DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-12-2023 18:01
SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 24.12.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Verbreitet steife bis stürmische Böen. In vielen Mittelgebirgen (ergiebiger)
Dauerregen, im Erzgebirge starkes Tauwetter (jeweils Unwetter).

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland in einer nordwestlich orientierten
Höhenströmung, die über Mitteleuropa nur ganz leicht mäandriert und im Laufe der
Nacht zum Montag langsam auf West kippt. In 300 hPa ist dabei ein von Osteuropa
bis weit westlich von Irland reichendes Jetmaximum ersichtlich, das im Norden
Deutschlands Werte von über 130 kn aufweist. Bodennah interagiert dieser in
Verbindung mit dem weit offenen Langwellentrog mit dem Südteil eines
nordeuropäischen Tiefdruckkomplexes. Zum Abendtermin weist dieser zwei für
Deutschland relevante Kerne über Südschweden und der nördlichen Nordsee auf,
wobei sich beide im Laufe der Nacht etwas ostwärts verlagern. Damit befindet
sich Deutschland im Zustrom milder Atlantikluft, wobei in der Nacht die
Kaltfront des östlichen und zur Ostsee ziehenden Tiefs den Nordwesten tangiert
und sich in der zweiten Nachthälfte etwa bis zur nördlichen Mitte vorkämpft.

Aus dieser Konstellation ergeben für das Warnmanagement nun zwei grundsätzliche
Aufgabenstellungen: die Wind- und Niederschlagsentwicklung. Der Gradient
zwischen dem nordeuropäischen Tiefdruck und dem Hochdruckgebiet über
Südwesteuropa verstärkt sich bereits in den heutigen Abendstunden und weist sein
Maximum im Laufe der Nacht zum Montag auf. Es kommt verbreitet zu steifen bis
stürmischen Böen, im Bergland zu Sturmböen, in den Kamm- und Gipfelregionen zu
schweren Sturmböen bis Orkanböen aus Südwest bis West. Auch an der See steigt
die Wahrscheinlichkeit für Sturmböen wieder an, im Zuge der Kaltfrontpassage und
Winddrehung auf Nordwest sind an der Nordsee auch einzelne schwere Sturmböen
nicht ausgeschlossen.

Die Regenfälle halten während der Nacht vor allem über der breiten Mitte an, nur
südlich der Donau ist es häufig trocken und auch im äußersten Norden nimmt die
Regenwahrscheinlichkeit nach Durchzug der Kaltfront ab. In der Summation über 12
Stunden ergeben sich modellübergreifend in den Staulagen der westlichen und
nördlichen Mittelgebirge 15 bis 20 l/qm, vereinzelt bis 30 l/qm. Sonst sind es
von der Donau bis in den Norden und Nordosten in der Fläche um 5, gebietsweise
bis 10 l/qm. Diese Mengen sind in den aktuell laufenden Warnungen bereits
berücksichtigt.

In der milden Luftmasse setzt sich auch das Tauwetter im Erzgebirge fort. Als
Regenanteil kommt aber nicht mehr viel dazu, wahrscheinlich sind es nur um 5
l/qm in 12 Stunden. Demzufolge speist sich das Niederschlagsdargebot primär von
der abtauenden Schneedecke. Die in den dortigen tieferen Lagen noch vorhandene
Schneedecke von 5 bis 10 cm wird wahrscheinlich komplett abtauen, in den höheren
Lagen kommen von den 20 bis 40 cm wahrscheinlich 10 bis 15 cm zu Abfluss. Damit
ergibt sich ein Niederschlagsdargebot von 15 bis ca. 50 l/qm. SNOW4 liefert ein
Niederschlagsdargebot zwischen 10 und 40 l/qm und würde damit die theoretischen
Überlegungen stützen. Damit bewegen sich die Werte weiterhin im Bereich der in
den Unwetterwarnungen kommunizierten Mengen.

Die milde und windige Westwetterlage macht sich auch bei den Tiefstwerten
bemerkbar. Diese reichen von 4 Grad in den östlichen Mittelgebirgen bis 11 Grad
am Niederrhein.

Montag ... kippt die Höhenströmung weiter auf westliche Richtungen und verläuft
mit einem leichten antizyklonalen Touch quer über Deutschland hinweg. Durch
diese leichte Aufwölbung verschiebt sich auch das Jetmaximum in Richtung Nordsee
und Dänemark. Bodennah wird ein vom Ostatlantik in die nördliche Nordsee
ziehendes Tief in den nordeuropäischen Tiefdruckkomplex eingebunden. Die über
der Mitte Deutschlands befindliche schwache Kaltfront wird dabei durch die neu
einsetzende WLA von Westen her überlaufen. Die nun Ton angebende Warmfront
beeinflusst damit auch wieder die nördliche Mitte mit milderer Atlantikluft. Die
dadurch induzierten Regenfälle verstärken sich etwas und beeinflussen erneut
einen breiten Streifen in der Mitte. Während im äußersten Süden und Norden kaum
Niederschlag fällt, sind in den Staulagen der westlichen Mittelgebirge weitere
20 l/qm wahrscheinlich. Sonst sind es im Bergland um 10 l/qm, in den übrigen
Regionen meist um 5 l/qm. Mit den in der Nacht zum Montag fallenden Mengen
ergeben sich bei allen probabilistischen Verfahren im Bergischen Land,
Siebengebirge und Westerwald-Siegerland Wahrscheinlichkeiten von mehr als 30
l/qm in 24 Stunden (um 30 %), im Harz sind die Wahrscheinlichkeiten dafür sogar
etwas höher (60 bis 70%) - daher wird die Unwetterwarnung dort auch über den
aktuellen Endzeitpunkt am Montagvormittag hinaus verlängert.

Auch die Tauwettersituation im Erzgebirge hält am Montag an, wobei als Regen
etwa 5 bis 10 l/qm gerechnet werden, dies sollten aber die Maximalmengen sein.
Hinzu kommt noch etwas Schnee der abtauen kann, sodass sich zum bisherigen
Niederschlagsdargebot nochmals 10 bis 30 l/qm addieren. SNOW4 propagiert 15 bis
25 l/qm. Eine Veränderung der bis zum Abend laufenden Warnung vor starkem
Tauwetter bietet sich damit erstmal nicht an.

Doch nicht nur der Regen bleibt ein warnrelevantes Thema, sondern auch der Wind.
Der Gradient fächert allerdings etwas auf, sodass die Wahrscheinlichkeit für
stürmische Böen im Tagesverlauf zurückgeht. Am längsten halten sich diese an der
See und im angrenzenden Binnenland, auf den Bergen sowie in freien Lagen der
Mitte. Sonst sind am Nachmittag nur noch einzelne steife Böen, vor allem in den
südlichen Regionen. Es wird zudem ein milder erster Weihnachtsfeiertag mit meist
zweistelligen Höchstwerten, nur im Nordosten sind es knapp unter 10 Grad. Im
Süden und Westen sind örtlich um 14 Grad möglich, im südlichen Alpenvorland
sowie im Schwarzwald auch mit längerer Sonnenunterstützung.

In der Nacht zum Dienstag schiebt sich ein wenig amplifiziertes Randtrog über
die Nordsee hinweg nach Nordwestdeutschland. Damit in Verbindung steht das
vorhin erwähnte, weiterhin schwach konturierte Tief, das im Laufe der Nacht in
die westliche Ostseeregion zieht. Dessen Kaltfront tangiert den äußersten
Nordwesten Deutschlands bereits ausgangs der Nacht. Im Vorfeld induziert PVA
nochmals eine Intensivierung der Regenfälle, besonders im Nordwesten und Norden.
Bis Dienstagfrüh addieren sich in einem breiten Streifen von den Niederlanden
bis zur Oder in Fläche nochmals 10 bis 20, streifenweise bis 30 l/qm.

Mit dem etwas anziehenden Gradient nimmt die Wahrscheinlichkeit für steife bis
stürmische Böen wieder zu, nur im Süden verbleibt der Wind wahrscheinlich
unterhalb der Warnschwelle. Auf den Bergen kommt es zu weiteren Sturmböen, auf
dem Brocken erneut zu Orkanböen aus Südwest, später West. Im teils klaren und
teils windschwachen südlichen Alpenvorland sinkt die Temperatur auf etwa 2 Grad,
sonst bewegt sich diese zwischen 9 und 5 Grad. Winterliche Straßenbedingungen
müssen daher weiterhin nicht befürchtet werden.

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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... ergeben sich im Vergleich zur Frühübersicht kaum prognoserelevante
Änderungen. Die Kaltfront des erwähnten Tiefs kommt nun bis zur Mitte voran und
bringt etwas kühlere Meeresluft mit sich (T850 um -2 Grad, im Süden weiterhin +3
Grad). Die Niederschläge gehen in ihrer Intensität deutlich zurück und nehmen
schauerartigen Charakter an. In den höheren Mittelgebirgslagen mischen sich
Schneeflocken dazu. Damit können die Dauerregenwarnungen wahrscheinlich
(zumindest vorübergehend) auslaufen. Warnrelevant bleibt aber weiterhin der Wind
mit verbreitet steifen, an der Küsten stürmischen Böen, im Bergland Sturmböen
aus West.

Hinweis zu den Regensummen:
Bis Dienstag ergeben sich deterministische, modellübergreifende Gesamtsummen von
40 bis 50, teils 70 l/qm (IFS) im Bergischen Land und teils bis 80 l/qm im Harz.
Sonst sind die Mengen deutlich geringer. Diese werden von den probabilistischen
Verfahren zwar örtlich, aber nicht unbedingt in dieser absoluten Höhe voll
umfänglich gestützt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die verschiedenen Modelle liefern ziemlich ähnliche Prognosen.
Selbstverständlich ergeben sich bei Regenmengen und Böenstärken ein paar
kleinere Unschärfen, diese können aber mit dem aktuellen Warnmanagement gut
abgefangen werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri