DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-01-2024 18:30
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 13.01.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Zyklonale Nordwestlage mit schauerartigen Niederschlägen, teils bis ganz runter
als Schnee, der dort aber nicht zwingend liegenbleibt. Vor allem an den Küsten
windig bis stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einer leicht zyklonal konturierten
nordwestlichen Höhenströmung, deren Fetch von Grönland über Mittel- bis nach
Südosteuropa reicht. Generatoren dieser Strömung sind ein sehr umfangreicher
mehrgliedriger Trog über Nord- und dem nahen Osteuropa sowie ein Rücken über dem
Ostatlantik. Unter diesem Rücken verstecken sich übrigens die durchaus noch
substanziellen Reste des ehemals so prominenten Hochs HANNELORE, dessen Zentrum
sich aber mehr und mehr ins Seegebiet westlich von Island zurückzieht. Dadurch
wird der Weg frei für Tiefdruckgebiete, die aus der Nordmeerregion kommend nach
Skandinavien ziehen, dort z.T. auch erst entstehen, um dann weiter in Richtung
Baltikum, Belarus oder Nordpolen zu marschieren. Aktuell hat das Tief DAVINA den
Hut auf, das mit einem Kerndruck von rund 990 hPa vom östlichen Mittelschweden
den Finnischen Meerbusen ansteuert. Gemeinsam mit einem kleinen Teiltief, das
etwas weiter südlich positioniert ist, wird ein Schwall erwärmter maritimer
Polarluft (mPs) in weite Teile des Vorhersageraums advehiert, in der T850 bis
zum Morgen auf -4 bis -7°C zurückgeht. Einzig im äußersten Süden hält sich im
Bereich eines schmalen, aber sehr zähen Hochkeils eine gealterte Polarluft (xP),
die in der Grundschicht kälter, darüber aber wärmer ist als die frisch
einfließende Polarluft.

Kurze, in der Höhe südostwärts ablaufende Sekundärtröge sowie eine thermisch
sehr schwach ausgeprägte Kaltfront sorgen für schauerartige Niederschläge, die
sich vom Norden allmählich in die Mitte verlagern. Akkumuliert über 12 Stunden
kommen nördlich der zentralen Mittelgebirgsschwelle vielerorts 1 bis 5, im Stau
des Harzes bis zu 10 mm zusammen. Aufgrund der guten Durchmischung sowie des
maritimen Einschlags der Luftmasse fällt in tiefen Lagen Norddeutschlands
überwiegend Regen, während sich nach Osten hin Schnee daruntermischen kann oder
sogar etwas nasser Schnee runterkommt. Glätte sollte dabei aber kein großes
Thema sein. Erst in den Mittelgebirgen oberhalb etwa 400 m, wo der Schnee
liegenbleibt (1 bis 5 cm, im Oberharz bis 10 cm), muss mit entsprechender Glätte
gerechnet werden. Postfrontal lockert die Wolkendecke mitunter auf, hier und da
zieht noch ein einzelner Schauer durch. Präfrontal, namentlich im zentralen
Mittelgebirgsraum, wird die Hochnebeldecke etwas angehoben und die feuchte
Grundschicht gestreckt. Die Unterkante der Inversion erreicht ein Höhenniveau
von 800 bis 750 hPa, wo eine Temperatur um, meist aber etwas über -10°C
herrscht. Entsprechend und auch abhängig von der Anzahl anthropogener
Lufteinträge fällt entweder Schnee(griesel) oder Nieselregen, der trotz geringer
Intensität auf den vielfach noch gefrorenen Böden streckenweise für Glatteis
sorgen kann.

Südlich von Mosel und Main dürfte kaum noch Niederschlag auftreten, auch wenn
aus so einer Hochnebeldecke lokal immer mal was fallen kann, weshalb für das
nördliche Süddeutschland auch eine prophylaktische Glättewarnung gezogen wurde.
Ganz im Süden gucken die höheren Lagen aus der Hochnebeldecke raus, während es
abseits davon nur sporadisch auflockert. Wenn doch, dann droht relativ zügig
Nebel, mögliche Glätte inklusive. Während es in der Nordhälfte abgesehen von
höheren Lagen weitgehend frostfrei bleibt, geht oder verharrt die Temperatur in
den übrigen Regionen im leichten, im Süden z.T. auch mäßigen Frostbereich. An
den Alpen gibt es bei Aufklaren über Schnee sogar strengen Frost bis zu -14°C.

Kurz noch der Wind, der aus westlichen Richtungen kommt und im Norden sowie im
Osten etwas nachlässt. An der See sowie im höheren Bergland werden aber
weiterhin Böen 7 Bft, anfangs 8 Bft beobachtet. Noch windiger respektive
stürmischer bleibt es auf dem Brocken und auf dem Fichtelberg mit Böen 9-10 Bft.


Sonntag ... ändert sich gar nicht mal so viel an der Großwetterlage. Die
nordwestliche, leicht flatternde Höhenströmung bleibt bestehen, auch wenn sie im
Zuge einer zu Wochenbeginn von der Nordsee einsetzenden Austrogung etwas
rückdreht. Tief DAVIN und das zugehörige Teiltief ziehen nach Osten ab, dafür
taucht ein neues kleines Tief am Horizont auf, das seine Geburt
Umströmungseffekten an der Südspitze Norwegens zu verdanken hat. Morgen Mittag
befindet sich das Tief, das den schönen Namen EFTHALIA erhalten hat, über dem
Eingang des Oslofjords. Auf seiner Südwestflanke führt EFTHALIA eine Kaltfront
von der Nordsee zu uns, hinter der niedertroposphärisch noch etwas kältere
Polarluft herangeführt wird. Bis Montagfrüh sinkt T850 landesweist auf rund
-7°C, an der Ostsee bis zu -9°C ab. Entsprechend liegen die Tagestemperaturen im
höheren Bergland durchweg im Minus. In tieferen Lagen hingegen setzt sich der
Trend der Frostabschwächung fort. Nur in einigen geschützten Lagen der zentralen
Mittelgebirgsregion sowie stellenweise im Süden wird der Gefrierpunkt nicht
überschritten. Zwischen Meppen und Schleswig stehen dagegen Tageshöchstwerte um
+5°C auf der Karte.

Während es auch am morgigen Sonntag in Süddeutschland trocken und vor allem im
Süden Bayerns und BaWüs auch sonnig bleibt, gestaltet sich der Wetterablauf in
den übrigen Regionen wolkenreich und wechselhaft. Vom Norden bis in die Mitte
kommt es immer wieder zu schauerartigen Niederschlägen, die in tiefen Lagen als
Regen oder Schneeregen, bei etwas kräftigeren Schauern auch mal als Nassschnee
fallen. Für eine Schneedecke wird das tagsüber nicht reichen, hier und da aber
für etwas Matschepampe. Anders die Situation in den zentralen und östlichen
Mittelgebirgen, wo die feste Phase überwiegt und oberhalb rund 400 m
(Schneegrenze, also ab da bleibt substanziell was liegen) weitere 1 bis 5, in
einigen Staulagen (Favorit der Oberharz) bis 10 cm Neuschnee innert 12 h
hinzukommen können. Die Gefahr von gefrierenden Nieselregen nimmt wegen der
weiteren Streckung der feuchten Grundschicht immer weiter ab, ist aber gerade im
südlichen Bereich des zentralen Mittelgebirgsraums noch nicht final auf null
gestellt.

Der südwestliche, an der Nordsee eher west- bis nordwestliche Wind bleibt an der
Küste flott unterwegs mit Böen 6-7 Bft. Am Nachmittag nimmt die
Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen 8 Bft insbesondere auf und an der
Deutschen Bucht wieder deutlich zu. Windig bis stürmisch auch das höhere
Bergland mit Böen bis zu 10 Bft auf Brocken und Fichtelberg.

In der Nacht zum Montag entwickelt sich die zunächst noch recht zierlich
daherkommende EFTHALIA zu einem soliden 980iger-Tief, das am Morgen
wahrscheinlich mit Doppelkern zwischen Südschweden und Litauen aufschlägt.
Gleichzeitig nähert sich von der Nordsee ein Randtrog, der sich tagsüber weit
ins deutsche Binnenland hineinbohrt (sagen wir besser "über das deutsche...", mit
Erdbohrungen hat der Trog nichts zu tun). Bis 06 UTC sinkt T500 in der
Nordhälfte auf -30 bis -35°C, ganz im Norden sogar bis -37°C, was angesichts
850-hPa-Temperaturen zwischen -6 und -9°C eine nicht unerhebliche Labilität
innerhalb der maritimen Polarluft zur Folge hat.

Kurzum, es kommt zu weiteren Schauern, die zunehmend auch die zentrale
Mittelgebirgsschwelle südwärts überschreiten, wohl aber noch nicht die Donau
erreichen. Nur direkt am Alpenrand fängt es leicht an zu schneien. Im großen
Rest des Landes fallen die Schauer bis ganz unten als Schnee, wobei es im
Tiefland aufgrund der nach wie vor guten Durchmischung schwierig mit einer
Neuschneeakkumulation bleibt. Trotzdem, es gibt Anzeichen, dass es gerade nach
Osten hin gebietsweise für die Bildung einer dünnen Nassschneedecke reichen
könnte. Und auch sonst ist lokal und vorübergehend mal etwas Nassschnee oder
Schneematsch auf Straßen und Wegen möglich. In den Mittelgebirgen sind je nach
Höhe und Exposition zur Anströmung 1 bis 5, lokal bis 10 cm Neuschnee zu
erwarten. Während in der Nordhälfte abgesehen von höheren Lagen die Temperatur
größtenteils knapp über 0°C verbleibt, steht weiter südlich vielfach leichter,
teils mäßiger Nachtfrost auf dem Zettel.

Mit Intensivierung und Passage des o.e. Tiefs zieht der Gradient wieder an, was
an der Küste vermehrt stürmische Böen 8 Bft, exponiert 9 Bft aus westlichen
Richtungen (Ostsee eher Südwest bis West, Nordsee West bis Nordwest) auf den
Plan ruft. Das küstennahe Binnenland versteift sich auf Böen 7 Bft, ebenso
Regionen zwischen Südniedersachsen und Vorpommern sowie der östliche
Mittelgebirgsraum. Ruppig geht´s nach wie vor in exponierten Hochlagen zu mit
Böen 9-10 Bft, auf dem Brocken vielleicht sogar 11 Bft.


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Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag ... knüpfte der 12-UTC-Lauf von ICON an seine jüngsten Vorläufe an. Es
gelten mithin die Ausführungen der heutigen Frühübersicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die beschriebene Entwicklung sehr ähnlich. In Bezug auf
die Schneefälle wurden die Mittelgebirge, in denen am meisten runterkommen soll
mit einer lang andauernden (bis Montag) Schneefallwarnung versehen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann