DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-12-2023 08:30
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 26.12.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z; nur kurz durch SW a unterbrochen

Im Süden und Südosten ruhiges Wetter, sonst nur vorübergehend
Zwischenhocheinfluss, meist unbeständig, zeitweise windig, bevorzugt in
Küstennähe sowie im Bergland auch stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegen wir unter einer westlich Höhenströmung, in der ein erster
kurzwelliger Trog im Tagesverlauf ostwärts über Deutschland gesteuert wird, ein
zweiter greift am Nachmittag von der Nordsee auf den Norden des Landes über.
Derweil beginnt es über dem mittleren Nordatlantik knapp westlich der Britischen
Inseln stärker auszutrogen. Die dabei in Gang kommende, kräftige WLA stützt
einen Rücken, der sich über Westeuropa aufwölben kann. Im Bodenfeld zieht ein
kleines Randtief (ABDUL I) über Südschweden und die südliche Ostsee zum
Baltikum. Mit dem Nordatlantiktrog korrespondiert ein Tiefdruckkomplex, in den
ein markantes Randtief (BODO) integriert ist, das vor die Südwestküste Irlands
zieht. Dazwischen kann sich über Westeuropa ein Hochkeil formieren, der
Verbindung mit dem Hoch über der Grönlandsee aufnimmt.

Die Kaltfront von Tief ABDUL schwenkt im Tagesverlauf schleifend von der Mitte
in den Süden. Da sie zunehmend von großräumigem Absinken überlagert wird,
verliert sie an Wetterwirksamkeit und löst sich auf. Die Niederschlagsmengen
liegen zumeist unter 10 l/qm in 12 Stunden, sodass die Dauerregenlagen auch in
den westlichen und nördlichen Mittelgebirgen endet. Der hydrologische Impact,
sprich das Hochwasser, wird uns aber noch einige Zeit beschäftigen.

Postfrontal wird ein Schwall maritim erwärmter Subpolarluft herangeführt, in der
die Temperaturen auf 850 hPa auf 0 bis -5 Grad absinken. Diese wird vor allem im
Norden durch etwas Höhenkaltluft (knapp unter 30 Grad auf 500 hPa) labilisiert.
Die Niederschläge, die sich vor allem auf eine in einen Bodentrog eingebettete
und ab dem Mittag von Norden übergreifende Okklusion konzentrieren, nehmen damit
schauerartigen Charakter an. Mangels hochreichender Labilität sind Gewitter aber
unwahrscheinlich. Von der Küste bis ins das nord- und nordostdeutsche Binnenland
kommen bis 5, stellenweise bis 10 l/qm in 12 Stunden zusammen.

Überwiegen trocken und zeitweise sonnig bleibt es präfrontal im südlichen
Alpenvorland.

Warnwürdig bleibt der Wind. Vor allem im Norden wird noch ein veritabler
Gradient aufrechterhalten, der sich vor der Okklusion sogar vorübergehend
nochmal etwas verschärft. So sind im Norden und in der Mitte sowie in höheren
Lagen Süddeutschlands steife, bevorzugt am Nordrand der Mittelgebirge sowie im
küstennahen Binnenland zudem auch stürmische Böen aus West wahrscheinlich. An
der Küste treten vorübergehend einzelne Sturmböen auf. Am Nachmittag wird der
Gradient mit Annäherung des Hochkeils von Westen auseinandergezogen, sodass der
Wind langsam nachlässt.

Da die subpolare Meeresluft gut durchmischt ist, ergeben sich kaum nennenswerte
Temperaturunterschiede zwischen Nord und Süd, meist liegen die Höchstwerte
zwischen 8 und 13 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch wölbt sich der Rücken über West- und Nordwesteuropa
weiter auf, seine Achse ist ausgangs der Nacht etwa von Nordfrankreich bis nach
Schottland lokalisiert. Die WLA überläuft mitteltroposphärisch den Rücken und
erfasst im Laufe der zweiten Nachthälfte den Westen und Südwesten Deutschlands.
Dadurch wird der Höhentrog rasch nach Osten abgedrängt. Im Bodenfeld schwenkt
der Hochkeil von Frankreich her nach Deutschland. Seine Achse verläuft
Mittwochfrüh quer über die Mitte des Vorhersagegebietes hinweg südsüdostwärts.

Somit geht der Gradient deutlich in die Knie und der westliche Wind flaut weiter
ab, zuletzt an der vorpommerschen Ostseeküste und im ostbayerischen
Mittelgebirgsraum sowie im Erzgebirge, wo er bis nach Mitternacht noch
warnrelevant sein kann. Im Westen dreht er bereits auf südliche Richtungen.

Die schauerartigen Regenfälle im Bereich der zurückgehenden Okklusion im
Nordosten klingen rasch ab, auch der leichte Regen an der sich auflösenden
Kaltfront im Süden bringt keine nennenswerten Mengen mehr. Danach ist es
vorübergehend meist trocken bei vor allem über der Nordhälfte vorübergehend
aufgelockerter Bewölkung. Stellenweise kann sich Nebel bilden.

Mit der WLA ziehen im Westen aber bald schon neue, mehrschichtige Wolken auf.
Mit der Warmfront des Tiefdruckkomplexes knapp westlich der Britischen Inseln
beginnt es in der zweiten Nachthälfte sogar wieder leicht zu regnen.

Innerhalb des Hochkeils kühlt es bei schwachwindigen und wolkenarmen
Verhältnissen vor allem in einem Streifen vom Norden bis zur Mitte kräftig ab
auf Werte um 0 Grad, im Bergland sowie in den Alpen auf -1 bis -3, gebietsweise
tritt Bodenfrost auf. Ansonsten liegen die Tiefstwerte meist bei 5 bis 2 Grad.


Mittwoch... schwenkt der Höhenrücken allmählich nach Mitteleuropa, wobei sich
landesweit die WLA wieder deutlich verstärkt. Zum Abend hin greift dann der
Höhentrog über dem nahen Ostatlantik auf die Britischen Inseln über. Im
Bodenfeld kommt der in mehrere Teiltiefs aufgesplittete Tiefdruckkomplex
westlich von Irland nur allmählich nordostwärts voran. Das Frontensystem ist
allerdings mit einigermaßen Schubkomponente ausgestattet, so dass die Warmfront
über die Nordwesthälfte mit Regenfällen überwiegend leichter Intensität
nordostwärts schwenkt und Abends bereits Vorpommern erreicht. Die Kaltfront
hängt bis dahin noch weit nach Westen zurück und greift dann erst auf England
bzw. Schottland über. Somit wird der Bodenhochkeil nur langsam nach Osten
abgedrängt und wir geraten in den breiten Warmsektor des Tiefs. Die 850
hPa-Temperatur steigt bis zum Abend auf Werte zwischen -4 Grad (noch präfrontal)
auf Rügen und bereits +11 Grad im Alpenvorland, dort stellt sich zum Abend hin
leichter Föhn ein.

Während es aufgrund der WLA im Norden, Westen und auch teilweise in den
mittleren Landesteilen überwiegend
stark bewölkt bis bedeckt bleibt, kann sich vor allem im Süden und Südosten mit
zunehmendem Überströmen der Alpen vielerorts die Sonne durchsetzen und es bleibt
trocken.

Der Druckgradient verschärft sich im Tagesverlauf von Westen her wieder
deutlich, angesichts der stabilen Schichtung macht sich das aber nur in höheren
Lagen bemerkbar. In den Gipfellagen einiger Mittelgebirge gibt es zum Abend hin
steife bis stürmische Böen aus Süd bis Südost, auf den Gipfeln der Mittelgebirge
und der Alpen erste Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen. Auch über der
offenen Nordsee und westlichen Ostsee muss vermehrt mit steifen bis stürmischen
Böen gerechnet werden.

Mangels Durchmischung wird es nicht mehr ganz so mild wie an den Vortagen. Die
Höchsttemperaturen erreichen meist Werte zwischen 5 Grad im Nordosten und nur
örtlich 12 Grad in einigen Leelagen im Westen und Südwesten bzw. im südlichen
Alpenvorland.

In der Nacht zum Donnerstag zieht die Warmfront rasch nach Nordosten ab, später
greift die Kaltfront auf den Westen bzw. Nordwesten über und erreicht ausgangs
der Nacht die Mitte und den Osten, wo sie dann zu schleifen beginnt. Mangels
dynamischen Hebungsantrieb und aufgrund der bereits wirksam werdenden KLA büßt
sie im Verlauf deutlich an Wetterwirksamkeit ein. Somit fallen mit Passage zwar
schauerartige Niederschläge, in Summe kommen aber kaum mehr als wenige l/qm
zusammen, gebietsweise fällt auch fast gar nichts.

Etwa von der Baden bis zur Oberlausitz und südöstlich davon bleibt es generell
noch trocken und vor allem im Süden bzw. Südosten auch gering bewölkt bis klar.
Dort gibt es verbreitet leichten Frost und gebietsweise auch Nebel, sonst bleibt
es frostfrei, im Westen und Norden mit Tiefstwerten deutlich über 5 Grad auch
recht mild.

Mit Kaltfrontpassage und postfrontal treten mit verbessertem vertikalen
Impulstransport vorübergehend auch im Tiefland des Westens und Nordwestens
steife Böen auf. Auch an der Ostsee gibt es steife, an der Nordsee stürmische
Böen und einzelne Sturmböen. Auch in Hochlagen zieht der Wind an, sodass auf den
Gipfeln häufiger schwere Sturmböen, auf dem Brocken orkanartige Böen oder
Orkanböen auftreten.



Donnerstag... schwenkt der Höhentrog unter deutlicher Abflachung nach
Mitteleuropa, sodass sich über uns wieder eine zyklonale Westströmung
durchsetzt. Die Kaltfront des sich zwischen Schottland und Südskandinavien
positionierenden Tiefkomplexes zieht weiterhin schleifend und demnach nur
äußerst zögerlich von der Mitte in den Süden Deutschlands. Von Baden und der
Pfalz bis nach Sachsen und Franken fällt dabei leichter Regen, die Mengen liegen
aber meistens unter 10 l/qm in 12 Stunden. Vom Alpenrand bis nach Niederbayern
bleibt es föhnig aufgelockert, teils auch sonnig und trocken.

Die postfrontal einfließende, maritim erwärmte Subpolarluft (T850 auf Werte um 0
Grad sinkend) wird durch einsickernde Höhenkaltluft von Nordwesten langsam aber
sich leicht labilisiert, sodass von der Nordsee her erste Schauer auf das nord-
und nordwestdeutsche Binnenland übergreifend. Ansonsten bleibt es bei
wechselnder Bewölkung überwiegend trocken.

Der Gradient bleibt über der Nordwesthälfte erhalten, neigt im Tagesverlauf von
Westen her sogar eher zur leichten Verschärfung. Somit gibt es im Norden, Westen
und in Teilen des zentralen Mittelgebirgsraumes steife Böen, im Nordwesten und
an exponierten Abschnitten der Ostsee auch stürmische Böen, an der Nordsee
Sturmböen und auf den Insel einzelne schwere Sturmböen. Auf den Berggipfeln ist
generell Sturm bzw. schwerer Sturm zu erwarten, auf dem Brocken Orkan.

Die Höchsttemperaturen liegen bei milden 7 bis 14 Grad, mit den höchsten Werten
entlang des Rheins bzw. am föhnigen Alpenrand.

In der Nacht zum Freitag erreicht die Kaltfront unter Auflösungstendenzen den
Alpenrand, nennenswerter Regen kommt dort nicht mehr an, allerdings bricht der
Föhn zusammen. Die Labilisierung über der Nordhälfte macht weitere Fortschritte,
die Schauer breiten sich von Nordwesten her bis zur Mitte aus, vor allem im
Nordwesten können auch einzelne Gewitter mit dabei sein. Bei recht starker
hochreichender Scherung und einem ausgeprägten Oberwind (rund 50 Knoten auf 925
hPa) ist zumindest mit Sturm-, mit geringer Wahrscheinlichkeit auch mit schweren
Sturmböen zu rechnen.

Auch aus dem Gradienten heraus bleibt der Wind warnwürdig: Mit Ausnahme des
Südens kommt es verbreitet zu steifen, in freien und höheren Lagen sowie and der
Ostsee zu stürmischen Böen. An der Nordsee treten Sturm- und schwere Sturmböen
auf, auf exponierten Gipfeln (Brocken) Orkanböen.

Im windschwachen Südosten geht die Temperatur auf 5 bis 0 Grad zurück, ansonsten
wird es bei Tiefstwerten zwischen 10 und 6 eine sehr milde Nacht.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptische Grundkonstellation wird von den Modellen ziemlich ähnlich
simuliert. Die Windentwicklung im Norden an der Okklusion wird allerdings noch
recht unterschiedlich simuliert. Fraglich ist, wie verbreitet die stürmischen
Böen bis in das Binnenland ausgreifen. Die Erfahrungen der letzten Tage haben
gezeigt, dass insbesondere ICON-D2 die Böigkeit bei vorhandener
Grenzschichtlabilität eher unterschätzt. Entsprechend steht eine Erhöhung der
bestehenden Warnung auf Sturm im Raum.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser