DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-01-2024 08:30
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 12.01.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HB Übergang zu NWz
Bei negativen Temperaturen regional Gefahr von gefrierendem Sprühregen mit
Glatteisbildung. An den Küsten und im höheren Bergland zunehmender Wind mit
Sturmböen. Am Samstag auch im nördlichen Binnenland und im Osten gebietsweise
Windböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... Befindet sich über Nordwesteuropa eine Höhenantizyklone, die im
Bodendruckfeld mit dem umfangreichen und kräftigen Hoch HANNELORE (knapp über
1040 hPa) mit Schwerpunkt etwa über Irland und Schottland verbunden ist. Im
Tagesverlauf nähert sich von Island ein Randtrog und schwenkt in Richtung
Nordmeer. Gleichzeitig beginnt sich das Hoch abzuschwächen und sich mit seinem
Schwerpunkt retrograd vor die Westküste Irlands zu verlagern.
Dennoch bleibt hierzulande der Hochdruckeinfluss noch weitgehend erhalten, denn
ausgehend von dem Hoch bleibt ein Keil Richtung Süddeutschland gerichtet.
Allerdings ist am Rande des Hochs mit einer nordwestlichen Strömung feuchtere
Luft zu uns gelangt, was unterhalb einer kräftigen Absinkinversion auf etwa 900
bis 950 hPa vor allem im Norden und in der Mitte recht verbreitet dichte
Stratusbewölkung zur Folge hat. Aus dieser Wolkendecke hat es bereits in der
Nacht insbesondere über der nördlichen Mitte und im Osten leichte Niederschläge
gegeben. Da die Niederschlagsbildung auf Basis der Radiosondenaufstiege im
Bereich über -10 Grad stattfindet, handelt es sich weitgehend um flüssigen
Niederschlag in Form von Sprühregen. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt hat
dies lokal Glätte bzw. Glatteis zur Folge, was aufgrund der sehr geringen
Niederschlagsmengen mit markanten Warnungen bewarnt wurde.
Auch heute tagsüber muss gebietsweise weiterhin mit glatten Straßen gerechnet
werden. Betrachtet man die Prognosetemps beispielsweise für Essen, Bergen und
Lindenberg so bleibt die feuchte und unterkühlte Grundschicht unterhalb der
Inversion erhalten, bei einer gleichzeitig sehr trockenen Schicht oberhalb der
Inversion. Also ein klassisches Profil für Sprühregen, der dann in den
Bereichen, in denen der Frost tagsüber bleibt, weiterhin am Boden gefrieren
kann. Das betrifft vor allem den zentralen Mittelgebirgsraum, wo es bei
Dauerfrost bleibt. Aber auch in tieferen Lagen der Mitte und des Nordostens
verbleiben die Temperaturen oft im Bereich um oder nur knapp über dem
Gefrierpunkt. Da nun der Frost schon einige Tage anhält, werden auch die
Belagstemperaturen nur zögerlich positive Werte annehmen. Kurzum, die
Glättesituation bleibt in einigen Gebieten erhalten, da die Niederschlagsmengen
aber weiterhin sehr gering sind, sollte sie nur regional markant sein, oft
reichen gelbe Glättewarnungen.
Etwa vom Niederrhein bis zur Ostsee werden tagsüber positive Höchstwerte
erwartet, die an der Nordsee bis zu 6 Grad betragen können. Im Süden hingegen
bleibt es recht verbreitet bei leichtem Dauerfrost. Dabei ist auch dort bereits
etwas feuchtere Luft eingesickert, sodass auch dort die Sonnenanteile geringer
sind. Vor allem im Südwesten und an den Alpen sollte es aber nochmal ein
freundlicher Tag werden. Für die Ausbildung von Niederschlag reicht es dort noch
nicht.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Höhentrog weiter südostwärts Richtung
Südskandinavien. Damit verbunden ist im Bodendruckfeld das Tief DAVINA mit Kern
noch vor der norwegischen Küste, wobei sich etwa im Bereich des Oslofjords
ausgangs der Nacht ein kleines Randtief entwickelt. Dies hat zur Folge, dass der
Druckgradient über dem Norden Deutschlands leicht zunimmt. Erste Böen Bft 7 sind
dann an der Nordsee und evtl. an exponierten Stellen der Ostseeküste möglich.
Zudem sorgt der auffrischende Wind insbesondere im Nordwesten für eine bessere
Durchmischung, sodass dort die Nacht frostfrei bleibt. Sonst ist wieder
verbreitet mit leichtem, im Süden und im höheren Bergland auch mit mäßigem Frost
zu rechnen.
Mit Annäherung des Troges verschärft sich die WLA und die Niederschlagssignale
nördlich der Mittelgebirge nehmen zu. Der DMO des ICON-EU zeigt in den
Frostgebieten Schnee und Schneegriesel, der des ICON-D2 die gefrierende Phase.
Letzteres erscheint aufgrund der Prognosetemps, bei denen die
Niederschlagsbildung weiterhin in Temperaturbereichen oberhalb von -10 Grad
stattfindet, die wahrscheinlichere Lösung zu sein. Entsprechend muss immer noch
gebietsweise mit gefrierendem Sprühregen und entsprechender Glättebildung
gerechnet werden. Da die Mengen aber weiterhin gering bleiben, sollten markante
Warnungen ausreichen.
Die Stratusdecke breitet sich nun auch über dem Süden weiter aus. Streckenweise
ist Glätte durch gefrierende Nebelnässe nicht ausgeschlossen. Am längsten klar
bleibt es Richtung Alpen. Unmittelbar an den Alpen ist auch nochmal strenger
Frost möglich.

Samstag... schwenkt der Trog über den Süden Skandinaviens hinweg in Richtung
Polen. Das o.e. Randtief erreicht die Ostsee. Das schwach ausgeprägte
Frontensystem des Tiefs greift im Tagesverlauf von Norden auf Deutschland über.
Damit kommen vor allem in der Nordhälfte gebietsweise leichte Niederschläge auf.
In den Süden Deutschlands bleibt weiterhin der Hochkeil gerichtet, dort bleibt
es trocken. Zwischen dem Hoch und dem sich weiter verstärkenden Tief über der
Ostsee nimmt der Gradient weiter zu. Im Norden und Osten kommt es zu Windböen
Bft 7, an der See zu Sturmböen Bft 8 bis 9 aus Nordwest bis West. Auf dem
Fichtelberg und dem Brocken sind erste schwere Sturmböen Bft 10 möglich. Der
weiter auffrischende Wind hat zur Folge, dass die Temperatur im Norden und der
Mitte recht verbreitet auf positive Werte ansteigt. Im äußersten Westen wird es
wieder am "wärmsten" mit Werten zwischen 5 und 7 Grad. Somit sollte sich die
Glättesituation in diesen Gebieten allmählich entspannen. Ausnahme sind einige
Mittelgebirgslagen, wo sich der Temperaturanstieg schwertut. Wenn die
Niederschläge dort am Nachmittag und Abend ankommen, ist Schnee, überwiegend
aber wahrscheinlich wieder Sprühregen mit Glättegefahr zu erwarten. Insgesamt
fallen aber kaum mehr als 0,3 bis 3 mm in 12 Stunden.
Im Süden bleibt es bei schwachen Winden vielerorts bei leichtem Dauerfrost. Auch
dort dominiert eine feuchte Grundschicht mit hochnebelartiger Bewölkung,
wenngleich es weiterhin nicht zur Niederschlagsbildung reicht. Unmittelbar an
den Alpen und oberhalb der Feuchteschicht im südwestlichen Bergland gibt es am
meisten Sonne.

In der Nacht zum Sonntag verbleiben wir in der nordwestlichen relativ glatten
Höhenströmung. Im Bereich des über Deutschland liegenden, in den Feuchte- und
Temperaturfeldern aber kaum auszumachenden Frontensystems kommt es vor allem
über der Mitte zu weiteren teils schauerartigen Niederschlägen. In Gebieten mit
positiven Temperaturen fällt Regen. Schwieriger festzulegen ist die
Niederschlagsphase im Bereich der zentralen Mittelgebirge und südlich davon, wo
es erneut Frost gibt. Die wahrscheinlichste Lösung ist derzeit, dass vom Harz
bis zum Erzgebirge, wo die Niederschläge etwas kräftiger ausfallen und die
Feuchteschicht etwas hochreichender ist, Schnee fällt mit Mengen von 1 bis 5, im
Harz auch bis 10 cm in 12 Stunden. Sonst dominiert eher flüssiger Niederschlag,
da die Sättigung nur oberhalb von minus 10 Grad vorhanden ist (auch wenn es der
DMO kaum hergibt). Richtung Main, Mittelrhein und Mosel ist die Frage, ob
überhaupt Niederschlag am Boden ankommt. Wenn wird aber wahrscheinlich auch hier
Sprühregen auftreten, sodass die Gefahr von örtlichem Glatteis weiter gegeben
ist.
Im Norden gibt es kaum Schauer und im Süden bleibt es im Bereich des dort immer
noch vorhandenen Hochkeils trocken.
An der Windsituation ändert sich wenig im Vergleich zum Tag.

Sonntag... ändert sich an der großräumigen Wetterlage kaum etwas. Wir verbleiben
zwischen dem Hochkeil im Süden des Landes und tiefem Luftdruck über Skandinavien
und dem östlichen Mitteleuropa in der nordwestlichen Strömung. Die Höhenströmung
ist relativ glatt konturiert, sodass nur wenig Hebungsimpulse vorhanden sind.
Dennoch kommt es in der feuchteren Luftmasse im Norden und in der Mitte
gebietsweise weiterhin zu leichten Schauern. In höheren Lagen der Mittelgebirge
sollte nun doch zunehmend die Schneephase dominieren. Dort können 1 bis 5 cm, im
Harz bis 10 cm fallen. In tieferen Lagen fällt Regen, denn im Vergleich zum
Vortag sollte Frost tagsüber landesweit kein Thema mehr sein. Im Süden kann es
vereinzelt aus der Hochnebeldecke etwas Sprühregen oder Schneegriesel geben.
Meist bleibt es aber trocken. Sonne ist aber weiterhin nur ganz im Süden zu
erwarten.
Der Wind aus westlichen Richtungen bleibt im Norden und in der Mitte lebhaft. An
den Küsten gibt es stürmische Böen Bft 8, im angrenzenden Binnenland Böen Bft 7.
Auch in einigen Leelagen Mitteldeutschlands und im Erzgebirgsvorland sind Böen
Bft 7 möglich. In höheren Mittelgebirgslagen gibt es Sturmböen Bft 8 bis 9, auf
dem Brocken und Fichtelberg auch schwere Sturmböen Bft 10.

In der Nacht zum Montag kommt dann wieder etwas mehr Fahrt auf. Von der Nordsee
und Südskandinavien schwenkt ein Randtrog über den Norden Deutschlands hinweg
ostwärts. Vorderseitig greift die Kaltfront eines neuerlichen Tiefs mit Kern
über der mittleren Ostsee von Norden auf uns über. Da gleichzeitig auch wieder
kältere Luft einsickert und mit Ausnahme des äußersten Nordwestens verbreitet
Frost auftritt, sollte der Niederschlag überwiegend als Schnee fallen und
gebietsweise im Norden und in der Mitte für die Ausbildung einer dünnen
Schneedecke sorgen. Im Nordweststau der zentralen Mittelgebirge können um 5 cm
Neuschnee in 12 Stunden fallen. Südlich des Mains bleibt es noch überwiegend
trocken. Der erhöhte Druckgradient bleibt aufrecht, sodass sich an der
Windsituation weiterhin wenig ändert.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wetterentwicklung im Vorhersagezeitraum wird von den Modellen weitgehend
übereinstimmend prognostiziert. Unsicherheiten ergeben sich insbesondere
bezüglich der Niederschlagsphase. Eventuelle Warnungen vor örtlichem Glatteis
können aufgrund der kaum messbaren Mengen meist nur kurzfristig ausgegeben
werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger