DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

14-01-2024 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 14.01.2024 um 10.30 UTC



Zu Beginn der Mittelfrist unsichere Lage einer Luftmassengrenze, gebietsweise
(bevorzugt über der breiten Mitte) stärkere Schneefälle und gefrierender Regen
wahrscheinlich. Unwetter jeweils möglich. Zum Ende der Woche Wetterberuhigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 21.01.2024


Mittwoch ... ist wahrscheinlich der spannendste Tag der Mittelfrist. Die
wetterbestimmende, wahrscheinlich quer über Deutschland verlaufende Warmfront
ist prognostisch schon seit mehreren Tagen im Fokus. Trotz allerhand Bemühungen
ist die genaue Lage der Front aber immer noch nicht in trockenen Tüchern (und
wird sie auch noch länger nicht sein). Im Vergleich zu den gestrigen
00-UTC-Läufen ergeben sich erneut deutliche Abweichungen. Das in den Randbereich
eines Langwellentroges über Nordeuropa zunehmend eingelagerte Bodentief etwas
westlich der französischen Küste zieht im Tagesverlauf nach Nordfrankreich. An
der Vorderseite wirkt kräftige WLA, wobei die Warmfront am Abend aus aktueller
Sicht und nach Lesart von IFS etwa entlang der Mainlinie verläuft. ICON lässt
diese etwas weiter nach Norden ausgreifen, dort kommt die Mittelmeerluft bis zur
nördlichen Mittelgebirgsschwelle voran. GFS nimmt eine gewisse Mittelposition
ein, wobei die Ähnlichkeit zu IFS etwas größer ist. UK10 verfolgt eine
südlichere Luftmassengrenze, die 0-Grad-Isotherme in 850 hPa verläuft bei diesem
Modell am Abend südlich des Mains. Damit ergeben sich für die Niederschlagsphase
besonders über der Mitte erhebliche Unsicherheiten, die in den gestrigen Läufen
noch bevorzugt im Süden zu finden waren und es dabei gar keine so große
Abweichungen zwischen den Modellgruppen gab. Jedenfalls muss auf der kälteren
Seite der Front mit kräftigen Schneefällen bis in tiefe Lagen gerechnet werden,
im Übergangsbereich zur Warmluft mit gefrierendem Regen, weiter südlich davon
mit Regen.

Setzt man die Zuverlässigkeit der aktuellen Läufe voraus, sind die Regionen
südlich der Donau eindeutig im Bereich des Regens (T850 hPa teils bis +8 Grad),
wobei an der unteren Donau und im Bayerwald auch die gefrierende Phase dabei
sein kann. Nach IFS ist auch der komplette Norden außen vor mit nur schwachen
Schneeschauern an der Nordsee, nach ICON wären vom Münsterland bis nach
Brandenburg dagegen kräftigere Schneefälle möglich. Diese sind bei IFS etwas
nach Süden in den zentralen Mittelgebirgsraum verschoben. Weiterhin kann daher
nur ein gewisses Potential für signifikante Wetterscheinungen abgeschätzt
werden, die Details werden sich erst in der Kurzfrist - wahrscheinlich aber auch
nur langsam - herauskristallisieren.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Bodentief über die Mitte Deutschlands
hinweg ostwärts und erreicht nach IFS ausgangs der Nacht das Erzgebirge, wobei
sich der Kerndruck von 985 hPa nicht wesentlich ändert. Im Bereich der Zugbahn
des Tiefs sind kräftige Niederschläge möglich, die rückseitig mit der Kaltfront
generell wieder in Schnee übergehen werden. Potentiell sind damit im Frühverkehr
des Donnerstags vom Saarland und Rheinland-Pfalz bis nach Brandenburg sehr
winterliche Verhältnisse möglich. Der Teufel liegt aber auch hier im Detail,
denn nach ICON von 00 UTC wären erst NRW und die Gebiete entlang und nördlich
der nördlichen Mittelgebirgsschwelle vom Schnee beeinflusst, wobei nach Osten zu
auch die gefrierende Phase noch Thema sein kann. Der vor kurzem eingetroffene
Lauf ICON von 06 UTC nähert sich dagegen wieder dem IFS an. Je nach
Bewölkungsverhältnisse und der damit einhergehenden Abkühlung sind auch
stellenweise im Südosten ein paar "rote Schlangen" möglich. Südlich der
Tiefzugbahn wird auch der Wind etwas auffrischen, gebietsweise sind einzelne
starke, im Bergland stürmische Böen aus Südwest möglich. Verglichen mit der
Niederschlagsentwicklung wird der Wind im Warnmanagement wahrscheinlich aber
deutlich weniger Kopfschmerzen verursachen. Die von MOSMIX propagierten
Temperaturwerte sind natürlich aufgrund der unterschiedlichen Zugbahn des Tiefs
mit Vorsicht zu genießen, außerdem sind die Unterschiede zu MOS EZ deutlich zur
erkennen.

Donnerstag ... passiert die Kaltfront nach IFS bereits die mittleren Regionen
Bayerns und erreicht am Nachmittag schließlich die Alpen. Bei ICON von 00 UTC
liegt dagegen eine etwa 12-stündige Phasenverschiebung vor, dort fällt im
Südosten bis zum Abend noch Regen und im Bereich der Kaltfront vom Schwarzwald
bis zur Lausitz in einem breiten Streifen Schnee. Der Nordwesten ist dagegen von
Schneeschauern beeinflusst. In 500 hPa greift der Langwellentrog zunehmend von
Westen her auf Mitteleuropa über, die Trogachse verläuft am Abend etwa von der
Oder bis nach Luxemburg. Die Schauertätigkeit im Nordwesten wird dabei durch die
Höhenkaltluft und einen von der Nordsee hereinschwenkenden Bodentrog wesentlich
getriggert. In der Nacht zum Freitag schiebt sich nach Passage der Trogachse
zunehmend der Bodenkeil eines über Frankreich liegenden Hochs nach
Süddeutschland, die Mitte und der Nordosten ist dagegen weiterhin zyklonal
geprägt. Damit klingen die Schneefälle an den Alpen ab, die von der Nord- und
Ostsee zur Mitte ziehenden Schneeschauer bleiben dagegen erhalten. Nach ICON
schneit es an den Alpen die Nacht noch weiter. GFS verfolgt eine deutlich
zögerlichere Kaltfrontpassage mit einer über 1000 m liegenden Schneefallgrenze
an den Alpen bis Freitagfrüh. Letztere Lösung wird erstmal verworfen und auf
eine Mittelung zwischen ICON und IFS gesetzt. Der Wind spielt keine große Rolle,
in der zweiten Hälfte der Nacht zum Freitag sind an der Nordsee starke bis
stürmische Böen möglich.

Freitag ... wölbt sich ein Höhenrücken vom nahen Ostatlantik in Richtung
Schottland und dem Europäischen Nordmeer auf. Der bis dahin wetterbestimmende
Langwellentrog wird langsam nach Osteuropa abgedrängt. Bodennah stützt der
Rücken das Hoch mit Schwerpunkt über Ostfrankreich. Der davon ausgehende Keil
weitet sich dadurch über Süddeutschland aus und beeinflusst zunehmend auch die
Mitte Deutschlands. Während es im Südwesten damit weitgehend trocken bleibt,
ziehen sonst weitere Schneeschauer durch, die in der Nacht zum Samstag
vielerorts abklingen. Die Temperaturen pendeln sich tagsüber im Bereich der
0-Grad-Marke ein, in der Nacht gibt es im Norden leichten, sonst auch mäßigen
Frost. Auf den Bergen kommt es weiterhin zu starken bis stürmischen Böen aus
West, an der See zu starken Böen aus West bis Nordwest.

Samstag erreicht der Schwerpunkt des Bodenhochs, gestützt durch den langsam
ostwärts wandernden Höhenrücken, Mitteleuropa. Am Sonntag verlässt dieses
schließlich das Land ins östliche Mitteleuropa und Deutschland gelangt auf die
Vorderseite eines mäßig ausgeprägten Troges über Westeuropa. Damit ist das
Wochenende wahrscheinlich deutlich "langweiliger" als die Wochenmitte. Am
meisten Sonne wird es im südlichen Alpenvorland sowie in den höheren Lagen des
Südwestens geben. Sonst überwiegt eine Mischung aus dichteren Wolken mit
vorübergehenden Auflockerungen. Die Nachmittagswerte liegen meist im mittleren
einstelligen Bereich, bei längeren trüben Verhältnisse ist aber auch Dauerfrost
möglich. In den Nächten kommt leichter, im Süden auch mäßiger Frost dazu. ICON
stützt in weiten Bereichen - natürlich mit kleineren Abweichungen - die Lösung
von IFS. Damit ist das Wochenende prognostisch besser einzuordnen als der Beginn
der Mittelfrist.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


An und für sich sind die synoptischen Basisfelder von den letzten beiden
IFS-Läufen für mittelfristige Verhältnisse recht konsistent simuliert. Der
gestrige 00 UTC-Lauf hatte ein weniger starkes Ausgreifen der Warmluft in die
Mitte Deutschlands im Programm. Nachdem aber die genaue Zugbahn des Tiefs die
regionale Verteilung der Niederschläge und deren Phase bestimmt, machen hier 50
bis 100 km die entscheidenden Unterschiede. Als "area of interest" bezüglich
Schnee und gefrierendem Regen kristallisieren sich aber die erweiterten
mittleren Regionen Deutschlands heraus. Zum Wochenende sind die verschiedenen
Läufe mit einer leichten Phasenverschiebung ebenfalls konsistent.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Abweichungen zwischen den verschiedenen Modellen sind aufgrund der
schwierigen Lage zur Wochenmitte bereits im Hauptteil des Berichts ausführlicher
beschrieben. Bezüglich des Auftretens und der regionalen Verteilung der
signifikanten Wettererscheinungen ergeben sich für das Wochenende wieder bessere
Übereinstimmungen (wahrscheinlich keine markante Wettergefahren).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


EPS-Rauchfahnen:
Die deterministischen Beschreibungen lassen sich ausgesprochen schön auch bei
den Rauchfahnen für repräsentative Orte in Deutschland finden. Der Verlauf des
Geopotentials 500 hPa verläuft eigentlich bis zum Wochenende recht kongruent und
wird erst zum Beginn der neuen Woche uneinheitlicher. Die Unsicherheiten der
Prognose lassen sich daher besser beim Verlauf der T850 hPa erkennen mit einem
Spread des Maximums am Mittwoch von fast 10 Grad für die Mitte Deutschlands. Ab
Donnerstag nähern sich die Ensembles wieder an. Im Süden ist dagegen das Maximum
von 10 Grad gut abgesichert, der Norden verbleibt unter -5 Grad. Abseits des
äußersten Südens und Nordens ist demnach noch einiges möglich und man muss
dortige Punkt-Terminprognosen sehr vorsichtig und mit einem großen
Schwankungsbereich kommunizieren.

CLUSTER:
120 ... 168h: Es liegen zwei Cluster vor, wobei C1 mit 35 Mitgliedern deutlich
dominant ist. Beide Cluster setzen auf das Strömungsmuster "atlantischer Rücken"
mit einem Langwellentrog über Mitteleuropa, der zum Wochenende von einem vom
Atlantik ostwärts ziehenden Rücken abgelöst wird. Der beschriebene
deterministische Witterungsverlauf für das Wochenende zählt zu C1, C2 belässt
den Höhenrücken primär über Südwesteuropa, allerdings deutlich breiter
aufgestellt.

192 ... 240h: Die Clusteranzahl erhöht sich auf fünf. Das Strömungsmuster
"Blocking" ist eindeutig in der Überzahl. C1 mit 16 Membern muss auf den
Hauptlauf verzichten, dieser ist erst in C5 (!) zu finden. Die von C5
propagierte deutliche positive Geopotentialanomalie ab Dienstag nächster Woche
ist aber auch bei einigen anderen Clustern zu finden. Allerdings ist der Rücken
teils weniger weit nach Norden ausgreifend, beeinflusst aber mit Ausnahme von C3
(mit deutlich zyklonaleren Ansätzen) in jedem anderen Cluster, teils als
Rückseite, ebenfalls Mitteleuropa.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


SCHNEE:
Am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag in einem breiten Streifen von West
nach Ost über der Mitte markante Schneefälle möglich. Unwetter nicht
ausgeschlossen. Am Donnerstag nach Süden verlagernd, dabei stellenweise
weiterhin markante Mengen möglich, Unwetter aber geringer wahrscheinlich. An den
Alpen bis in die Nacht zum Freitag anhaltende Stauschneefälle.

GLÄTTE/GLATTEIS:
Am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag über der südlichen Mitte (etwa in
einem breiten Streifen im Bereich des Mains) sowie in den ostbayerischen
Mittelgebirgen Glatteis durch gefrierenden Regen möglich, Unwetter gering
wahrscheinlich.

WIND:
Am Mittwoch auf den Bergen sowie an der See stürmische Böen aus Südwest möglich,
von Donnerstag bis Sonntag meist nur noch auf exponierten Gipfeln.

DAUERREGEN/TAUWETTER:
Im Schwarzwald Mittwoch bis Donnerstag Überschreitung von markanten 24-stündigen
Warnschwellen möglich. Auch im Bayerischen Wald geringe Wahrscheinlichkeit
dafür. Bei in höchsten Lagen vorhandenem Schnee ist Tauwetter zu beachten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Schwierig eine passende Auswahl zu treffen, am ehesten eine Mittelung aus IFS
und ICON. Größerer Unsicherheitsbereich ist am Beginn der Mittelfrist zu
beachten. Am Wochenende IFS und MOSMIX.
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VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri