DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-01-2024 16:31
SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 10.01.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Zunächst ruhiges von Norden aber weniger sonniges, kaltes Winterwetter, lokal
teils gefr. Sprühregen, Schnee oder Schneegriesel, regional strenger Nachtfrost.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
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Aktuell ... thront weiter das Höhenhoch nordöstlich von Schottland, dessen
Rücken sich mit seiner Achse südostwärts über die westliche Ostsee nach
Südostpolen erstreckt. Bodennah kann sich das korrelierende großräumige Hoch vom
Nordostatlantik bis nach Südosteuropa ausdehnen und hat damit auch weite Teile
Deutschlands im Griff. Nur ein Höhentief über Nordwestfrankreich, welches
bodennah nur schwache Strukturen hat und somit fast als Kaltlufttropfen
durchgehen kann, kocht in der Wetterküche Deutschlands noch etwas mit. Am späten
Nachmittag bis zum Abend ist vor allem der Westen vom Niederrhein bis nach
Rheinland-Pfalz und dem Saarland noch von einem Kurzwellentrog des Höhentiefs
beeinflusst. Dieser sorgt für Hebungsimpulse, die zwar kaum oder keinen
Niederschlag bringen, aber zumindest Wolken induzieren und westwärts wandern
lassen. Aber auch im Bereich des Hochs und dessen teils kräftigen Absinkprozesse
heißt es nicht überall "Eitel Sonnenschein oder klare Nacht"! Denn vor allem im
Norden und Nordosten sowie südlich der Donau ist die bodennahe Schicht
ausreichend feucht, um eine inversionsgebundene, hochnebelartige Bewölkung
hervorzurufen. Allerdings verfügt diese Schichtbewölkung nur um eine limitierte
Mächtigkeit und zeigt sich vor allem südlich der Donau brüchig. In der Nacht zum
Donnerstag kann sich diese hochnebelartige Bewölkung von der Nordsee bis zur
Oder wieder etwas verdichten und bevorzugt im Grenzbereich zum offenen Himmel
gebietsweise Nebel hervorbringen. Gleichermaßen kann sich auch südlich der Donau
in der etwas feuchteren Grundschicht hier und da wieder ein grauer, feuchter
Schleier bilden. Aufgrund der fehlen Mächtigkeit der Schichtbewölkung sollte es
weiter nicht zu Niederschlägen in Form von Sprühregen oder Schneegriesel
reichen. Der Wind hat bei der schwachgradientigen Lage keine warnwürdigen
Aktien. Demnach stehen bis Donnerstagmorgen auf der Warnkarte weiter Frost und
strenger Frost sowie potentielle Nebelfelder im Fokus. Ob es lokal für Glätte
reicht muss man abwarten, besonders begünstigt wären dann die Randgebiete der
möglichen Nebelfelder im Norden.

Donnerstag ... verlagert sich der Schwerpunkt des hochreichenden Hochs nur
unwesentlich nach Schottland. Von größerer Bedeutung ist da schon der angehängte
Rücken, dessen Achse südwärts schwenkt und von der Nordsee bis nach Norditalien
reicht. Entsprechend ist hierzulande in der Höhe ein antizyklonal geprägte
nördliche Grundströmung zu verzeichnen. Östlich davon kann sich gleichzeitig ein
Trog südwärts amplifizieren und besagte Strömung weiter anfachen. Zu dem
markanten Trog über Nordosteuropa gehört bodennah ein kräftiges und großräumiges
Tief über Nordwestrussland, dessen Einflussbereich bis nach Mitteleuropa reicht.
Resultierend bekommt die nördliche bodennahe Strömung im Nordosten und Osten des
Landes einen zyklonalen Touch. Insgesamt sind durch die aufgezeigten Prozesse
zwei Entwicklungen begünstigt. Zum einem wird mit der nördlichen Strömung die
Hochnebeldecke südwärts transportiert und liegt in der Nacht etwa über die Mitte
hinweg. Während im Norden die Wolkendecke aufreißen kann, bleibt der Himmel in
der Mitte wohl eingehüllt. Bei Aufklaren im Norden ist aber nachts der Weg für
Nebel frei. In der Mitte reichen durch orografische Unterstützung die
Hebungsimpulse aus, um örtlich Sprühregen, teils gefrierend, oder Schneegriesel
aus der dann mächtigeren Schichtbewölkung auszulösen. Am Erzgebirge kann die
Hebung durch den zyklonalen Einfluss des Tiefs sogar noch etwas höher reichen,
sodass dort sogar deutlichere Niederschlagssignale zu verzeichnen sind. Da vor
allem in die Osthälfte wieder deutlich kältere Luft in der Höhe einsickert,
fallen diese Niederschläge wohl durchgehend als Schnee. Bei der Betrachtung der
Temperatur in 850 hPa ist insgesamt ein deutlicher West-Ost-Gradient zu
beobachten. Während die Werte im Westen +4 Grad erreichen, werden von der Oder
bis nach Sachsen nachts -8 Grad simuliert. Der Wind weht zwar vielerorts mäßig,
kann aber allenfalls in Gipfellagen von Schwarzwald und Alpen in Böen stark bis
stürmisch aufleben. Durch die Bewölkung und Nebelneigung sollte in der Nacht zum
Freitag auch der strenge Frost nur noch südlich der Donau ein Thema sein. Zudem
bekommt die Warnkarte auch tagsüber wieder grüne Flecken, da der Dauerfrost vor
allem im Norden und Westen wieder Regionen freigibt. Zusammenfassend kommt als
Warnparameter nun wohl auf jeden Fall die Glätte hinzu, die durch eine höhere
Wahrscheinlichkeit geringer Niederschläge nötig wäre. Ob es am Erzgebirge für
eine gelbe Schneefallwarnung reicht, muss aber noch abgewartet werden. Sonst
bleiben der Frost und strenge Frost auf der Agenda. Die warnwürdigen Böen in den
Gipfellagen würde ich derzeit als Einzelfallentscheidung und somit nicht
zwingend ansehen.

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Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag ... sind kaum Veränderungen zu meinem Vorgänger zu verzeichnen.
Entsprechend kurz kann dieser Teil ausfallen. Das hochreichende Hoch zieht sich
westwärts auf den Nordatlantik zurück und dessen Achse reicht dann schon von
Irland bis in den westlichen Mittelmeerraum. Allerdings kann sich ein zweiter
Rücken von England ostwärts bis nach Südschweden aufbauen. Zusammen wird
bodennah weiter die Hochdruckzone vom Nordatlantik bis nach Südosteuropa
gestützt. Hierzulande sind die antizyklonalen Strukturen sowohl in der Höhe als
auch bodennah nicht mehr gesetzt. Durch eine auf Nordwest drehend Bodenströmung
kann dann von der Nordsee her auch etwas mildere Luft einsickern. Resultierend
stellt sich bei den Temperaturen in 850 hPa hierzulande eine
Nordwest-Südost-Verteilung mit Werten zwischen +5 und -6 Grad ein. Auf der
Sonnenseite sind dann wohl nur noch die Regionen zwischen dem südlichen
Oberrhein und Niederbayern zu finden. Ansonsten macht sich die mehr oder weniger
mächtige Schichtbewölkung breit, die bevorzugt im Ostseeumfeld auch mal
aufbrechen kann, teils aber auch bodennahe Schichten in einen grauen Schleier
hüllt. Von Niedersachsen und NRW bis nach Brandenburg und Sachsen sind dabei
weiter Schneegriesel oder Sprühregen, teils gefrierend zu erwarten. Somit steht
das Glättemanagement wieder mehr im Vordergrund, während der Frost und strenge
Frost weniger Aufmerksamkeit benötigen. Strenger Frost sollte nur noch an den
Alpen eine Rolle spielen.

Ab Samstag kommt dann wieder mehr Schwung in die Wetterküche. Immer mehr ist nun
Tiefdruckeinfluss Trumpf. Vor allem in der Nordhälfte nimmt die
Niederschlagsneigung zu und auch der Wind möchte zumindest an der See und in
Hochlagen wieder ein Wörtchen mitreden. Dazu aber morgen mehr.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die verschiedenen Modelle (ICON, IFS, UK10, GFS, etc.) simulieren die
Geopotential- und Luftdruckverteilung bis einschließlich Freitag vergleichbar.
Da auch der Spread der EPS sehr gering ausfällt, kann zunächst von einer recht
hohen Vorhersagegüte ausgegangen werden. Erst nennenswerte Abweichungen sind
erst ab Samstag zu verzeichnen. Vor allem der Schwerpunkt des hochreichenden
Hochs als auch die Lage potentieller Höhenrandtiefs (Kurzwellentröge mit/ohne
Drehzentrum) samt leicht abweichender Intensität/Amplitude führen zu
Unterschieden in der Wetteraktivität. Beim ICON ist z.B. der Rücken über
Westeuropa am schwächsten sodass dort der von Norden übergreifende Frontenzug am
stärksten ausgeprägt ist.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel