DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

22-12-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 22.12.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft, teils stürmisch und für die Jahreszeit vorerst zu mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 29.12.2023


Am Montag liegt Deutschland unter einer vom mittleren Nordatlantik bis zum
südlichen Ural weitgehend zonal verlaufenden und zunächst nur sehr wenig
mäandrierenden Frontalzone. Eine darin eingelagerte Welle erfasst die Britischen
Inseln, deren Warmfront sorgt im Westen und in der Mitte für zeitweisen, im
Süden für gelegentlichen Regen. Im Bereich des Warmsektors frischt der Wind mit
Sturmböen in höheren Berglagen auf. In der Nacht zum Dienstag überquert die
Welle den Norden Deutschlands, wodurch sich das Niederschlagsgeschehen auf die
Gebiete nördlich der Mittelgebirgsschwelle konzentriert.
Am Dienstag wird ein in der Frontalzone eingelagerter flacher, aber relativ
breiter Rücken nach Westeuropa gesteuert. Hierdurch gelangt der Südwesten
Deutschlands an die Nordflanke eines Zwischenhochs, was im Westen und Süden den
Gradienten auffächern lässt. Ansonsten bleibt eine kräftige west- bis
nordwestliche Strömung bestehen, zumindest anfangs können an der See sowie auf
höheren Berggipfeln noch Sturmböen auftreten. In diese Strömung läuft in der
Nacht schleifend die Warmfront eines Tiefs über dem Atlantik herein, was von
Westen bis auf die Mitte übergreifend erneut Regen aufkommen lässt. Danach
beginnt die Strömung etwas ausgeprägter zu mäandrieren. So weitet sich am
Mittwoch über dem nahen Ostatlantik ein Trog nach Süden aus, was die Strömung
über dem Vorhersagegebiet auf West drehen lässt. Hierdurch wird die
frontsenkrechte Windkomponente größer, so dass die Warmfront und mit dieser auch
die Niederschläge im Westen etwas nach Norden vorankommen. In der Nacht zum
Donnerstag rückt der Trog in die Biskaya vor. Mit der Drehung der Strömung auf
Südwest erfassen die Niederschläge dann den Norden Deutschlands.
Am Donnerstag greift der Trog auf Frankreich über, wobei die vorgelagerte
Kaltfront leicht schleifend den Westen Deutschlands erfasst und dort erneut
Regen einsetzen lässt. Das mit diesem Trog korrespondierende Bodentief gelangt
in die westliche Nordsee. Vorderseitig legt der Gradient zu, wodurch im
westlichen und südwestdeutschen Bergland in Gipfellagen Sturmböen aufkommen
können. In der Nacht zum Freitag ist dies bei weiterer leichter Gradientzunahme
auch in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge der
Fall.
Am Freitag und in der Nacht zum Samstag wird der über Frankreich liegende Trog
durch einen vom nahen Ostatlantik hereinstoßenden Kurzwellentrog regeneriert, so
dass sich hinsichtlich der Windentwicklung im Bergland vorerst keine Änderungen
ergeben. Schleifende Fronten und die damit einhergehenden Niederschläge erfassen
den Norden und Westen Deutschlands, wogegen es im Osten und Süden weitgehend
trocken bleibt.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum, d.h. zum Jahreswechsel hin,
verlagert sich der Trog nach Mitteleuropa. Tendenziell lassen die Niederschläge
nach, gehen aber oberhalb 600 bis 800 m in Schnee über. Gegenüber den Vortagen
erfolgt ein Temperaturrückgang auf teils niedrige einstellige Werte. In den
Nächten ist dann wieder verbreitet leichter Frost zu erwarten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Dienstag ist der aktuelle Modelllauf zu den gestrigen
Simulationen weitgehend konsistent. Für Mittwoch zeigt der aktuellste Lauf eine
langsamere Verlagerung des atlantischen Troges. Gegenüber dem gestrigen 00
UTC-Lauf ergeben sich bereits Phasenunterschiede hinsichtlich der Achsenlage
dieses Troges von mehr als 1000 km. Demzufolge kommt die erneute Gradientzunahme
von Westen her nur verzögert in Gang. Am Freitag wäre nach der gestrigen
Modellrechnung von 00 UTC ein kräftiges Zwischenhoch zu erwarten gewesen. Der
neueste Lauf zeigt stattdessen eine zyklonale Südwestströmung.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum läuft alles auf eine Troglage
über Mitteleuropa mit allmählich zurückgehenden Temperaturen hinaus.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Mittwoch wird die oben beschriebene Entwicklung von den
verfügbaren Modellen weitgehend gestützt. Prognoserelevante Unterschiede lassen
sich bis dahin nicht ableiten.
In der Nacht zum Donnerstag lassen GFS und UK10 den Trog, der nach EZMW und ICON
noch über dem nahen Ostatlantik liegt, nach Westeuropa (nach UK10 sogar bis nach
Deutschland) vorstoßen. Entwicklungsgünstig zu diesem Trog liegt nach UK10 ein
Tief, das sich über der Nordsee zu einem Orkantief mit einem Kerndruck unter 975
hPa intensiviert. Dir Folge wären orkanartige Böen bis weit ins nordwestdeutsche
Binnenland hinein. Allerdings ist dies eine Außenseiterlösung und daher nur
wenig wahrscheinlich. Am Freitag haben alle Modelle eine west-südwestliche
zyklonale Strömung im Programm.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum stellt sich auch nach GFS über
Mitteleuropa eine Troglage ein. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes zeigt
dagegen nur die Passage eines flachen Troges und nachfolgend zumindest im Süden
eher antizyklonalen Einfluss.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS favorisiert zum Jahreswechsel hin ebenfalls eine Troglage über
Mitteleuropa, zeigt diesen Trog aber nicht so ausgeprägt wie der hauseigene
deterministische Lauf. Betrachtet man hinsichtlich der von UK10 prognostizierten
rapiden Zyklogenese die Einzelmember, lässt sich eine vergleichbare, wenngleich
weiter westlich erfolgende Entwicklung immerhin bei etwa einen Fünftel der Läufe
finden. Bis zum Jahreswechsel hin ist der Spread des EPS relativ gering, so dass
kaum Ausreißer erkennbar sind. Der mit dem Übergreifen des Troges erfolgende
Temperaturrückgang wird vom EPS mitgetragen, wobei sich dann eher das für die
Jahreszeit übliche Temperaturniveau einstellen dürfte.
Das EPS des EZMW zeigt nur bis etwa Mittwoch kommender Woche einen geringen
Spread. Danach divergieren die Einzellösungen zusehends. Beim EPS-Mittel lässt
sich zum Jahreswechsel jedoch ebenfalls die Troglage über Mitteleuropa ableiten.

Wie beim EPS des GFS lässt sich auch hier bei einigem Membern, wenngleich auch
nicht so ausgeprägt wie bei UK 10 und zudem weiter westlich, eine
Sturmtiefentwicklung über der Nordsee finden. Am Donnerstag wäre ein derartiges
Szenario sogar wahrscheinlicher. Immerhin wäre mit einer Wahrscheinlichkeit bis
30 Prozent mit orkanartigen Böen bis ins nordwestliche Binnenland hinein zu
rechnen. Hinsichtlich der Cluster wird ein derartiges Szenario immerhin von etwa
der Hälfte der Realisierungen abgebildet.
Die Troglage zum Jahreswechsel haben jedoch etwa 80 Prozent der Member zu
bieten. Nur ein Cluster (mit 10 Einzelläufen) setzt nach Passage eines flacheren
Troges auf einen antizyklonalen Wettercharakter, was der Version des Modells des
kanadischen Wetterdienstes nahekommen würde. Diese Fälle werden beim Clustering
gemäß Großwetterlagen als Südwest antizyklkonal eingestuft. Ansonsten ergeben
sich durchweg zyklonale Westlagen. Bedingt durch die sich dann einstellende
Troglage lässt sich der Temperaturrückgang anhand der Luftmasseneigenschaften
auch beim Clusterung gemäß Großwetterlagen ableiten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag (1. Weihnachtsfeiertag) ist in Verbindung mit einer schleifend
übergreifenden Warmfront im westlichen Bergland Dauerregen über 30 l/qm
innerhalb 24 Stunden nicht auszuschließen. Darüber hinaus muss auf höheren
Berggipfeln und an der See mit Sturmböen, an der Ostsee sowie auf den Gipfeln
der nördlichen und östlichen Mittelgebirge zumindest anfangs noch mit schweren
Sturmböen gerechnet werden.
Am Dienstag (2. Weihnachtsfeiertag) treten an der Küste und bis ins nordöstliche
Binnenland hinein mit geringer Wahrscheinlichkeit noch Sturmböen auf. An der
Ostsee sowie in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge ist die Wahrscheinlichkeit für Böen bis Sturmstärke noch relativ
hoch.
Am Mittwoch sind Sturmböen in den Hochlagen der westlichen Mittelgebirge nicht
auszuschließen.
Ab der Nacht zum Donnerstag kommt mit geringer Wahrscheinlichkeit eine Sturmlage
zustande, wodurch im Nordwesten und Norden bis weit in den Donnerstag hinein mit
teils schweren Sturmböen bis ins Binnenland und Böen bis Orkanstärke an der
Nordsee zu rechnen wäre. Allerdings ist diese Entwicklung noch unsicher.
Am Freitag sind dann wahrscheinlich Sturmböen auf die Hochlagen der
Mittelgebirge beschränkt. Ansonsten zeichnen sich keine markant zu bewarnenden
Wetterereignisse ab.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS (EZMW), anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann