DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-01-2024 09:01
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 14.01.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NWz

Wechselhafte Nordwestlage mit zeitweiligen Niederschlägen, meist als Schnee.
Besonders im Norden und Osten böiger Westwind, Küsten und Bergland teils
Sturmböen. Nächte durchweg frostig mit Glätte.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... dauert die zyklonal geprägte Nordwestwindwetterlage weiter an. Grund
dafür ist die anhaltende Blockierungstendenz zwischen einer mächtigen
Antizyklone im Bereich Grönland/Baffin-Bucht und einem sich abschwächenden Keil
über Südwesteuropa. Die Antizyklone über Grönland war bereits seit über 1.5
Wochen recht prominent in der Numerik hinterlegt und wird nicht nur durch die
Dynamik der Außertropen, sondern auch aus dem tropischen Sektor forciert und
dominiert die gesamte Kurzfrist über das Wettergeschehen. Dank fortwährender
Abschwächung des Keils über Südwesteuropa gelingt es aber zum Ende der Kurzfrist
einem kräftigen Abtropfprozess im Bereich der Azoren in Richtung Mitteleuropa zu
ziehen.

Im Bodendruckfeld zeigen sich heute tagsüber noch die Reste des einst mächtigen
Hochdruckgebietes HANNELORE in Form eines brüchigen Hochdruckkeils, der
spätestens ab Montag (vorübergehend) keinen direkten Einfluss mehr auf unser
Wetter ausübt. Wobei, schaut man genau, dann sendet uns HANNELORE zum Dienstag
noch einen letzten Gruß in Form einer sich progressiv von Frankreich über den
Alpenraum nach Südosteuropa hetzenden Bodenhochdruckzelle, die zum Mittwoch
schon das Schwarze Meer erreicht. Was für eine Flucht.
Ansonsten aber bestimmt ein umfangreicher Tiefdruckkomplex über Skandinavien
unser Wetter, zunächst mit der steuernden Zyklone DAVINA, bevor im Verlauf der
Kurzfrist die durch Überströmen des Norwegischen Gebirges initiierte Zyklone
EFTHALIA das steuernde Zepter übernimmt. Somit dominiert heute und am Montag der
zyklonale Einschlag aus Nordwest, bevor zum Dienstag die Strömung insgesamt mehr
auf westliche Richtung kippt - stromab des Höhentiefs, das sich von den Azoren
auf den Weg zu uns macht.

Auch heute tagsüber fungieren sowohl die zentralen Mittelgebirge, wie auch die
HANNELORE im Südwesten als Bollwerk vor der aus Nordwest herangeführten marinen
Luftmasse. Somit startet der Sonntag im Süden teils hochnebelartig bewölkt,
teils klar. Im Tagesverlauf setzt sich besonders südlich der Donau die Sonne
effektiv gegen jegliche Wolkenreste durch, teils scheint sie auch von einem
nahezu wolkenlosen Himmel. Zudem breiten sich die Wolkenlücken auch in Richtung
Main aus. Dabei bleibt es meist trocken, nur in Richtung Markgräfler Land bis
ins Hegau können zum Abend im Zuge einer über die Schweiz südostwärts geführten
Welle einzelne Tropfen oder Flocken fallen - Achtung Glätte.
Die Höchstwerte liegen je nach Wolkenverteilung und Höhenlage zwischen -3 und 0
Grad, im Sonnenscheint bei +1 bis +3 Grad. Der Westwind weht mäßig bis frisch,
im Hochschwarzwald zunehmend in Sturmstärke.

Anders sieht es im Norden bis zu den zentralen Mittelgebirgen aus. Hier wird in
der nordwestlichen Anströmung weiterhin feuchte Luft herangeführt, die unterhalb
einer Absinkinversion nicht nur in der Numerik, sondern auch in den 00Z
Radiosondenaufstiegen analysiert wurde. Diese lag zu 00Z im Nordwesten bei
700/750 hPa und ging in Richtung der zentralen Mittelgebirge auf 800 hPa zurück.

Bis zum frühen Nachmittag dauern die in Bändern formierten Niederschläge erstmal
weiter an, wobei die Schneefallgrenze meist zwischen 100 und 300 m pendelt (bei
kräftigeren Schauern natürlich bis in tiefe Lagen als Schnee). In Staulagen
schneit es längere Zeit - Mengen im Abschnitt "Nacht zum Montag".
Zum Nachmittag und Abend sorgt die von Nordwesten hereinschwenkende Hebung
stromab eine sich strukturierenden Troges bzw. des sich intensivierenden
Bodentiefs EFTHALIA für verstärkte Hebungsprozesse, sodass im gesamten Norden
Niederschlagssignale innerhalb der Numerik aufflammen.
Dank eines starken Südwestwindes (ICON-D2 mit sporadischen Bft 7 Hinweisen zur
Mittagszeit im Nordosten) und der einhergehenden Durchmischung mit Maxima von +1
bis +5 Grad fallen die Niederschläge je nach Höhenlage und Intensität als Regen,
Schneeregen oder Nassschnee, im Stau des Harzes und im Sauerland durchweg als
akkumulierender Neuschnee.

Eine Besonderheit gibt es noch Herauszuarbeiten: entlang der zentralen
Mittelgebirge soll die Inversionshöhe von rund 800 hPa aus den Nachtstunden
heraus allmählich bis zur Mittagszeit auf rund 700 hPa angehoben werden, sodass
wir immer mehr in den Temperaturbereich um oder unter -10 Grad rutschen. Sprich,
bis zum Mittag besteht entlang der zentralen Mittelgebirge weiterhin die
Mischphase aus Schneegriesel/gefr. Sprühregen, die zum Nachmittag aber zunehmend
in die feste Phase wechseln sollte.


In der Nacht zum Montag kommt der Höhentrog zügig nach Deutschland herein und
mit ihm höhenkalte Luft mit Werten von unter -38 Grad im Nordwesten.
Gleichzeitig vertieft sich EFTHALIA im GEFS mit einem Spread von 2-3 hPa
gestützt auf rund 980 hPa, im IFS-ENS wiederum homogen gezeigt auf rund 985 hPa.
Egal wie, dank des Druckfalls nimmt der Gradient zu den Resten von HANNELORE
ausreichend zu, um dem Norden und Osten eine windige Nacht zu bescheren.

Beginnen wir mit dem Niederschlag, der WLA gestützt zum Beginn der Nacht flächig
auf den gesamten Norden ausgreift und bis zum Ende der Nacht unter Abschwächung
bis zu den zentralen Mittegebirgen und ins westliche Polen vorankommt. Diese
Niederschläge fallen im Nordwesten und Norden anfangs in tiefen Lagen noch als
Regen oder Schneeregen, wechseln danach jedoch auch hier überwiegend in die
feste Phase (grob südöstlich einer Linie Hamburg-Bremen). Über der Mitte und im
Osten schneit es hingegen wiederholt, mal mit leichter, mal mit mäßiger
Intensität, in Staulagen des Berglands durchweg mit mäßiger Intensität. Dank der
Durchmischung (siehe Wind) wird jedoch in tiefen Lagen nur temporär etwas liegen
bleiben, zumal die Intensität nach Süden und Osten zu mit der Zeit immer weiter
nachlässt.

Nach Mitternacht erfolgt noch die Passage eines markanten Bodentrogs aus
Nordwest, der Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern die
zweite Nachthälfte ostwärts überquert. Im Zuge dieser konvektiv verstärkten
Niederschläge besteht die größte Option, dass auch im Tiefland vorübergehend
eine dünne Schneedecke ausgebildet werden kann.
In den Staulagen des Berglands (Sauerland, Harz) schneit es mit kurzen
Unterbrechungen weiter, wobei 24-std. Neuschneemengen von 5 bis 10 cm erwartet
werden, lokal (je nach Ausrichtung der Schauerstraßen) auch etwas mehr. In
Verbindung mit dem Wind sollte über die Ausgabe einer Schneeverwehungswarnung
nachgedacht werden und auch die Verschärfung zu einer markanten
Schneefallwarnung steht im Raum.

Wir haben es bereits gehört: Die Durchmischung ist das Problem mit Blick auf die
Schneedeckenausbildung im Norden. Der West- bis Nordwestwind gewinnt im Verlauf
der Nacht immer weiter an Kraft mit 850 hPa Windgeschwindigkeiten von teils 50
kt. Die vor der Konvergenz noch vorhandene leicht stabile Schichtung in
Grenzschichtnähe wird mit der Passage des Bodentroges rasch abgebaut, sodass bis
in tiefe Lage Böen Bft 7 bis 8 zu erwarten sind. In Verbindung mit den
Schneeschauen kann das zeitweise für erhebliche Sichteinschränkungen gut sein!
Ausgangs der Nacht erfasst das Windfeld mit dem Bodentrog den gesamten Osten
Deutschlands. Im Bergland sowie im Küstenumfeld werden Sturmböen erwarten und
auf dem Brocken und Fichtelberg schwere Sturmböen oder gar orkanartige Böen Bft
10/11 aus West bis Nordwest. In Richtung zweite Nachthälfte drohen dann auch im
Umfeld der Ostseeküste teils schwere Sturmböen aus Nordwest.

Die Tiefstwerte liegen meist etwas über 0 Grad, nur in Richtung Angeln und
Nord-Ostsee-Kanal etwas unter dem Gefrierpunkt.

Zwischen Main und Donau ändert sich zum Tag hin wenig: bedeckt, zeitweise etwas
Schnee, besonders in höheren Lagen mit einigen wenigen Zentimetern Neuschnee und
das bei einem starken bis böigen Westwind. Die Tiefstwerte liegen im leichten
bis mäßigen Frostbereich.

Und wenn das alles schon nicht genug wäre schiebt sich über den äußersten Süden
Deutschlands ebenfalls Niederschlag herein, der orografisch forciert besonders
in Richtung Allgäu einige Zentimeter Neuschnee bringen kann (COSMO-LEPS bis 10
cm / 12h im Median, sonst weniger). Von Oberschwaben bis in den Chiemgau kann
sich auf jedenfall eine dünne Neuschneedecke ausbilden. Die Minima liegen im
leichten bis mäßigen Frostbereich und bei starkem, teils auch böigem Westwind
treten regional (besonders exponiert) teils Schneeverwehungen auf.


Montag... zieht EFTHALIA ohne gröbere Intensitätsänderungen zur Ostsee weiter
und da HANNELORE den Kampf noch immer nicht aufgibt und den Bodendruck im
Südwesten leicht steigen lässt (Vorbereitung ihres Kurztrips am Dienstag) bleibt
der Druckgradient weiterhin recht stramm.

Dies bedeutet einen recht windigen Tag und das besonders zwischen Vormittag und
Nachmittag im gesamten Nordosten und Osten, wo noch der 50 kt Jet in 850 hPa
präsent ist. Das bedeutet dort dem Tagesgang folgend im Tagesverlauf verbreitet
Bft 7 Böen. Besonders von Vorpommern bis zum Oderbruch und im Luv des
Erzgebirges sind teils auch stürmische Böen Bft 8 aus West bis Südwest zu
erwarten. Im Bergland und Küstenumfeld treten ebenfalls markante Böen auf, im
Norden aus Nordwest, im Südosten eher aus West mit teils schweren Sturmböen auf
exponierten Alpengipfeln, dem Brocken und dem Fichtelberg.
Im übrigen Deutschland weht ein starker, zeitweise auch böiger Westwind mit
stürmischen Böen oder Sturmböen im Bergland.

Auf der Rückseite von EFTHALIA strömt besonders in der Höhe sehr kalte Luft in
den Norden Deutschland mit 500 hPa Werten von teils etwas unter -40 Grad! Bei
850 hPa Werten von -7 oder -8 Grad ist das ausreichend, um dem Tagesgang folgend
kräftige konvektive Umlagerungen in Gang zu setzen. Aus heutiger Sicht fallen
diese besonders kräftig und organisiert peripher einer schwachen Kurzwelle aus,
die Benelux zur Mittagszeit passiert und abends über Niedersachsen aufschlägt.
Neben kräftigen Schauern sind auch einzelne Gewitter mit von der Partie, wobei
bis in tiefe Lagen Graupel oder Schnee fällt.
Diese Konstellation ist immer ein Achtungszeichen für die westlichen zentralen
Mittelgebirge wie Eifel, Bergisches Land, Sauerland bis ins Weserbergland und
umgebende Gebirge. Etwas abweichend vom klassischen "setup" ist eine etwas zu
östlich ansetzende Höhenkälte und eine insgesamt gut durchmischte
niedertroposphärische Grenzschicht. Dennoch sollte man am Vormittag in ganz NRW
auf etwas Neuschnee gefasst sein, besonders in den genannten Staulagen sind
regional auch 5 bis 10 cm Neuschnee in wenigen Stunden nicht ausgeschlossen. In
der Folge werden dann auch die östlicheren Mittelgebirge von einigen Zentimeter
Neuschnee beglückt und je nach Abdruck im Bodendruckfeld sind auch organisierte
Schneeschauerstraßen in Niedersachsen bis nach Sachsen-Anhalt denkbar, die etwas
Neuschnee bringen (besonders, wenn sich eine Bodentiefzirkulation ausbilden
sollte).
Im Süden schneit es besonders im Umfeld der Orografie etwas mit wenigen
Zentimeter Neuschnee, abseits davon bleibt es auch für längere Zeit trocken.

Noch ein Wort zu den Schneefallwarnungen in den Staulagen, die bis in den Montag
bereits gültig sind. Eine temporäre Heraufstufung zu "ocker" kann nicht
ausgeschlossen werden, besonders mit Blick auf die möglicherweise recht hohen
Neuschneemengen am Vormittag bis zur Mittagszeit des Montags. Dazu besteht im
Bergland weiterhin das Thema "Schneeverwehungen".

Die Höchstwerte pendeln im Norden zwischen 0 und +3 Grad, entlang und südlich
der zentralen Mittelgebirge eher um oder etwas unter 0 Grad.

In der Nacht zum Dienstag ändert sich noch nichts Grundlegendes. Die Kurzwelle
mit dem etwas kompakteren Schneefallgebiet zieht zunehmend in den Osten
Deutschlands und schwächt sich weiter ab, während sonst in der feuchten
Luftmasse besonders im Bergland immer wieder etwas Schnee fällt. Meist handelt
es sich dabei um wenige Zentimeter Neuschnee, allerdings können im Erzgebirge
mit der Welle gut und gerne 5 bis 10 cm Neuschnee zusammenkommen.
Besonders im Südwesten lockert die Bewölkung teils stärker auf und dort bleibt
es trocken.

Der Westwind schwächt sich insgesamt ab, kommt im Nordosten nur noch schwach bis
mäßig, sonst frisch bis stark daher mit markanten Böen im exponierten Bergland
(Brocken und Feldberg sowie exponierte Alpengipfel weiterhin teils schwere
Sturmböen).

Die Tiefstwerte liegen zwischen -1 und -5 Grad, im Bergland sowie im Südwesten
zwischen -5 und -9 Grad (vielleicht in Richtung Allgäu und Alpenrand hier und da
strenger Frost möglich).



Dienstag... sorgen die Reste der progressiven HANNELORE im gesamten Westen und
Süden für einen insgesamt recht freundlichen Tag, teils scheint die Sonne auch
für längere Zeit, wobei besonders mit mehr Sonne die eher milderen MOSMIX-Werte
von +2 oder +3 Grad favorisiert werden. Bei etwas mehr Wolken verharren die
Höchstwerte jedoch weiterhin um den Gefrierpunkt. Im Norden und Osten bleibt es
stärker bewölkt und zeitweise schneit es leicht mit wenigen Zentimetern
Neuschnee besonders in Richtung Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
Die Höchstwerte im Norden liegen ebenfalls um den Gefrierpunkt, sodass wenigsten
temporär die Bildung einer dünnen Neuschneedecke möglich ist.

Der insgesamt mehr auf Südwest drehende Wind kommt mäßig bis frisch daher, im
Küstenumfeld und im Bergland stark böig bis stürmisch, auf dem Brocken teils mit
schweren Sturmböen.

Kurz noch zur Nacht zum Mittwoch: Dort kann es in Richtung nördliches
Schleswig-Holstein (Binnenland ostwärts) entlang einer markanten Konvergenz
kräftige Schneefälle geben. Zudem schiebt sich nach Mitternacht von Südwesten
die Warmfront der sich etablierenden Luftmassengrenze herein, mit der auch
Schnee bzw. gefrierender Regen ein Thema werden. Dank der aktiven Vorgeschichte
und der noch anhaltenden Unsicherheiten bezüglich der Lage dieser
Luftmassengrenze wird jedoch noch nicht näher darauf eingegangen. Nur so viel:
Das Potenzial für Unwetter nimmt mit dem Glatteisregen ausgangs der Nacht von
Südwesten zu, denn die Tiefstwerte liegen verbreitet im leichten bis mäßigen
Frostbereich.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Numerik hat die Kurzfrist insgesamt sehr gut im Griff. Allerdings ergeben
sich in der Feinheit Diskrepanzen wie z.B. bei der Passage der Sekundärwelle
ausgangs der Nacht zum Montag und Montag tagsüber, die Deutschland ostwärts
überquert. Die Unschärfen halten sich zwar in Grenzen, allerdings entscheiden
diese über die regionale Verteilung der kräftigsten Niederschläge.

Zum Ende der Kurzfrist werden zudem die Grundlagen für eine ausgeprägte
Luftmassengrenze eingangs der Mittelfrist (Mittwoch/Donnerstag) gelegt. Deren
Unsicherheiten entspringen v.a. in der Handhabe der Numerik, wo welches
kleinräumigere Tiefdruckzentrum im umfangreichen Azorentiefkomplex dominant nach
Osten geführt wird. Es ergeben sich dahingehend weiterhin signifikante regionale
und zeitliche Diskrepanzen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy