DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-12-2023 18:01
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 30.12.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
COSTA hat das letzte Wort - zyklonaler Jahresausklang mit schauerartigem Regen
und etwas Wind.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
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Aktuell ... hat sich dicht bei Irland das veritable Sturmtief COSTA
niedergelassen. Mit einem Kerndruck von knapp 970 hPa hat COSTA seinen
Karrierehöhepunkt erreicht (metrisch betrachtet handelt es sich freilich um den
Tiefpunkt mit dem niedrigsten Druck), weiter nach unten dürfte es in den
nächsten Stunden nicht mehr gehen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das
Drehzentrum des korrespondierenden Höhentrogs mittlerweile genau über dem
Bodenkern liegt (=> senkrechte Achse). Damit ist es auch nicht mehr allzu weit
her mit der Mobilität des guten COSTAs, der es bis morgen früh so gerade mal vor
die nordirische Küste schafft. Bis dahin wird übrigens ordentlich Kaltluft in
den Höhentrog geschossen, so dass dieser sich deutlich nach Süden ausweitet.
Vorderseitig steilt die Strömung auf, während gleichzeitig der vorgelagerte, von
Mitteleuropa bis zum Nordmeer reichende Rücken langsam über Deutschland nach
Osten wandert.

Überlaufen wird der Rücken von der Warmfront des zum Sturmtief gehörenden
Frontensystems, die ohne große Wetterwirksamkeit (etwas Regen oder Nieselregen)
Norddeutschland nordostwärts überquert. Dahinter gelangt das ganze Land in den
breiten, antizyklonal konturierten Warmsektor, in dem der auf südliche
Richtungen rückdrehende (niedertroposphärische) Wind eine Portion maritimer
Subtropikluft (mSp) herantransportiert. Dabei steigt T850 bis 06 UTC auf 0°C im
Nordosten und bis zu 6°C in Schwaben. Unterhalb dieser Warmluft bei gleichzeitig
schwachen umlaufenden Winden und Wolkenarmut entkoppelt die Grundschicht im
Süden, was neben leichtem Frost auch einige Nebelfelder auf den Plan ruft. Lokal
(Nebel UND Frost) kann es durchaus glatt werden, ansonsten bleibt die Nacht im
großen Rest des Landes frostfrei.

Noch ein Sätzchen zum Wind, der auf Süd bis Südost rückdreht und im Laufe der
zweiten Nachthälfte auf der Nordsee, im Westen sowie in höheren Lagen allmählich
auflebt (exponiert Böen 7-8 Bft).

Sonntag ... (Silvester) beginnt der Südteil des sich nun nicht mehr weiter
amplifizierenden Höhentrogs langsam Richtung Kontinent zu schwenken, wodurch er
eine leicht negative Achsstellung bekommt. Gleichzeitig verlagert sich das
Bodentief über die nördliche Irische See hinweg in Richtung Nordengland, um bis
Mitternacht die Doggerbank anzusteuern. Wie zu erwarten füllt es sich dabei auf,
so dass zum Datums- und Jahreswechsel nur noch rund 985 hPa "im Tank" sind. Der
Chronistenpflicht halber sei erwähnt, dass sich nördlich des eigentlichen
Tiefkerns ein zweites Minimum entwickelt, das am frühen Montagmorgen etwa 500 km
nord-nordwestlich von Schottland zu finden ist.

Bei uns steht der letzte Tag des Jahres ganz im Zeichen einer Kaltfrontpassage,
wobei die Kaltfront alles andere als ein thermischer Kracher ist. Etwas mühselig
(die "Anschubfinanzierung" des nachfolgenden Höhentrogs fällt eher dünn aus)
bewegt sie sich von West nach Ost, wobei sie schauerartige Regenfälle initiiert,
welche zum abendlichen Fonduevergnügen die Oder, Oberfranken und (das westliche)
Oberbayern erreichen. Weitgehend trocken bleibt es bis zum Abend zwischen
Erzgebirge und Niederlausitz sowie zwischen Chiemgauer Alpen und dem Bayerischen
Wald, wo man sich tagsüber zudem Hoffnung auf ein paar
Jahresausklangsonnenstrahlen machen kann. In den übrigen Regionen halten sich
die 12-stündigen Niederschlagsmengen in Grenzen. Meist liegen die Werte unter 5
l/m², lediglich im Schwarzwald könnten es punktuell 10 l/m² werden. Mit der
einfließenden erwärmten subpolaren Meereskaltluft (mPs) geht nicht nur T850 auf
rund 0°C zurück. Sinken tut auch die Schneefallgrenze auf 1400 bis 1000 m, wobei
aber bis zum Abend noch keine nennenswerte Neuschneeakkumulation in den
entsprechenden Höhenlagen zu verzeichnen sein dürfte.

Der Wind lebt vor allem in der Westhälfte sowie in den Hochlagen mit Annäherung
und Passage der Kaltfront merklich auf, wobei er von Südost bis Süd auf Süd bis
Südwest dreht. In höheren Lagen sowie im Lee der Mittelgebirge sind Böen 7 bis
8, exponiert 9, auf dem Brocken gar 10 Bft zu erwarten. Windig bis stürmisch
präsentiert sich auch die Nordsee. Aufgrund der überwiegend ablandigen
Richtungskomponente beschränken sich die stärksten Böen auf die offene See bzw.
Helgoland (7-8 Bft). Auf den anderen Inseln sowie direkt an der Küste hingegen
treten steife Böen 7 Bft wahrscheinlich nur sporadisch auf. Präfrontal öffnet
sich in den Alpen ein kurzes Föhnfenster, in dem der südliche Wind zumindest auf
einigen anfälligen Gipfeln stürmisch auffrischt (8-9 Bft, 10 Bft nicht
ausgeschlossen). Ob der Föhn auch in einige Täler durchbricht, ist angesichts
einer Druckdifferenz von 4-6 hPa (Bozen-Innsbruck) fraglich. Mit Durchgang der
Kaltfront bricht der Föhn wieder zusammen, während gleichzeitig gerade im
höheren Alpenvorland ein paar 7er-Böen auftreten können.

Aufgrund der guten Durchmischung steigt die Temperatur trotz KLA, Niederschlag
und reichlich Gewölk auf überdurchschnittliche 6 bis 10, im Westen und Südwesten
bis zu 12°C. Einzig im windschwachen Südosten könnte das Jahr im Falle zähen
Nebels etwas frischer zu Ende gehen.

In der Nacht der Nächte - es geht ins Jahr 2024 - verabschiedet sich die
Kaltfront inkl. der zugehörigen frontalen Niederschläge in Richtung Polen und
Tschechien. Im Bajuwarischen Wald sowie an den Alpen reicht es oberhalb etwa
1000 m für 3 bis 8, nach Osten hin um oder etwas über 10 cm Neuschnee. Ansonsten
steht die Nacht atmosphärisch im Zeichen der postfrontal einfließenden
subpolaren Meeresluft, die mit dem Übergreifen des negativ geneigten Höhentrogs
respektabel labilisiert wird. So geht T500 landesweit auf rund -30°C zurück,
während auf 850 hPa 0 bis -2°C auf der Karte stehen. Unter dem Strich ergibt
sich daraus insbesondere in der Nordwesthälfte ein solides konvektives Paket
bestehend aus Regenschauern, ganz oben in den Mittelgebirgen auch Schnee- oder
Graupelschauern. Ergänzend zur obligatorischen Pyro-Knallerei könnte auch der
ein oder andere atmosphärische Böller in Form eines kurzen (Graupel)Gewitters
mit von der Partie sein.

Ansonsten blieben nur noch Wind und Temperatur. Letztere geht bis zum Morgen auf
etwa 8°C am Niederrhein und knapp über 0°C im Süden und Südosten zurück. Der
Wind bleibt wie tagsüber auch schon vornehmlich im Westen (RP/Saarland bis zur
Deutschen Bucht) sowie in höheren Lagen einigermaßen prominent unterwegs mit
Böen 6-7 Bft, exponiert 8 Bft, ganz oben vereinzelt 9 Bft. Na denn mal "Guten
Rutsch"!

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Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag ... starten wir sehr wechselhaft und windig und - natürlich möchte man
hinzufügen - relativ mild ins neue Jahr. Zwar liegt über der Nordsee nur noch
der kümmerliche Rest des ehemals so stolzen Sturmtiefs COSTA, doch reicht der
Gradient zum hohen Luftdruck über Südeuropa aus, einen patenten Südwestwind zu
kreieren. Für die Regen-, Graupel- und in höheren Lagen Schneeschauer sorgen die
Reste des sich zunehmend auffüllenden Höhentrogs.
Richtig interessant wird es dann zum Dienstag hin, wenn nämlich vom nahen
Atlantik her neue Tiefdruckgebiete (die erste "Frau" des Jahres oder doch noch
Relikte von Tief DIETMAR, das an Silvester dicht bei Neufundland thront?) und
deren Fronten auf Mitteleuropa respektive Deutschland übergreifen. Neben Wind
und Sturm wird es auch das Thema Regen wieder in die Schlagzeilen schaffen, was
keine gute Nachricht ist. Wie wo wieviel, dazu mehr in den Folgeübersichten.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die letzten Momente in 2023 sowie den Jahreswechsel haben die Modelle gut im
Griff.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann