheiten gibt, haben sich
die Modelle mittlerweile soweit angenähert, dass man sagen kann, dass diese etwa
bis zur Mainlinie oder knapp nördlich vorankommt.

Gleichzeitig bleibt es in den bodennahen Schichten noch vielfach negativ. Die 0
Grad Grenze dürfte höchstens bis zum nördlichen Oberrhein (Höhe Mannheim)
vorankommen. Südlich davon entspannt sich die Lage, wie auch in großen Teilen
von Baden-Württemberg und im Voralpenraum, zudem lassen die Niederschläge nach.
In Ostbayern hält sich die Kaltluft, sodass dort auch weiterhin mit
Glatteisregen zu rechnen ist.
Ein Schwerpunkt des Glatteisregens zeichnet sich vom südlichen Rheinland-Pfalz
und dem Saarland, weiter über Südhessen und dem nördlichen BaWü bis nach
Nordbayern ab. Die prognostizierten Mengen Niederschlagsmengen liegen dort bei
bis zu 20 mm. Der daraus resultierende Eisansatz dürfte weitereichende Folgen
haben und es ist sicherlich sinnvoll für diesen Bereich eine extreme
Unwetterwarnung auszugeben.

Nördlich anschließend fällt kräftiger Schneefall. In einem 6 bis 12 h Zeitraum
zwischen Mittwochmittag bis in die Nacht auf Donnerstag werden Mengen zwischen
10 und 20 l/qm als Schnee vorhergesagt, der bei den Temperaturen und
Belagstemperaturen auch komplett liegen bleibt. Entsprechend bewegt man sich
auch diesbezüglich im Unwetterbereich. Der Schwerpunkt zeichnet sich ausgehend
von der Eifel, über Mittelhessen bis zum Thüringer Wald ab.

In Teilen des Gebietes mit der Unwetterwarnung wegen Glatteis wird man zuvor
sicher auch eine markante Schneefallwarnung schalten. Beispielhaft sei das
Rhein-Main Gebiet angesprochen, wo zunächst kräftiger Schneefall zu erwarten ist
und etwa zur Mittageszeit für etwa 6h die gefrierende Regenphase einsetzt.

Die Beschreibung wird auch von externen Modellen und EPS Vorhersagen gestützt
und kann mittlerweile abgesehen von kleineren Details als recht gesichert
eingestuft werden. Eine Scharfschaltung der Warnungen sollte entsprechend im
Laufe des Vormittags erfolgen.

Was gibt es sonst noch? Von Schleswig-Holstein bis in den Norden von
Mecklenburg-Vorpommern schwenkt ein Schauerband mit etwas Neuschnee. Dieses ist
an das bereits erwähnte Bodentief gekoppelt, das weiter nach Südschweden zieht.
Mit dem Tief ist auch ein kräftiger Gradient verbunden, sodass an den Küsten mit
Windböen, vor allem an der Nordsee auch stürmische Böen zu rechnen ist. Am
Nachmittag lässt der Wind mit Abzug des Tiefs aber deutlich nach.

Im Südschwarzwald sollte man über eine markante Dauerregenwarnung nachdenken.
Signale für Unwetter sind dort nur schwach.

In der Nacht auf Donnerstag tritt die 0 Grad Isotherme in 850 hPa allmählich
seinen Weg wieder nach Süden an. Das Vorankommen ist ausgebremst durch
stromaufwärtige Randtiefs, die in die Tiefdruckrinne eingelagert sind. Bis zum
Morgen liegt sie etwa auf einer Linie Stuttgart -Nürnberg.

Die Glatteissituation entspannt sich in der Nacht, da die warme Nase
verschwindet. So sind dort, wo Regen fällt auch die bodennahen Schichten bereits
vom Tage positiv temperiert und in den Regionen, wo tagsüber der Glatteisregen
fiel, ist es dann ausreichend kalt, dass die Niederschläge wieder als Schnee
fallen.
In einem Streifen von Rheinland-Pfalz, über Südhessen bis nach Thüringen und
Sachsen, schneit es teils kräftig und es ist mit Neuschneemengen zwischen 5 und
10 cm in 6 bis 12 h zu rechnen, örtlich können auch bis 15 cm fallen.
Schneefallwarnungen bewegen sich also auf jeden Fall im markanten Bereich.

Im Südwesten und Süden (abgesehen von Ostbayern) bleibt es frostfrei (Oberrhein
6 Grad) und damit gibt es dort auch keine Wettergefahren. Sonst ist es mit -1
bis -6 Grad verbreitet frostig und es ist auch abseits der Niederschlagsregionen
mit Glätte zu rechnen.

Donnerstag... verschiebt sich die Luftmassengrenze als Kaltfront in den Süden,
wird aber durch ein Randtief noch etwas ausgebremst. Es dauert bis zum
Nachmittag, ehe die 0 Grad Isotherme in der mittleren Troposphäre die Alpen
erreicht.

Der Schwerpunkt der Schneefälle verschiebt sich damit nach Baden-Württemberg und
Bayern, wobei nach Südosten anfangs auch noch Regen fällt und in Ostbayern auch
gefrierender Regen auftritt. Die prognostizierten Neuschneemengen zeigen zwei
Schwerpunkte. Einmal im Bereich Nordschwarzwald bis zur Stuttgarter Region sowie
einen zweiten ausgehend von der Bodenseeregion südlich der Alb, ostwärts
ausgreifend bis in den Großraum München. Dort werden Mengen zwischen 5 und 10 cm
in 12 h erwartet. Örtlich kann es staubedingt auch um 15 cm Neuschnee geben.

Im Süden gibt es zu Tagesbeginn noch 5 bis 10 Grad Plus, wobei die Temperatur im
weiteren Tagesverlauf rasch absinkt und bis zum Abend in den Frostbereich
gelangt. Weiter nach Norden werden 0 bis +3 Grad erwartet.

Postfrontal lockert die Wolkendecke auf. Man erkennt im Bodendruckfeld ein
Bodenhochkeil, der bis nach Westdeutschland reicht. Auch in 850 hPa erkennt man
einen Rücken. Das resultierende Absinken sorgt für die Auflockerungen, die umso
häufiger sind, je weiter man im Norden und Nordwesten ist. Nur direkt an der
Nordsee sind vereinzelte Schauer möglich.

Der Wind ist nur an den Küsten warnwürdig und weht dort stark böig, exponiert
sind auch stürmische Böen zu erwarten.

In der Nacht auf Freitag schneit es am längsten noch in Alpennähe. Dort können
nochmal 5 bis 10 cm Neuschnee fallen. Sonst hören die Niederschläge allgemein
auf. Ausgehend von der Nordsee können sich die Schauer mit einem
hereinschwenkenden Kurzwellentrog etwas landeinwärts in den Norden von
Niedersachsen und bis nach Schleswig-Holstein ausdehnen. Die Ausbildung einer
dünnen Neuschneedecke ist dort wahrscheinlich (1 bis 5 cm).

Der in Böen starke bis stürmische westliche Wind an der See bleibt weiterhin
erhalten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen die Entwicklung im Kurzfristbereich sehr ähnlich. Die
Differenzen über die genau Verlagerung der Grenze zwischen Eisregen und Schnee
sind nur noch gering und wurden im Haupttext diskutiert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer