DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-01-2024 09:01
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 10.01.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HB (Hoch Britische Inseln)

HANNELORE zäh wie Leder und noch auf Blockadekurs => weiterhin antizyklonal mit
Grenzschichtphänomenen, aber auch viel Sonne. Nur langsame Frostabschwächung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Mittwoch... 10. Januar und man glaubt es kaum - es ist kalt geworden in
Deutschland. "Schuld" am Winter ist nicht die Jahreszeit allein - die Zeiten
sind vorbei, wo man sich auf klimatologische Vorgaben verlassen konnte -, nein,
die blockierende Großwetterlage inkl. einer nun schon seit Tagen andauernden
ost-nordöstlichen Strömung zeichnen für kaltes, überwiegend trockenes und (auch
mal ganz schön) vielfach sonniges Winterwetter verantwortlich. Na mal sehen, wie
lange der Spaß noch andauert, doch der Reihe nach.

Schauen wir zunächst auf die besagte Großwetterlage, die geprägt ist von einer
High-over-Low-Konstellation: zwischen Island und UK/Irland das Zentrum einer
hochreichenden Antizyklone, die laut BWK/FU Berlin aus dem ehemaligen
fennoskandischen Blockierungshoch aus dem letzten Jahr hervorgegangen ist und
somit noch immer einen weiblichen Namen trägt, nämlich HANNELORE. Darunter über
Frankreich das Drehzentrum eines nicht ganz kleinen Höhentiefs, dessen
bodennaher Pendant so weit nach Süden verschoben ist, dass von einer echten
Korrelation nicht mehr die Rede sein kann. Oder um es mit anderen Worten zu
formulieren, dem Höhentief kann mit gutem Gewissen der Status eines wenn auch
nicht ganz klassischen Kaltlufttropfens (KLT) attestiert werden. Höhentief hin,
KLT her, Fakt ist, dass in der vergangenen Nacht ein Randtrog des KLTs über BaWü
hinweggezogen ist und dabei Hebung ausgelöst hat (vornehmlich WLA), die sich in
überwiegend leichten Schneefällen niedergeschlagen hat. Die hohen Wolken des
Randtrogs haben es sogar bis in die westliche Mitte geschafft (Teile Hessens und
westlich davon). Nun ist dieser Randtrog aber dabei, Deutschland in Richtung
Benelux und Nordfrankreich zu verlassen. Zwar ist rückseitig noch immer WLA
wirksam, jedoch wird diese zunehmend durch NVA überkompensiert, so dass die
Flöckelei inzwischen weitgehend eingestellt wurde. Was bleibt, sind teils hohe,
teils aber auch tiefe, hochnebelartige Wolken im Süden und Südwesten, an deren
Ableben aber im Tagesverlauf nachhaltig und sehr wahrscheinlich erfolgreich
gearbeitet wird. Spätestens am Abend dürfte kaum noch was vom Gewölk übrig sein,
zuvor wird man gebietsweise aber auf die Sonne lange warten oder am Ende sogar
ganz verzichten müssen.

Der Rest der Nation steht unter der Ägide eines vom Höhenhoch nach Südosten
gerichteten Potenzialkeils, der wiederum mit einem nicht minder ausgeprägten
Bodenkeil korrespondiert (HANNELORE II). Zwar fällt der Luftdruck z.Zt. bei uns,
trotzdem lässt sich die Divergenzachse des Bodenkeils Zeit, den Vorhersageraum
zu erreichen. So bleibt die immer schwächer werdende Grundströmung in weiten
Landesteilen weiterhin bei Ost-Nordost, nur ganz im Nordosten, wo heute Morgen
schwach umlaufende Winde beobachtet werden, lässt sich bis zum Abend eine
Winddrehung auf Südwest bis West ausmachen. Um 18 UTC könnte die Achse etwa auf
einer Linie Sylt-Ruppiner Land verlaufen, was allerdings eher von akademischem
Interesse ist. Fakt ist, dass sich ganz im Norden bereits jetzt feuchtere (und
nicht ganz so kalte) Luft eingefunden hat, die entweder mit hochnebelartiger
Bewölkung gekoppelt ist oder gebietsweise Nebel initiiert hat. Schaut man sich
die Nachtaustiege von Greifswald und Schleswig an, erkennt man, wie dünn die
feuchte Grundschicht ist. Bis maximal 950 hPa reicht diese, was die Hoffnung
nährt, dass trotz tiefstehender Sonne was zu machen ist in puncto Auflösung.
Nun, ganz reichen wird es nach übereinstimmender Meinung der Modelle wohl nicht,
was u.a. dem nur schwachen Wind geschuldet sein dürfte, den es halt braucht,
wenn aufgelöst werden soll. Ein bisschen werden Nebel und Hochnebel von Süden
her aber angeknabbert.

Die Geschichte für den großen Rest des Landes ist schnell erzählt. Bei
verbreitet leichtem, im Thüringer Becken sowie im Bergland teils mäßigem
Dauerfrost scheint bis zu 8 Stunden (in freien Hochlagen sogar noch etwas mehr)
die tiefe Wintersonne. Zarte Plusgrade werden vor allem direkt an der See sowie
den Rhein entlang, sonst nur vereinzelt und nur für kurze Zeit erreicht. Der
anfänglich in einigen Hochlagen ruppige Ostwind (Böen 7-8 Bft) fällt in den
nächsten Stunden mehr und mehr der laufenden Gradientaufweichung zum Opfer.

In der Nacht zum Donnerstag tut sich nicht allzu viel an der Wetterlage. Das
Höhentief respektive der KLT zieht sich auf die Biskaya zurück und spielt für
uns somit keine Rolle mehr. Derweil verlagert sich der Bodenkeil mit
Divergenzachse geringfügig nach Süden, so dass der schwache, in Vorpommern
bestenfalls mäßige Wind im äußersten Norden sowie im Osten auf West bis Nordwest
dreht. Damit breitet sich die feuchte Luft etwas nach Süden aus, wobei die
vertikale Mächtigkeit der feuchten Grundschicht aufgrund mangelnder
Hebungsprozesse stark limitiert bleibt. Das erklärt auch ein Stück weit, warum
aus dem Hochnebel oder Nebel, die etwa bis zu einer Linie Bremen-Berlin
vorankommen bzw. sich neu bilden, kaum oder kein Niederschlag fällt. Trotzdem
kann man im Norden und Nordosten über eine prophylaktische Glättewarnung
nachdenken, um ganz sicher zu gehen.

Etwas Nebel oder Hochnebel können sich auch ganz im Süden bilden, während die
Nacht sonst in weiten Landesteilen sternenklar verläuft. Auch wenn auf 850 hPa
die Temperatur mittlerweile auf rund 0°C angestiegen ist, die flache
Grundschicht bleibt kalt respektive kühlt bei negativer Strahlungsbilanz erneut
aus. In Zahlen ausgedrückt heißt das verbreitet mäßiger (-5 bis -10°C), im Osten
und in der Mitte sowie an den Alpen über Schnee vielerorts strenger Frost lokal
bis zu -15°C. Dort, wo sich früh Nebel bildet oder Hochnebel reinzieht/bildet,
reicht es nur für leichten Frost.

Donnerstag... legt HANNELORE die Erste, also das Haupthoch, noch etwas zu auf
rund 1045 hPa im Zentrum, das am Mittag ganz knapp nördlich von Schottland
positioniert ist. Der Schwerpunkt der korrespondierenden Höhenantizyklone
verlagert sich ebenfalls etwas nach Süden, was als erstes zaghaftes Zeichen
einer in nicht allzu ferner Zukunft anstehenden Änderung der Großwetterlage
aufgefasst werden kann. Und tatsächlich schwenkt von Grönland und der Irminger
See her ein Trog in Richtung Island, der mittelfristig auch für uns noch von
Interesse werden könnte. Doch zunächst verläuft hier noch alles in ruhigen
antizyklonalen Bahnen, auch wenn keinesfalls überall eitel Sonnenschein
herrscht. Kein Wunder, wandern doch die beiden Keile (Höhe und Boden) und damit
auch die Divergenzachse ganz gemächlich weiter nach Süden bzw. Südwesten. Das
eröffnet der im Norden lagernden fechten Kaltluft die Möglichkeit, ebenfalls gen
Süden zu expandieren. Bis zum Abend dürfte der tiefe Stratus die nördliche Mitte
(nördliches NRW-Harzregion-Niederlausitz, evtl. auch schon das nördliche
Sachsen) erreicht haben, während am Nachmittag die Chancen für Auflockerungen
und ein paar späte Sonnenfenster an der Küste zunehmen. Trotz reichlich grauer
Masse dürfte Niederschlag weiterhin die absolute Ausnahme bleiben, auch wenn
ICON-D2 zum Abend hin im Nordwesten mit reichlich roten Schlangen (freezing
drizzle) aufwartet, was übertrieben scheint. Zwar soll die Mächtigkeit der
feuchten Grundschicht etwas zunehmen, es fehlt aber der Hebungsimpuls.

Von der nördlichen Mitte bis weit in den Süden steht abermals ein sonniger aber
recht kalter Wintertag auf der Agenda, auch wenn es thermisch allmählich etwas
nach oben geht. So nehmen die Areale mit leicht positiver Höchsttemperatur (im
Westen und ganz im Norden teils um +3°C) gegenüber den Vortagen deutlich zu. Und
auch dort, wo abermals ein Eistag angesagt ist (Teile Osten, Mitte, Süden), wird
es meist "nur noch" für leichten Dauerfrost > -5°C reichen. Ganz im Süden, etwa
rund um Hochrhein und Bodensee sowie im südlichen Alpenvorland, hat es die Sonne
schwerer als weiter nördlich, halten sich doch wahrscheinlich einige zähe Nebel-
und Hochnebelfelder.

In der Nacht zum Freitag wird der Osten von einer Luftmassengrenze eines Tiefs
über Nordskandinavien touchiert. Dabei wird ein Schwall niedertroposphärischer
Kaltluft angezapft, in der T850 auf -4 bis -9°C zurückgeht. Die Grundschicht
wird gestreckt bis auf fast 800 hPa, wobei die Temperatur auf rund -10°C an der
Inversionsuntergrenze absinkt. Insbesondere dort, wo die Orografie ins Spiel
kommt, aber auch leicht abgesetzt davon (schwache Randtröge in der
nordwestlichen Höhenströmung) wird etwas Hebung generiert, die schwache
Niederschläge in Form von Schneegriesel oder gefrierenden Nieselregen
(unterkühlte Tröpfchen) zur Folge haben können. Inwieweit diese schwachen
Niederschläge auch weiter im Westen auftreten, also in den Regionen, die dichter
am Hoch dran sind, wird derzeit noch sehr defensiv simuliert. Nachvollziehbar
angesichts der Druck- und Potenzialverteilung sowie der weiterhin flachen
Grundschicht. Trotzdem, insbesondere im Bergland kann es hier und da etwas
nieseln oder grieseln. Auf alle Fälle muss überall, wo Niederschlag auftritt,
mit Glätte gerechnet werden, auch wenn die Intensitäten sehr gering ausfallen
werden.

Ganz im Norden lockert die Wolkendecke teilweise auf, was aber Nebel auf den
Plan ruft. Auch im Süden, wo der die ganze Hochnebel- und Stratusschose noch
nicht ankommt, sind lokale Nebelfelder möglich. Der mäßige Frost zieht sich in
die Südhälfte, der strenge Frost an die Alpen zurück. Ansonsten kühlt es nur
noch in den leichten Frostbereich ab, an den Küsten bleibt es bei auflandigem
Wind frostfrei.

Freitag... verlagert sich das Hoch mit seinem Zentrum nach Irland, wobei es sich
auf etwas über 1035 hPa abschwächt. Während sich der zugehörige, nach Osten
gerichtete Bodenkeil in der Südhälfte positioniert, stellt sich in der Höhe eine
leicht flatternde, insgesamt aber nur wenig Hebungsimpulse liefernde nördliche
Strömung ein. Der Sonnenstreifen zieht sich mehr und mehr in den Süden und
Südwesten des Landes zurück. Ansonsten überwiegt dichte hochnebelartige
Bewölkung, aus der es an der einen oder anderen Stelle ganz leicht nieseln,
schneien oder grieseln kann, lokale Glätte inklusive. Richtung Küste stehen die
Chancen nicht schlecht, dass die Wolkendecke einige Lücken oder Sonnenfenster
anbietet. Während die Temperatur vom Emsland bis nach Nordfriesland auf 4, 5,
vereinzelt vielleicht sogar 6°C plus steigt, hält sich nach Südosten noch immer
leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag breitet sich die tiefe hochnebelartige Bewölkung auf
fast ganz Deutschland aus. Dabei fällt gebietsweise etwas Nieselregen oder
Schnee(griesel). Klar bleibt der Himmel nur ganz im Süden, wo es auch am
kältesten wird (mäßiger, an den Alpen über Schnee strenger Frost). Ansonsten
liegen die Nachttemperaturen teils leicht im Plus, teils leicht im Minus.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Basisfelder werden von den Modellen sehr ähnlich simuliert. Unscharf
hingegen werden die durchweg schwachen und nicht verbreitet auftretenden
Niederschläge der nächsten Tage und Nächte abgebildet, sowohl was die genaue
räumliche Verteilung als auch die Phase angeht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann