DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-11-2016 09:00
SXEU31 DWAV 110800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.11.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu Na (Nord antizyklonal)

Weiterhin frühwinterlich mit Regen und Schnee vor allem in der Südhälfte. Zum
Wochenende von Norden her zunehmender Hochdruckeinfluss. In den Nächten Frost,
Glätte und Nebel.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zeigt die großräumige Potenzialverteilung nach wie vor einen breit
angelegten, mit reichlich Kaltluft angefüllten LW-Trog, der von Fennoskandien
über weite Teile Mittel- und des nahen Osteuropas bis hinunter zum westlichen
und zentralen Mittelmeer reicht. Schaut man auf die feineren Strukturen
innerhalb des Trogkomplexes, so fällt am westlichen Rand ein eigenständiger
Sekundärtrog ins Auge, der heute früh im Grenzbereich
Benelux-Ostfrankreich-West-Südwestdeutschland positioniert ist. Dieser Trog wird
sich im Tagesverlauf deutlich nach Süden amplifizieren, bevor er in der
kommenden Nacht über Oberitalien beginnt abzutropfen.
Als Gegenspieler zum LW-Trog fungiert ein Höhenrücken, der ausgehend vom
Azorenhoch über den nahen Ostatlantik und UK/Irland bis hoch zum Europäischen
Nordmeer reicht. Der Rücken schiebt sich in den nächsten Stunden dichter an den
Kontinent heran, wobei er ein von SW-Europa bis nach Skandinavien reichenden
Bodenhochkeil stärkt, aus dem sich über Norddeutschland letztlich (kommende
Nacht) eine eigenständige Parzelle abspaltet. Bereits jetzt hat von Westen her
stärkerer Druckanstieg eingesetzt, der die beschriebene Entwicklung einleitet.
Vor allem Norddeutschland profitiert heute schon davon, indem die Wolkendecke in
der weiterhin von NO einfließenden Kaltluft (T850 um oder unter -5°C) teilweise
auflockert und es größtenteils niederschlagsfrei bleibt. Allerdings zeigen die
aktuelle Entwicklung, aber auch die numerischen Prognosen, dass von der Ostsee
her ein paar schwache Schauer die küstennahen Gebiete erfassen und dabei nicht
zwingend in fester Form auftreten - mit der Konsequenz anfänglicher
Glatteisgefahr aufgrund der meist noch vorliegenden negativen Temperaturen, was
sich im Verlauf des Vormittags aber erledigen wird.
Deutlich zyklonaler präsentiert sich das Wetter heute in den mittleren und
südlichen Landesteilen, wo ein kleines aber feines frontenloses Tief dabei ist,
vom nördlichen BW (05 UTC) langsam ost-südostwärts zu ziehen. Dahinter dreht die
Grundströmung auf nördliche Richtungen, so dass die Kaltluft aus dem Norden nun
auch wieder verstärkt den Süden okkupiert und die dort mit westlichen Winden
anfangs noch einfließende erwärmte maritime Polarluft ersetzt.
Im Blickpunkt des heutigen Geschehens jedenfalls stehen die Niederschläge, die
von Bodentief selbst, zum Teil aber auch durch trogvorderseitige PVA ausgelöst
werden. Sie werden heute quasi die ganze Südhälfte traktieren bzw. anfangs auch
noch etwas weiter bis in den nördlichen Mittelgebirgsraum ausschlagen. Besonders
im nördlichen Bayern, aber auch im Allgäu können dabei mehr als 10 mm
Niederschlag zusammenkommen. Wichtiger als das ist allerdings die Phase, in der
die Niederschläge fallen. So lässt sich die Schneefallgrenze in den mittleren
Landesteilen etwa auf 400-600 m taxieren (nach Osten hin sogar bis in tiefe
Lagen, ohne dass aber überall was liegenbleibt), während sie im Süden bei 800 m,
an den Alpen teils bei 1000 m liegt. Dabei fallen in den entsprechenden
Höhenlagen tagsüber 1 bis 5 cm, lokal um 7 cm Neuschnee. Im Fichtelgebirge, im
Bayerischen Wald sowie im Schwarzwald und in den Alpen sind in Staulagen auch 10
cm möglich, in den Hochlagen des Allgäu (etwa ab 1000 m) bis zu 15 cm. Während
der Schneefall im Süden tagsüber weitgehend mit Schneefallwarnungen abgebildet
werden sollte, reicht im Bergland der mittleren Landesteile häufig eine
Glättewarnung (vor gefrierender Nässe und geringfügigem Schneefall). Darüber
hinaus ist es nicht ausgeschlossen, dass sich mit Verschärfung des o.e.
Sekundärtroges im SW einzelne kurze Gewitter entwickeln (DeltaT 500-850 hPa
immerhin bei 30 Kelvin).
Der anfänglich insbesondere in den Hochlagen Süddeutschlands sowie im
Alpenvorland noch lebhafte und in Böen stürmische südwestliche bis westliche
Wind lässt im Laufe des Vormittags mit Abzug des Bodentiefs von Westen her nach,
so dass ab Mittag keine Warnungen mehr nötig sind. Temperaturmäßig landen wir am
Nachmittag bei rund 2°C in Teilen NO-Deutschlands und bis zu 8°C im SW. Oberhalb
600 bis 800 m herrscht leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag tropft der Trog über Oberitalien ab und das
resultierende Höhentief zieht gen Adria. Bereits zuvor hat über Norditalien
schon Luftdruckfall eingesetzt, wodurch eine Bodenzyklogenese in Gang gekommen
ist. Die zugehörigen Hebungsprozesse haben ihr Maximum zwar südlich der Alpen,
gleichwohl kommt es auch nördlich davon und somit in Teilen des Vorhersageraums
zu weiteren Niederschlägen. Allerdings verschieben die sich mehr und mehr in den
Süden (große Teile BWs und Bayerns), wobei die Schneefallgrenze bereits ab den
Abendstunden immer weiter absinkt. Oberhalb 400 bis 600 m, was besonders in
Bayern häufig bis "ganz nach unten" bedeutet, fallen 1 bis 5 cm, an den Alpen
lokal 7 bis 12 cm Neuschnee.
In den übrigen Landesteilen greift zunehmend der Hochdruckeinfluss, sofern das
nicht vorher schon der Fall war. Allerdings sind in einigen Mittelgebirgen (vor
allem Thüringer Wald und Erzgebirge) noch leichte Schneefälle möglich, und auch
die Schauerproblematik an er Ostsee scheint noch nicht völlig vom Tisch.
Ansonsten lockert die Wolkendecke teilweise auf, was bei windschwachen
Verhältnissen und vielfach feuchter Grundschicht gebietsweise Nebel zur Folge
hat. Darüber hinaus sinkt die Temperatur verbreitet in den leichten
Frostbereich, über Schneeflächen bei längerem Aufklaren sogar in den mäßigen
Frostbereich mit entsprechender Glättegefahr, die je nach Vorgeschichte durch
gefrierende Nässe/gefrierenden Nebel, Reif oder Schnee bzw. Schneematsch
ausgelöst wird. Sollten die Schauer an der Ostsee weiterhin auftreten, ist dort
ähnlich wie heute früh lokales Glatteis möglich.

Samstag... gelangt Deutschland auf die unmittelbare Ostflanke des leicht
progressiven Höhenrückens unter eine recht glatte nördliche Höhenströmung. Das
Cut-Off-Tief zieht zum Balkan und spielt für unseren Raum keine Rolle mehr.
Dafür wird der NO von einem weiteren Höhentief (im Grunde handelt es sich
aufgrund des fehlenden Bodentiefs um einen Kaltlufttropfen) tangiert, dessen
Wirkung aber eher positiver Natur ist, indem nämlich die Wolkendecke respektive
Nebel/Hochnebel perforiert werden, was wiederum der Sonne einige Auftritte
ermöglicht.
Geht man rein nach der vorhergesagten Bodenwetterkarte, muss man ohnehin sagen,
dass das ganze Land unter Hochdruckeinfluss gelangt, wobei der Schwerpunkt des
Hochs mit etwa 1027/1028 hPa zur Mittagszeit unweit der vorpommerschen Küste
liegt. Von dort reicht ein Keil in südwestlicher Richtung bis zu den Pyrenäen,
was im W und NW unseres Landes für eine Winddrehung auf Südost sorgt (auf der
Nordsee reicht es vielleicht sogar für ein oder zwei 7er-Böen), während im
Osten und Südosten weiterhin nördliche Winde vorherrschen - mit der Konsequenz,
dass es im Erzgebirge und im Thüringer Wald vereinzelt noch etwas flöckelt,
allerdings eher in homöopathischen Dosen, aber trotzdem mit Glättegefahr.
Etwas mehr Schnee fällt anfangs noch an den Alpen und im Alpenvorland,
allerdings bleiben die Mengen auch dort meist unterhalb der 5cm-Marke, bevor das
Ganze am Nachmittag und Abend sowieso mehr und mehr einschläft. Im großen,
bisher nicht genannten Rest des Bundesgebietes verläuft der Samstag eher
unspektakulär mit Wolken, Nebel/Hochnebel und einigen Auflockerungen, wobei
einem auch noch die gewohnte Bundesligaunterhaltung genommen wird, weil Jogi
seine Nati-Riege heute Abend in San Marino auflaufen lässt (was freilich ganz
unterhaltsam werden kann). Die Tageshöchsttemperatur liegt meist zwischen 1 und
5°C, im W und SW sowie unmittelbar an der See lokal auch etwas darüber. Dafür
reicht es im östlichen Bergland, evtl. auch bei zähem Nebel für einen Eistag.

In der Nacht zum Sonntag wird der Höhenrücken von einem von der Nordsee
südostwärts schwenkenden KW-Trog "angeknabbert", was allerdings ohne große
Wirkung bleibt. Zwar schiebt sich gleichzeitig eine über Westeuropa
positionierte Tiefdruckrinne nebst eingelagerter Okklusion bzw. Kaltfront
dichter an Deutschland heran, gleichwohl blockt das quasistationäre Bodenhoch
sämtlichen zyklonalen "Schaden" weitgehend ab, was gestern insbesondere von der
deutschen Modellkette und GFS noch anders gesehen wurde. Vielleicht reicht es im
äußersten SW für ein paar Tropfen oder Flocken, größtenteils bleibt es aber
trocken, wenn man mal von vereinzeltem Nebelnässen absieht. Ansonsten steht
deutschlandweit eine frostige Nacht ins Haus, im Osten im Bergland sowie über
Schneeflächen mit teils mäßigem Frost. Dazu bildet sich gebietsweise Nebel und
auch die altbewährte Glätteproblematik (vornehmlich gefrierende Nässe/Nebel,
aber auch Reif) wird wieder für einige angeregte Diskussionen sorgen.

Sonntag... regeneriert sich der Höhenrücken knapp westlich des Vorhersageraums
wieder, was bei uns weiterhin eine nördliche Höhenströmung zur Folge hat.
Nennenswerte Hebungsprozesse lassen sich daraus nicht ableiten, im Gegenteil,
das weiterhin präsente Bodenhoch kräftigt sich sogar noch etwas auf über 1030
hPa. Dabei bahnt sich sogar eine Brückensituation zum leicht nach NO
verschobenen, sich mit einem Keil bis nach UK und Irland erstreckenden
Azorenhoch an.
Wie auch immer, unter dem Strich steht uns ein ruhiger, grenzschichtgeprägter
Sonntag vor der Brust, an dem es sehr wahrscheinlich weitgehend
niederschlagsfrei bleibt. Zwar lässt z.B. ECMF die o.e. Rinne mit etwas Regen in
den NW unseres Landes vorankommen, was derzeit aber noch mit Fragezeichen zu
sehen ist. Fraglich ist sicherlich auch, wo sich Nebel/Hochnebel respektive die
Bewölkung wann wie auflösen bzw. auflockern. Die deterministischen Modelle sind
mit Ausnahme des naturgemäß eher zurückhaltenden polnischen UM sehr forsch mit
der Auflösung tiefer Wolken, was trotz einsickernder trockenerer Kaltluft
vielleicht etwas zu optimistisch ist. Auf alle Fälle sollte man sich darauf
einstellen, dass es in einigen Gebieten längere Zeit oder sogar ganztägig
bedeckt oder neblig trüb bleibt, vor allem in Ost-Nordoststaulagen.
Trotz leichter niedertroposphärischer Erwärmung (im äußerten SW steigt die
850-hPa-Temperatur bis zum Tagesende auf etwa 0°C) bleibt es in der Grundschicht
recht kalt mit Tageshöchstwerten von 1 bis 6°C, im höheren Bergland sowie unter
zähem Nebel/Hochnebel nur 0°C oder etwas darunter.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung wird auf dem üppig ausgestatteten Modellmarkt sehr
ähnlich gesehen. Detailunterschiede wurden im Text bereits angerissen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann