DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

15-01-2024 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.01.2024 um 10.30 UTC



Vorübergehend winterlich. Ab Sonntag erneute Milderung, am Montag im Nordwesten
und Norden, danach in ganz Deutschland Gefahr einer Sturmlage.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 22.01.2024


Am Donnerstag gelangt Deutschland unter einen Trog. Die an dessen Vorderseite
liegende und nur leicht schleifende Kaltfront wird an den Alpenrand gedrückt,
wodurch im Süden und Südosten zeitweise Schneefälle, im dortigen Bergland in
Staulagen durchaus von mehr als 10 cm innerhalb von 12 Stunden, zu erwarten
sind. Mit dem Übergreifen der Trogachse auf den Nordwesten und dem damit
einhergehenden Vorstoß hochreichend labiler Polarluft (mit Temperaturen im 500
hPa-Niveau unter -40 Grad) kommt an der Nordsee eine rege Schauertätigkeit (als
Schnee) bis hin zu kurzen Gewittern in Gang, wobei ebenfalls, aber in kürzerer
Zeit, mehr als 10 cm Schnee fallen können. Zudem besteht an der Küste die Gefahr
von Sturmböen. In einem breiten Streifen vom Nordosten Deutschlands bis in den
westlichen Mittelgebirgsraum hinein macht sich Hochdruckeinfluss mit größeren
Auflockerungen bemerkbar. Bis Freitagfrüh hat die Kaltfront die Alpen überquert,
wodurch die Schneefälle dann auch im Südosten nachlassen. An der Nordsee sind
weiterhin wiederholt Schneeschauer zu erwarten, wobei an der Küste mit Böen bis
Sturmstärke auftreten können.
Am Freitag erreicht die Achse des wetterbestimmenden Troges den Osten
Deutschlands, wodurch dann auch im Nordosten wiederholt Schneeschauer und auch
kurze Gewitter aufkommen. Die Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen ist dann an
der Küste nur noch gering. Ansonsten setzt sich mehr und mehr Hochdruckeinfluss
durch, wobei sich das mit seinem Schwerpunkt nach Ostfrankreich verlagernde
Bodenhoch durch einen Höhenkeil, der von Irland über Island hinweg nach Grönland
gerichtet ist, gestützt wird. Vor allem im Westen und Südwesten lässt
großräumiges Absinken die Bewölkung auflockern. In der Nacht zum Samstag
verlagert sich das Bodenhoch nach Süddeutschland, was die Luftmasse im Süden und
in Teilen der Mitte zur Ruhe kommen lässt. Bei Aufklaren über Schnee stellt sich
dann strenger Frost ein.
Am Samstag verabschiedet sich das Bodenhoch bereits nach Südosten, wodurch sich
niedertroposphärisch allmählich eine südwestliche Strömung einstellt. Mit dieser
setzt beginnend im Tagesverlauf und stärker ausgeprägt in der Nacht zum Sonntag
oberhalb der Grundschicht eine Erwärmung ein. Abgesehen vom Nordosten steigt
ansonsten die Temperatur im 850 hPa-Niveau auf mehr als 0 Grad an.
Am Sonntag setzt sich bis in den nahen Ostatlantik eine Zonalisierung durch. Ein
in der Zonalströmung eingelagerter Trog greift auf die Britischen Inseln über.
An dessen Vorderseite und somit über Mitteleuropa erfolgt ein Aufsteilen der
Strömung. Der zunehmende Gradient lässt an der Nordsee und über dem westlichen
Bergland dann wieder stürmische Böen aufkommen. Zudem setzt sich, abgesehen vom
Südosten, mildere Luft durch, ohne dass bereits Niederschlag fällt. In der Nacht
zum Montag folgt dem ersten Trog ein weiterer, durchaus markanter
Kurzwellentrog, der ebenfalls die Britischen Inseln erreicht. Eine
entwicklungsgünstig liegende Welle intensiviert sich zu einem Sturmtief, das bis
Montagfrüh nach Nordengland gesteuert wird. Vorderseitig kommen im Nordwesten
und Westen Niederschläge auf, die in den dortigen Mittelgebirgen zunächst als
Schnee fallen. Im Laufe des Montags wird dieses Sturmtief unter weiterer
Intensivierung zu den dänischen Inseln gesteuert. Im Küstenbereich besteht dann
die Gefahr einer schweren Sturmlage, an der Nordsee sind orkanartige Böen nicht
auszuschließen. Bis in die Mitte Deutschlands hinein muss dann mit stürmischen
Böen gerechnet werden. Mit dem Frontensystem dieses Sturmtiefs werden die
Niederschläge dann weite Teile Deutschlands erfassen. Wahrscheinlich bleibt es
dann nur im Südosten vorerst noch trocken.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum gelangt Deutschland zunächst
unter den breiten Warmsektor eines sich in die nördliche Nordsee verlagernden
Tiefs. Der Gradient legt am Dienstag deutschlandweit zu, so dass sich zwischen
der Schweizer und der dänischen Grenze ein horizontaler Druckunterschied von ca.
35 hPa ergibt. Die Folge wären dann überall stürmische und in freien Lagen, an
der See und im Bergland durchweg Sturmböen. In den Kamm- und Gipfellagen sind
dann schwere Sturmböen bis hin zu Böen von Orkanstärke zu erwarten. Bedingt
durch die Passage des nachfolgenden Bodentroges dauert die Sturmlage auch in der
Nacht zum Mittwoch an und zumindest im Norden und Nordosten Deutschlands auch am
Mittwoch noch an. Mit der dann im Trogbereich vorstoßenden Kaltluft gehen die
schauerartigen Niederschläge im höheren Bergland wieder in Schnee über. Erst im
Laufe des Donnerstags zeichnet sich eine Wetterberuhigung ab, wobei die
Temperaturen etwas zurückgehen und sich im höheren östlichen Bergland dann
wieder leichter Dauerfrost einstellt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Sonntag ist der aktuelle Modelllauf zu den gestrigen
Simulationen weitgehend konsistent. Ab Montag wird von der aktuellsten
Modellrechnung eine deutlich zonalere Strömung gezeigt. Die beiden gestrigen
Läufe ließen die Strömung noch stärker mäandrieren. Die Sturm-Zyklogenese am
Montag hatte auch der gestrige 00 UTC-Lauf im Programm, aber in leicht
abgeschwächter Form und etwas weiter nördlich. Der 12 UTC-Lauf konnte dagegen
nur eine schwache, über Südskandinavien nach Osten ablaufende Welle zu bieten.
Größer Änderungen ergeben sich für den erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum. Während die beiden gestrigen Modellrechnungen antizyklonalen
Einfluss gezeigt hatten, wartet der aktuelle Lauf mit einer großräumigen
Sturmlage auf.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Samstag stützen die verfügbaren Modelle die oben beschriebene
Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin nicht
ableiten. Am Sonntag stellt sich neben EZMW auch bei GFS und auch das Modell des
kanadischen Wetterdienstes eine südwestliche Strömung ein, wogegen UK10 und auch
ICON die Strömung auf West drehen lassen, was eher eine raschere Milderung
verspricht. Hinsichtlich der Sturmlage am Montag zeichnet UK10 ein ähnliches
Bild, ICON und auch das kanadische Modell erwarten dieses Sturmtief knapp 1000
km weiter nördlich und GFS simuliert die Passage einer flachen Welle, ähnlich
zum 12 UTC-Lauf des EZMW vom Vortag.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ergibt sich für Dienstag
durchweg ein ähnliches Bild. Am Mittwoch kommt nach GFS und nach dem kanadischen
Modell eine raschere Wetterberuhigung zustande, die sich nach EZMW erst am
Donnerstag abzeichnet.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS zeigt ab Wochenbeginn den Übergang von einer Zonalströmung hin
zu einer antizyklonalen Südwestlage. Vor allem der jüngste Modelllauf zeigt
diesen Trend bereits zu Beginn der kommenden Woche. Dies geht besonders im Osten
und Süden mit geringer werdenden Niederschlagssignalen einher. Allerdings wird
der Spread ab Wochenbeginn etwas größer. Jedoch divergieren die einzelnen
EPS-Member aufgrund der Umstellung der Wetterlage nicht so ausgeprägt wie sonst
in vergleichbaren Situationen.
Das EPS des EZMW lässt keinen Zweifel an der erneuten Milderung. Zu Wochenbeginn
stellt sich nach der übergroßen Mehrzahl der Lösungen eine west- südwestliche
und nur wenig mäandrierende Strömung ein, die nur von dem mit 7 Membern am
geringsten besetzten Cluster etwas antizyklonaler geprägt ist. Die Gefahr einer
schweren Sturmlage im Nordwesten und Norden Deutschlands zeichnet sich auch beim
EPS ab. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 bis 60 Prozent werden am Montag für
den Nordwesten und Norden und am Dienstag eher für den Norden und Nordosten
Signale für Böen über 60 kt gezeigt. Zumindest für den Küstenbereich ist die
Wahrscheinlichkeit für derartige Böen sehr hoch. Wie beim EPS des GFS ist auch
beim EPS des EZMW der Spread relativ gering und wird erst zu Wochenbeginn
merklich größer. Das Clustering gemäß Großwetterlagen zeigt für das Wochenende
einen Übergang zu einer antizyklonalen Südwestlage, die von einer zyklonalen
Westlage (die die o.g. Sturmentwicklungen hervorbringt) abgelöst wird.
Nachfolgend stellen sich dann wieder antizyklonale Westlagen ein.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Donnerstag gehen die Niederschläge auch im Süden in Schnee über, wodurch sich
die Glatteissituation vom Vortag entspannt. Im Schwarzwald und im Allgäu und in
der Nacht zum Freitag am gesamten Alpenrand kommen wahrscheinlich mehr als 10 cm
Neuschnee innerhalb von 12 Stunden zusammen. Darüber hinaus gibt es an der
Nordsee wiederholt kräftige Schneeschauer, die mit teils mehr als 10 cm
Neuschnee in kurzer Zeit sowie einzelnen Gewittern und in der Nacht zum Freitag
an der Nordsee zudem mit stürmischen Böen einhergehen.
Am Freitag gibt es an der gesamten Küste weitere Schneeschauer, teils mit mehr
als 10 cm Neuschnee in kurzer Zeit. Diese können zudem etwas weiter ins
Binnenland ausgreifen. In Ostseenähe sind zudem kurze Gewitter möglich, dabei
besteht aber nur noch eine geringe Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen. In
der Nacht zum Samstag stellt sich bei Aufklaren über schneebedeckten Gebieten
strenger Frost unter -10 Grad ein.
Am Samstag kommen an der Nordfriesischen Küste, in der Nacht zum Sonntag dann
auch im Bergland westlich des Rheins stürmische Böen aus Südwest bis Süd auf.
Darüber hinaus kann es in der Nacht zum Sonntag am Alpenrand vor allem nach
Osten hin noch einmal strenger Frost unter -10 Grad geben. Am Sonntag erfolgt
mit der weiteren Gradientzunahme eine Milderung, an der Küste und in den
Mittelgebirgen setzen stürmische Böen ein, an der Nordfriesischen Küste und in
den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge muss mit Böen bis Sturmstärke aus
Südwest, auf dem Brockenplateau mit schweren Sturmböen gerechnet werden.
Am Montag deutet sich für den gesamten Nordwesten und Norden Deutschlands eine
schwere Sturmlage an.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann