DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

16-12-2023 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 16.12.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit teils längerem Regen und stürmischem Wind, im Bergland nach
Wochenmitte mit Orkanböen. Kein Wintereinbruch in tiefen Lagen in Sicht.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 23.12.2023


Wir starten zwischen den Stühlen in die Mittelfrist. Dabei liegt am Dienstag
über Südeuropa hoher Luftdruck, über West- und Nordeuropa hingegen tiefer
Luftdruck. Ein Tief bei den Britischen Inseln und ein weiteres Tief über
Nordskandinavien sind mit einer langgestreckten Frontalzone verbunden, die über
der nördlichen Mitte Deutschlands schleift und wellt. Dabei fließt in den Norden
feuchte und kühle Luft mit 0 bis -2 Grad in 850 hPa. In den Süden gelangt
hingegen trockene und milde Luft mit bis zu +8 Grad in 850 hPa am Alpenrand. Das
Tief bei den Britischen Inseln schiebt sich im Tagesverlauf ostwärts, "verliert"
aber sein Zentrum und löst sich in der allgemeinen westlichen Strömung auf. Die
Front verlagert sich ebenfalls ostwärts. In der Nacht zum Mittwoch erreicht uns
der Kaltfrontanteil des inzwischen aufgelösten Tiefs von Nordwesten her und
führt bis zum Mittwochmorgen die 0 Grad in der Höhe bis an die Alpen.
Entsprechend geht der Niederschlag in den höheren Lagen der Mittelgebirge und in
den Alpen in Schnee über. Mit Frontdurchgang frischt der Südwest- bis Westwind
teils stürmisch auf.

Am Mittwoch zieht die Kaltfront gegen Mittag südostwärts ab. Ein Tief über
Südskandinavien lenkt aber einen Trog von Nordwesten herein, der die Temperatur
in 850 hPa auf -2 bis -5 Grad sinken lässt und für erneute Niederschläge sorgt.
Die Schneefallgrenze sinkt dabei regional bis auf 600 m. Mit dem Durchzug des
Tiefs und dem Übergreifen des Troges nimmt der Druckgradient zu und vor allem in
der Nordhälfte weht ein starker bis stürmischer westlicher Wind. In den höheren
Lagen der Mittelgebirge sind schwere Sturmböen und orkanartige Böen
wahrscheinlich. In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Trog langsam
südostwärts durch und der Druckgradient fächert auf. Über Westeuropa steht die
Warmfront eines Tiefs über dem nördlichen Atlantik bereit. Sie erreicht den
äußersten Westen Deutschlands am frühen Donnerstagmorgen oder Vormittag.

Am Donnerstag zieht die Warmfront samt neuer Niederschläge von Westen her
ostwärts und erreicht den äußersten Osten des Landes in den Abendstunden. Die
Temperatur in 850 hPa steigt vorübergehend wieder über 0 Grad. Zeitgleich
verlagert sich das zugehörige Tief vom nördlichen Atlantik in Richtung
Südskandinavien, wo es in der Nacht zum Freitag ankommen wird. Im Zuge dessen
nimmt der Druckgradient wieder zu und der Wind frischt erneut auf. Tagsüber sind
verbreitet starke bis stürmische Böen zu erwarten. Im Bergland weht teils
orkanartiger Sturm. In der Nacht zum Freitag legt der Wind noch etwas zu. An den
Alpen fällt durch Staueffekte längere Zeit Regen und in den hohen Lagen Schnee,
dabei ist markanter Dauerregen, im höheren Bergland auch markanter Schneefall
möglich.

Am Freitag folgt von Norden her die Kaltfront des Tiefs, welches sich allmählich
in die Ostsee verlagert. Am Tief formiert sich über Südskandinavien ein
kräftiger Randtrog, der in der Nacht zum Samstag von Nordwest nach Südost
durchschwenkt. An den Alpen geht die Temperatur in 850 hPa wieder auf 0 Grad
zurück. Im Norden sickert mit dem Trog -6 Grad kalte Luft ins Land. Anhaltende
Feuchtezufuhr sorgt für weitere Niederschläge, die an der Kaltfront auch
kräftiger ausfallen können und teils bis auf 600 m, im Süden auf 1000 m als
Schnee nieder gehen. Mit anhaltend hohem Druckgradienten weht ein stürmischer
westlicher Wind. Das Tief über Skandinavien respektive der Ostsee lenkt den Jet
von Norden her über uns. Mit dem Durchzug der Kaltfront werden die hohen
Windgeschwindigkeiten herabgemischt. Im Bergland droht Orkan, in den Niederungen
sind Sturmböen wahrscheinlich. Zu erwähnen ist, dass IFS momentan die höchsten
Windgeschwindigkeiten rechnet. GFS und ICON sind gute 20 Knoten, UK10 30 Knoten
niedriger angesiedelt.

Am Samstag liegt das Tief über dem Baltikum und Russland. Im Tagesverlauf
schwenkt ein weiterer Randtrog von Nordwesten her durch und sorgt für anhaltende
Befeuchtung. Aus Südwesten nähert sich zögerlich ein Hochdruckgebiet mit
milderer Luft (0 bis +3 Grad in 850 hPa). Im Ergebnis bildet sich eine
Luftmassengrenze zwischen der milden Luft im Südwesten und der kalten Luft (bis
-6 Grad in 850 hPa) im Nordosten, an der teils kräftige Niederschläge fallen.
Der Jet liegt diagonal von Nordwest nach Südost über uns, schwächt sich aber
zusehends ab. Der Druckgradient fächert im Tagesverlauf auch etwas auf, sodass
der Wind in allen Höhenlagen langsam nachlässt.

Aus einem Tief über dem Atlantik spaltet sich am späten Samstag ein Teiltief ab,
das am Sonntag (Heiligabend) von Nordwest nach Südost über Deutschland
hinwegziehen soll. Dabei setzt sich in der Südwesthälfte milde und feuchte Luft
durch, während in der Nordosthälfte kühle und trockenere Luft bestimmend bleibt.
Die Luftmassengrenze scheint sich auch an den Weihnachtstagen zu halten, wobei
eine Verschiebung in beide Richtungen möglich ist.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf des IFS ist nur zu Beginn konsistent zu seinen Vorläufen.
Allerdings sind die Abweichungen weich und zwischen den Modellen fließend,
sodass nicht von einer Einzellösung gesprochen werden kann. Der Trog am Mittwoch
wird nun schärfer gerechnet und reicht bis zur Mittelgebirgsschwelle. Dafür ist
von einem schnelllaufenden Tief über Dänemark am Donnerstag nichts mehr zu
sehen. Übrig bleibt nur die Warmfront eines Tiefs über dem Nordmeer. Dieses
zieht am Freitag nun etwas weiter nördlich über Südskandinavien, dafür greift
seine Kaltfront weiter nach Süden aus. Für Heiligabend wird nun der Durchzug
eines Tiefs über Deutschland von Nordwest nach Südost simuliert. Insgesamt ist
die Mittelfrist also etwas weniger mild, dafür verbreiteter feucht.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der Vergleich mit den anderen Modellen ergibt anfangs eine recht hohe
Übereinstimmung mit kleineren Unschärfen. Donnerstag und Freitag weisen IFS und
GFS eine hohe Ähnlichkeit auf. Beide rechnen ein veritables Tief über
Südskandinavien, ICON hingegen einen breiten Tiefdruckkomplex über Skandinavien
mit mehreren Zentren. Ab Samstag driften auch IFS und GFS auseinander.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse liefert im ersten Zeitschritt viel Lösungen, alle NAO positiv
und mit einer Verteilung von 13:13:13:12 der Ensemblemember. Die Unterschiede
für Deutschland sind gering, die Strömung eher zonal. Haupt- und Kontrolllauf
liegen in Cluster zwei.
Zeitschritt zwei liefert eine deutlich größere Variabilität, wenngleich nur zwei
Wetterregime vorherrschen: NAO+ und atlantischer Rücken. Gesichert ist ein
Trogdurchgang in der zweiten Wochenhälfte. Wie tief, breit und langlebig dieser
ist, ist hingegen unsicher. Haupt- und Kontrolllauf in Cluster eins zeigen eine
Zunahme des Hochdruckeinflusses von Südwesten her. Cluster zwei, fünf und sechs
simulieren hingegen einen Verbleib des Troges über Mitteleuropa.
Die erweiterte Mittelfrist wartet mit drei Clustern auf, wobei Cluster eins
(inkl. Kontrolllauf) und drei weitere Tröge simulieren, während Cluster zwei
(mit dem deterministischen Lauf) eine Luftmassengrenze über Deutschland hält.

Die Rauchfahnen zeigen einen deutlichen Sturz in Temperatur und Geopotential
sowie einen deutlichen Anstieg beim Niederschlag ab Dienstag, dabei sind sie
noch recht dicht gedrängt. Ab Mittwoch geht der Spread auseinander. Auffällig
ist die Prognose der Warmfront. Vor allem in der Nordhälfte des Landes bilden
sowohl Geopot als auch Temperatur einen wahren Hügel. Nach Süden hin ist das
Bild nicht ganz so eindeutig. Die Ensembles machen den kurzen Aufschwung
weitgehend mit, gehen aber im Norden auch wieder deutlich runter. Im Norden
bleibt die Temperatur dann auf einem eher kalten Niveau (um -5 Grad in 850 hPa),
über der Mitte ergibt sich eine Berg- und Talfahrt, im Süden steigt das Niveau
leicht, aber kontinuierlich an und liegt meist um oder über 0 Grad in 850 hPa.

Fazit: Die Mittelfrist hält viel Niederschlag und einen Temperaturabfall für uns
bereit. Allerdings reicht es wohl nicht für einen Wintereinbruch mit Schnee bis
ins Flachland.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


In der zweiten Wochenhälfte frischt der Wind deutlich auf und es muss mit
verbreitet stürmischen Böen, exponiert Sturmböen, im Bergland schweren Sturmböen
und auf Gipfeln mit Orkanböen gerechnet werden. Auch der EFI zeigt deutliche
Signale für ein außergewöhnliches Windereignis in Deutschland.
Außerdem fällt teils anhaltender Regen, der vor allem im Norden und an den Alpen
die markanten Schwellen erreichen kann. Der EFI simuliert die zu nasse
Witterungsphase für den Norden. An den Alpen hat er hingegen keine Signale für
außergewöhnliche Niederschlagsmengen. Auch für den Schneefall sind die Signale
zum Ende der kommenden Woche nur sehr gering.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn