DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-01-2024 08:30
SXEU31 DWAV 060800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 06.01.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu HNFz
Kalt, am Sonntag im Norden und Osten, am Montag vielerorts Dauerfrost, nachts
über Schnee vor allem in der Nacht zum Dienstag strenger Frost.
Dazu an den Alpen und im Vorland anhaltende und teils kräftige Schneefälle. An
der Ostsee vor allem Sonntag und Montag durch Lake Effekt kleinräumig ebenfalls
markante Neuschneemengen möglich.
Heute an den Küsten anfangs noch stürmische Böen aus Nordost, in einigen
Gipfellagen vor allem Sonntag Sturmböen möglich.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... erstreckt sich ein umfangreicher Höhentrogkomplex von Nordeuropa über
Benelux und Frankreich bis in den westlichen Mittelmeerraum, wo er heute und in
der kommenden Nacht einem mehrfachen Cut-Off-Prozess unterliegt. Flankiert wird
der Trog einerseits im Südosten von einem sich über Südosteuropa bis zum
Ostalpenraum aufwölbenden Höhenrücken, der durch die kräftige trogvorderseitige
WLA gestützt wird und sich noch etwas nach Westen ausweitet bzw. ein wenig nach
Norden vorankommt, was auch bei uns mit Geopotenzialgewinn einhergeht.
Andererseits erstreckt sich ein Höhenrücken über den nahen Ostatlantik nordwärts
bis zur Irmingersee, der seinerseits zögernd ostwärts vorrückt.
Somit nimmt die aktuell noch südwestliche Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet eine zunehmend antizyklonale Kontur an, fächert etwas auf und
dreht im Süden nach Durchschwenken der Rückenachse auf südliche Richtungen.
Lediglich im Norden macht sich anfangs noch ein flacher Kurzwellentrog
bemerkbar, der sich im Tagesverlauf aber auffüllt bzw. teilweise auch nach Süden
austropft.
Das mit dem Trog interagierende Bodentief "BRIGITTA" befindet sich aktuell über
Nordwestdeutschland, füllt sich aber im Tagesverlauf auf und geht über in eine
flache Tiefdruckrinne, die sich abends vom Osten Bayerns bis zum Niederrhein
erstreckt. Gleichzeitig stützt der atlantische Höhenrücken nicht nur eine
langgestreckte, vom Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel sich nordwärts
über die Britischen Inseln bis nach Island ausweitende Hochdruckzone, sondern
zunehmend auch ein Kältehoch über Skandinavien, das sich verstärkt und
allmählich südwestwärts ausweitet. An dessen Südflanke dringt von Osten her
kalte Luft aus Nordosteuropa bereits seit einiger Zeit nach Nord- und
Nordostdeutschland vor. Diese nimmt aktuell einen recht weiten Weg über die
Ostsee und kommt noch nicht allzu kalt daher; die 850 hPa-Temperatur schwankt
dort zwischen -4 und -6 Grad, mit leicht abnehmender Tendenz zum Abend hin.
Dennoch reicht es an der Nordostflanke des Tiefs bzw. der Rinne vielerorts nur
noch für Höchstwerte um oder knapp über 0 Grad, von der Uckermark bis ins
nordöstliche Niedersachsen und weiter nördlich gibt es oft auch leichten
Dauerfrost.
Südwestlich der Rinne bleiben noch relativ milde Luftmassen wetterbestimmend,
wobei die Advektion milder Atlantikluft inzwischen gekappt ist und die 850
hPa-Temperatur bis zum Abend auf etwa -2 bis -4 Grad sinkt. In Süddeutschland
stellt sich dabei eine Art Gegenstromlage ein: Während die Höhenströmung dort
mehr und mehr auf Süd dreht, herrschen unterhalb von etwa 700 hPa nordwestliche
bis nördliche Windrichtungen vor. Dazu dominiert an der Nordflanke eines sich
über dem Tyrrhenischen Meer verstärkenden Bodentiefs über dem Alpenraum WLA, was
die Aufgleitprozesse zusätzlich verstärkt. Das führt im Tagesverlauf zu einer
Intensivierung der dort jetzt schon auftretenden Niederschläge, vor allem vom
Bodenseeraum/Oberschwaben bis zum Bayerischen Wald. Die Schneefallgrenze
schwankt aktuell zwischen 900 und 700 m. Je nach Intensität kann sie am
Nachmittag und Abend noch etwas absinken. Dabei fallen an den Alpen in den
entsprechenden Höhenlagen bereits 5 bis 15 cm Neuschnee, im höheren Alpenvorland
sowie im Bayerwald um 5 cm.
Auch in der Peripherie des Bodentiefs bzw. im Bereich der Rinne gibt es leichte
Niederschläge, insbesondere durch Aufgleiten an der Nordflanke der Rinne. Diese
fallen etwa vom Emsland bis zur Uckermark und weiter nördlich als Schnee, sonst
als Regen, in einem schmalen Übergangsbereich ist auch gefrierender Regen nicht
ausgeschlossen, jedoch sollte das warntechnisch kaum von Relevanz sein, da zu
kleinräumig. Die Neuschneemengen bleiben mit 1 bis 5 cm meist sehr überschaubar.
Lediglich direkt an der Nordflanke des Tiefs, im Bereich der stärksten frontalen
Hebung, etwa vom nördlichen Niedersachsen/südlichen Schleswig-Holstein über den
Hamburger Raum bis nach Westmecklenburg bzw. zur Prignitz, werden von einigen
Modellen etwas höhere Mengen simuliert.
Im Westen, Südwesten und in der Mitte sinkt die Schneefallgrenze bis zum Abend
ganz allmählich auf etwa 600 bis 400 m, wobei auch dort nur geringe Mengen
fallen.
Anzusprechen bleibt noch der Wind: Mit dem sich verstärkenden Hoch weicht der
Gradient im Norden und Osten trotz Auffüllen des Tiefs nur zögernd auf, so dass
es an den Küsten von Nord- und Ostsee noch bis in den Nachmittag und Abend
hinein steife, an Abschnitten mit auflandigem Wind anfangs auch stürmische Böen
aus Ost bis Nordost geben kann.
Während im Nordosten gebietsweise Dauerfrost herrscht, liegen die Höchstwerte in
den Niederungen West- und Südwestdeutschlands noch bei 4 bis 7 Grad.

In der Nacht zum Sonntag tropft der Höhentrogkomplex nun endgültig über dem
westlichen bzw. zentralen Mittelmeerraum ab mit Drehzentren vor Sardinien und
über der südlichen Adria. Das korrespondierende Bodentief zieht allmählich
Richtung mittlere Adria und erreicht dabei den Höhepunkt seiner Entwicklung.
Gleichzeitig weitet sich der Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik allmählich
Richtung Nordmeer aus, so dass die ehemalige Trogachse östlich davon einer
flachen Potenzialrinne weicht, die sich Sonntagfrüh in einem Boden über
Nordwestdeutschland und Frankreich bis in den westlichen Mittelmeerraum
erstreckt. Der inzwischen vom Schwarzen Meer bis nach Tschechien bzw. ins
Vogtland reichende Höhenrücken zieht sich ein wenig zurück, so dass der
Geopotenzialgradient über Süddeutschland etwas aufweicht, wodurch sich der
Gegenstrom geringfügig abschwächt. Da sich allerdings WLA und Aufgleiten an der
Nordflanke des Tiefs noch etwas intensiviert haben, dauern die Niederschläge
über Süddeutschland weiter an und weiten sich sogar noch etwas nach Norden aus.
Gleichzeitig verstärkt sich das umfangreiche Hochdruckgebiet über Skandinavien
weiter (auf über 1035 hPa) und weitet sich Richtung Nordsee bzw. Norwegische See
aus. Dadurch wird die Tiefdruckrinne über dem Vorhersagegebiet nach Südwesten
gedrückt und füllt sich weiter auf. Entsprechend kommt die kalte Luft ebenfalls
südwestwärts voran. Sonntagfrüh kann die -10 Grad-Isotherme in 850 hPa bereits
bis nach Usedom vordringen, während es im Süden und Südwesten nur langsam auf
etwa -3 bis -4 Grad abkühlt.
Im Norden und Osten klingen die Niederschläge mit dem Vordringen trockenerer
Festlandsluft ab, so dass dort keine nennenswerten Neuschneemengen mehr
zusammenkommen, allerdings tritt Glätte durch Überfrieren auf. In der Mitte und
im Westen bzw. Südwesten fallen leichte Niederschläge, wobei die
Schneefallgrenze zwischen 600 und 400 m schwankt und von Norden her allmählich
bis in teils tiefe Lagen sinkt. Mehr als wenige Zentimeter Neuschnee, in einigen
Staulagen vielleicht um 5 cm, sind aber nicht zu erwarten.
Kräftig schneit es dagegen im Süden, insbesondere an den Alpen und im
Alpenvorland. Dabei sinkt die Schneefallgrenze noch etwas ab, auf ca. 400 m, so
dass es morgens wohl lediglich noch im Donauraum regnet. Ansonsten fallen meist
1 bis 10 cm, im höheren südlichen Alpenvorland sowie an den Alpen 10 bis 20 cm
Neuschnee, in einigen Nord- bis Nordoststaulagen (also wohl eher Richtung
Allgäuer Alpen) auch mehr.
An der Nordflanke der Rinne bleibt ein recht veritabler Gradient aufrecht, wobei
er allerdings an den Küsten geringfügig aufweicht, so dass dort kaum mehr
warnrelevante Böen auftreten. Dafür frischt der Wind im Bergland auf, vor allem
angefacht durch lokale Low Level Jets. In exponierten Kamm- und Gipfellagen der
östlichen und zentralen Mittelgebirge kann es stürmische Böen aus Nordost geben.

Frostfrei bleibt es lediglich noch in den tiefen Lagen West- und
Süddeutschlands, etwa unterhalb von 400 bis 500 m. Ansonsten gibt es leichten,
im östlichen Bergland und im Nordosten gebietsweise auch mäßigen Frost.

Sonntag... verstärkt sich der Höhenrücken insbesondere über dem Seegebiet
zwischen Island und Schottland weiter und weitet sich Richtung Nordmeer aus. Die
Potenzialrinne an dessen Südostflanke füllt sich dabei etwas auf, darin
eingelagert, verlagert sich ein kleinräumiges Höhentief über der südlichen
Ostsee westsüdwestwärts; der von ihm ausgehende Trog erfasst im Laufe der Nacht
auch den äußersten Nordosten Deutschlands.
Im Bodenfeld verstärkt sich das Hochdruckgebiet über Skandinavien weiter und
reicht nun als umfangreiche Hochdruckzone von den Britischen Inseln über die
Norwegischer See bis in den Westen Russlands. Das Tief über dem zentralen
Mittelmeerraum füllt sich dagegen zögernd auf und weitet sich Richtung Balkan
aus. Somit stellt sich eine klassische High over Low-Konstellation über
Mitteleuropa ein. Der Druck über dem Vorhersagegebiet steigt weiter an, die
flache Tiefdruckrinne verschwindet nun gänzlich und weicht landesweit einer
ostnordöstlichen Bodenströmung. Somit dringt die kalte Festlandsluft mit
zeitweise böig auffrischendem (aber lediglich in exponierten Gipfellagen bzw.
rund um Rügen warnrelevantem) Nordostwind bis nach Südwestdeutschland vor, in
850 hPa sinkt die Temperatur auf Werte zwischen -13 Grad im Nordosten und -7
Grad im Südwesten. Im Norden und Osten gibt es wohl verbreitet Dauerfrost, aber
auch im Südwesten und Westen sowie in der Mitte steigen die Temperaturen nur
noch in den tiefen Lagen (unterhalb von etwa 400 bis 500 m) auf 0 bis 4 Grad.
Die Niederschläge im Süden, die nun auch in den tiefsten Lagen als Schnee fallen
(außer vielleicht an Ober- und Hochrhein), lassen nur zögernd nach; an den Alpen
und im südlichen Vorland kommen noch einmal 5 bis 10 cm, in Staulagen bis 15 cm
Neuschnee zusammen, sonst meist 1 bis 5 cm.
In der Mitte und im Norden bleibt es dagegen meist trocken. Lediglich im
Nordosten, vor allem von der Pommerschen Bucht bis zur vorpommerschen Küste,
kommt mit Annäherung des Höhentiefs leichte Schauertätigkeit in Gang.
Unterstützt durch Lake Effekt kann es dabei kleinräumig auch kräftig schneien
mit mehr als 5 cm Neuschnee in kurzer Zeit.

In der Nacht zum Montag klingen die Aufgleitschneefälle im Süden weiter ab,
dabei kommen meist nur noch 1 bis 5 cm Neuschnee zusammen. Das Höhentief über
der Ostsee füllt sich zwar allmählich auf, kommt aber bis in den Nordosten des
Vorhersagegebietes voran. Mit ihm weiten sich die einzelnen Schneeschauer weiter
bis in die zentralen und östlichen Mittelgebirge aus, die Mengen sind aber nur
gering. Lediglich an der Ostseeküste und von dort aus etwas ins Binnenland
reichend, am ehesten wohl im Bereich von der Mecklenburger bis zur Kieler Bucht,
gibt es, angefacht durch den Lake Effekt, weiterhin kleinräumig kräftige
Schneeschauer mit mehr als 5 cm in kurzer Zeit, eventuell können sich die Mengen
auch auf über 10 cm akkumulieren, aktuell lassen sich modellseitig aber noch
keine Schwerpunktsregionen ausmachen.
Das fennoskandische Hoch verstärkt sich weiter und weist morgens eine 1040
hPa-Isobare über Südnorwegen auf. An dessen Südflanke verschärft sich dabei der
Gradient über dem Vorhersagegebiet etwas und an den Küsten kann es einzelne
steife, entlang der vorpommerschen Küste eventuell sogar stürmische Böen aus
Nordost geben. Somit sind dort auch Schneeverwehungen möglich.
Ansonsten gibt es lediglich in einigen Kamm- und Gipfellagen Böen Bft 7 bis 8
aus Nordost.
Frost tritt dagegen landesweit auf, außer in den tiefen Lagen Westdeutschlands
vielerorts auch mäßiger Frost. Sollten die Wolken im Osten bereits auflockern,
ist dort auch strenger Frost möglich, vor allem im Bereich der Mittelgebirge.

Montag... etabliert sich ein eigenständiges Höhenhoch über der Norwegischen See
mit einem bis zur südöstlichen Ostsee reichenden kräftigen Höhenkeil. An dessen
Südflanke kommt das Höhentief über Norddeutschland rasch nach Südwesten voran
und kann sich abends über Nordwestfrankreich sogar noch ein wenig verstärken,
während über Norddeutschland das Geopotenzial steigt. Niedertroposphärisch setzt
nach Passage des Höhentiefs von Osten her WLA ein, die 850 hPa-Temperatur steigt
bis zum Abend im Norden und Osten wieder auf Werte zwischen -8 und -6 Grad,
während sie im Süden bei etwa -9 bis -11 Grad verharrt. Bodennah dringt aber nun
vermehrt über den Landweg kalte Festlandsluft zu uns, so dass es nahezu
landesweit leichten Dauerfrost gibt (im Osten und im Bergland gebietsweise auch
mäßigen), lediglich am Oberrhein werden die 0 Grad eventuell noch gebietsweise
knapp überschritten.
Niederschläge gibt es dagegen kaum mehr, am ehesten kann es noch ganz im Süden
sowie im Westen und in der Mitte geringfügig schneien (meist aber weniger als 1
cm). Lediglich an der Ostsee bringt der Lake Effekt kleinräumig anfangs noch
kräftigere Schneeschauer mit 5 cm Neuschnee.
Der Wind weht an der Südflanke des nun seinen Schwerpunkt allmählich Richtung
Südnorwegen bzw. nördliche Nordsee verlagernden umfangreichen fennoskandischen
Hochs weiterhin lebhaft aus Nordost mit steifen Böen gebietsweise an den Küsten
und stürmischen Böen in exponierten Gipfellagen.
Vor allem im Osten und in der Mitte kann sich gebietsweise länger die Sonne
zeigen, auch sonst lockern die Wolken ab und an mal auf.

In der Nacht zum Dienstag wird der zum Baltikum gerichtete kräftige Höhenkeil
durch einen nach Nordosteuropa gerichteten Trogvorstoß etwas nach Süden
abgedrängt und hierzulande dreht die Höhenströmung mehr auf Südost. Auch im
Bodenfeld kommt die vom Nordmeer bis in den Westen Russlands reichende
Hochdruckzone vor allem mit ihrem Ostteil nach Süden voran, deren Achse verläuft
morgens unmittelbar nordöstlich des Vorhersagegebietes. Dadurch dauert die
Advektion kalter Festlandsluft von Osten her an, wobei die Luftmasse immer
trockener wird. Somit bleibt es fast überall trocken und die Wolken lockern vor
allem in der breiten Mitte von Osten her mehr und mehr auf, teilweise ist es
gering bewölkt. Verbreitet gibt es mäßigen, in der Mitte, im Süden und Osten
teilweise auch strengen Frost.
Der Wind weht in den Höhenlagen weiterhin lebhaft aus Nordost bis Ost mit
einzelnen stürmischen Böen auf exponierten Gipfeln. An den Küsten lässt er
derweil allmählich nach.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle sind sich im Groben einig - im Detail gibt es kleinere Differenzen,
die Verteilung und Intensität der Schneefälle betreffend (z.B. Lake Effekt an
der Ostsee).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff